Danke für eure Kommentare zu den letzten Kapitel! Damit gibt es gleich das Nächste damit ich Gleichstand habe, würde mich über einen Kommentar freuen, da ja augenscheinlich ziemlich viele die Kapitel lesen, wenn man der Statistik hier trauen darf.

From Hell

Kapitel 4

Angezogen und zu einer Kugel zusammengerollt lag Draco seit Stunden wach auf seinem Bett und lauschte auf jedes kleine Geräusch im Haus. Er war gestern stundenlang durch die Straßen geirrt, um sich wieder zu beruhigen und sich des Ausmaßes bewusst zu werden, dass seine Reaktion verursacht hatte. Flucht war ihm in den Sinn gekommen, aber dann hatte die Vernunft gesiegt, wo sollte er schon hin ohne Geld und Zauberstab. Müde und hungrig hatte er sich dann im Dunkeln in sein Zimmer geschlichen, immer mit der Angst, dass bereits jemand hier wartete um ihn mitzunehmen. Aber niemand kam. Der Morgen nahte bereits, aber an Schlaf war auch nicht zu denken, denn sobald er die Augen schloss, wurde er wieder von Alpträumen aus dem ohnehin unruhigen Schlaf geweckt. Wieso war noch niemand gekommen um ihn abzuholen? Potter musste doch inzwischen von Longbottom alles erfahren haben? Je mehr Zeit verging, desto wilder drehte sich das Gedankenkarussell.

Immer wieder spielte er die Szenen im Gewächshaus durch, er hätte nicht so überreagieren dürfen. Es war doch nur Longbottom gewesen, aber er hatte sich so erschrocken und dann völlig die Kontrolle verloren, so als ob er nicht mehr er selbst gewesen wäre. Er hatte ihn dann auch noch bedroht, das würde ihn die Freiheit kosten, allein dieser Gedanke ließ ihn schaudern. Askaban tauchte vor seinem inneren Auge auf und er zog sich noch enger in seinem Kokon zusammen. Er wollte nicht mehr zurück, nie wieder, mühsam verdrängte er die Bilder, die ihn heimsuchten.

Vielleicht wenn er sich bei Longbottom entschuldigte? Aber Potter würde das nicht interessieren, er hatte doch von Anfang an nur auf so eine Gelegenheit gewartet ihn wieder hinter die dunklen Mauern zu bringen. Das hatte er ihm doch bei der ersten Begegnung deutlich klar gemacht. Oh Merlin, er hatte alles zunichte gemacht mit seiner dummen Reaktion. Seine Zukunft die wieder etwas rosiger ausgesehen hatte stürzte zurück in die Schwärze aus der er dachte entkommen zu sein.

Er setzte sich auf und blickte zum Fenster. Kein Licht fiel herein doch die ersten Vögel zwitscherten schon in dem verwilderten Garten. Mit steifen Schritten ging er zum Fenster und öffnete es, die kalte Morgenluft ließ ihn frösteln, aber er blieb noch eine ganze Weile stehen und blickte hinaus ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Wann kam Potter? Boshaft wie er war, würde er wahrscheinlich zur ausgemachten Zeit hier erscheinen und ihm mit einem hämischen Grinsen eröffnen, dass er ihn nicht zum Grab seiner Eltern, sondern in seine Zelle bringen würde.

Mit Tränen in den Augen, die er hastig wegwischte und zitternd vor Kälte, schloss er wieder das Fenster und setzte sich auf das Bett. Würde er weitere vier Jahre dort durchhalten? Er hatte schon so viel geschafft, sich durchgebissen, aber es hatte ihn auch viel gekostet. Soviel, dass er sich selbst nicht mehr in die Augen sehen konnte. Aber nach der Zeit wäre er wirklich frei. Konnte er jemals wieder frei sein? Wohl nicht, die Zelle, die man sich selbst baut ist meistens ausbruchssicherer als die aus Stein. Mit verschlossener Miene schüttelte er leicht den Kopf und zog die Bettdecke um seine Schultern. Reglos saß er dann da und wartete auf Potter.

Lautes Klopfen an der Tür ließ ihn aufschrecken. Er musste wohl doch ein wenig eingenickt sein, denn er lag inzwischen mit der Decke verknäuelt auf dem Bett.

„Hey, Jungchen, da ist jemand, der dich abholen will", rief Verkin mit seiner rauen Stimme vor der Tür und pochte noch einmal kräftig gegen das alte Holz.

„Schon gut, ich komme", gab Draco sicherer zurück als er sich fühlte und schälte sich mit wild klopfendem Herzen aus der Decke. Mit einem Blick zum Fenster stellte er fest, dass er wohl länger geschlafen hatte als gedacht, es war bereits richtig hell draußen. Es musste also die verabredete Zeit sein, Potter war hier. Er straffte sich und kämpfte das neuerliche Zittern nieder, während er zur Tür ging und sie öffnete. Seine Lider zuckten nur ganz kurz, als er seinen Vermieter sah, der noch immer vor der Tür stand und ihm jetzt einen weißen Umschlag entgegen hielt.

„Das hat gestern Abend ein Mann vorbeigebracht, du warst nicht da", sagte er und wandte sich wieder zur Treppe, als Draco ihm etwas perplex seine Lohntüte aus der Hand genommen hatte. „Unten wartet der Typ vom Ministerium", sagte er noch beim Hinuntergehen.

„Sagen Sie ihm, ich bin gleich da", erwiderte Draco jetzt mit leicht zittriger Stimme und ging in sein Zimmer zurück. Neville hatte seinen Lohn gebracht, das ging ihm nicht so ganz ein, vor allem nicht, nach dem was passiert war und Potter wahrscheinlich geradezu erpicht darauf sein würde ihn gleich wegzubringen.

Er ordnete seine Kleidung und ließ den Blick durch das Zimmer schweifen. Seine wenigen Habseligkeiten würden die Auroren schon nach Askaban bringen. Hastig zog er die Taschenuhr unter einem der losen Dielenbretter hervor und steckte sie in seinen Umhang. Die würde er mitnehmen. Er ging noch rasch hinüber ins Badezimmer um sich etwas frisch zu machen, aber wohl auch, um ein wenig Zeit zu schinden, obwohl es kaum etwas nützen würde.

„Ich bin stark", murmelte er zu seinem blassen Spiegelbild und verdrängte die Tränen, die sich schon wieder in seinen Augen formten, als er endlich den schweren Gang nach unten antrat.

Harry wartete in der Diele und sah Verkin etwas angewidert dabei zu, wie er sich ein Bier öffnete, welches er abgelehnt hatte. Wo blieb Malfoy nur, es war 9 Uhr ausgemacht, dachte er ziemlich ungehalten und ging ungeduldig ein paar Schritte auf und ab.

Ein Geräusch von der Treppe ließ ihn innehalten und zu dem blonden, jungen Mann aufsehen, der langsam herunter kam. Etwas an dem Blick von Malfoy irritierte ihn, es war ihm, als ob er Angst darin lesen könnte, er war auch blass und als er die untersten Stufen erreichte, bemerkte er das leichte Zittern der Hände.

„Wieso dauert denn das solange? Glaubst du ich hab nichts anderes zu tun?", sagte er nur gereizt und musterte ihn noch einige Sekunden, bevor er sich umdrehte und ohne einen weiteren Kommentar oder eine Antwort abzuwarten, zur Haustür ging.

Draco folgte ihm, die Situation verunsicherte ihn jetzt. Dass Potter nicht gleich mit gezücktem Zauberstab seinen Triumph auskostete, konnte vielleicht nur eins bedeuten. Er wusste nichts von dem Vorfall, es sah so aus, dass Neville nichts verraten hatte. Mit einem mulmigen Druck in der Magengegend trat er auf die Veranda hinaus und schloss die Tür hinter sich. Alles ist gut, er wurde scheinbar nicht nach Askaban gebracht, durchfuhr es ihn erleichtert, aber das unangenehme Gefühl wollte einfach nicht verschwinden.

„Na komm, halt dich an mir fest, wir apparieren", sagte Harry, der unten an der Treppe auf ihn wartete und schon wieder ziemlich ungeduldig dreinsah. Dracos Verhalten nervte ihn langsam, er war es doch gewesen, der diesen Besuch am Grab wollte. Was zögerte er jetzt dauernd? „Oder willst du nicht mehr?"

„Doch natürlich", antwortete Draco schnell, riss sich endlich zusammen und hielt sich an Harrys dargebotenen Arm fest. All seine Angst war unbegründet gewesen, dachte er noch, als sie auch schon verschwanden.

Der große, alte Friedhof lag etwas außerhalb einer Vorstadt von London. Die Grabsteine unter den dichten Bäumen, die jetzt kaum noch Blätter trugen, waren allesamt uralt und verwittert, so dass man kaum noch die Namen der Verstorbenen darauf lesen konnte. Niemand wurde hier mehr begraben, jedenfalls keine Muggel mehr, die Toten wurden in zentraler gelegenen Friedhöfen in der Stadt bestattet. Dieser Friedhof wurde seither nur noch von Hexen und Zauberern benutzt, die seit Jahrhunderten ihre Familiengräber hier hatten.

Langsam ging Draco zwischen den überwuchten Reihen hindurch. Vorsichtig stieg er über Wurzeln und strebte auf ein großes Grab mit einer imposanten Marmorplatte zu, das von einem großen Engel bewacht wurde. Einstmals war er schneeweiß gewesen, jetzt wirkte er grau und war mit Moos bewachsen. Er erinnerte sich, dass er als Kind immer sehr ehrfürchtig vor diesem Wächter aus Stein gestanden hatte, heute entfachte er in ihm eine tiefe Traurigkeit, je näher er dem Familiengrab der Malfoys kam.

Harry beobachtete Draco, aber hielt sich im Hintergrund um ihm ungestörte Zeit mit seinen Angehörigen zu geben. Er mochte den Ort nicht, selbst für einen Friedhof war er zu düster, was wohl auch an dem grauen Novembertag und den kahlen Bäumen lag, die sich wie dunkle, bizarre Gebilde in den Himmel reckten. Fast von selbst kamen die Gedanken an seine eigenen Eltern, die auf dem Friedhof von Godric's Hollow beerdigt waren. Er selbst besuchte das Grab seiner Eltern einmal im Monat, oder wenn er das Gefühl hatte, dass sein Leben ihn erdrückte. Meistens half es, einfach eine Weile still dazustehen und ihre goldglänzenden Namen auf dem Grabstein zu betrachten, er konnte deshalb Dracos Wunsch gut nachvollziehen und würde es ihm daher nicht verwehren.

Mit einem leisen Seufzen las Draco die Inschrift auf der verwitterten Grabplatte, nur zwei Namen waren noch gut lesbar. Lucius und Narcissa Malfoy, darunter jeweils ihre Geburts- und Sterbedaten. Langsam ließ er sich auf die Knie nieder und wischte ein paar verwelkte Blätter von dem Namen seiner Mutter und konnte nicht verhindern, dass sich schon wieder Tränen in seinen Augen formten, als er sich die beiden geliebten Menschen ins Gedächtnis rief.

„Tut mir Leid, dass ich euch nicht selbst beerdigen konnte", flüsterte er und legte seine Hände in den Schoss, er spürte kaum die Härte und Kälte des Steins unter seinen Knien, viel zu weit war er in seinen Erinnerungen abgetaucht. In eine Zeit, als er noch mit seinen Eltern zusammen gewesen war. Jetzt erst wurde ihm bewusst, dass er diese Momente nicht hoch genug geschätzt hatte, viel zu schnell war es vorbei gewesen und das Gefühl der Einsamkeit kroch wie eine kalte Hand durch seinen Körper und umklammerte sein Herz. Die Tränen flossen auf einmal ungehemmt seine Wangen herab und er senkte den Kopf, als ob er sie den Engel nicht sehen lassen wollte, der grau und stumm über ihm stand.

„Ich kann euch nicht einmal sagen, dass ihr stolz auf mich sein könnt. Es tut mir Leid, Vater", flüsterte er mit leisem Schluchzen und strich mit seinen Fingern noch einmal leicht über die beiden Namen. Sein Kopf ruckte in die Höhe, als ein Vogel sich aus den welken Blättern am Boden wühlte und davonflog. Er wischte die Tränenspuren weg. Mit traurigem Blick sah er den Engel an. „Ich wünschte, ich wäre bei euch", wisperte er, erhob sich wieder und ging nach einigen Minuten, die er still vor dem Grab gestanden hatte, mit gesenktem Kopf zu Harry zurück.

Der stand noch immer an dem Platz, an dem sie angekommen waren und spielte mit einem braunen Eichenblatt, das ihm auf die Schulter gesegelt war. „Bist du fertig?", fragte er und hob eine Braue, als er die leicht roten Augen von Draco sah, als dieser den Kopf etwas hob und stumm nickte. Es verwunderte ihn jetzt doch, dass er Ärger bei dem Anblick verspürte und sich beherrschen musste, um ihn nicht heraus zu lassen. Draco war sichtlich mitgenommen von dem Besuch am Grab und er empfand Ärger darüber. Weshalb er in diesem Moment so eine völlig falsche Empfindung hatte, konnte er sich nicht erklären.

„Alles in Ordnung?", fragte er dann gemessen und musterte ihn interessiert. Draco nickte nur und sah noch einmal zu dem Grab mit dem Engel zurück, um seinem Blick auszuweichen. „Dann bring ich dich wieder nach Hause", sagte er um eine ruhige Stimme bemüht und hielt seinen Arm aus. Insgeheim versuchte er diese widersprüchlichen Empfindungen in seinem Inneren zu verstehen, die der Anblick eines sichtlich verweinten Malfoys ausgelöst hatte.

Blinzelnd erwachte Draco am Montagmorgen und blickte dann auf das mit grünlich schimmernden Vorhängen verschlossene Fenster. Der Umzug in seine neue Bleibe hatte ihm am Samstag nach dem Besuch am Grab nicht mal eine Stunde gekostet und ihn etwas von den bedrückenden Gedanken abgelenkt. Verkin war ziemlich verärgert gewesen, dass er sein lukratives Einkommen verlor, aber das Angebot, dass Geld für den Rest des Monats zu behalten, hatte ihn ein wenig versöhnt. Nicht das er es sich leisten konnte, Geld zu verschenken, aber er hatte einfach nicht den Nerv gehabt, sich mit dem betrunkenen Kerl zu streiten. Er wollte einfach nur weg, seine Ruhe haben und nachdenken.

Nachdenken, das hatte er dann auch getan, nachdem er die Nacht gut geschlafen hatte, was kein Wunder war bei seiner Erschöpfung. Fast den ganzen Sonntag hatte er versucht sich zu entscheiden, ob er mit Longbottom reden sollte oder nicht. Er rechnete es ihm hoch an, dass er ihn nicht bei Harry angeschwärzt hatte, aber war sich nicht sicher was hinter der Entscheidung des ehemaligen Gryffindor steckte. Die Ungewissheit ließ wieder dieses mulmige Gefühl aufkommen, aber er entschied sich dann bis Montag zu warten. Zumal Longbottom auch außerhalb der Meilengrenze wohnte soweit er wusste und er hatte keine Lust Potter schon wieder um die Erlaubnis zu fragen, noch dazu würde er wohl wieder mitkommen wollen und das wäre eher ungünstig.

Heute würde er Longbottom sowieso wieder gegenübertreten müssen und der Gedanke daran verursachte ihm Magenschmerzen, dass er fast gewillt war einfach im Bett zu bleiben und krank zu spielen. Es half jedoch nichts, das Problem würde dadurch nicht kleiner werden, er musste aufstehen und sich fertig machen.

Der Kaffeegeruch, der durch das Haus zog, tat sein Übriges um ihn zu überreden, endlich das warme Bett zu verlassen. Seine Vermieterin, Ms. Henderson, war fast fünfzig und sehr nett, seine Mutter war eng mit ihr befreundet gewesen und sie hatte es sich daher scheinbar zur Aufgabe gestellt, ihn ein wenig aufzupäppeln. Das Abendessen gestern zum Einzug war jedenfalls mehr als opulent gewesen.

Knapp zwei Stunden später betrat Draco gestärkt von einem guten Frühstück, aber ziemlich flauem Gefühl die Gärtnerei. Die Angestellte, Muriel, lächelte und begrüßte ihn ganz normal, was jedoch seine Unruhe nicht wirklich besänftigen konnte. Langsam und immer nach Longbottom Ausschau haltend, den er jedoch nicht entdecken konnte, ging er zu der kleinen Kammer, in der er seinen Umhang ablegen konnte.

„Draco, ich würde gerne mit dir sprechen." Die Stimme stoppte in auf dem Weg zu den Gewächshäusern und er drehte sich abrupt zu dem Sprecher hinter ihm um. Neville stand an der Tür zum Büro und winkte ihn zu sich, bevor er wieder eintrat und die Tür offen ließ.

Mit gemischten Gefühlen folgte ihm Draco und schloss leise die Tür hinter sich. „Setz dich, ich hoffe, du hast das Geld bekommen? Dein Vermieter sah nicht gerade sehr vertrauenswürdig aus", begann Neville im Plauderton, er saß bereits hinter dem Schreibtisch und bemühte sich die sichtliche Anspannung von Draco zu nehmen, der jetzt langsam auf dem Besucherstuhl platz nahm und ihn verhalten ansah. Er musste einfach mit ihm über den Vorfall sprechen, dass hatte er schon am Freitag tun wollen.

„Ja, ich habe es bekommen, danke. Ich bin am Wochenende umgezogen, die neue Adresse werde ich noch hinterlassen", erwiderte Draco vorsichtig.

„Schön", sagte Neville und lächelte leicht, er konnte sich immer wieder darüber amüsieren, wie Draco es schaffte, bei seinen Antworten fast nie in die Verlegenheit zu geraten, ihn mit Sie oder Mr. Longbottom anzusprechen, wie Harry es verlangt hatte. „Draco, wegen dem Vorfall", fuhr er dann fort und beobachtete wie sein Angestellter sich wieder ein wenig verspannte.

„Tut mir Leid, ich habe überreagiert", unterbrach ihn Draco ruhig und straffte sich wieder ein wenig.

Neville lächelte freundlich und ein wenig erstaunt über die Entschuldigung, angesichts seiner Lage aber nicht weiter ungewöhnlich. „Es war wohl auch meine Schuld, ich hätte dich nicht so bedrängen dürfen." Er zögerte. „Möchtest du vielleicht drüber reden?", fragte er dann und sah wie das Gesicht vor ihm sich schlagartig verschloss und ein misstrauischer Ausdruck in die grauen Augen trat.

„Nein", sagte er mit einer Spur von Härte in der Stimme, die so gar nicht mehr zu der Vorsicht von eben passte.

Es hätte Neville warnen sollen, aber er wagte noch einen kleinen Vorstoß. „Ich möchte es einfach verstehen..."

„Das geht dich überhaupt nichts an. Was willst du wirklich, Longbottom?", fuhr Draco unvermittelt auf, als er sich wieder bedrängt sah und seine Augen blitzten auf einmal vor unterdrücktem Zorn. „Willst du, dass ich vor dir auf die Knie falle, mein Innenleben vor dir ausbreite, weil du Potter nichts erzählt hast, oder..."

Er brach vor Wut zitternd ab, als Neville beschwichtigend beide Hände hob um vielleicht noch absurdere Absichten abzublocken. „Ist ja schon gut, beruhige dich, es geht mich ja wirklich nichts an und dass ich Harry nichts gesagt habe, bedeutet wirklich nicht, dass ich irgendetwas von dir dafür verlange. Der Vorfall war ein Missverständnis, damit müssen wir ihn nicht unbedingt behelligen. Ich wollte doch nur helfen und manchmal ist es gut, wenn man sich alles von der Seele redet, ich kenne das von mir selbst", fügte er an, aber sah an dem Gesichtsausdruck seines Gegenübers, dass dieser herzlich wenig davon hielt.

„Es gibt keine Probleme und ich habe nichts zu erzählen." Mit eisernem Willen brachte Draco sich dazu wieder runter zu kommen. Es war ihm schon wieder nicht gelungen Ruhe zu bewahren. Aber es war ja wohl kein Wunder, denn diese freundliche Art von Longbottom war ihm nicht geheuer. Helfen, ja sicher, der Gedanke allein mutete ihn schon absurd an. Was bezweckte er wirklich? Da war Harry ja noch einfacher, der machte keinen Hehl aus seinen Gefühlen.

„Ich werde dann an meine Arbeit gehen", sagte er eher wie eine Frage, während er von seinem Stuhl aufstand und kurz Neville ansah, ob das überhaupt noch zur Debatte stand, nach seinem neuerlichen Ausbruch. Doch der nickte nur knapp und beobachtete schweigend wie er das Büro verließ.

„Was haben sie nur mit dir gemacht, Draco?", murmelte Neville und schüttelte leicht den Kopf, solches Misstrauen wie er eben in den grauen Augen gesehen hatte, war keinesfalls mehr ein Überbleibsel aus ihrer gemeinsamen Vergangenheit wie er vorher angenommen hatte, es saß viel tiefer in Malfoy.

Es war fast Feierabend, als Draco damit begann seinen Arbeitsplatz aufzuräumen. Longbottom hatte ihn den ganzen Tag nicht mehr behelligt, so dass er sich bei der Arbeit mit den Pflanzen wieder beruhigte und zaghaft wieder an eine Zukunft dachte, die außerhalb von Mauern stattfand. Ein leises Rauschen über ihm, ließ ihn den Kopf heben und er wich gleich darauf aus, als eine graue Eule direkt vor ihm auf dem Pflanztisch landete. Sie streckte ihm sein Bein entgegen an dem eine Rolle Pergament befestigt war.

Etwas argwöhnisch betrachtete er das Tier. Wer sollte ihm schreiben? Zögernd nahm er der Eule den Brief ab und sah zu, wie sie wieder die Flügel ausbreitete und hinausflog. Mit gemischten Gefühlen, entrollte er das Pergament und noch während er die wenigen Worte las, wurde er immer blasser. Seine Hände zitterten, dass er kaum noch die Schrift sehen konnte und sein Puls begann zu rasen. „Nein", flüsterte er und atmete heftig durch den Mund ein, da er dass Gefühl hatte zu ersticken.

„Nein, nein", kam es immer wieder keuchend von seinen Lippen. Seine Hand krampfte sich um das Pergament und zerknüllte es, doch die Worte hatten sich bereits tief in seinem Kopf verankert. Seine Arme legten sich schützend um seinen Körper und er schloss die Augen so fest, dass sich Tränen bildeten, als die in schwarzer Tinte geschriebenen Worte, „Ich halte mein Versprechen", Bilder auslösten, die er hatte vergessen wollen.

TBC

Das war's schon wieder, ich hoffe es ist nicht zu rührselig...