15. Dezember: Diana, Aiden (Rose und Scorpius)

1. Ihre Familie war schon ein merkwürdiger Haufen. Ihre Eltern waren ja noch relativ normal, aber der Rest … es war, als ob die Weasleys und Malfoys in Shakespeares Romeo und Julia gefangen waren und nicht wussten, wie sie da wieder herauskommen sollten. Wobei, das war unfair. Ihre Großmütter waren immer sehr nett und höflich und zivilisiert zueinander, wenn sie sich trafen. Aber ihre Großväter … Grandpa Ron beobachtete Großvater Draco immer mit verkniffener Miene, während Großvater bei allem, was Grandpa sagte, schnaubte und die Nase rümpfte. Die beiden konnten einfach nicht nett zueinander sein, dabei waren beide so toll, wenn Diana und Aiden sie Zuhause besuchten. Grandpa Ron gab ihnen immer heimlich Süßigkeiten und kannte ganz tolle Witze, während Großvater Draco fast immer ein neues Spielzeug für sie hatte und dann stundenlang mit ihnen spielte, wenn sie es verlangten. Aiden hatte einmal das Schienennetz seiner Eisenbahn im ganzen Erdgeschoss aufbauen und die ganze Woche, die er bei Großvater Draco und Großmutter Astoria war, so stehen lassen dürfen. Beide Großväter waren so cool, deshalb war es Diana und Aiden einfach nur unverständlich, warum sie sich nicht auch mochten.

2. Urgroßvater Lucius dagegen war etwas ganz anderes. Er war steinalt und hatte hässliche dünne lange Haare. Und er schien Diana und Aiden überhaupt nicht zu mögen. Als sie klein waren, hatte ihr Großvater sie manchmal mit ins Malfoy Manor gebracht, damit sie auch Zeit mit ihren Urgroßeltern verbringen konnten. Urgroßmutter Narzissa schien sich auch wirklich zu freuen, sie zu sehen, und hatte sogar selbstgebackene Kekse vorbereitet (die steinhart waren und nichts im Vergleich zu denen von Urgroßmutter Molly, aber es war der Gedanke, der zählte). Narzissa war wenigstens nett. Lucius fauchte sie nur an und beschwerte sich, dass sie nicht wirklich zur Familie gehörten, weil sie so viel Weasley-Blut und Muggelblut hatten und schimpfte ständig, wenn sie nur irgendwas im Haus anfassten. Diana und Aiden hassten es bei den Malfoys und baten ihren Großvater inständig, sie nicht mehr dorthin mitzunehmen. Der wollte erst nichts davon hören, stimmte aber schließlich zu, als ihr Vater drohte, sie nicht mehr zu Großvater Draco zu bringen, wenn der ihre Wünsche nicht respektierte. So sahen sie ihren Großvater nur noch einmal im Jahr bei der großen Silvesterfeier, die die Malfoys veranstalteten, und selbst das war schon zu viel. Diana und Aiden hatten richtig Mitleid, dass ihr Großvater mit so einem Vater hatte aufwachsen müssen.

3. Diana und Aiden fanden es toll, dass ihr Dad so viel mit ihnen Zuhause war. Das ging nicht anders, weil ihre Mum Heilerin war und viel im Krankenhaus sein musste. Ihr Dad war kein Hausmann, so wie Großmutter Astoria oder Urgroßmutter Molly, er arbeitete im Ministerium, aber als sie klein waren, arbeitete er sehr wenig, damit er mit ihnen zusammen sein konnte. Es wurde mehr, als Aiden in die Grundschule kam, weil sie nicht mehr so viel Zuhause waren, und dann tauschten ihre Eltern die Rollen und Dad arbeitete mehr, während Mum mehr mit ihnen Zuhause war. (Aiden hatte es ehrlich gesagt lieber gehabt, dass ihr Dad mehr bei ihnen war, der bestand nicht so sehr darauf, Mums Regeln einzuhalten und ließ sie viel mehr fernsehen, weil er die Sendungen genauso spannend fand wie sie.) Aber sie hatten immer genug Zeit mit ihren Eltern und das fanden sie toll.

4. Deshalb war es umso merkwürdiger, dass die beiden nach Australien zogen, sobald auch Aiden nach Hogwarts gekommen war. Keiner von ihnen hatte gewusst, dass die beiden gerne nach Australien gehen wollten, sie hatten immer gedacht, dass England ihnen so gut gefiel. Und sie kannten keinen in der Schule, dessen Eltern gleich das Land verließen, sobald die Kinder in Hogwarts waren. Jemand machte sich sogar lustig darüber, dass ihre Eltern sie in Hogwarts ausgesetzt hatten und abgehauen waren, aber Neville hörte das und gab demjenigen drei Wochen Nachsitzen. Danach hielten alle die Klappe.

Aber eigentlich änderte sich kaum etwas für Diana und Aiden. Ihre Eltern hatten ihr Haus in England nicht verkauft und zu Weihnachten war alles wie immer. In den Sommerferien verbrachten sie mehrere Wochen zu Hause und bei ihren Großeltern und dann die restlichen Ferien in Australien, bevor sie wieder zurück nach Hogwarts kamen. Und Australien war schon cool. Gar nicht mal so heiß, weil sie ja im Winter dort waren, mit Kängurus und großen Fischen und komisch sprechenden Leuten. Diana und Aiden konnten gut verstehen, warum ihre Eltern nicht in England bleiben wollten.

5. Es dauerte eine Weile, bis sie den eigentlichen Grund verstanden, warum ihre Eltern unbedingt wegwollten. Sie hatten Diana mit einundzwanzig bekommen, mitten in Mums Ausbildung, und sie war eigentlich überhaupt nicht geplant gewesen. Mum hatte eigentlich erst eine Weile als Heilerin arbeiten wollen, bevor sie Kinder bekam, aber als sie schwanger wurde, hatten sie alles über den Haufen werfen müssen. Dad blieb mit Diana zu Hause, damit Mum ihre Ausbildung zu Ende machen konnte, dann bekamen sie Aiden und Dad blieb weiterhin meistens zu Hause. Als es ihm zu viel wurde, tauschten sie und Mum arbeitete weniger. Sie warteten, bis beide in Hogwarts waren, um endlich all das zu machen, was sie schon seit über zehn Jahren machen wollten, aber ihnen zuliebe verschieben mussten. „Wir haben nie bereut, euch bekommen zu haben", hatte Mum ihnen einmal erzählt. „Es wäre nur schön gewesen, wenn ihr noch zehn Jahre gewartet hättet." Deshalb bläute Mum ihnen auch ständig ein, wie wichtig Verhütung war und dass sie immer aufpassen sollten, welche Tränke sie zusammen nahmen und ob es vielleicht einige Zutaten darin gab, die den anderen Trank wirkungslos machten. Diana konnte nie glauben, dass ihre Mutter tatsächlich so leichtsinnig gewesen war, dass sie darauf nicht geachtet hatte. Aber sonst hätte es Diana nie gegeben, sondern irgendein anderes Baby, also konnte sie es ihr nicht besonders übel nehmen.

6. Mit vollem Namen hieß sie Diana Claire. Sie liebte ihren Namen. Keine, die sie kannte, hatte diesen Namen. Es gab einige Hermines und Ginnys, weil ihre Großmutter und Großtante wohl ziemlich beeindruckend im Krieg gewesen waren und es irgendwann in Mode gekommen war, Kinder nach ihnen zu benennen. Aber sie kannte weder eine Diana noch eine Claire. Außerdem hieß eine tote Muggelprinzessin auch Diana, und die soll wohl ganz toll gewesen sein. Außerdem war sie froh, dass sie nicht so einen blöden Namen wie ihr Dad hatte, oder ihr Großvater, oder ihre Urgroßeltern. Die Malfoys mussten alle bekifft gewesen sein, als sie ihre Kinder benannt hatten. Sie würde nie verstehen, warum ihr Großvater die Familie Malfoy so in den Himmel lobte, wenn sie doch nicht mal in der Lage waren, ihren Kindern vernünftige Namen zu geben.

7. Das einzige, was Diana jemals getan hatte, um ihren Urgroßvater Lucius stolz zu machen, war, dass sie nach Slytherin kam. Und da war sie sich nicht mal sicher, inwiefern man das eigentlich als ihre eigene Leistung bezeichnen konnte, schließlich hatte der Hut für sie entschieden. Keiner der anderen Weasley, die in Hogwarts waren, waren in Slytherin, da fühlte sie sich anfangs schon ein bisschen einsam. Tante Mollys Kinder waren in Ravenclaw, Dora war in Hufflepuff. Merkwürdigerweise war in den ersten Jahren, in denen die neue Generation in Hogwarts war, kein einziger in Gryffindor. Ihr Dad war ganz begeistert, dass sie in das gleiche Haus wie er gekommen war, auch wenn er das nie erwartet hätte, weil sie ansonsten ihrer Mutter so ähnlich war. Er entschuldigte sich nur dafür, dass sie die nächsten sieben Jahre frieren würde, weil der Kerker so zugig und unterkühlt war. Diana fand das gar nicht so schlimm. Vielleicht war der Mädchenschlafsaal eine Ausnahme, oder jemand hatte das inzwischen behoben.

8. Aiden war ein riesengroßer Tollpatsch. Es verging keine Woche, in der er sich nicht irgendwie wehtat. Entweder fiel er von seinem Besen, oder stürzte beim Spielen im Garten oder stieß sich irgendwo den Kopf. Er hatte Glück, dass seine Mum eine Heilerin war und die meisten seiner Verletzungen Zuhause verarzten konnte, sonst wäre er ständig im Mungos gewesen und jemand hätte wahrscheinlich das Jugendamt benachrichtigt. Es wurde besser, als er erstmal in Hogwarts war und in die Quidditchmannschaft aufgenommen wurde. Das Training half wirklich dabei, seine Koordination zu verbessern. Am Ende der nächsten Sommerferien starrte seine Mutter ihn an, als ob ein Wunder passiert wäre, weil er sich kein einziges Mal wehgetan hatte (abgesehen davon, dass er sich beim Schnorcheln an einem Stein das Knie aufgeritzt hatte, aber das zählte nicht).

9. Aidens Dad war ein großer Fan der Chudley Cannons, eine Leidenschaft, die er mit seinem Grandpa Ron und Onkel Hugo teilte. In dem ersten Foto, das es von ihm gab, eine Stunde nach seiner Geburt, trug er bereits einen Strampler von der Mannschaft. Es war gut, dass Aiden die blonden Haare der Malfoys geerbt hatte und nicht die roten der Weasleys, das hätte furchtbar ausgesehen. Schon als er noch klein war, hatten Dad, Grandpa und Onkel Hugo ihn und Diana mit zu Spielen genommen. Diana hatte aber kein Interesse und blieb lieber mit Mum Zuhause, oder noch schlimmer, nahm sich ein Buch zum Lesen mit! Die Cannons waren miserabel, aber für Aiden waren sie die beste Mannschaft, die es gab. Sie waren angeblich sogar mal gut gewesen, als Onkel James für ein Jahr bei ihnen gespielt hatte, bevor eine andere Mannschaft ihn abgeworben hatte. So wie Grandpa Ron davon sprach, hatte Aiden das Gefühl, dass er das Onkel James nie verziehen hatte, dabei war der mittlerweile sogar Quidditchweltmeister.

10. Aiden wollte später auch einmal Quidditchprofi werden und arbeitete hart daran, genauso gut zu werden wie Onkel James. Er war nie ganz so talentiert oder erfolgreich gewesen wie James, aber es reichte, um bei den Chudley Cannons spielen zu können. Er gewann zwar nie die Liga, aber durch ihn waren sie näher dran als in den zwanzig Jahren zuvor, und wenn man mal ehrlich war, war das eine größere Leistung, als Weltmeister zu werden. Grandpa Ron hatte sogar geweint, und darauf würde Aiden bis zu seinem Lebensende stolz sein.

TBC…