11. Ein Kätzchen hat auch Krallen
Bald würde es soweit sein. Carissa stand aufgeregt hinter dem Vorhang und lugte durch eines der Löcher nahe der Wand in den kleinen Raum, den Remus und Sirius gemietet hatten. Diese, ihr mittlerweile so verhasste Pappkreation stand hinter ihr und schien herausfordernd mit ihren rosa Blütenhütchen auf schneeweißen Pappmaschee-Sahnehäubchen in ihre Richtung zu grinsen. Zumindest bildete sich Carissa ein, die Torte grinse sie an. Natürlich konnten Pappblümchen geschweige denn Torten nicht grinsen, zumal sie kein Gesicht hatten. Oder hatten sie doch eines? Carissa schaute genauer hin. Fast wäre sie an einem Herzinfarkt gestorben oder kopfüber in das Pappgebilde gestürzt, als sich starke Arme um ihre Taille legten.
Sie quietschte auf und wollte sich losmachen, doch die Arme hielten sie unerbittlich umfangen. Dann fühlte sie Lippen auf ihrem Nacken und endlich drang ihr ein bekannter Geruch von Rasierwasser in die Nase. Sirius, dachte sie selig, gab den Widerstand auf und wurde ganz weich und anschmiegsam.
"Aufgeregt, mein Kätzchen?", schnurrte er und schmiegte sein Kinn an ihren Hals. Carissa konnte nur nicken.
"Du machst das schon. Bei der letzten Probe warst du richtig gut. Mir war verdammt heiß, dich so tanzen zu sehen."
Sie vermied es, ihn darauf hinzuweisen, dass er bis kurz vor Beginn des Abends noch dagegen gewesen war, sie auftreten zu lassen. Sie hatte ihn sogar erwischt, wie er verstohlen die Schlafzimmertür von außen abschloss. Zum Glück hatte sie noch einmal das Bad benutzen müssen, so dass ihr die Erfahrung, mit den Fäusten gegen massives Holz zu trommeln, ersparrt blieb – vorerst.
Doch nun, da der Zeitpunkt immer näher rückte, wünschte sie sich, sie hätte ihm nachgegeben. Und was tat er? Er sprach ihr Mut zu. Allmählich verunsicherte sie diese Torte mehr, als ihr lieb war.
Beim Merlin, das Ungetüm grinste wirklich.
Genießerisch knabberte Sirius derweil an ihrem Ohr. Carissa schloss die Augen, presste ihr Gesäß unwillkürlich gegen seine Lende und nahm erfreut seine prompte Reaktion zur Kenntnis.
"Ah ja? Dir war verdammt heiß? Ich habe den untrüglichen Verdacht, bei dir ist immer Sommer", spottete sie und ließ ihre Hüften ein wenig kreisen.
"Schon wieder, meinst du wohl!", knurrte Sirius. "Dabei ist Sommer eine wundervolle Jahreszeit. Aber mir ist auch im Winter... heiß! Sogar... sehr... heiß!"
Er drehte sie zu sich herum und gab ihr einen Kuss auf die Nase. Seine Augen hatten einen irisierenden Glanz, den Carissa sofort auf den Alkohol schob. Wie viel hatte er wohl schon getrunken? Seine rauchige Stimme hatte noch immer diesen festen Klang, den Carissa so liebte. Doch sprach Sirius melodiöser als sonst. Diese Mischung aus Verruchtheit, die er in diesem Moment ausstrahlte, trieb ihr Schauer über den Rücken, ließ sie fast vergessen, wo sie waren. So ging das einfach nicht weiter.
"Noch kannst du ablehnen", flüsterte er ihr sanft ins Ohr und knuddelte sie förmlich an sich, dass sie schon glaubte, ihre Rippen brechen zu hören.
"Ich lass mir etwas einfallen, Herzblatt", bot er ihr weiter an.
Er lutschte an ihrem Ohr und ließ seine Lippen über ihren Hals und ihr Kinn wandern, bis sie schließlich ihren Mund fanden.
Er roch eindeutig nach Alkohol.
Sie öffnete die Lippen, gewährte seiner Zunge Einlass. Er schmeckte nach Whiskey und nach Zigarren; unter anderen Umständen missfiel ihr diese Mischung aus Alkohol und Tabak. Schlechte Erinnerungen ließen sich nicht so einfach abschütteln. Mr Black hatte Zigarren und Rotwein bevorzugt, ein Getränk, das Sirius kaum anrührte.
An diesem Abend konnte Carissa dieser maskulinen Mischung von Whiskey, Zigarrenrauch und Rasierwasser kaum widerstehen.
"Ich lass mir wirklich 'was andres einfallen, Herzblatt, versprochen", griff Sirius den Gedanken wieder auf. Er strich ihr das Haar aus der Stirn und fixierte ihre Pupillen. "Du bist so wunderschön!"
Carissa senkte die Lider. Er war eindeutig mehr als nur angeheitert. Nie hatte er sie Herzblatt genannt oder als wunderschön bezeichnet. Er verabscheute Wischiwaschi-Gesülze, wie er häufiger betont hatte.
"Sirius, willst du etwa aus der Torte springen und strippen?", fragte sie scheinheilig und blickte ihm nun wieder in Augen. Für einen Moment glaubte Carissa, er würde wütend werden. Doch als seine Mundwinkel amüsiert zuckten, wusste sie, sie hatte den richtigen Ton gefunden. Nun kicherte er auch noch mädchenhaft.
"Das würde zumindest einem Spaß machen."
Er summte eine Passage aus dem Stripp-Lied und versuchte seine Finger unter ihr T-Shirt zu schieben.
Carissa wehrte sich, so gut es eben ging. Sie wusste genau, wohin das führen würde, ließe sie ihn jetzt gewähren.
"Wie läuft die Party?", fragte sie daher beiläufig, um ihn abzulenken.
Ihre Taktik gelang, denn Sirius lockerte den Griff und raffte den Vorhang etwas, um in den Raum sehen zu können.
° ° °
James stand in der Mitte und lachte ununterbrochen. Seine so genannten Freunde hatten eine Wiege vor ihm aufgestellt, einen Wickeltisch und eine Babypuppe organisiert. Gerade verband Remus grinsend dem werdenden Ehemann die Augen und Peter brüllte etwas von, "Auf-seine-Rolle-als-Vater-vorbereiten".
"Hey", moserte James, "ich heirate morgen erst, Vater werd ich doch noch nicht."
"Das geht schneller als man denkt. Du ahnst nichts Böses und schon sagt dir dein Frauchen, sie sei schwanger und kaum hast du das verdaut, schreit der kleine Jimmy nach der Brust, an der du..."
"Alaster Moody!", rief James. "Sie reden von meiner zukünftigen Frau!" Er hatte einen Finger drohend erhoben und fuchtelte damit gefährlich nahe vor Remus' Nase herum. Was allgemeines Gelächter hervorrief. Alastor Moody, der als Anstandswauwau von Lily mitgeschickt worden war, tippte James auf die Schulter und erwiderte trocken: "Ähm, lass den armen Remus in Ruhe, der kann nichts dafür. Ich bin der böse Bube."
Remus bekam sich vor Lachen kaum ein. Doch packte er resolut seinen Freund bei den Schultern und drehte ihn einige Male im Kreis. Dann schob er ihn zum Wickeltisch. Alles Weigern half nichts, James musste sich fügen und sich auf seine Rolle als Vater vorbereiten lassen, obwohl Lily noch nicht einmal Anzeichen einer Schwangerschaft erkennen ließ.
Grölend und lachend beobachteten die Freunde den Bräutigam, wie er – selbst schon leicht angesäuselt – den Kopf der Puppe in eine Windel einschlug und dem Gesäß das Fläschchen gab. Die magische Puppe quittierte diese unschöne Tortur mit herzzerreißendem Heulen, was die Zauberer noch mehr zum Lachen animierte.
° ° °
"Das muss er noch üben!", feixte Sirius hinter dem Vorhang. Schließlich wandte er sich wieder ihr zu und betrachtete sie stirnrunzelnd.
"Aber du bist ja noch gar nicht umgezogen", warf er ihr vor und kam ihr verführerisch nahe.
"Ach was!", erwiderte sie lax. "Das bekommst du erst jetzt mit?" Sie hob eine Augenbraue und blickte ihn missbilligend an. Sie schlang die Arme um die Taille und fuhr scheinbar resignierend fort: "Ich fürchte, ich verliere meine Wirkung."
Sirius protestierte leise, lockerte unmissverständlich ihre Arme und schon machten sich seine flinken Hände an ihrem T-Shirt zu schaffen. Mühsam bezwang Carissa ihren aufsteigenden Lachkrampf und schaffte es, Sirius ohne weiteren Kommentar durch den Vorhang zurück in den Raum zu schieben, wo er sich herzerfrischend motiviert beim Kurs "Was Ehemänner ihren Ehefrauen verschweigen sollten" beteiligte.
Er musste tatsächlich schon recht angeheitert sein, sonst wäre sie ihn nie so rasch los geworden.
Mit ungutem Gefühl zog Carissa sich nach einer Weile aus und legte das Zofenkostüm an. Wie von selbst nahm sie die kesse Haltung ein, die Sirius' Vater ihr anerzogen hatte. Ihre Hände wussten noch genau, wie sie sich zu bewegen hatten, um den komplizierten Chinon zu schlingen, bei dem nur eine Nadel gezogen werden musste, um die Flut schwarzen Haars zu lösen. Als letztes schlüpfte sie in die Netzstrümpfe, schob die roten Strumpfbänder zurecht und zwängte sich in die Highheels. Im Nu war sie wieder die Zofe im Dienste der Familie Black und ganze zehn Zentimeter größer. Carissa betrachtete sich im Spiegel. Sie rückte ihr tiefes Dekolletee zurecht. Der Stoff enthüllte mehr, als er verbarg.
Sie holte tief Luft, der Stoff spannte sich, die Nähte knarzten, doch alles hielt. Die Frage war nur, wie lange. Sie versuchte sich, an das zu erinnern, was sie im Muggelpub gelernt hatte. Reizen so gut es ging, alles versprechen und nichts halten, lediglich locken.
Verstecke deinen Gefühle!,war damals ihr Credo gewesen, doch nicht immer war es ihr gelungen. Wäre dies der Fall gewesen, hätte Sirius sie nicht mit sich genommen. Nun gut, dann hätte sie auch nicht in diesem Schlamassel gesteckt, in einem anderen vielleicht, aber nicht in diesem.
Was hast du dir nur wieder eingebrockt?, schalt sie sich. Sie wusste, dass ihr Auftritt nur vier Minuten und einige Sekunden dauern würde, doch selbst das war noch zu lang. Würde sie in der Achtung ihres Liebhabers sinken? Würde er sich von ihr abwenden? Die Lage war wirklich mehr als verzwickt.
"Wieso hast du nicht abgelehnt, als du es gekonnt hättest!", schimpfte sie leise.
Lautes Klatschen lenkte sie ab. Wieder war eine volle Stunde erreicht und ein Teil des Stundenkalenders, den Peter gebastelt hatte, wurde von James entfernt. Carissa ahnte, dass darunter irgendeine Schweinerei zum Vorschein kommen würde. Der Junge war einfach über das Teenagergehabe in punkto Sex und Körperlichkeit noch nicht hinausgekommen.
Der Vorhang raschelte und Remus huschte zu ihr. Er betrachtete sie bewundernd und dann legte er ihr in einer brüderlichen Gesten die Hände auf die Schultern.
"Du musst das nicht tun, wenn du nicht willst, Carissa", lallte er und deutete mit dem Kinn auf die Papptorte.
Schon wieder ein Angesäuselter mit guten Ratschlägen. Carissa stöhnte innerlich auf.
"Ich werd das schon schaffen! Hauptsache einer von euch ist nachher noch nüchtern genug, mich von hier fort zu bringen. Ich will nämlich nicht mit Peter zwischen den Schenkeln enden."
Remus prustete los und Carissa biss sich auf die Lippen. Hatte sie das gerade laut geäußert?
"Sollte dich jemand anfassen, wird Sirius im wahrsten Sinne des Wortes zum Tier und Peter weiß das. Der wird dich schon nicht unsittlich berühren. Mad-Eye ist noch nüchtern. Ich denke, er nimmt sich gerne einer Lady in Nöten an."
Carissa nickte und legte den Kopf schief, um Remus in die Augen blicken zu können.
"Keine Ahnung, wie wir nachher die Trauung überleben sollen. Lily wird nicht gerade begeistert sein, wenn der Bräutigam anstelle des Ja-Worts nur ein Würgen hervorbringt", spöttelte Remus und war sich ihrer aufmerksamen Betrachtung gar nicht bewusst.
Carissa musste schmunzeln, doch mischten sich auch ernsthafte Gedanken in ihre Heiterkeit. Wieso dieser Mann Frauen mied, war ihr ein Rätsel. Er war reserviert und kühl, doch spürte sie, dass er Leidenschaft besaß und einen eigentümlichen Charme.
"Langsam... versteh ich, was Tatze an dir reizt!", flüsterte er und wurde rot, als er ihren verheißungsvollen Ausschnitt musterte.
Carissa lächelte und schwieg. Sie hatte den leicht bedauernden Tonfall in seiner Stimme herausgehört. Ihre Vermutung traf also zu. Remus begehrte Frauen, doch sie schienen ihm Angst einzuflößen. Doch wollte sie nicht diejenige sein, die ihn therapierte. Sie war mit Sirius liiert und so sollte das auch bleiben.
"Ich glaube nicht, dass James das, was Peter unter den Teilen versteckt hat, gefallen wird. Es sieht verdammt nach Lily im Bunnykostüm aus", lenkte sie ihn ab.
Er seufzte und lugte durch das Loch im Vorhang.
"Es IST Lily im Bunnykostüm! Ich glaube, er ahnt schon, was auf ihn zukommt. Sirius betreibt offenbar gerade Schadensbegrenzung und versucht, etwas zu zaubern."
Remus lachte leise und schüttelte den Kopf. "Das war wohl nix, min Jung. Das musst du noch üben. Jetzt zwinkert er in unsere Richtung, Liebes. Ich glaube, er will was..."
Carissa biss sich auf die Lippen. Sie konnte es sich lebhaft vorstellen, dass Sirius zu betrunken war, um einen anständigen Zauberspruch zu Stande zu bekommen. Sie bedauerte, nicht sehen zu können, wie er Remus Zeichen zu geben versuchte.
"Was, bei Morgaine Le Fay, will er denn nun!"
Carissa räusperte sich und tippte Remus auf den Rücken. "Ich glaube...", begann sie, doch im gleichen Augenblick platzte bei ihm der Knoten. Er richtete sich auf und prallte im Umdrehen mit ihr zusammen.
"Du bist dran, meine Süße", murmelte er und wurde rot.
Spontan drückte ihr einen Kuss auf die gepuderte Wange. Carissa spürte, wie ein leichtes Zittern durch seinen Körper ging und etwas Animalisches in seinen Bernsteinaugen aufflackerte. Doch im gleichen Moment war es vorbei. Entsetzt über sich selbst, trat Remus einige Schritte zurück, doch fing er sich rasch wieder. Nach dieser spontanen Geste schien er ihr nüchterner. Und wenn es nicht zu abwegig gewesen wäre, hätte sie schwören können, er habe ein Knurren unterdrückt. Plötzlich fühlte sie sich auf die Arme genommen und in die Papptorte gestellt.
"Du weißt, nur so weit, wie du magst. Höschen und Bällchenheber bleiben an! Verstanden? Sonst schlägt Sirius alles kurz und klein", witzelte Remus. Carissa registrierte verblüfft seine Wortwahl. Als sie mit gerunzelter Stirn ihren Ausschnitt begutachtete, den er gerade kurz zuvor bewundert hatte, schob Remus sie in die Torte und machte den Deckel zu.
Bällchenheber!?, empörte sie sich innerlich im Dunkeln der Torte. Ich darf doch sehr bitten. In Muggelgröße ist das eine 75 B, du Banause. Sie würde ihm schon zeigen, was da für 'Bällchen' drin waren.
Das Ungetüm setzte sich in Bewegung. Carissa stützte sich an den Wänden ab. Nun denn, rien ne va plus.
° ° ° ° ° °
"Freund, Bruder, Zauberergenosse, Spielgefährte der Kinderzeit, Noch-Junggeselle und Bald-Ehemann. Bevor wir uns dem sinnlosen Besäufnis weiter widmen, präsentiert Dir das Organisationskomitee als Vorgeschmack auf die Hochzeitstorte, die Junggesellentorte und als Vorgeschmack auf die verhüllte unschuldige Braut, eine weniger verhüllte jedoch ebenso unschuldige Nicht-Braut. Diese Torte, mein Freund, darfst du nicht anschneiden, diese Braut, nicht vernaschen, nicht anfassen, nicht mit nach Hause nehmen und so weiter. Sie ist nur etwas fürs Auge, mon ami und fürs Ohr, haltet Euch daran und der Abend wird schön. Gentlemen, ich präsentiere ihnen die Torte..."
Ein Trommelwirbel war zu hören. Die Lichter wurden gedämmt und das Pappmonstrum glitt in den Raum. Gute zwei Meter vor James' Platz blieb es stehen. Die Wunderkerzen auf dem Papphäubchen brannten und gaben dem ganzen Zeremoniell einen mysteriösen, ja nahezu rituellen Anstrich.
"Musik!", hauchte Sirius rau.
Als die ersten Töne des Liedes, das er schon nicht mehr hören konnte, erklangen, ließ sich Sirius neben James nieder, die Stuhllehne zwischen den Beinen, und fixierte das heiße Kammerkätzchen, das sich aus der Torte schlängelte. Seine Brauen bildeten lediglich einen Strich über den Augen. Sein Mund war vor verhaltenem Zorn verkniffen und wie ein eifersüchtiger Haremsbesitzer beäugte er die grölenden Freunde, die sabbernd auf die grazile Frau stierten.
Das waren keine Freunde, oh nein, das waren potentielle Raubtiere, Feinde, die er als Jäger und Sammler von seiner Beute...
Sirius dachte nicht weiter und knackte stattdessen mit seinen Knöcheln. Hin und wieder warf er James, der mit offenem Mund auf die Tortenfüllung starrte, böse eifersüchtige Blicke zu.
Sie stieg aus der Torte und kam mit wiegenden Schritten und kessem Hüftschwung auf James zu. Sie zwinkerte Sirius zu und liebkoste mit ihrem Zeigefinger sanft sein Kinn, dann widmete sie sich wieder dem Ehrengast der Party.
Sirius schloss die Augen.
Ich bring sie um! Ich werde sie umbringen und dann in ein Kloster sperren. So was darf nicht frei rumlaufen.
Er fuhr sich mit der Hand übers schweißnasse Gesicht und trommelte mit den Fingern auf seinem Oberschenkel herum.
Ich bringe ihn um und sperre sie in ein Kloster, genau, so mache ich das. Lily wird mich schon verstehen.
Aus den Augenwinkeln nahm er wahr, wie sie sich auf James' Schoß niederließ, ohne ihn wirklich zu berühren. Sie ließ ihr Becken kreisen und...
Lily wird mich ganz sicher verstehen.
Unter dem Druck seiner Hand gab die Stuhllehne nach und brach. Verblüfft starrte er auf die Splitter in seiner Hand und das baumelnde Restholz, das einmal Stuhllehne gewesen war.
° ° ° ° ° ° °
Carissa hörte in ihrer Torte die Ankündigung und zwang sich zur Ruhe und Gelassenheit. Sie atmete tief durch und verbannte die nervöse Carissa weit in ihr Inneres.
Dann begann die Musik.
Der Deckel der Torte flog hoch und sie erhob sich. Sie schlängelte sich förmlich an die Luft, machte die lasziven Bewegungen, die Sirius ihr gezeigt hatte. Sie ließ ihre Hände über ihre Hüften gleiten, über den Bauch, bis hin zur Brust. Sie schnippte mit den Fingern und schwebte aus der Torte hinaus und landete sanft und elegant auf dem Boden. Sie warf den Männern, die sich grölend um sie scharrten, verlockende Blicke unter halb geschlossenen Wimpern zu. Dann entdeckte sie Sirius, wie er mühsam um Fassung ringend neben dem zukünftigen Bräutigam saß, den das ganze zu amüsieren schien.
Dann platzte der Knoten. Sie erkannte, dass James ein netter Kerl war, der seiner Verlobten absolut ergeben war. Er würde sie nicht anfassen, es sei denn sie forderte es und auch dann würde er sie wie eine Dame behandeln und nicht wie ein Stück Fleisch. Sie durchschaute James, der sich offenbar im Klaren darüber war, welche Wirkung sie auf seinen besten Freund hatte.
Als James ihr zu zwinkerte, ließ sie sich auf das Spiel ein. Sie stakste auf James zu und liebkoste im Vorübergehen Sirius' Kinn. Sie wusste, sie machte ihn wahnsinnig. Dann drehte sie James den Rücken zu. Sie ließ ihre Hände über ihre Seiten gleiten, bückte sich und streckte ihm ihr Gesäß ins Gesicht. Sie senkte sich auf seinen Schoß und ließ das Becken träge im Takt der Musik kreisen.
James war ein aktiver Mitspieler. Er fuhr mit der Hand in geringer Entfernung über ihre Haut. Carissa ignorierte den Krach, den Sirius neben ihnen machte.
Völlig auf ihren Job konzentriert, öffnete sie die Verschnürung, die ihr Zofenkostüm vorne zusammenhielt. Als es fiel, sog James die Luft ein und Sirius stieß einen Fluch aus.
Carissa gab Mad-Eye einen Wink und dieser stolperte nach vorne.
Er öffnete auf ihr Zeichen hin, den Knopf am Rock und verzog sich rasch wieder. Quälend langsam ließ sie das knappe Teil zu Boden gleiten. Sie ließ sich auf die Knie sinken und krabbelte auf James zu. Sie benutzte seine Knie, um sich wieder aufzurichten. Ihre Augen fixierten ihn. Sie spreizte seine Beine und stellte ihren Fuß zwischen sie. Mit einem Nicken gebot sie ihm, ihr den Schuh auszuziehen. Dann nahm sie seine Hände und führte sie an den Rand ihrer Strümpfe. Mit Geschick und einem Augenzwinkern befreite James sie von dem zarten Gebilde.
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Sirius zähle innerlich bis zehn. Sie war gut. Sie war besser, als er es erwartet hatte und es machte ihr auch noch Spaß. Sie war doch nichts anderes als ein Flittchen und er hatte sich von ihr täuschen lassen.
Es fehlte nicht viel und sie würde James auf den Boden werfen, ihm die Hosen vom Leib zerren und in aller Öffentlichkeit...
Warme Lippen rissen ihn aus seinen bösen Gedanken.
Carissa stand neben ihm, umfasste sein Kinn und zwang ihn, sie anzusehen. Sie hatte einen Kuss auf seine Lippen gehaucht. Er fühlte ihren Fuß in seinem Schritt und runzelte die Stirn. Also schön, wenn sie es so wollte, ließ er sich auf ihr träges Spiel ein. Er befreite sie von ihrem Schuh und zog ihr liebkosend den zweiten Strumpf aus. Als er seine Lippen auf ihren Schenkel senken wollte, entzog sie sich ihm.
Frustriert wollte sich Sirius auf die Lehne des Stuhls betten, als seine Hände ins Leere griffen. Panisch sah er sich nach alles Seiten um. Niemand hatte seine Tollpatschigkeit mitbekommen und er atmete erleichtert auf. Er zählte die Sekunden, bis das Lied endlich vorbei sein würde und erkannte, dass irgendein Idiot es auf Anfang gestellt hatte.
Mist! Das ist eine Verschwörung! Ich bring den Kerl um, wenn ich ihn erwische!, fluchte er innerlich. Genau, er würde sich seinen Frust von der Seele...
Weiter kam er nicht. Carissa zog gerade die einzige Nadel aus ihrem Haar, sodass ihre schwarzen Locken ihr süßes Gesicht umhüllten und sich verführerisch an ihren Körper anschmiegten. Sie warf gerade den Kopf zurück, befeuchtete ihren Zeigefinger und ließ diesen über ihre Kehle hinab zur verlockenden Kuhle zwischen ihren Brüsten gleiten.
"Nicht!", flüsterte Sirius und sprang auf. Er schnellte auf Carissa zu, packte sie bei der Taille, warf sie sich über die Schulter und rannte hinter den Vorhang.
Allgemeines Gemurre wurde laut. Doch James' Gelächter übertönte alles. Verwirrt hörte Sirius, wie sein bester Freund den Teilnehmern der Party erklärte, dass Sirius' Verhalten doch verständlich sei, denn schließlich sei das Kätzchen aus der Torte seine Freundin.
Irritiert über diese Bemerkung verharrte Sirius regungslos. Stimmte es? War sie wirklich seine Freundin? Kaum, dass er sich diese Frage gestellt hatte, wusste er, dass es der Wahrheit entsprach.
Dann traf ihn etwas hart in der Lendengegend. Er ließ Carissa los und brach stöhnend zusammen.
"Ich fass es nicht, dass du meinen Genius getreten hast!", gab er quietschend von sich. Es tat verdammt weh.
Carissa lag neben ihm auf dem Boden und versuchte ihre Haare aus dem Gesicht zu streichen, was ein schwieriges Unterfangen war.
"Ach, das warst du?", flüsterte sie vor Wut.
Zufrieden sah Sirius, dass sie auf ihn zu krabbelte. Gleich würde sie ihn küssen und um Verzeihung bitten.
Doch der Schmerz in seiner Wange weckte ihn aus der Traumwelt vollkommenen Glücks.
"Das war dafür, dass du mich so erschreckt hast. Wie kannst du es wagen, mich so zu behandeln!", fauchte sie.
Sirius quietschte und hielt sich nun nicht mehr nur seinen Schritt, sondern auch die Wange. Ob sein kleiner Freund noch lebte, konnte er im gleichen Moment feststellen. Denn zeternd und schimpfend entkleidete sich Carissa. Sie schien völlig in ihrer Wut gefangen zu sein, dass sie sich ihm so freizügig darbot.
Sirius fiel die Stille im Nebenraum auf und versuchte beschwichtigend auf Carissa einzuwirken. Doch vergebens. Sirius ahnte, dass jedes Wort, das hinter dem Vorhang gewechselt wurde, in den anderen Raum schallte. Carissa interessierte das alles herzlich wenig. Ihr Stimme wurde durch das T-Shirt, in welches sie sich gerade zwängte, gedämpft und ihr Gehör arbeitete auch nur auf halber Leistung. Doch kaum, dass ihr Mund wieder an der Luft erschien, meckerte sie weiter. Dass sie über Männer im Allgemeinen schimpfte und deren Unfähigkeit beklagt, Vertrauen zu Frauen zu haben und ihre Meinung kundtat, alle gehörten kastriert und in ein Kloster, reizte Sirius zum Lachen. Er rappelte sich auf und wollte nach ihr greifen, doch er bekam nur den Vorhang ins Gesicht.
Schmunzelnd beobachtete er, wie sie auf Mad-Eye Moody zu trippelte und ihn 'bat' – sie würde es bitten nennen, doch eigentlich war es ein Befehl – sie endlich nach Hause zu bringen. Er hoffte, sie meinte sein Appartement. Schon stürmte sie weiter. Der grinsende Moody zwinkerte Sirius zu und beeilte sich, hinterher zu kommen.
"Sie ist genau die Frau, die du brauchst, Tatze, ich hoffe du weißt das."
James stand neben ihm und hatte ihm die Hand auf die Schulter gelegt.
"Ich weiß und ich werde jeden umbringen, der sie anfasst!", knurrte er.
"Genau wie ich jeden umbringen werde, der Hand an Lily legt." Sirius zuckte zusammen.
"In der Gegenwart und in der Zukunft, nicht in der Vergangenheit. Du verstehst?"
Sirius verstand. Er umarmte seinen besten Freund kurz und beide stürzten sich in das Getümmel des ausklingenden Junggesellenabends. Jeder mit einem Teil seiner Gedanken bei der Frau, die er begehrte.
tbc
