Nach langer Zeit endlich das sechste Kapitel. So ganz bin ich nicht damit zufrieden -.- ich hatte es mir doch etwas anders vorgestellt, aber neuschreiben? Nein! So schlecht find ich es dann doch nicht lol

So, genug von mir, los gehts!


Chapter 6: Spurensuche

Der Bus war ebenso leer wie die Straßen durch die er fuhr. Noch immer regnete es in Strömen und die Wolken am Himmel versprachen, dass es den ganzen Tag so bleiben würde.

Heiji starrte aus dem großen Seitenfenster des Busses. Er war einfach in den nächsten Bus gestiegen der Richtung Stadt-Zentrum fuhr, ohne sich über sein genaues Ziel im Klaren zu sein. Auch jetzt wusste er noch nicht, an welcher Haltestelle er aussteigen sollte. Planlos war er aus dem Haus gelaufen. Sonst handelte er zwar auch sehr intuitiv, dachte nicht immer zuerst nach, doch das hier war etwas anderes. Er konnte beim besten Willen keinen klaren Gedanken fassen. Immer nur sah er Kazuha vor sich. Sie war in Gefahr, da war er sich absolut sicher. Zwar hatte Herr Toyama in seiner Karriere als Polizist schon etliche Verbrecher hinter Gitter gebracht, die nicht davor zurück schrecken würden, den Kommissar zu töten, doch Heiji konnte das Gefühl nicht abschütteln, dass sich hinter der Sache mehr verbarg als nur der Rachefeldzug eines freigelassenen Verbrechers.

Wieder und wieder versuchte der Detektiv sich an den gestrigen Tag zu erinnern. Verzweifelt durchsuchte er sein Gedächtnis nach einem Hinweis, nach etwas, das ihm Aufschluss über Kazuhas Verbleib geben konnte.

Doch dort war nichts. Er konnte sich nicht daran erinnern, etwas Auffälliges gesehen zu haben. Die einzige Sache, die ihm komisch vorkam war Kazuhas Verhalten bezüglich der Verabredung. So einfach nicht zu erscheinen, das passte nicht zu seiner Freundin. Aber wenn Kazuha zu dem Zeitpunkt schon verschwunden war? Wenn sie entführt worden war, oder schlimmer, wenn sie nicht mehr…

"Nein! Daran darf ich nicht denken!", schalt sich Heiji selbst. Doch ein Teil von ihm wusste, dass dies durchaus möglich war. Und es würde auch erklären, warum Kazuha weder am verabredeten Treffpunkt erschienen war, noch ihn angerufen hatte.

Heiji schüttelte den Kopf. Er wollte nicht daran denken. Wollte diese Möglichkeit verdrängen. Und doch drängten sich Bilder seiner besten Freundin vor sein geistiges Auge. Bilder, die ein Mädchen zeigten, dessen Augen ihn nie mehr anblinzeln würden, aus dessen Mund er nie wieder seinen Namen hören würde. Statt mit ihm zu lachen lag sie vor ihm auf einem tiefroten Bett ihres eigenen Blutes.

Diese Bilder ließen Heiji erschaudern. Er wollte sie so nicht sehen. Niemals! Und endlich schien er aus seinem tranceartigen Zustand zu erwachen. Mit einem Mal erkannte er sein Ziel wieder, welches er seiner Mutter noch vor weniger als einer halben Stunde kundgetan hatte.

Der Busfahrer kündigte die nächste Haltestelle an und der junge Mann sprang von seinem Platz auf. Als der Bus hielt konnte er es nicht abwarten bis die Tür gänzlich geöffnet war. Sobald die Lücke groß genug war schlüpfte er hindurch und fand sich in der nassen, grauen Welt wieder. Für einige Sekunden stand er am Bordstein, dann wandte er sich in die Richtung, aus der der Bus gekommen war und machte sich auf den Weg. Nicht weit von der Haltestelle lag der Platz, an dem er gestern mit Kazuha verabredet gewesen war und Heiji hielt es für das Beste, dort nach Hinweisen auf Kazuhas Verbleib zu suchen. Viel Hoffnung hatte er jedoch nicht. Zu viel Zeit war bereits vergangen und neben dem Regen hatte sicherlich auch die Stadtreinigung dafür gesorgt, dass nützliche Spuren beseitigt worden waren. Dennoch, es war die einzige Möglichkeit, die er sah. Das Haus der Toyamas konnte er nicht durchsuchen. Heiji war sich sicher, wenn er sich dort blicken ließe würden ihn Unmengen an Fragen erwarten. Außerdem hielt sich sein Vater dort wahrscheinlich auch noch auf und Heiji wollte beidem so lange wie nur möglich aus dem Weg gehen. Für einen Augenblick hatte er den Einfall, er könne über die Fragen etwas über den Täter herausbekommen und so Kazuha finden, doch er hatte es schnell als Wunschdenken abgestempelt. Keiner der Polizisten würde ihm in diesem Fall etwas verraten, weder wissentlich noch unbewusst. Sein Vater wollte ihn raus halten und sicherlich hatte er dies auch all seinen Kollegen deutlich gemacht. Heiji konnte sich also von dieser Seite keine Hilfe erhoffen. Er war auf sich gestellt, doch hatte ihn das jemals abgehalten, einen Fall zu lösen? Nein! Und auch dieses Mal würde es ihm gelingen.

Das verlassene Haus war innen wesentlich größer, als es von außen den Anschein erweckt hatte. Soweit Kazuha das auf den ersten Blick im Dämmerlicht sehen konnte schien es sich um ein ehemaliges Firmengebäude zu handeln. Im Erdgeschoss gab es einen riesigen Raum, indem noch einige verstaubte und rostige Maschinen standen, deren Zweck Kazuha nicht kannte. Von der Mitte des Raumes führte eine stählerne Wendeltreppe in die erste Etage.

Auf der Suche nach einem Versteck schlich die junge Frau die Treppe hinauf und fand sich vor einer leeren Türöffnung wieder. Als Kazuha durch den Türbogen trat ließ ein knirschendes Geräusch sie innehalten. War dieser Mann in Schwarz ihr etwa schon auf den Fersen? Sie hatte doch gehofft, dass er sie in diesem Labyrinth aus alten halb zerfallenen Gebäuden nicht so schnell finden würde!

Panik ergriff sie und hastig stürzte sie ein paar Schritte vorwärts. Da! Schon wieder dieses Knirschen! Wie Glasscherben!

Erstaunt von dieser Erkenntnis blickte Kazuha zu Boden und atmete erleichtert auf. Sie stand in mitten verstreuter Scherben, die im dämmrigen Licht einen gespenstigen Glanz warfen.

„Ich leide wohl langsam unter Verfolgungswahn", murmelte sie und ging kopfschüttelnd über ihre eigene Dummheit den Flur, der hinter dem Türbogen lag entlang. Rechts und links gingen kleinere Räume vom Flur ab, die vermutlich als Büroräume genutzt worden waren. Neugierig und in der Hoffnung sich dort vor ihrem Verfolger verstecken zu können, betrat Kazuha den ihr am nächsten gelegenen Raum.

Ein metallener Aktenschrank befand sich an der rechten Seite des Raums, doch den größten Teil beanspruchten drei Schreibtische. Kazuha erschauderte. Die Einrichtung erweckte den Eindruck, die hier Arbeitenden könnten jeden Moment zurückkommen.

Unwillkürlich wandte sich die junge Frau bei diesem Gedanken der Tür zu, halb damit rechnend dort jemanden stehen zu sehen. Doch sie konnte niemanden sehen und auch der Teil des Flures, den sie von ihrem Platz aus sehen konnte schien noch ebenso leer zu sein, wie einige Augenblicke zuvor, als sie selbst noch dort gestanden hatte.

Kazuha durchquerte den Raum und blieb am Fenster stehen. Trostlosigkeit grüßte sie und das Mädchen konnte sich kaum vorstellen, dass die Sonne selbst an schönen Tagen ihren Weg in dieses Büro fand. Andere graue Gebäude umgaben dieses und verbargen auch noch das wenige Tageslicht, das draußen durch den Regen herrschte.

Plötzlich wurde die junge Frau von einer tiefen Traurigkeit überschwemmt, die sie mitreißen und in ihren dunklen schwarzen Fluten ertränken wollte. Tränen rannen über Kazuhas Wangen, ohne dass sie es bemerkte. Sie fühlte sich so unendlich allein hier. Es war unmöglich zu glauben, dass sie sich mitten in einer Millionenstadt befand. Alle Menschen schienen so weit weg. Sie hätte sich genauso gut auf einer weit entfernten Insel oder gar einem anderen Planeten befinden können.

Schluchzend brach die junge Frau am Fenster zusammen. Sie konnte nicht aufhören zu weinen. All ihre Hoffnung schien in der Düsternis erstickt zu sein.

Der Platz an dem er gestern auf Kazuha gewartet hatte war fast leer. Nur vereinzelt liefen Menschen, mit einem Schirm gegen den Regen geschützt, darüber und beeilten sich, wieder schnellst möglich ins Trockene zu kommen.

Heiji bildete einen scharfen Kontrast zu den an ihm vorbei hastenden Gestalten. Die Hände in seinen Jackentaschen stand er still an dem Ort, an dem er schon einen Tag zuvor gestanden hatte. Die Augen geschlossen rief er sich die Atmosphäre des gestrigen Tages wieder ins Bewusstsein. Der Platz war gefüllt und die Menschen, die fröhlich umherbummelten erinnerten an ein buntes wogendes Meer.

Heiji wollte die Zeit, die er hier mit Warten zu gebracht hatte, noch einmal in Gedanken durchleben. Vielleicht, so hoffte der junge Detektiv, fiel ihm dadurch etwas auf, das ihm bei der Suche nach Kazuha helfen konnte. Doch nichts schien ihm verdächtig an den Menschen. Er konnte sich nicht einmal an die einzelnen Gesichter der vorbeihuschenden Personen erinnern.

Frustriert seufzte der junge Mann auf. Wo sollte er nur sonst einen Anhaltspunkt finden, wenn nicht hier? Er wusste nicht einmal, ob Kazuha überhaupt in die Stadt gekommen war. Immerhin bestand auch die Möglichkeit, dass sie sich zu Hause befunden hatte, als ihr Vater ermordet worden war.

Heiji blickte sich um. Ratlosigkeit machte sich in ihm breit und raubte ihm die Hoffnung seine Freundin je wieder zu finden. Sollte er jetzt etwa schon aufgeben? Konnte er das überhaupt? Jetzt einfach nach Hause fahren? Wieder schüttelte der junge Mann den Kopf. Aufgeben war das Letzte! Daran durfte er nicht einmal denken, schließlich würde Kazuha dies auch nicht tun.

„Ich könnt' versuchen das zu tun, was ich gestern auch gemacht hab'", überlegte Heiji und blickte sich noch einmal um. Er hatte hier auf Kazuha gewartet und als diese bereits eine halbe Stunde über der Zeit war hatte er endgültig die Geduld verloren und wütend geflucht. Dann hatte er sie anrufen wollen, weil er befürchtete, dass sie zwar schon auf dem Platz, aber an einer anderen Stelle war. Als er das Handy nicht finden konnte war er zu der Telefonzelle gegangen.

Heiji sah sich um. Dort hinten war der öffentliche Apparat. Er ging hinüber, nahm den Hörer aber nicht ab, sondern blieb nur davor stehen. Heute war niemand auch nur in der Nähe des Telefons, aber gestern, hatte er da nicht warten müssen? Aber ja, ein Mann hatte gerade ein Gespräch geführt. Als dieser fertig gewesen war hatte Heiji versucht Kazuha zu erreichen, was ihm allerdings nicht gelungen war. Anschließend war er zurück zu seinem Motorrad gelaufen und zum Haus seiner Freundin gefahren. Den Rest wollte er sich nicht ins Gedächtnis rufen. Er wollte jetzt nicht an den toten Kommissar denken. Außerdem war er sich sicher, dass ihm auf dem Weg zum Haus der Toyamas nicht ungewöhnliches aufgefallen war.

Der junge Detektiv wandte sich von dem öffentlichen Telefon ab und wollte gerade zurück zu seinem Ausgangsort auf dem Platz gehen, als ihn die Erinnerung wie ein Blitzschlag traf. Er hatte etwas Ungewöhnliches gesehen! Er hatte sich sogar noch darüber gewundert, es aber nicht für wichtig empfunden und verdrängt! Ein großer Fehler, wie er jetzt erkannte. Doch wie hätte er gestern die richtigen Schlüsse daraus ziehen sollen? Das war unmöglich! Erst jetzt, nach all den Ereignissen der letzten Stunden war dieses Detail wichtig geworden.

Heiji, der wie erstarrt innegehalten hatte drehte sich wieder zu dem Telefon um. Er war sich noch nicht ganz sicher, aber der Mann, der gestern vor ihm hier telefoniert hatte war das einzig ungewöhnliche, an das er sich erinnern konnte. Um sicher zu gehen würde er zwar noch eine Bestätigung brauchen, aber Heiji hatte sich bereits seinen Reim gemacht.