24. Dezember: Astoria Greengrass (Draco)
1. Alle in Astorias Familie waren Reinblüter und besuchten allesamt das ehrwürdige Haus Slytherin. Die Greengrasses waren sehr stolz auf ihre Herkunft und Stellung in der Zaubererwelt. Sie waren nie so fanatisch oder reich wie die Malfoys oder Blacks, aber sie traten ihr Blut auch nicht so mit Füßen wie die Weasleys. Astorias Eltern versuchten diesen Stolz auch ihrer großen Schwester Daphne und ihr einzuimpfen, und anfangs funktionierte das sogar ganz gut. Es war immer schön, etwas Besonderes zu sein und von anderen respektvoll behandelt zu werden, nur weil man einen so guten Namen hatte.
2. Aber manchmal hasste Astoria auch die Zwänge, die ihr diese reinblütige Herkunft auferlegte. Sie wurde zusammen mit ihrer Schwester Zuhause von einem Hauslehrer unterrichtet, dabei wäre sie viel lieber in die Grundschule im Dorf gegangen. Sie durfte nie draußen mit den Muggelkindern spielen, weil das nicht ihrer Stellung entsprach, obwohl es sich immer so anhörte, als ob die Kinder großen Spaß hatten. Wenn sie in der Winkel- oder Nockturngasse unterwegs waren, wurde sie immer angehalten, bloß nicht mit Schlammblütern oder Halbblütern zu sprechen und die Weasleys am besten auch zu ignorieren, weil die im Grunde auch nicht besser waren. Astoria fand diese Regeln schrecklich anstrengend und sie war immer so sehr damit beschäftigt, sich daran zu erinnern, mit wem sie jetzt reden durfte und mit wem nicht, dass sie die Winkelgasse gar nicht richtig genießen konnte.
3. Sie freute sich regelrecht auf Hogwarts. Zwar nahm sie sich vor, die Anweisungen ihrer Eltern zu befolgen, aber wenn sie sich nicht an alles hielt, dann würde auch keine Katastrophe passieren. Und Daphne würde schon nichts sagen, die war auch nicht so begeistert von den Regeln ihrer Eltern. Natürlich kam Astoria nach Slytherin, da waren schon mal viele Gefahren eliminiert. Viele reinblütige Familien waren in Slytherin, oder zumindest diese, denen Reinblütigkeit besonders wichtig war. Aber es gab auch einige Halbblüter, und mit denen verstand Astoria sich am besten. Sie war diesen ganzen Krieg wegen der Herkunft einfach Leid. Sie hasste es, wenn Malfoy im Gemeinschaftsraum über die Weasleys, Potter oder Granger herzog und die anderen nur dasaßen und zustimmend nickten. Sie hasste Umbridge und ihr dämliches Inquisitionskommando, das sich für die Größten hielt, und als der Krieg wieder offen ausbrach, hätte sie sich am liebsten mitten in den Gemeinschaftsraum gestellt und die anderen gefragt, warum das alles so wichtig war. Hermine Granger war eine der talentiertesten Hexen in Hogwarts, warum sollte sie weniger ein Recht darauf haben, hier zu sein als Milicent Bullstrode, die nicht mal ein Glas Wasser vernünftig schweben lassen konnte? Es war einfach nur bescheuert.
4. Deshalb wehrte Astoria sich auch nicht, als ihre Eltern darauf bestanden, dass sie nicht nach Hogwarts zurückkehrte, als der dunkle Lord schließlich den Zaubereiminister tötete und mit einem reinblütigen Idioten ersetzte. Daphne wollte unbedingt für ihr letztes Schuljahr nach Hogwarts zurück und ihre Eltern ließen sich breitschlagen, nicht zuletzt, weil Daphne schon volljährig war, aber Astoria war es ganz Recht, nicht zurück zu müssen. Sie hasste die Feindseligkeiten, die immer weiter eskalierten, und sie war sich nicht sicher, ob sie ihren Muggelhass überzeugend hätte vorspielen können. Ihre Eltern waren glücklicherweise keine Todesser, sondern hielten sich eher am Rand des Geschehens auf, aber Astoria wusste, dass sie mit der Sache sympathisierten. Astoria liebte ihre Eltern, aber sie war auch enttäuscht, dass sie so leichtfertig mit unschuldigen Menschenleben umgehen konnten. Nichts daran war richtig, aber Astoria hatte zu viel Angst, um zu widersprechen.
5. Sie war heilfroh, als der Krieg endlich zu Ende war und der dunkle Lord nicht gewonnen hatte. Seit er wieder auferstanden war, war die Zaubererwelt ein so viel düsterer Ort geworden und Astoria bezweifelte, dass es mit der absoluten Herrschaft des dunklen Lords besser geworden wäre. Sie war auch froh, dass ihre Familie heil aus der ganzen Sache herausgekommen war. In der entscheidenden Nacht waren ihre Eltern panisch durch das Wohnzimmer gepilgert und hatten darüber gestritten, ob sie nach Hogwarts gehen sollten, nicht um zu kämpfen, sondern um Daphne zu holen. Die Entscheidung wurde ihnen abgenommen, als Daphne mitten in der Nacht aus dem Kamin gestolpert war und ihnen erzählte, dass alle Schüler, die sich nicht an den Kämpfen beteiligen wollten, nach Hause geschickt worden waren. Astoria war froh, dass ihre Schwester nicht überzeugt genug gewesen war, um zu kämpfen. Stattdessen verbarrikadierten sie sich alle Zuhause und warteten darauf zu erfahren, wie das ganze ausgehen würde. Wenn sie später so darüber nachdachte, hatte Astoria eigentlich nie erwartet, dass der dunkle Lord tatsächlich triumphieren würde. Das erste Mal wurde er von einem kleinen Baby aufgehalten, da sollte er gegen den ausgewachsenen Mann mehr Erfolg haben? Doch wohl eher nicht.
6. Sie war nicht die Einzige, die ein Schuljahr wiederholen musste. Es waren einige Schüler Zuhause geblieben und andere wiederholten freiwillig ein Jahr, weil sie das Gefühl hatten, im letzten Kriegsjahr kaum etwas richtiges gelernt zu haben, und so kam es, dass die Klassen sehr viel durchgemischter waren als üblich. Es herrschte auch eine völlig andere Stimmung in Hogwarts, die es so vorher noch nie gegeben hatte. Das Schloss sah zwar aus wie vorher, weil alle fieberhaft daran gearbeitet hatten, den entstandenen Schaden zu reparieren, aber es war schwer zu vergessen, dass an dem Ort, wo sie sich jeden Tag zum Essen versammelten, erst ein paar Monate zuvor ein Haufen Leichen gelegen hatten. In jedem Korridor, den sie durchquerte, fragte sie sich, ob hier wohl jemand gestorben war und wer es gewesen war. Ob einer von den Lehrern, die sie maßregelten, wenn sie ihre Hausaufgaben nicht richtig gemacht hatte, jemanden getötet hatte.
7. Sie hatte Draco Malfoy nie gemocht. Er war im gleichen Jahrgang wie ihre Schwester, und obwohl ihre Familie reinblütig war, behandelte er Daphne trotzdem von oben herab und machte sich darüber lustig, dass ihre Familie nicht so reich war wie seine. Sie hasste seine ganze Art, seine Arroganz und sein Verhalten, und sie ging ihm so gut aus dem Weg, wie sie konnte. Das einzige Mal, wo sie so etwas wie Mitleid mit ihm empfand, war, als sie ihn schniefend im Gemeinschaftsraum vorfand, als sie zu spät aus der Bibliothek zurückkam. Später erzählte er ihr, wie verzweifelt er in den letzten Jahren des Krieges gewesen war, weil der dunkle Lord Sachen von ihm verlangte, die er niemals hätte fertig bringen können und er in ständiger Angst um seine Familie gelebt hatte. Außerdem hatte seine fanatische Tante Bellatrix bei den Malfoys gewohnt und die trieb jeden in den Wahnsinn.
Aber eines Tages lief sie Draco in der Winkelgasse über den Weg und er war ganz anders, als sie ihn in Erinnerung hatte. Nachdenklicher, bescheidener, höflicher. Er half sogar einer älteren Hexe, ihre Einkäufe zu tragen, und das hätte er in der Schule nie getan. Aber viele ihrer Mitschüler waren nach dem Krieg anders geworden. Es war eine Sache, über die Herrschaft aller Reinblüter zu fantasieren, aber eine ganz andere, im Namen von Blut andere Menschen zu foltern oder zu töten. Als Draco sie zum Abendessen einlud, sagte sie ja, weil sie neugierig war, wie anders er geworden war. Es stellte sich heraus, dass er sich sehr verändert hatte. Mit dem alten Draco hätte sie keine zehn Minuten ausgehalten, aber den neuen würde sie sogar heiraten.
8. Seine Mutter war glücklich, dass Draco eine Frau aus einer guten reinblütigen Familie heiraten würde, aber seinem Vater war Astoria nicht gut genug. Der Ruf der Malfoys hatte nach dem Krieg sehr gelitten und Lucius war besessen davon, wieder ihre alte Stellung zu erreichen, obwohl das wahrscheinlich nie mehr möglich sein würde, ganz egal, wen Draco schließlich heiratete. Anfangs war Astoria sehr verletzt, dass Lucius sie nicht mochte, aber mit der Zeit gewöhnte sie sich an seine Sticheleien. Sie hatte Mitleid mit ihm, weil er einer Zeit hinterhertrauerte, die unwiderruflich vorbei war. Und Mitleid war das letzte, was er wollte, also war es auch eine ganz gute Rache.
9. Sie bestand darauf, Scorpius in eine Muggelgrundschule zu schicken und mit Muggelkindern aus dem Dorf spielen zu lassen. Sie hatte zugelassen, dass Draco ihren Sohn Scorpius Hyperion nannte, damit war sie genug Kompromisse für den Rest ihres Lebens eingegangen. Mehr konnte man wirklich nicht von ihr verlangen. Sie bestand darauf, dass ihr Sohn alles durfte, was ihr früher verwehrt worden war. Draco wusste es besser, als ihr zu widersprechen, und sie vermutete, dass er Scorpius insgeheim für die Freiheit beneidete, die sie ihm ermöglichte.
Ihre Eltern und Schwiegereltern waren natürlich mit ihren Erziehungsmethoden überhaupt nicht einverstanden, aber die konnten sie mal. Die Malfoys und Greengrasses regten sich darüber auf, dass Scorpius' bester Freund Albus Potter war und er mit der Zeit bei den Potters ein- und ausging. Sie regten sich noch mehr darüber auf, dass Scorpius mit Ron Weasleys Tochter Rose zusammen war und die Krönung des Ganzen war, dass er später in der Abteilung zum Missbrauch für Muggelartefakte arbeitete und mit so einer Leidenschaft dabei war, dass er das ganze System umbaute. Ihre Eltern und Schwiegereltern warfen ihr vor, dass nur ihre liberalen Erziehungsmethoden daran Schuld waren, aber Astoria war das egal. Ihr Sohn war glücklich, und das war alles, was sie wissen musste.
10. Astoria liebte ihre Schwiegertochter. Rose war intelligent und schlagfertig. Sie war immer höflich zu Draco und ihr, weil es ihr wichtig war, dass sie sie mochten, aber sie traute sich auch, Astorias Schwiegereltern die Meinung zu sagen wie niemand sonst und Astoria bewunderte sie ungemein dafür. Sie hatte klare Ziele im Leben und arbeitete unermüdlich, diese zu erreichen, auch wenn sie manchmal mit Hindernissen konfrontiert wurde, die anderen zu viel waren. Es gab einige Momente, in denen sie Angst hatte, dass die Ehe von Scorpius und Rose nicht überleben würde, aber irgendwie kriegten sie doch immer wieder die Kurve. Und ihre Enkelkinder waren genauso fantastisch. Die schafften es sogar, Narcissa um den Finger zu wickeln. Nur Lucius ließ sich nicht erweichen, aber sollte er doch in seinem dunklen Loch sitzen und einer Zeit hinterhertrauern, in der seine Haare noch keinen Spliss hatten. Der Rest der Familie hatte sowieso viel mehr Spaß ohne ihn.
Frohe Weihnachten
A/N: So, meine Lieben, wir sind wieder am Ende. Ich hoffe, euch hat der Kalender gefallen und ihr hattet Spaß am Lesen. Ich danke euch, dass ihr wieder in mein Universum der nächsten Generation abgetaucht seid und hoffe, dass ihr auch gut mitgekommen seid, obwohl es sich fast nur um OCs gedreht hat.
Ich wünsche euch ein schönes Fest, frohe Feiertage und ein wunderbares neues Jahr. Wenn ihr mir zum Abschluss als Geschenk noch ein Review dalassen würdet, würde ich mich auch sehr freuen.
