14. Dezember: Margaret (Roxanne und Oliver)

1. Seit sie denken konnte, wusste Maggie, dass sie adoptiert war. Ihre Eltern erzählten ihr häufig davon, dass es Liebe auf den ersten Blick war, als sie sie im Waisenhaus gesehen hatten. „Du hast vielleicht nicht unsere Gene, aber du bist unsere Tochter und wir geben dich nie wieder her." Auf dem Dachboden war ein Koffer voll mit Sachen ihrer leiblichen Eltern, den das Waisenhaus für sie aufbewahrt hatte, als das Haus ihrer Eltern aufgelöst worden war. In dem Koffer waren ein Haufen Fotoalben, Bilderbücher und Dokumente. Als sie älter war, ging Maggie häufig auf den Dachboden und schaute sich die Fotoalben an. Sie dachte sich Geschichten zu den Bildern aus und fragte sich, wie anders ihr Leben wohl wäre, wenn sie bei ihnen aufwachsen würde. Sie wünschte sich sehr, dass sie alt genug gewesen wäre, um sich an die beiden zu erinnern. Aber sie bereute es keine Sekunde, dass sie bei Roxanne und Oliver war. Die beiden liebten sie über alles und Roxannes Familie war riesig und verrückt und behandelte sie genauso wie alle anderen Kinder auch.

2. Eine Weile hatte sie Angst, dass sie keine Hexe sein würde. Sie war schon sieben und hatte noch keine Anzeichen von Magie gezeigt. Ihre leiblichen Eltern waren beide Zauberer gewesen, deshalb war sie auch in einem Waisenhaus für Zaubererkinder gelandet, aber das bedeutete nicht, dass sie zwangsläufig eine Hexe war. Das war viel nervenaufreibender für sie als ihre Adoption. Den Weasleys war es zwar egal, dass sie adoptiert war, aber würde das auch darauf zutreffen, dass sie keine Hexe war? Bestimmt nicht.

Ihre Mutter hatte einen sechsten Sinn für ihre Zweifel und versicherte ihr jeden Abend, wenn sie ihr eine Gute-Nacht-Geschichte vorlas, wie sehr sie sie lieb hatte, komme was wolle. Manche Hexen und Zauberer waren einfach Spätentwickler. Maggie hoffte, dass sie Recht hatte, aber ein paar Zweifel hatte sie schon. Sie hatte eine Heidenangst, dass sie Hogwarts nie zu Gesicht bekommen und später nicht im Scherzartikelladen ihres Großvaters arbeiten würde. Sie kannte doch nur die Zauberwelt, wie sollte sie sich unter Muggeln überhaupt zurecht finden?

Aber dann sah sie eines Tages eine riesengroße Spinne in ihrem Zimmer, die sie zu Tode erschreckte. Panisch rief sie nach ihren Eltern und als die nicht schnell genug kamen, ließ sie die Spinne so schnell wie eine Kanonenkugel aus dem Fenster fliegen. Ihre Eltern fanden sie in Tränen aufgelöst und Maggie wusste nicht, ob sie vor Freude darüber weinte, weil sie doch eine Hexe war, oder vor Angst, weil diese Spinne wirklich riesig gewesen war.

3. Sie hatte die coolsten Großeltern auf der ganzen Welt. Ihr Grandpa George erlaubte ihr einfach alles und schenkte ihr die coolsten Spielsachen. Ihre Mum brachte zwar auch häufig Prototypen aus dem Laden mit, an denen sie zusammen mit Onkel Hugo und Tante Lucy arbeitete, aber es war nie so aufregend wie die Sachen, die ihr Großvater für sie hatte. Sie vermutete, dass ihre Mum Angst hatte, dass sie sich wehtun würde, aber ihr Großvater hatte da eindeutig weniger Bedenken. Und im schlimmsten Falle war immer noch ihre Großmutter da, die den waghalsigsten Ideen ihres Großvaters Einhalt gebot. Maggie war nie lange enttäuscht, denn stattdessen gab es immer Eis und wer sagte schon nein zu Eis?

4. Maggie hatte keine Ahnung, in welches Haus sie kommen würde. Die Weasleys waren fast alle in Gryffindor gewesen, einschließlich ihrer Mutter. Ihr Dad und seine Familie waren fast alle aus Hufflepuff (auf der Hochzeit ihrer Eltern hatte das anscheinend zu einem handfesten Streit geführt). Sie hatte keine Ahnung, in welchen Häusern ihre leiblichen Eltern gewesen waren und wusste auch nicht, ob das wirklich irgendeinen Einfluss hatte. Sicher, die meisten Weasleys gehörten nach Gryffindor, aber es gab auch genug, die in den anderen Häusern gewesen waren. Sie hoffte, dass der Hut eine gute Entscheidung treffen würde. Sie hatte Angst, ihre Mutter oder ihren Vater zu enttäuschen, wenn sie nicht in deren Häuser kam, aber sie konnte sich schließlich nicht teilen. Sie war beinahe erleichtert, als der Hut sie nach Slytherin schickte. In dem Haus waren weder ihr Vater noch ihre Mutter gewesen, also hatte keiner gewonnen. Und es war das Haus von Onkel Albus und Onkel Scorpius und ihrer Cousine Diana.

Sie hatte sich ein paar Sorgen gemacht, wie ihr Großvater George wohl reagieren würde, denn der war überhaupt kein Fan von Slytherin, aber auch diese Sorge war unbegründet, als er ihr zwei Wochen nach der Einschulung einen Brief schickte, in dem er sich dafür entschuldigte, dass er ihr keine Schlange als Haustier schicken konnte. Er hätte es fast geschafft, aber Maggies Großmutter hatte ihn dabei erwischt und ihn gezwungen, die Schlange wieder zurück zu bringen.

5. Ihr Lieblingsgeist in Hogwarts war merkwürdigerweise der Fette Mönch. Der Blutige Baron war einfach zu zornig und beängstigend (und sie hätte schwören können, dass sie ihn einmal im Kerker hatte schluchzen hören, als sie spätabends aus der Bibliothek zurück in ihr Haus ging und das war das unheimlichste von allem). Der Fast Kopflose Nick hatte versucht, sie im ersten Jahr ein bisschen unter seine Fittiche zu nehmen, weil er sich der Weasley-Familie schon lange verbunden fühlte, und er lud sie jedes Jahr zu seiner Todestagsfeier ein, aber so nett das auch von ihm war, irgendwann war sie einfach nur noch genervt davon, dass er nach so vielen Jahrhunderten immer noch nicht darüber hinweg war, dass er seinen blöden Kopf nicht vollständig verloren hatte. Wie in aller Welt hätte er denn mit seinem Kopf Kricket spielen können, wenn der Körper noch dranhing? Und warum zum Teufel hatte ihm das noch nie jemand gesagt?!

Aber der Fette Mönch war klasse. Er hatte immer einen Scherz auf Lager und schwebte neben ihr her, wenn sie als Erstklässlerin Angst hatte, abends alleine zu ihrem Gemeinschaftsraum zu kommen. Außerdem hatte er ihre leiblichen Eltern gekannt und erzählte ihr liebend gerne, wie oft er sie in den dunkelsten Ecken des Schlosses beim Rumknutschen erwischt hatte. Er hatte immer versucht, sie zu einem züchtigeren Verhalten anzuleiten mit seinen Schauergeschichten über Syphilis, aber er hatte keinen Erfolg gehabt.

6. Ihr Lieblingsonkel war Ted. Als kleines Mädchen war sie besonders fasziniert davon gewesen, wie schnell er sein Aussehen hatte verändern können. Sie liebte seine blauen Haare, aber fand es immer besonders toll, wenn er sich Segelohren wachsen ließ oder einen so langen Bart wie Dumbledore ihn auf seiner Schokofroschkarte trug. Am schönsten war aber, dass er derjenige war, der sie von der Familie am besten verstand. Seine Eltern waren kurz nach seiner Geburt im Krieg gestorben und er konnte sich nicht an sie erinnern, auch wenn er viele Geschichten von ihnen kannte durch seine Großmutter und die anderen Weasleys. Aber es war nicht dasselbe, wie seine Eltern wirklich zu kennen und das konnte sonst keiner verstehen, außer vielleicht Großonkel Harry. Aber Maggie hatte immer ein bisschen Angst, sich mit ihm zu unterhalten. Er war immer nett und lieb, wenn er sie sah, aber er war Harry Potter und sie hatte ein schlechtes Gewissen, wenn sie ihn über seine toten Eltern ausfragte.

7. Sie hatte schon immer für Weasleys Zauberhafte Zauberscherze arbeiten wollen. Der Laden war etwas ganz besonderes. Ihr Großvater hatte ihn mit seinem toten Bruder eröffnet und ihre Mum leitete zusammen mit ihrem Onkel Hugo und ihrer Tante Lucy das Entwicklungsteam. Als sie klein war, hatte ihre Mum sie häufig mitgenommen und im Laden spielen lassen und das waren einige der schönsten Erinnerungen ihrer Kindheit. Sie liebte, was der Laden mit den Menschen machte. Viele waren gestresst oder genervt, wenn sie hineinkamen, aber keiner verließ den Laden wieder, ohne nicht wenigstens einmal gelächelt zu haben. Kaum ein anderer Laden war dazu in der Lage und sie liebte diese besondere Magie, die er ausübte.

8. Nach der Schule fing sie dann tatsächlich an, in dem Laden zu arbeiten. Als sie klein war, hatte ihre Mutter in der Werkstatt hinter den Verkaufsflächen gearbeitet, aber im Laufe der Zeit war das Team immer größer geworden und jetzt hatten sie sogar ein ganzes Haus in einer dunklen Ecke der Winkelgasse gekauft, damit alle Entwickler Platz hatten und nicht fertige Erfindungen Platz zum Lagern hatten. Maggie war auch sehr gut und die Arbeit machte ihr lange Spaß. In Hogwarts hatte sie einen ganzen Haufen Ideen angesammelt und brannte nur darauf, sie auch alle umzusetzen. Aber irgendwann war sie ausgebrannt. Die Arbeit wurde mehr Pflicht als Vergnügen und sie hatte keine Ideen mehr. Sie brauchte eine Pause, und als sie einmal im Laden beim Verkauf aushalf, weil der Verkäufer sich krank gemeldet hatte, wusste sie, was sie machen würde. Der Laden war leer, als eine große Gruppe Kleinkinder hineinstürmte und sich auf die Regale stürzte. Eine gestresste Erwachsene folgte ihnen und kam mit Maggie ins Gespräch, während die Kinder alles in die Hand nahmen und sich lautstark zeigten, was sie gefunden hatten. Die Frau erzählte Maggie, dass sie für das magische Waisenhaus in London arbeitete und sie gerade eine größere Spende erhalten hatten. Ein Teil des Geldes wurde immer weggelegt, damit sich die Kinder etwas im Laden hier kaufen konnten. Die Frau beklagte sich, dass sie viel zu wenig Mitarbeiter hatten und da wusste Maggie auf einmal, was sie machen würde. Sie konnte gar nicht glauben, dass sie nicht schon früher darauf gekommen war.

9. Sie hatte eigentlich nur eine Weile im Waisenhaus aushelfen wollen, bis ihre Muse zurückgekehrt war und sie wieder im Scherzartikelladen arbeiten konnte, aber die Arbeit im Waisenhaus machte ihr so viel Spaß und die Kinder wuchsen ihr so ans Herz, dass sie nie wieder zurückging.

10. Am Ende adoptierten sie und ihr Mann einen ganzen Haufen Kinder. Als sie jung war, hatte sie immer gedacht, dass sie einmal nur eigene Kinder haben würde, damit sie wenigstens zu ihnen eine genetische Verbindung haben würde, aber als sie die ganzen Kinder sah, die keine eigene Familie mehr hatten, kam ihr das schrecklich selbstsüchtig vor. Warum sollte sie ein eigenes Kind bekommen, wenn es doch so viele andere gab, die sie schon lieb hatte? Am Ende bekam sie mit vierzig doch noch ein eigenes Baby, als sie ungeplant schwanger wurde. Sie hatte bereits vier Kinder und machte sich Sorgen, dass sie ihr kleines Geschwisterchen vielleicht ablehnen würden, weil es nicht wie sie adoptiert war, aber das wäre gar nicht nötig gewesen. Die vier liebten ihre kleine Schwester und ließen kaum einen an sie ran, so ernst nahmen sie ihre Aufgabe als Beschützer.

TBC…