3. Dezember: Justin Cooper (Molly)
1. Für Justin stand es außer Frage, dass er nach Hufflepuff kommen würde. Seine ganze Familie war in Hufflepuff, es war eine große Familientradition. Und gerade, weil es das Haus war, das den unbedeutendsten Ruf hatte, war es seiner Familie besonders wichtig, einen gewissen Stolz auf dieses Haus schon von Geburt an zu vermitteln. Die Hausfarben konnte man in jedem Zimmer bei den Coopers finden. Jedes Kind bekam zur Geburt einen Dachs geschenkt. Mit drei Jahren konnte Justin jeden berühmten Hufflepuff aufzählen, den es gab. Das Familienmotto war praktisch, „Hufflepuff ist vielleicht nicht das spektakulärste Haus, aber es ist auf jeden Fall das Beste." Justin hatte nie einen Grund gehabt, an dieser Einstellung zu zweifeln, besonders dann nicht, als seine beiden großen Brüder ohne viel Federlesen auch in diesem Haus landeten.
Deshalb fiel er auch aus allen Wolken, als der Sprechende Hut ohne zu zögern und voller Überzeugung verkündete, dass Justin nach Ravenclaw kommen würde.
2. Er brauchte Wochen, bis er sich endlich daran gewöhnt hatte, dass er hinauf in einen Turm steigen musste, um in seinen Schlafsaal zu kommen, anstatt hinunter zur Küche zu gehen. Seine Brüder machten sich darüber lustig, dass er nicht richtig zur Familie gehörte und sie das schon immer gewusst hatten. Um ehrlich zu sein, hatte er seine Brüder noch nie sonderlich gemocht. Sie waren drei und vier Jahre älter als er und hatten sich immer mit Vorliebe gegen ihn verbündet und ihn gepiesackt. Er wusste, dass sie nur so vor sich hin redeten, aber das half auch nicht dabei, dass er sich besser fühlte. Es war nichts, wie er sich vorgestellt hatte.
Aber nach ein paar Wochen, in denen er zu deprimiert war, überhaupt mit jemandem zu reden oder sich am Unterricht zu beteiligen, begann er endlich, sich mit der Situation abzufinden. Er nahm sich vor, das Beste daraus zu machen. Dann war er eben anders als der Rest der Familie, na und? Sagte seine Mutter nicht dauernd, dass er er selbst sein und nicht auf das Geschwätz von anderen hören sollte? (Gut, häufig war das im Zusammenhang damit, dass jemand von Gryffindor, Ravenclaw oder Slytherin schwärmte, aber das konnte man ja trotzdem auch auf andere Sachen anwenden, oder?) Er fing endlich an, mit den anderen Jungen in seinem Schlafsaal zu sprechen und stellte fest, dass die alle ganz toll waren und ehe er sich's versah, hatte er einen Haufen neue Freunde gefunden.
3. Es wurde sogar noch besser, als er im nächsten Schuljahr Molly Weasley kennen lernte. Er begegnete ihr am ersten Abend im Gemeinschaftsraum, als sie tränenüberströmt über einem Brief an ihre Eltern saß, in denen sie ihnen mitteilte, dass sie die ganze Familie enttäuscht hatte, weil sie nicht nach Gryffindor gekommen war. Sofort fühlte er sich zurückversetzt an seinen ersten Abend, als er so deprimiert gewesen war, dass er kaum klar denken konnte. Er tat sein Bestes, um Molly aufzuheitern. Keiner sollte traurig sein an seinem ersten Abend in Hogwarts, schließlich hatten sich doch alle Zauberkinder jahrelang gefreut, endlich hier zu sein. Und es war doch letzten Endes nur ein Haus, mehr nicht. So wichtig war es doch nun wirklich nicht.
Er tat alles, um sie aufzuheitern, und lud sie sogar dazu ein, sich zum Frühstück zu seinen Freunden zu setzen, weil er sich noch gut erinnern konnte, dass alles hundert Mal besser gewesen war, als er sie endlich gefunden hatte. Molly nahm dankbar an und seine Freunde waren glücklicherweise nicht sauer, dass er eine Erstklässlerin eingeladen hatte. Sie waren eben toll. Und Molly war es auch.
4. Allerdings brauchte er ein paar Jahre, bis er erkannte, wie toll Molly wirklich war. Sie scherzte immer, dass sie die unbedeutendste Weasley von allen war. Sie war nicht die Tochter eines trimagischen Champions und eines Fluchbrechers. Oder von Harry Potter. Oder Ron und Hermine Weasley. Oder von George Weasley, der auf tragische Weise im Krieg seinen Zwilling und sein Ohr verloren hatte und die Scherzartikel in der Zauberwelt revolutioniert hatte. Stattdessen war sie die Tochter von einer Muggel und dem Mann, der im Krieg seine Familie im Stich gelassen hatte, und, was Justins Meinung viel schlimmer war, der sich zwei Stunden lang über die Bestimmungen von fliegenden Teppichen ereifern konnte. Sie war auch nicht so lustig und charmant wie ihre jüngere Schwester Lucy und deshalb längst nicht so beliebt. Es gab kaum jemals eine Geschichte über Molly in irgendeiner Zeitung, sie war immer nur eine Randnotiz.
Justin dachte schon immer, dass alle Welt verrückt war, weil niemand erkannte, dass Molly eindeutig die Interessanteste der ganzen Familie war. Sie war intelligent, hübsch und hatte viel Sinn für Humor, auch wenn er nicht so aufdringlich oder offensichtlich war wie von den anderen Weasleys. Sie war ehrgeizig und hielt sich gerne an Regeln, aber das war in Ravenclaw nichts Besonderes. Doch sie war es auch, die einmal einen Feuerwhiskey aus der Küche mitgehen ließ, mit dem sie sich dann bei den Posteulen betranken. Und sie war wahnsinnig gut darin, Professor Longbottom und Vektor nachzuahmen. Sie kannte unzählige Witze von ihrem Onkel George und man konnte stundenlang über alles mit ihr diskutieren. Er war immer stolz darauf, dass Molly seine beste Freundin war und konnte andere nur verständnislos anschauen, wenn sie ihn dafür bemitleideten, dass er mit der langweiligsten Weasley befreundet war, die es gab. Was wussten die denn schon?
5. Das war aber auch lange Zeit alles, was Molly für ihn war, seine beste Freundin. Wahrscheinlich war er schon jahrelang in sie verliebt, bevor er es endlich bemerkte. Und er hätte wahrscheinlich noch sehr viel länger gebraucht, es zu bemerken, wenn Molly sich nicht irgendwann mit jemandem in Hogsmeade verabredet hätte. Justin hätte den Jungen am liebsten sofort verprügelt, und er neigte nun wirklich nicht zur Gewalttätigkeit. Natürlich tat er es nicht, aber er verbrachte zumindest den ganzen Abend damit, den anderen Typen schlecht zu reden. Und als das nicht klappte, fragte er das erstbeste Mädchen, das ihm über den Weg lief, ob sie sich nicht verabreden könnten, damit er abgelenkt war, während Molly wer weiß was mit diesem Typen anstellte. Tatsächlich war das andere Mädchen sogar ganz nett und sie verabredeten sich noch einige weitere Male. Und Molly traf sich Merlin sei Dank nie wieder mit dem anderen Kerl.
Er kam allerdings nie auf die Idee, Molly zu sagen, dass sich seine Gefühle für sie verändert hatten. Was hätte das schon genützt? Er wusste nicht, ob sie das gleiche empfand wie er und er hatte große Angst, seine beste Freundin zu verlieren. Er änderte erst seine Meinung, als sein bester Freund ihm schmerzhaft in den Arm boxte und ihm vorwarf, dass Molly sich draußen am See die Augen ausheulte, weil er mit einer anderen zusammen und sie totunglücklich war. Das war natürlich das letzte, was er wollte. Molly sollte nie unglücklich sein, und schon gar nicht wegen ihm. Und für den Rest seines Lebens tat er sein bestes, dass sie es auch nie war. Er wollte nicht angeben, aber er war ziemlich erfolgreich.
6. Justin war überrascht, wie umgänglich Mollys Vater war, als sie ihn als ihren festen Freund mit nach Hause brachte. Er hatte Horrorgeschichten von Victoires Vater gehört, der ein völlig anderer Mensch geworden war, nachdem Victoire und Ted zusammen gekommen waren und plötzlich sehr viel strenger mit ihnen umsprang als zuvor (Jahre später erzählte ihnen Bill angetrunken bei einer Weihnachtsfeier, dass er das nur zum Teil ernst gemeint hatte und eigentlich nur sehen wollte, wie sehr er dieses strenge-Vater-Verhalten auf die Spitze treiben konnte. Justin hatte Ted noch nie so enttäuscht und entsetzt gesehen. Es war herrlich.) Aber Percy war nicht anders als vorher. Er hielt ihm einen halbstündigen Vortrag über Verantwortung und betonte, dass man alle Entscheidungen gut überdenken sollte, aber dann ging es nahtlos über in Kesselbodendicke und Justin hatte Mühe, Interesse vorzutäuschen. Aber das war nichts neues, so ging es ihm schon seit Jahren.
7. Deshalb war er umso überraschter, dass Percy so ein großes Problem damit hatte, als Molly und er heiraten wollten. Sicher, sie waren jung, aber er hatte sich Percys Worte trotzdem sehr zu Herzen genommen und es sich gut überlegt, bevor er Molly am Tag ihres Schulabschlusses einen Heiratsantrag gemacht hatte. Sie waren fast vier Jahre zusammen. Justin konnte sich nicht vorstellen, dass er jemals jemanden so lieben würde wie Molly. Sie kannte ihn so gut wie niemand sonst und er wusste unwiderruflich, dass er nur mit ihr zusammen sein wollte. Und in der Zauberwelt war es nicht ungewöhnlich, früh zu heiraten, warum stellten also alle ihre Entscheidung so in Frage?
Es war nicht einfach, aber am Ende schafften Molly und er es kurz vor Weihnachten endlich vor den Altar und er hatte es nie bereut. Wie konnte er auch, mit einer Frau wie Molly an seiner Seite?
8. Natürlich war es nicht immer einfach. Molly konnte ein sturer Esel sein und sie gerieten besonders am Anfang ihrer Ehe oft in Streit, wenn sich ihre kleine Wohnung viel zu eng anfühlte für sie beide und sie sich in harmlose Sachen so hineinsteigerten, dass sie sich am liebsten die Köpfe eingeschlagen hätten (Molly vergaß beim Einkaufen seine Lieblingsmarmelade und ihm lief in der Waschmaschine ihre Lieblingsbluse ein, um nur zwei Beispiele zu nennen). Aber am Ende schafften sie es noch immer, sich wieder zusammenzuraufen.
9. Es wurde etwas schwieriger, als Molly das erste Mal schwanger wurde und sie in eine größere Wohnung zogen, weil sie dringend mehr Platz brauchten. (Das war der einzige Vorteil an ihrer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung, in die er direkt nach dem Abschluss gezogen war, sie war sehr billig und sie konnten praktisch ein Vermögen an Miete sparen.) Aber Molly übernahm sich komplett, sowohl beim Umzug als auch bei ihrer Arbeit und ihr Sohn wurde einen ganzen Monat zu früh geboren. Aber das war wohl nichts neues bei den Weasley-Frauen. Rose brach direkt nach einer Prüfung zusammen und durfte die letzten sechs Wochen das Bett nicht mehr verlassen und Dominique weigerte sich, im fünften Monat aufzuhören zu fliegen mit der Begründung, dass es dem Baby doch gar nichts ausmachen konnte, schließlich schlug es in ihrem Bauch auch Purzelbäume.
Dominique kam ihm ehrlich gesagt ziemlich durchgeknallt vor. Was aber auch daran liegen konnte, dass sie es sich zu ihrer persönlichen Mission gemacht hatte, dafür zu sorgen, dass Ravenclaw niemals im Quidditch gewinnen würde und sie ihren brillanten Sucher Steven Davies beleidigte, wo sie nur konnte. Auf jedem Foto von Dominiques und Stevens Hochzeit sah man Justin mit offenem Mund und ungläubigem Blick, weil er einfach nicht fassen konnte, dass ausgerechnet die beiden sich ineinander verliebt hatten. Ravenclaws galten doch allgemein als ziemlich intelligent.
10. Er gab es nie zu, aber Mollys Familie war ihm viel lieber als seine eigene. Dadurch, dass er nicht in Hufflepuff gelandet war, hatte er sich unweigerlich von ihnen entfremdet, auch wenn seine Eltern es ihm nie vorgehalten hatten. Und er hatte das Gefühl, dass sie nicht glücklich darüber waren, dass er seinen Kindern nicht die gleiche Wertschätzung für Hufflepuff mitgab, die er von ihnen bekommen hatte. Aber wie denn auch, wenn er in Ravenclaw gewesen war? Und Mollys Familie war euphorisch wegen Gryffindor, auch wenn sie mittlerweile Familienmitglieder in allen Häusern hatten. Mit seinen Brüdern verstand er sich auch nach der Schule nicht sonderlich gut und keiner von ihnen freute sich für Molly und ihn, als sie heirateten. Außerdem hing Molly viel mehr an ihrer Familie als er an seiner, deshalb wehrte er sich auch nicht dagegen, wenn sie während der Feiertage zu ihrer Familie gingen. Manchmal fehlte ihm seine Familie schon sehr, aber die Weasleys gaben ihm nie das Gefühl, dass er nicht dazu gehören würde. Percy behandelte ihn wie sein eigenes Kind, das er mit seinem Paragraphengequatsche genauso nervte wie seine Töchter, und Mollys Großmutter schenkte ihm jede Weihnachten einen Pullover. Er hätte es wirklich schlechter treffen können, was seine zweite Familie betraf, und alle angeheirateten Mitglieder stimmten ihm aus ganzem Herzen zu.
TBC…
A/N: Fun Fact, ich habe mindestens zweimal angefangen, darüber zu schreiben, wie Molly und Justin zusammen kommen (und es beide Male wieder vergessen), deshalb bin ich froh, zumindest eine Fassung fertig gekriegt zu haben. Anfangs hätte ich es nicht erwartet, aber die beiden sind mir als Paar wirklich sehr ans Herz gewachsen, spätestens seit der FF All I Want For Christmas, die ich jedem empfehlen kann, der Interesse an den beiden hat. Außerdem auch die Momentaufnahme 15 „Nicht Gryffindor", in der Molly und Justin sich zum ersten Mal begegnen.
Außerdem noch eine Warnung, ich habe seit mehreren Wochen massive Probleme mit meiner Internetverbindung. Wenn also einen Tag kein Kapitel kommt, dann deshalb. Glaubt mir, ich bin davon mehr genervt als ihr.
