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Was wirklich nach dem Junggesellenabend geschah.

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12. 'Nein, ich will nicht!' oder 'Das böse Erwachen'

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Wieso muss dieser Typ nur so laut reden?, fragte sich Sirius und griff sich während der Zeremonie an die Stirn. Es pochte dahinter, als übte jemand einen Cruciatusfluch auf ihn aus. Wie lange stand er schon da? Dreißig Minuten? Zwanzig Minuten? Sirius hatte irgendwann abgeschaltet, erst als er einen schmerzhaften Knuff von James in seiner Seite spürte, bemerkte er, dass der Typ mit der lauten Stimme wohl nach den Ringen verlangt hatte, um diesen den Segen der Muggelgemeinschaft zu geben, Lilys Eltern hatten auf eine offizielle Muggelhochzeit gedrängt, weil die Tradition es verlangte und weil sie sonst – würde lediglich eine magische Zeremonie abgehalten werden – das Gefühl hätten, ihre Tochter lebe in wilder Ehe mit einem Mann zusammen. Eine untragbare Situation.

Sirius grinste entschuldigend und kramte in den Taschen seines Smokings nach dem kleinen Etui, in dem sich die Ringe befanden, die James aus dem umfangreichen Familienschmuck-Arsenal des Potter-Lilienwood'schen (1) Vermögens ausgesucht hatte.

Sirius öffnete das rot samtene Schächtelchen und bemerkte trotz seines schmerzhaften Katers das Aufkeuchen der geladenen Gäste.

"James!", hauchte Lily nur und Sirius grinste erneut. Er war dabei gewesen, als James seine Wahl getroffen hatte. Lilys Ring wies einen Solitär auf, einen tief grünen Stein, der genau die Farbe ihrer Augen besaß. Ein schmaler Goldreif, der kaum den großen exquisit geschliffenen Smaragd zu halten vermochte, war mit in sich verschlungenen filigranen Linien verziert. Selbst der Muggel-Standesbeamte sog die Luft ein und murmelte ein sogar für Sirius noch verständliches "Unfassbar". Das Paar, welches nicht zu seiner Gemeinde gehörte, war offenbar in der Achtung des Muggels gestiegen.

Der Rest der Zeremonie ging in Sirius gepeinigtem Schädel unter. Er erinnerte sich lediglich noch daran, sich gewünscht zu haben, dass diese Muggelangelegenheit bald vorbei sein würde und dass irgendwann ein Foto vom Brautpaar mit seinen Freunden gemacht wurde. Sirius hatte sich alle Mühe gegeben müssen zu lächeln, ohne dass man ihm seinen schweren Kopf ansah. Sein blaues Auge, welches Carissa ihm nach seiner Beute-Jäger-Aktion auf dem Junggesellenabend verpasst hatte und eigentlich als das unbeabsichtigte Resultat einer zu hoch angesetzten Maulschelle zu werten war, hatte Moody kurzerhand verschwinden lassen. Wozu der Natur ihre Zeit lassen, wenn Magie Heilung rascher bewirkte?

Sirius stand die größte Herausforderung noch bevor; die Hochzeitsfeier. Als Trauzeuge konnte er sich nicht einfach so verabschieden, sondern musste ausharren, bis die letzten Gäste gegangen waren. Er musste eine Rede auf den Bräutigam halten, die Spiele organisieren und nicht zu letzt noch die Braut entführen. Remus würde ihm bei diesem Programmpunkt selbstredend nicht aus den Augen lassen. Als ob er seinem Freund die Frau ausspannen würde. Sirius besaß zwar keinerlei Skrupel, wenn es um die Befriedigung seiner Triebe ging, doch an die Frau seines besten Freundes würde er sich niemals heranwagen. Das wäre als würde er Inzest begehen. War doch James wie ein Bruder für ihn und Lily durch ihre Heirat wie eine Schwägerin, Schwester dem Gesetz (2) nach.

Den ersten besten unbeobachteten Moment nutzte er aus und verschaffte sich etwas von Lilys Anti-Kater-Cocktail, den er vor der Zeremonie noch so mannhaft abgelehnt hatte. James hatte dieser Drink auch nicht in eine rot äugige Kröte verwandelt, warum sollte er ihm also schaden?

So kam es, dass Sirius charmant und hellwach – vielleicht sogar ein wenig zu aufgeputscht – den restlichen Teil der Feierlichkeiten hinter sich brachte. Doch mit den Gedanken war er bei seiner Carissa, die all seinen Wünschen und Aufforderungen zum Trotz der Muggelzeremonie ferngeblieben war.

"Was ist, wenn einer der Gäste mich erkennt? Was ist, wenn dein Vater..."

Sie hatte nicht weiterreden müssen, er hatte verstanden und es nicht geschafft ihre Furcht vor seinem Vater weg zu argumentieren. Dabei war er der festen Überzeugung gewesen, dass niemand daran Anstoß genommen hätte, wäre sie seine Begleitung gewesen. Nun gut, einige der anwesenden ledigen Damen, die ihn mit schmachtenden Blicken verfolgten, letztlich auf den Brautstrauß und einen anschließenden Tanz mit ihm hofften und sich nur in seiner Nähe herumdrückten, wären über eine weibliche Begleitperson sehr verärgert gewesen. Die Herren hätten es allerdings begrüßt.

Doch es half nichts. Sie hatte seine Einwände mit energischen Kopfschütteln hinweggefegt. Er war nicht in der Lage gewesen sie auch davon zu überzeugen, dass der sicherste Platz auf der ganzen Welt in seiner Nähe sei.

Vor sich hin pfeifend war Sirius in den frühen Morgenstunden, nachdem das frisch getraute Ehepaar johlend auf Hochzeitsreise in die Schottischen Highlands verabschiedet worden war, auf dem Weg nach Hause und überlegte sich, ob Lily und James ebenso viel Spaß in ihrem Bett haben würden, wie er es gleich würde erleben können.

Einen kleinen Stich hatte er schon verspürt, als er Lily Evans zum ersten Mal als Mrs James Potter die Hand geschüttelt und einen Kuss auf die Wange gedrückt hatte. Nun war sie als Frau endgültig für ihn unantastbar. Doch so weh tat es gar nicht, wie er noch vor wenigen Tagen geglaubt hatte, dass es weh tun würde. Im Gegenteil, es war wie eine Erleichterung, Lily nun gut verheiratet zu wissen. James und sie hatten ihm versprochen, dass er Patenonkel werden würde, sobald sich ein kleiner James oder eine kleine Lily ankündigen würde, und das hieß doch, dass sich im freundschaftlichen Verhältnis nichts zwischen ihnen ändern würde. Im Gegenteil. Er konnte sich nichts Schöneres vorstellen, als den Kleinen – natürlich würde es ein Junge werden – auf den Schultern herumzutragen, im Quidditch beizubringen und wilde Runden auf seinem fliegenden Motorrad mit ihm zu drehen.

Sirius seufzte, ging ins Haus und betrat den Fahrstuhl. Ein Déjà-vu überkam ihn. Erst vierundzwanzig Stunden zuvor, hatte Carissa in einem Hauch von Nichts hinter der Appartementtür auf ihn gewartet. Sie hatte ihn verwöhnt und ihm so zu verstehen gegeben, wie Leid ihr ihr brutales Vorgehen auf dem Junggesellenabend tat. So war es ihm nicht schwer gefallen, sie ebenfalls um Verzeihung für sein eifersüchtiges Revierabstecken zu bitten. Es war ein atemberaubendes Erlebnis gewesen, wie sie sich ihn unterwarf und er im Gegenzug dazu sie unterwerfen durfte. Bis in die frühen Morgenstunden hatten sie dieses Spielchen gespielt, bis sie erschöpft aber glücklich in seinen Armen eingeschlafen war.

Er fragte sich, was sie ihm in dieser Nacht für eine Überraschung bereiten würde. Er stellte sich vor, wie sie ihn küssen, streicheln und liebkosen würde, wie sie ihn langsam – nun gut, nicht gerade tödlich langsam – aus seinem Smoking schälte und wie sie sich dann gemeinsam auf dem Bett oder auf dem Teppich vergnügen würden. Teppich, oh ja, das war eine hervorragende Idee. Teppich stand noch auf seiner gedanklichen Liste abzuarbeitender Dinge. Ein anzügliches Grinsen stahl sich auf seine Lippen.

Black schloss die Augen und versuchte seinen Puls wieder unter Kontrolle zu bringen. Zum ersten Mal an diesem langen Tag war er verärgert darüber, dass Smokinghosen weit geschnitten waren. Zum einen hatte sein Schatz zwar ausreichende Entfaltungsmöglichkeiten – was gut war –, zum anderen bekam aber jeder, der genau hinsah, diesen vorwitzigen Forscherdrang sofort mit – was eben sehr peinlich werden konnte. Camping und dergleichen. Die Sprüche kannte er zu genau. Der Fahrstuhl hielt und Sirius hatte sich soweit unter Kontrolle, um Carissa nicht gleich zu überfallen und sich ihr aufzuzwingen.

Doch als sich die Türen öffneten blieb er wie angewurzelt stehen. In seinem Appartement stimmte etwas nicht. Zum einen stand die Tür sperrangelweit auf und zum anderen fehlte die Papptorte, die er vor dem Appartement zwischengelagert hatte. Er betrat seine Wohnung und das ungute Gefühl verstärkte sich. Die Papptorte stand zusammengeschrumpft auf dem Tisch und schien ihm irgendwie essbar. Seine empfindliche Nase nahm fremde Gerüche wahr, die er nicht einordnen konnte.

Panik überkam ihn. Er hätte auf Moody Wunsch, nach dem Rechten zu sehen, bestehen sollen. Nachdem der Auror ihm erzählt hatte, dass sein Vater in der Stadt gesehen worden war. In der vergangenen war Carissa sicher gewesen. Alastor hatte sie, wie versprochen, genau vor dem Appartement abgesetzt und hinter ihr die Tür verriegelt. Dabei war er sich sicher, das auch getan zu haben, bevor er zur Hochzeit aufgebrochen war.

Sirius rannte hinein und rief nach Carissa, doch er bekam keine Antwort. Seine Wohnung besaß mit Sicherheit nicht sehr viele Versteckmöglichkeiten, dennoch durchsuchte er akribisch das Badezimmer, das Schlafzimmer und als er wieder ins Wohnzimmer kam, um sich dem Küchenbereich zu widmen, verharrte er in der Bewegung. Wie hatte ihm das entgehen können?

"So sieht man sich also wieder! Du zieht es also vor, in dieser erbärmlichen Behausung zu logieren? Von einem Black war etwas anderes zu erwarten!"

Sein Vater saß mit dem Rücken zur Eingangstür in Sirius' Lieblingssessel und hatte es sich sehr bequem gemacht. Der ältere Herr, dessen graues Haar sich an den Schläfen bereits lichtete und hohe Geheimratsecken bildete, war straff nach hinten gegelt; er neigte seinen Kopf leicht und begleitete dieses Neigen mit einer einladenden Geste seiner rechten Hand.

"Setze dich doch, mein Sohn, ich habe mit dir einiges mitzuteilen!"

Als er nicht reagierte, wiederholte sein Vater die Aufforderung mit peitschendem Tonfall. Verblüfft registrierte Sirius, dass er gehorsam tat, was dieser von ihm verlangte. Er fühlte sich in seine Kindheit zurückversetzt, als er noch nicht in Hogwarts lernte und außer einigen Jungen anderer Schwarzmagierfamilien keinen Umgang mit Gleichaltrigen hatte. Damals hatte er seinem Vater stets gehorcht, wenn dieser ihm in seiner bellenden Art etwas zu tun gebot. Er war verärgert, dass dieser Mann noch eine solche Macht über ihn ausübte, obwohl er ihm schon vor Jahren den Rücken gekehrt hatte.

"Wie kommst du her?", fragte er schließlich mit vor Zorn bebender Stimme. Vergeblich bemühte er sich um einen neutralen Tonfall, um dem Vater nicht die Genugtuung zu geben, ihn an seiner schwachen Stelle getroffen zu haben.

"Keine Begrüßung? Keine Frage nach meinem Befinden oder dem deiner Mutter? Wenn ich nicht wüsste, dass wir dir Manieren beigebracht haben, erläge ich leicht der Vermutung du besäßest keine. Also führe ich dein Desinteresse auf die schlechte Gesellschaft, in der du dich befindest zurück", philosophierte Mr. Black.

"Wie du hierher kommst, will ich wissen! Alles andere interessiert mich nicht!", fauchte Sirius. Um seine Selbstbeherrschung war es endgültig geschehen.

"Deine Mutter leidet sehr unter dem Tod deines Bruders und die Enttäuschung, die du ihr bereitet hast und noch immer bereitest. Du verdankst es mir, noch auf dem Black'schen Stammbaum zu erscheinen. Aber, das ist dir ja alles egal."

Sirius' Kieferknochen knackten, so heftig biss er die Zähne aufeinander. Sein Vater hatte die lästige Angewohnheit, Fragen zu ignorieren und nur dem eigenen Gesprächsverlauf zu folgen, um seinem Gegenüber das Gefühl der Unzulänglichkeit zu vermitteln.

"Wie! Kommst! Du! Hierher!", wiederholte er zischend.

"Das ist zwar nicht ganz die Frage, die ich erwartet habe, aber ich will sie dir beantworten."

Mr Black deutete auf den Kamin in der Ecke des Wohnbereiches und fuhr fort: "Es war sehr aufmerksam von dir, nicht gerade sehr klug, aber doch ausgesprochen aufmerksam, dein Appartement mit einem Kamin zu versehen. Es war ein Leichtes, per Flohpulver herzureisen. Ich hätte es bereits gestern getan, doch besaßest du wohl zu dem Zeitpunkt genügend Verstand, den Kamin aus dem Netzwerk entfernen zu lassen. Du musst mit deinen Gedanken arg beschäftigt gewesen sein, um nicht heute auch diese Vorsicht walten zu lassen. Hat dir das kleine Flittchen mit ihren Künsten den Verstand vernebelt?"

Sirius zuckte zusammen. Sein Vater hatte Recht. Er war am Morgen zu gestresst gewesen, um die Sicherheitsmaßnahmen zu aktivieren, die er zum Schutz Carissas in der Zaubererwelt mit Moody besprochen hatte. Nicht umsonst hatte der Auror sie auch nachdem Junggesellenabend heim gebracht und nicht Remus.

"Wo ist sie? Was hast du mit ihr gemacht?", brüllte Sirius und sprang auf. Er hastete auf seinen Vater zu, doch wagte er nicht, ihn auch nur anzurühren.

"Ahhh, genau diese Frage hätte ich erwartet. Nun... du wirst verstehen, dass ich sie dir nicht beantworten werde."

Sirius Finger bogen sich zu menschlichen Krallen und näherten sich dem Hals seines Gegenübers, doch noch immer rührte er seinen Vater nicht an.

"Wenn du ihr etwas angetan hast, dann werde ich..."

Arrogant zog der Angesprochene in der Black'schen Manier eine Augenbraue empor und musterte den Sohn kalt.

"Was soll ich denn mit der kleinen Hure gemacht haben? Ich würde deinem Spielzeug doch niemals ein Leid antun oder es gar... berühren! Die Zeiten sind vorbei, in denen ich es als Privileg empfand, meine Bedürfnisse an ihr zu befriedigen Ich mache mir an Abschaum die Hände nicht schmutzig. Ich dachte, ich hätte dir beigebracht, was Stil ist!"

Sirius brauchte eine Weile, um sicher zu sein, ob dieser Beleidigungen seitens seines Vaters nicht aus der Haut zu fahren. Sein Misstrauen war mehr als geweckt. Die Worte seines Vaters hinterließen einen bitteren Nachgeschmack. Mr. Black erhob sich. Er war so groß wie sein Sohn.

Mit geblähten Nasenflügeln meinte der Ältere nur: "Sie wird genau das Los ereilen, das ich ihr verkündet habe, sollte ich sie noch einmal in der Zaubererwelt und vor allem in der Nähe eines Mitglieds meiner Familie erwischen. Nun, sie ist dir doch sehr nahe gekommen? Nicht wahr? Sie hat doch sicher ihre Beine für dich breit gemacht und dich nicht nur mit diesen Lippen verwöhnt. Sicher hast du sie auf den Geschmack gebracht. Sie wird sich dort, wo sie jetzt ist, sehr sehr wohl fühlen und..." – sein Vater machte eine Pause um sich gierig über die Lippen zu lecken – "das tun, was sie am Besten kann, Freude bereiten!"

Sirius war entsetzt. Jedem anderen wäre an die Kehle gesprungen. Jedem anderen hätte er durch Flüche die Wahrheit entrissen. Nicht jedoch seinem Vater. Er hatte keine Erklärung, warum dieser Mann ihn stets wie einen dummen Jungen dastehen lassen konnte und nach all diesen Jahren der Selbständigkeit noch immer eine solche Macht über ihn ausüben konnte. Es war ihm leichter gefallen, sich seiner Mutter zu widersetzen. Seinem Vater jedoch...

Wie versteinert musste Sirius beobachten, wie sich sein Vater den Umhang umlegte.

"Du warst nie sonderlich klug in der Auswahl deiner Freunde und der deiner Bettgenossen offenbar auch nicht. Sie hat sich nicht sehr über das Geld gefreut; deine kleine Kurtisane lässt sich offenbar nur von dir aushalten. Na, das wird sich ändern. Dort wo sie jetzt ist, wird man sich über jemanden wie sie freuen. Wer arbeitet schon unentgeltlich in diesem... Gewerbe? Ich an deiner Stelle würde nicht nach ihr suchen. Sobald ich erfahre und ich werde es erfahren, dass du dich in ihrer Nähe aufhältst, wird sie verschwinden und glaube mir, jeder neue Ort wird schlimmer für sie sein, als der, an dem sie sich befunden hat. Ich hoffe sie hat dich ebenso befriedigt wie meine Freunde. Sie waren sehr angetan von ihrer Zungenfertigkeit, doch das brauche ich dir ja nicht zu sagen, denn allein der Gedanke daran hat ja unübersehbare" – er deutete auf Sirius Schritt, wo sich noch immer ein kleines Zelt wölbte – "Auswirkungen!"

"Ich bringe dich um!", flüsterte Sirius gefährlich leise. "Dich und deine Freunde. Ich werde euch finden und auslöschen und es ist mir scheißegal, dass du mein Vater bist. Dein Blut wird an meinen Händen kleben und es wird mir Genugtuung verschaffen darin zu baden."

Sirius' Vater lachte und er klang unendlich stolz auf die Reaktion seines Sohnes, als er sagte: "Bravo! So ist es recht! Son muss ein Black denken! Nimm keine Rücksicht auf Freunde oder Familie. Das macht einen Schwarzmagier aus, das macht meinen Sohn aus!"

Von vor Begierde und krankhaftem Stolz glühenden Augen fühlte sich Sirius gemustert, doch er hielt Stand.

"Ein Wort von dir, ein Schritt in unsere Richtung und sie wird nicht länger leiden. Werde endlich vernünftig und folge dem Ruf deines Blutes. Solltest du sie retten wollen, dann wird es nur dann funktionieren, wenn du dich endlich wieder deiner Natur besinnst und auf die Seite des Dunklen wechselst. Nimm den Platz ein, den dein Bruder innehatte und sie leidet nicht länger!"

Lachend verließ sein Vater das Appartement ohne ihm die Möglichkeit auf eine Antwort zu geben. Er ließ einen entsetzten jungen Mann von nicht ganz zwanzig Jahren zurück, der sich fragte, was er nun tun sollte und wo sich die Frau, die dabei war, sich ganz langsam aber stetig in sein Herz zu schleichen, befand. Aber eines war sicher. Auch für seine Liebe würde er seine Überzeugung nicht verkaufen. Das würde sie nicht wollen. Verärgert wischte er sich über die Augen. Salzige Flüssigkeit klebte an seinen Händen und lief unaufhörlich über seine Wangen.

Zorn war eine mächtige Motivation und würde sie zu nutzen wissen.

° ° ° ° ° ° °

Einige Stunden zuvor im Appartement Sirius'

Carissa erwachte mit schmerzendem Kopf. Sie hatte ihn nicht kommen sehen, den Schlag, der ihr das Bewusstsein raubte. Ganz allmählich kamen die Erinnerungen wieder. Sie hatte sich Mr Black gegenüber gesehen, Sirius' Vater, der sie damals bedroht hatte, sich nie wieder seinem Sohn zu nähern und sich nie wieder in der Zaubererwelt blicken zu lassen, sonst würde sie es büßen.

Wie aus dem Nichts war er aufgetaucht und hatte zwei maskierte Männer mitgebracht, die sich prompt auf sie gestürzt hatten. Sie war gerade unter der Dusche gewesen und nur in ein Badetuch gehüllt, was ihre Schnelligkeit erheblich behinderte. Sie hatte sich umgewandt und war Richtung Bad, Richtung Zauberstab, geflüchtet, und dann hatte sie der Schlag getroffen.

Nun schmerzte die Stelle, an der sie der harte Gegenstand getroffen hatte. Sie stöhnte und wollte diese Stelle berühren, doch vermochte sich es nicht, ihre Arme zu bewegen. Mit einem Mal war sie hellwach. Sie lag ausgestreckt auf dem Bett in Sirius' Schlafzimmer. Ihre Arme und Beine waren an den Bettpfosten gefesselt. Panik machte sich breit und sie zerrte an den Fesseln mit wenig Erfolg. Sie lösten sich nicht, im Gegenteil, sie zogen sich immer fester um ihre schmalen Gelenke zusammen.

"Du dachtest wohl, ich hätte dich aus den Augen gelassen? Da irrst du dich", säuselte Sirius' Vater aus der Dunkelheit.

"Ich...", keuchte Carissa. Angst schnürte ihr die Kehle zusammen und erstickten jedes weitere Wort.

"Du? Ach, meine Liebe, es wird kein 'Du' mehr geben, es wird kein 'Ich' mehr geben, es wird nur noch ein 'Etwas' existieren. Und dieses 'Etwas' meine Süße wirst du sein."

Er trat an das Bett und schaute müde lächelnd auf sie herab. Carissa wandte den Kopf ab, doch schon schossen seine langen Finger, die sie so sehr an Sirius erinnerten, hervor und packten brutal ihr Kinn. Seine sanfte betörende Stimme stand im völligen Gegensatz zu seinem groben Vorgehen.

"Willst du denn nicht wissen, was dir bevorsteht? Du solltest Neuem gegenüber immer aufgeschlossen sein, vor allem dort, wohin du nun kommen wirst. Selbstverständlich erwarten die Geschäftsleute dort jemanden, der ebenso wie sie etwas vom Metier versteht. Ich befürchte, du hast einiges nachzuholen. Ich war der Ansicht gewesen, drei Jahre bei Keeper hätten ausgereicht, dir das Grundrepertoire zu vermitteln, doch musste ich erfahren, dass du ausgesprochen unwillig warst. Das müssen wir dringend ändern!"

Lässig winkte er mit der Hand und die beiden maskierten Gestalten, tauchten aus dem Schatten aus. Sie nahmen ihre Masken ab und Carissa schrie erschrocken ab. Joseph und Keeper, die beiden aus dem Muggelpub standen neben Mr Black und leckte sich gierig die Lippen.

Mit süffisantem Grinsen hob Mr Black eine Augenbraue. Mit einem Wink des Zauberstabes verhängte er den Schweigezauber über sie. Carissa kannte den Spruch. In der Zeit, als sich Black senior mit ihr befriedigt hatte, hatte er häufiger diesen Zauber ausgesprochen. Bis auf Stöhnen, Keuchen und gelegentliches Schreien, Laute, die Männer wie diese eher antörnen als abhalten würden, war alles, was sie noch würde äußern können.

"Viel Spaß, und nehmt keine Rücksicht. Die Geschäftsleute sind beschädigte Ware gewöhnt, doch sie sollte nachher noch am Leben sein und dazu in der Lage ihrer neuen Aufgabe nachzukommen."

Damit verließ er das Zimmer und überließ sie ihrem Schicksal.

° ° ° ° ° ° °

Die Dunkelheit lichtete sich allmählich. Irgendwann musste sie während ihres Martyriums ohnmächtig geworden sein. Ihre Glieder schmerzten. Sie war wund, egal an welche Stelle ihres Körpers sie auch dachte, jeder war ein Hort des Schmerzes. Sie betrachtete ihren Körper, doch erkannte sie keiner äußerlichen Anzeichen dafür, dass sie vergewaltigt worden war. Nur ihr Verstand wusste es genau.

"Du bist ja wach, dann kann es ja los gehen!", dröhnte eine rauchige Stimme, die trotz der tiefen Tonlage eindeutig einer Frau gehörte.

Sie wollte protestieren und sich weigern, doch nichts kam aus ihrer Kehle außer ein Keuchen. Entsetzt erkannte sie, dass sie noch immer unter dem Schweigezauber stand.

"Permanenter Schweigezauber, Herzchen. Du musst jemanden sehr geärgert haben. Na lass mal gut sein. Jeder gewöhnt sich daran. Ein wenig Zuvorkommenheit, ein wenig Herzlichkeit und schon schnurren sie alle wie die Katzen. So hübsch wie du bist, wird es dir leicht fallen, sie dazu zu bringen, dich nicht wie Dreck, sondern wie ein Prinzessin zu behandeln!"

Wenige Augenblicke später sah sich Carissa in knappen Höschen, oben ohne und zu stark geschminkt zwischen Männern, die nicht nur Getränke bei ihre bestellen wollten, sondern sie auch kniffen, begrapschten und Geld zusteckten, um sich ihre Gunst zu erkaufen.

Sie war in der Knockturn Gasse in einem jener Etablissement, vor denen Sirius' Vater sie gewarnt hatte und ohne Hoffnung Sirius je wiederzusehen.

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° Ende! °


(1)

James Potters Mutter ist in meiner Geschichte "Harry Potter und das Geheimnis seiner Ahnen" eine geborenen Lilienwood und entstammt einer sehr alten und vornehmen Familie. Sie brach mit der Tradition und führte, wie es ihre Aufgabe gewesen wäre, den Namen der Familie nicht weiter, sondern nahm den ihres Mannes an. Sie besaß noch eine Schwester, die jedoch unverheiratet blieb. Als einziger Erbe – bis zur Geburt Harry – ist James Eigentümer des Lilienwood'schen Vermögens, ob er es will oder nicht.

(2)

'sister-in-law' ich mag den englischen Ausdruck für Schwägerin. Für mich persönlich sind Schwager und Schwägerin nämlich nichts anderes als angeheirateter Bruder bzw. Schwester und damit mehr als Tabu, auch wenn in der Regel keine Blutsverwandtschaft besteht.


AN:

Ja, so trug es sich damals wirklich zu. Geneigter Leser, Du wirst verstehen, dass auch ich das andere Ende bevorzuge, bei dem Sirius und Carissa wenigstens den Hauch einer Chance haben, miteinander das Glück zu erleben.