Kapitel 2: Gryffindor oder Slytherin?

Harry, Neville und Draco folgten gemeinsam Hagrids Ruf nach den Erstklässlern und fuhren auch gemeinsam in einem der Boote nach Hogwarts. Ginger verhielt sich die ganze Zeit ruhig und beobachtete misstrauisch ihren Bruder. Das Gefühl, das irgendetwas mit ihm nicht stimmte, wuchs immer mehr.
Als die drei Jungs in der Eingangshalle von Hogwarts ankamen, entdeckte Harry Ron, der sich suchend umblickte. Neugierig stieß der Schwarzhaarige per Legimentik, die er sich in den Sommerferien selbst beigebracht hatte, in den Geist seines ehemaligen Freundes vor.
Er sah Misses Weasley, die ihrem Sohn einbläute, er müsse sich unbedingt mit Neville Longbottem befreunden, damit Dumbledore immer wusste, was der Junge ausheckte und ihn besser kontrollieren konnte.
Harry wurde blass und brach die Verbindung ab. Hatte Ron sich auch in seiner Dimension nur mit ihm angefreundet, weil er dort der Held der Zaubererwelt war. Vorsichtig wiederholte Harry das ganze noch mal bei Draco. Er wollte wissen, ob der Blonde freiwillig mit ihnen Freundschaft geschlossen hatte.
Dort sah er nur aufrichtige Freude darüber, das Neville und Harry sich mit ihm angefreundet hatte, obwohl er ein Malfoy und somit Spross eines Todessers war. Draco war wirklich freiwillig mit ihnen befreundet, einfach, weil er es wollte.
Harry zog sich aus Dracos Geist zurück und lächelte schief. Es sah so aus, als hätte er den ersten Fehler seiner Vergangenheit entdeckt. Er hatte sich mit Ron angefreundet, der ihn für Dumbledore ausspioniert hatte. Im Stillen nahm Harry sich vor, sich bei Draco zu entschuldigen, wenn er wieder in seiner Dimension wäre.
Dann schielte er zu Neville. Ob der Sprechende Hut ihm die Möglichkeit zu wählen geben würde. Ganz sicher. Leise flüsterte er ihm zu.
"Wenn du die Wahl zwischen Gryffindor und Slytherin hast. Wähle Slytherin."
"Warum?" fragte Neville verwirrt nach.
"Mach ich auch und ich glaube, Draco kommt auch nach Slytherin, wäre doch doof, wenn wir uns jetzt schon wieder trennen müssten", redete Harry sich raus.
"Warum glaubst du, Draco kommt nach Slytherin?"
"Nur so ein Gefühl. Bitte machs einfach."
"Okay. Wenn ich die Möglichkeit habe, mache ich's".
"Danke." Harry atmete erleichtert aus.
"Was flüstert ihr da?" fragte Draco neugierig nach.
"Nichts wichtiges", lächelte Harry den Blonden beruhigend an. "Im übrigen, danke."
"Wofür?"
"Für deine Freundschaft."
In diesem Moment kam Professor McGonagall und führte die Erstklässler in die Große Halle.
Während die meisten sich bewundernd umsahen, war Harrys Blick nach vorne gerichtet. Er war lange genug hier gewesen, um sich davon nicht mehr beeindrucken zu lassen.
Als sie vorm Lehrertisch standen, begann die Auswahlfeier.
Draco kam ohne viel Federlesen nach Slytherin.
Dann war Neville dran und Harry drückte die Daumen, das es klappen würde.
Neville saß einige Zeit lang auf dem Stuhl, ehe der Sprechende Hut laut und deutlich das Haus verkündete: Slytherin.
Dumbledore entgleisten sämtliche Gesichtszüge. Snape besah sich das ganze nur ungläubig. Die Slytherins waren in Jubel ausgebrochen. Harry grinste in sich hinein. Es sah so aus, als verspräche dieses Jahr äußerst interessant zu werden.
Schließlich war Ginger an der Reihe. Der Sprechende Hut schickte sie nach Gryffindor.
Dann war Harry selbst dran. Selbstsicher ging er auf den Sprechenden Hut zu und setzte ihn auf.
Noch so ein seltenes Exemplar , hörte Harry den Hut sagen.
Du könntest nach Gryffindor, aber glaube mir, in Slytherin würde es dir gut gehen. Es ist alles da, was du dazu brauchst.
"Ich will nach Slytherin, bitte", flüsterte Harry leise. So das nur der Hut es verstehen konnte.
Exzellente Entscheidung. Nun dann willkommen in Slytherin.
Das letzte Wort rief der Hut in die Halle. Harry setzte ihn ab und überreicht ihn McGonagall, die ihn verwundert ansah. Dann ging er zum Tisch der Slytherins und setzte sich zu Neville und Draco. Ein kurzer Blick auf seine Schwester zeigte ihm ein fassungsloses Gesicht. Anscheinend konnte sie es gar nicht glauben, das er nach Slytherin gekommen war. Ein breites Grinsen zierte nun Harrys Gesicht. Er hatte sich entschieden einen neuen Weg zu gehen. Seine Eltern lebten noch. Alles war für ihn anders. Aber er selbst hatte sich nicht verändert. Er hatte nur endlich die Gelegenheit herauszufinden, wer er wirklich war. Und er würde dafür sorgen, dass Neville diese Möglichkeit auch bekam, selbst wenn er es dafür mit Dumbledore aufnehmen musste. Ihm war nämlich endlich bewusst geworden, dass er in seinem bisherigen Leben kaum etwas selbst entschieden hatte, sondern immer nur so gehandelt hatte, wie Dumbledore es für ihn geplant hatte. Doch für Neville würde er diesen Plan Dumbledores zerstören. Der Junge neben ihm sollte nicht so leiden wie er gelitten hatte.
Das Festessen begann, und Harry verwickelte Draco in ein Gespräch über Quidditch. Als sich herausstellte, dass Neville nicht die geringste Ahnung von diesem Sport hatte, erklärten Harry und Draco ihm die Grundlagen.
Nach dem Essen gingen die drei Freunde zusammen mit den anderen Erstklässlern, zum Gemeinschaftsraum der Slytherins. Das Passwort ließ Harry stutzen. Es lautete: Zukunftsbote.
"Komisches Passwort", meinte Draco nur.
Die Schlafräume der Slytherins waren ganz anders als die der Gryffindors. Dort befanden sich immer Zimmer für zwei Leute. Nicht so wie in Gryffindor, für den gesamten Jahrgang auf einmal. Der Jahrgang bestand aus sieben männlichen Schülern, womit einer ein Einzelzimmer belegen musste.
Die Wahl fiel auf einen der drei Freunde, da schon sicher war, dass Zabini und Nott und Crabbe und Goyle jeweils ein Zimmer nahmen.
"Ich nehm ein Einzelzimmer, wenn's euch nichts ausmacht", meinte Harry nur. Neville und Draco stimmten zu. "Na dann, bis morgen Früh. Gute Nacht", damit war Harry in seinem Einzelzimmer verschwunden. Ihm kam es gerade recht, dass er ein Zimmer für sich hatte. So konnte er wenigstens die Zauber ausüben, die ein normaler Elfjähriger noch gar nicht kennen und beherrschen sollte. Zum Glück war die Magie mit der Seele und nicht mit dem Körper verbunden, sonst hätte er jetzt ein schwerwiegendes Problem, da er nicht wusste, wie sein magisches Potential ohne die Verbindung zu Voldemort aussah.
Per Magie räumte er schnell seinen Koffer aus und in den dafür vorgesehenen Schrank. Dann fiel sein Blick auf seine Schulbücher. Zwischen einem der Bücher lugte ein Stück Papier hervor. Neugierig nahm er es und erstarrte. Das war die Karte des Rumtreibers. James musste sie ihm untergeschoben haben.
"Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin.", flüsterte Harry und tippte auf die Karte.
Während sich die Linien ausbreiteten und die Karte sich offenbarte, setzte Harry sich aufs Bett.
Er sah, dass Snape auf den Weg zu Dumbledore war, der unruhig in seinem Büro auf- und ablief.
Quirrell befand sich in seinem Büro, zusammen mit Voldemort. Also war er schon im Schloss.
"Na toll. Kann er mir nicht wenigsten ne Gnadenfrist zum nachdenken lassen", brummte Harry.
"Missetat begangen", damit löschte Harry die Karte wieder und ließ sich rückwärts in die Kissen fallen.
Es sah so aus, als müsse er anfangen, gründlich über sein bisheriges Leben nachzudenken.