Nach längerer Zeit habe ich es geschafft ein neues Kapitel zu schreiben und hier on zu stellen. Ich hoffe, dass es euch interessiert und ihr Spaß beim Lesen habt.

Liebe Grüße,

Melanie (aka Miss Linda)


Chapter 4: Heiji in Sorge

In den frühen Morgenstunden setzten die Regenfälle ein, die schon für den vergangenen Tag vorhergesagt waren und verstärkten so die düstere gedrückte Stimmung im Hause Toyama.

Die Anzahl der Polizisten hatte sich reduziert und es waren nur noch wenige Männer und Frauen damit beschäftigt nach Hinweisen auf den Täter zu suchen.

Heizo Hattori selbst hatte den Fall übernommen und seine Mitarbeiter eingeteilt. Für seinen Freund konnte er nichts mehr tun und so hatte er den Polizisten, die hier nicht mehr gebraucht wurden, aufgetragen nach Kazuha zu suchen.

Nach dem Mord war es höchst unwahrscheinlich, dass das Mädchen nicht in die Sache hineingezogen worden war. Heizo musste mit seinem Sohn reden. Schließlich war Heiji schon immer Kazuha's Freund gewesen. Und es war gut möglich, dass sie vor ihrem Verschwinden noch miteinander geredet hatten.

Der Hauptkommissar verabschiedete sich von Otaki, der mit müden Augen einer jungen Frau in Uniform eine Tüte mit Unterlagen in die Hand drückte. „Bringen Sie die bitte zur Untersuchung."

Als Heiji die Augen öffnete wusste er zunächst nicht mehr was sich in den vergangenen Stunden ereignet hatte und wo er gerade war. Erst als er das traurige müde Gesicht seiner Mutter erblickte kamen die Erinnerungen zurück. Er sah die schrecklichen Bilder des toten Kommissars, hörte die flüsternden, aufgeregten Stimmen und fühlte eine Trauer, die alles einzuhüllen schien.

Heiji setzte sich auf und nahm seine Mutter in den Arm. Sie musste die halbe Nacht geweint haben. Ihre Augen waren rot und dunkle Ringe umrandeten sie.

„Is' gut Mutter", flüsterte Heiji leise während sein Blick auf einen Fleck an der gegenüberliegenden Wand fixiert war.

Shizuka drückte Heiji nach einigen Minuten sanft von sich. Sie wusste nicht, ob es richtig war ihn das jetzt zu fragen, denn offensichtlich erinnerte er sich nicht daran, dass Kazuha verschwunden war. Doch es war diese eine Frage, die sie wach gehalten hatte und wenn Heizo nach Hause kam würde er Heiji dieselbe Frage stellen.

Sie wollte, dass ihr Sohn die Wahrheit erfuhr, aber sie wusste auch, dass ihn Mann in solchen Dingen nicht sehr einfühlsam war.

„Heiji. Heiji, sieh mich an." Shizuka hatte ihre Hände auf seine Schultern gelegt und wartete, bis sie seine volle Aufmerksamkeit hatte.

Seine fragenden Augen ließen sie schlucken, doch sie hielt seinem Blick stand.

„Heiji,…ich…ich weiß nicht, ob du dich erinnern kannst, dass…", begann sie, aber es fiel ihr schwer den Satz zu beenden. Heiji sah sie wartend an.

„Du meinst, ob ich mich erinnere, was gestern passiert ist?" Es wunderte ihn selbst, dass er so ruhig sprechen konnte. Aber vielleicht war das auch nur Teil der Verdrängung. Vielleicht flüchtete er sich in sein Verhalten als Detektiv, um so auf Distanz zu gehen.

„Ja, ich weiß, dass Toyama-san tot ist. Ermordet."

Shizuka nickte.

„Ja, er ist tot." Auch sie blieb ruhig. Nur ihre Hände verrieten durch leichtes Zittern, dass dies kein gewöhnliches Gespräch war. Nach einer kurzen Pause fügt sie hinzu: "Aber das meine ich nicht."

Sie sah ihrem Sohn in die Augen, hoffend, ihm so die Botschaft zu übermitteln und sie nicht aussprechen zu müssen. Doch Heiji schien nicht zu verstehen, was sie ihm mitteilen wollte.

„Heiji, ich….es….es geht um Kazu-chan." Es war raus.

Und plötzlich begriff Heiji. Dieser eine Satz, dieser Name hatte seine Erinnerung wiederbelebt. Kazuha! Sie war der Grund gewesen, dass er zu den Toyamas gefahren war! Deswegen hatte er die Leiche entdeckt! Wie konnte er das nur vergessen! Er hatte SIE vergessen, hatte nicht nach ihr gesucht nachdem er ihren Vater gefunden hatte, sondern sich wie ein Kleinkind hilflos zusammen gekauert.

Heiji's Herzschlag erhöhte sich, als er realisierte, was seine Mutter ihm sagen wollte. Kazuha war noch nicht aufgetaucht. Der Gesichtsaudruck seiner Mutter ließ daran keinen Zweifel. Und offenbar hatte auch niemand einen Hinweis, wo das Mädchen stecken konnte oder ob ihr auch etwas zu gestoßen war.

Der junge Mann schlug die Decke zurück und sprang regelrecht aus dem Bett. Noch ehe Shizuka auch nur ein Wort sagen konnte war Heiji aus seinem Zimmer gelaufen. Hektisch rannte er die Treppe hinunter und griff sich das Telefon, das in der Diele auf einem kleinen Tischchen stand. Die Nummer die er brauchte war als Kurzwahl gespeichert. Unruhig wartete Heiji dass jemand abnahm.

„Ja?"

„Ich bin's Vater!" Die Worte überschlugen sich, so schnell redete Heiji.

„Wo is' Kazuha? Sucht ihr sie?"

Alle Fragen die ihn bedrückten wollten aus ihm heraus, aber sein Vater unterbrach ihn, ehe Heiji auch nur eine weitere stellen konnte.

„Natürlich suchen wir nach ihr! Für wen hältst du uns?"

Die vergangene Nacht hatte Heizo Hattori mehr zugesetzt, als dieser nach außen zeigte. Aber der vorwurfsvolle Ton, der in der Stimme seines Sohnes lag, gefiel ihm nicht und brachte das Fass zum überlaufen. Was dachte der sich? War er etwa Polizist und hatte sich die Nacht hier um die Ohren geschlagen? Nein! Heiji hatte keine Ahnung, was es hieß so etwas durch zu stehen.

Barsch und auf eine Art, die keinen Widerspruch duldete fügte er hinzu: „Und DU hältst dich da raus!"

Bevor Heiji anfangen konnte SEINER Wut Luft zu machen war das Gespräch beendet. Heizo Hattori hatte einfach aufgelegt. Seine Nerven waren bereits zu angespannt, als dass er sich auch noch mit seinem aufmüpfigen Sohn herum schlagen konnte.

Klug war es nicht gewesen Heiji mit so einer Antwort abzufertigen. So wie Heizo seinen Filius kannte, hinderte den eine solche väterliche Zurechweisung nicht, eigene „Ermittlungen" anzustellen. Ganz im Gegenteil. Heizo's Verhalten würde Heiji nur noch weiter anstacheln.

Diese Reaktion kannte Heizo bereits gut genug, um sie für seine Zwecke zu nutzen, so wie er es vor einigen Jahren schon bei einem Fall getan hatte. Aber war es gut, das jetzt zu wiederholen? Wollte er das überhaupt?

Nein! Heizo hatte diese Anweisung genau so gemeint, wie er es gesagt hatte! Heiji sollte sich aus diesem Fall heraus halten. Dies war ein paar Nummern zu groß für ihn. Sicher, es ging um die beste Freundin seines Sohnes, aber gerade das machte es so gefährlich. Heizo befürchtete, dass Heiji in diesem Fall impulsiver handeln würde als sonst. Das könnte nicht nur ihn selbst in Gefahr, in tödliche Gefahr, bringen, sondern auch Kazuha.

Heizo überlegt für einen Moment, ob er zu Hause anrufen solle um noch einmal ruhig mit Heiji zu reden. Doch dann packte er sein Handy zurück in die Manteltasche. Seine Frau war auch noch da. Sie würde das schon hinbekommen und dafür sorgen, dass sich Heiji nicht in etwas riskantes stürzte.

Wütend wollte Heiji das Telefon gegen die Wand werfen und hatte den Arm bereits erhoben, als er die Präsenz seiner Mutter neben sich spürte. Er ließ den Arm sinken und legte das Telefon unbeschadet zurück auf das Tischchen.

„Verdammt!", fluchte er, doch er klang eher niedergeschlagen als wütend.

Heiji lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Sein Blick war auf den Boden gerichtet, als würde er dort eine Antwort oder einen Hinweis finden, was er jetzt tun sollte.

Stopp!

Wofür brauchte er einen Hinweis? Es gab nur eine einzige Aufgabe, die er zu erledigen hatte! Eine Sache, die er tun musst, egal wer oder was sich ihm in den Weg stellte.

Mit Schwung stieß Heiji sich von der Wand ab und lief zur Garderobe. Jetzt hatte auch Shizuka durchschaut, was ihr Sohn vor hatte. Aber sie konnte es nicht zu lassen! Das war viel zu gefährlich! Nicht nur für ihren Sohn.

Mit ein paar schnellen Schritten war Shizuka bei Heiji, der gerade seine Jacke übergeworfen hatte und nun den Reißverschluss bis zum Kinn hinauf zog.

„Heiji! Lass das! Du kannst nicht helfen!" Fast schon flehend sah sie ihn an.

„Du meinst also auch, dass ich lieber Däumchen dreh'n soll, was?" Wieder stieg die Wut in Heiji auf. Verstanden die denn nicht, dass er raus musste? Dass er helfen musste? IHR helfen musste?

Oder erwarteten die allen Ernstes von ihm zu Hause zu hocken und seine Freundin im Stich zu lassen?

Davon würden die Schuldgefühle, die er in sich trug sicher nicht verschwinden!

Shizuka packte Heiji am Jackenärmel.

„Es ist gefährlich, Heiji! Und außerdem, du weißt doch nicht wo Kazu-chan ist!"

In der Tat, das wusste er nicht. Aber er würde es heraus finden! Er war doch Detektiv. Menschen ausfindig zu machen war kein sehr großes Problem für ihn.

Heiji drehte sich zu seiner Mutter um. Ihr Gesicht war ängstlich und er konnte sich nicht erinnern, wann er sie zum letzen Mal so gesehen hatte. Es musste schon ewig her sein.

Der junge Mann sah seiner Mutter mit einem festen und doch, so hoffte er, beruhigendem Blick in die Augen. Und als er zu sprechen begann war seine Stimme ruhig und ohne jegliches Anzeichen von Wut oder Ungeduld.

„ Mutter, du weißt, dass ich nich' hier rumsitzen kann. Ich bin alt genug, und kann auf mich aufpassen. Ich find' sie!"

Shizuka ließ ihren Sohn los. Heiji's Worten konnte sie nichts mehr entgegensetzen. Sie wusste, dass er seine Entscheidung getroffen hatte und nichts konnte ihn noch davon abbringen.

Heiji ging zur Tür, öffnete sie und trat ins Frei. Dann blieb er aber mit dem Rücken zu seiner Mutter stehen, die Hand am Türgriff. Er zögerte und hatte bereits den Mund geöffnet, um ihr noch etwas tröstliches zu sagen. Doch ihm fiel nichts ein. So schloss er schweigend die Tür hinter sich.

Kaum hatte er das Haus verlassen taten sich die ersten Probleme auf. Wo sollte er mit seiner Suche nach Kazuha beginnen?

Er hatte keinen Anhaltspunkt und im Haus der Toyamas konnte er nicht nach Hinweisen suchen. Außerdem stand auch sein Motorrad noch dort. Er würde also zu Fuß gehen und den Bus nehmen müssen.

Der Regen durchnässte schnell seine Jacke, doch Heiji nahm es nur am Rande war. Ohne dass er es bewusst entschieden hatte lief er die Straße entlang und gelangt an die Bushaltestelle, von der aus Kazuha für gewöhnlich in die Stadt fuhr. Außer ihm wartete niemand unter dem kleinen Dach. Überhaupt schienen sich alle Menschen in ihren trockenen und warmen Häusern aufzuhalten. Alle außer ihm. Und außer ihr.