Liebe Hunter Fans und alle, die es werden wollen,

Hier kommt eine weitere Fan Fiction mit einem weiblichen OC von mir. Diesmal ist es HunterXHunter und es wird ein Pairing mit unserem kleinen Attentäter Killua Zoldyck geben.

Ihr Name ist Gwendolyn (Gwen) und ihre Hintergrundgeschichte zusammen mit der Wiedervereinigung von Gon und so ziemlich allen seinen Freunden aus dem Anime zusammen mit der Lovestory werden den Hauptinhalt meiner Geschichte ausmachen, also ist sie weniger Action lastig und mehr Romance/Family/Friends lastig, obwohl ich mich auch sehr bemühen werde sie möglichst spannend zu gestalten, aber ich bin einfach kein großes Talent im Kampfszenen schreiben, also sorry dafür im Voraus.

Auch mit von der Partie sind natürlich Alluka, Kurapika, Leorio, Hisoka, Ging, Tante Mito, Zushi, Bisky, Wing, der alte Zeno und Kite mit den Amateurhuntern werden auch kurz erwähnt werden und mal sehen, wem ich vielleicht noch alles einen kleinen Gastauftritt geben kann.

Ich hoffe euch gefällt meine FanFic und ihr habt ganz viel Spaß beim Lesen!

Liebe Grüße,

Eure Jacky :D


Kapitel 1: Gwen

Schon als das niedliche Mädchen mit den dunkelbraunen langen Haaren und den blauen Augen zusammen mit ihrem weißhaarigen älteren Bruder die Kirche betrat, rollte ich furchtbar genervt mit den Augen. Natürlich mussten sich die beiden Zoldyck Geschwister einfallen lassen, genau dann in meiner Stadt aufzukreuzen, wenn ich eigentlich seit einer Woche beschlossen hatte, meine leibliche Familie und deren Freunde nicht mehr zu stalken als sei ich völlig geisteskrank.

Ging und Gon Freecss, beides professionelle Hunter mit erstaunlichen Fähigkeiten und außergewöhnlich großen Freundeskreisen teilten mit mir ein paar Gene, auch wenn sie nichts davon wussten. Ich selbst hatte es vor knapp vier Jahren erfahren. Etwa zur selben Zeit, zu der ich vom Schwesternorden dieser Kirchengemeinde als Waisenkind aufgenommen worden war.

Gwendolyn Freecss hatten sie mich getauft und so stand es seit dem in meinen persönlichen Unterlagen. Nicht, dass Ging an meiner Entstehung beteiligt gewesen wäre. Genau genommen konnte niemand ihm einen Vorwurf machen, dass er nichts von mir wusste. Und irgendwie war ich froh darum, dass Gon ihn vor gut einem Jahr endlich mal getroffen hatte.

Bis zu meinem zehnten Lebensjahr war ich in der Einrichtung aufgewachsen, in der ich auch erschaffen worden war. Ein Team aus insgesamt fünf der fähigsten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Genetik und Klontechnologie hatten sich zusammengetan, bezogen ihre Gelder aus dem Untergrund und arbeiteten an einem Projekt, den perfekten Elitesoldaten zu erschaffen. Mittlerweile, nachdem der Vorfall mit den Chimären Ameisen stattgefunden hatte, waren solche Tests wohl auf die fünftausend Kokons verlegt worden, die sie im Schloss von Ost-Gorteau gefunden hatten, aber damals war ich ein absoluter Hoffnungsschimmer gewesen.

Sie hatten Gings DNA gewählt, weil er aus einer Linie sehr nen-begabter Leute stammte und einige außergewöhnliche Fähigkeiten hatte, aber es hätte genauso gut einen anderen starken Hunter treffen können. Angegriffen oder ihn wissentlich aufgespürt und verfolgt hatten sie ihn mit großer Wahrscheinlichkeit nicht. Glück und Zufall spielten eine große Rolle. Ein verlorenes Haar irgendwo oder ein Glas, aus dem er getrunken hatte und schon hatten sie seinen genetischen Code gestohlen und mich daraus entwickelt.

Ich durchlief eine strikte Ausbildung. Nahkampf mit und ohne Nen, Fernkampf mit meinem Nen, Aurakontrolle, lautloses Bewegen, Spionieren und das Auffinden und langzeitige observieren von Zielen. Wichtig waren sowohl körperliche und geistige Stärke und Gesundheit als auch Intelligenz, Strategiefähigkeit, Loyalität und so weiter. Genau genommen wurde ich militärisch ausgebildet und da sie bei meiner Erschaffung an mir herumexperimentiert hatten, hatte ich von vornherein einige Vorteile. Zum Beispiel besaß ich außergewöhnlich scharfe Sinne, die ich kontrollieren konnte. Mit meinem Willen konnte ich Augen, Ohren oder meinen Geruchssinn so schärfen, dass ich mich an die jeweiligen Situationen perfekt anpassen konnte. Ich lernte meine Anwesenheit komplett zu verbergen, meinen Puls und Herzschlag zu kontrollieren und teilweise sogar für einige Zeit das Atmen einzustellen. Und natürlich versuchten sie so viel Aura und Nen-Kräfte wie nur irgendwie möglich in mich hinein zu bekommen, weshalb ich auch auf diesem Gebiet überdurchschnittlich begabt war und viel schneller lernte, als normal oder gesund gewesen wäre. Dazu kam eine erhöhte Intelligenz. Mein Hirn arbeitete in Kampfsituationen oder während Verfolgungen schneller und effizienter, sodass ich meistens instinktiv das Richtige tat. Meistens konnte ich mich auf mein Bauchgefühl hundertprozentig verlassen, meine Intuition täuschte mich nur sehr selten.

Aber natürlich sollte sich zeigen, dass nun mal nichts und niemand auf dieser Welt perfekt war. Bei mir war das der Fall, als ich meinen ersten echten Befehl erhielt, der nicht zu einem Training gehörte. Ich wurde in einen Raum gebracht, in dem ein Gefangener gefesselt und geknebelt auf einem Stuhl saß. Vor Angst hatte der Mann schon eingenässt, seine Augen waren riesig groß. Tränen und Rotz liefen sein verzerrtes Gesicht herunter und er erstickte beinahe daran.

„Töte ihn!", befahl mein Ausbilder. Ein gnadenloser Ex-Soldat der nun einen Haufen Kohle dafür bekam, dass er die Klappe hielt und als mein Trainer in diesem Programm mitmachte. Er konnte mich nie leiden und war der Meinung, sie hätten lieber einen Jungen erschaffen sollen.

Schlagartig wurde mir schlecht und mein Körper rebellierte, obwohl ich nicht wusste, warum. Ich sollte und durfte eigentlich nichts fühlen und während der vergangenen Jahre hatte ich damit auch kaum Probleme gehabt. Außer dem eisernen Willen mich von demjenigen nicht unterkriegen lassen zu wollen, der mir mein Höllentraining abverlangte, hatte ich nicht viel darüber nachgedacht, ob oder was ich dabei fühlte oder warum ich tat, was ich tat. Ich befolgte Befehle und zeigte meinem Ausbilder jeden Tag aufs Neue, dass er mich nicht würde brechen können.

Bis zu diesem Zeitpunkt. Als der Gefangene beim fiesen Klang der Stimme meines Ausbilders zusammenzuckte und mich so flehentlich anblickte, fühlte es sich einfach nur falsch an, ihn zu töten. Ich wollte ihn nicht umbringen. Alles in mir sträubte sich dagegen, dieses wehrlose jammervolle Geschöpf zu töten, das sich nicht verteidigen konnte und von dem ich nicht einmal sicher wusste, was er getan haben sollte, um von mir um die Ecke gebracht zu werden.

Mein Ausbilder bemerkte mein Zögern, holte aus und versetzte mir einen kräftigen Schlag ins Gesicht. „Hast du nicht gehört? Du sollst den Penner kalt machen!", brüllte er.

Das war der erste Moment in meinem Leben, in dem ich abgrundtiefe Wut und Hass auf jemanden empfand. Ich fixierte den glatzköpfigen muskelbepackten Idioten mit einem mörderischen Blick und in dem Augenblick, in dem er erkannte, zu was für einem Monster er mich erzogen hatte, war es auch schon vorbei. Statt den Gefangenen zu töten, klebte nun das Blut des Söldners an meiner geballten Faust.

Nach diesem Vorfall galt ich als unkontrollierbar und emotional instabil. Ich war ein Fehlschlag. Nicht mehr und nicht weniger. Die Wissenschaftler bekamen Angst vor mir. Wenn ich eigene Gefühle und einen eigenen Willen entwickelte, konnte ich schließlich genauso gut zu dem Schluss kommen, dass mir deren Projekt missfiel. Ich wurde in eine Zelle gesperrt und noch mehr Söldner wurden angeheuert. Bevor sie allerdings einen neuen Versuch starten konnten, ließ eine Gruppe Crime-Hunter den gesamten Laden auffliegen. Die meisten Söldner gingen dabei drauf, die Wissenschaftler wurden verhaftet und vor den Weltsicherheitsrat geschleift.

Was mich anging wurde ich befragt, untersucht und ein psychologisches Profil wurde erstellt. Da ich kooperierte und keine Anzeichen von Aggressionen zeigte, wurde ich an die Nonnen übergeben, die sich um meine weitere Erziehung bis zur Volljährigkeit kümmern sollten. Ich sollte eine einigermaßen normale Kindheit haben dürfen und die Öffentlichkeit sollte nichts von diesem moralisch verwerflichen Vorfall erfahren. Ab und zu kam mal einer vorbei, der kontrollierte, wie es bei mir so lief aber über die Jahre nahmen diese Kontrollbesuche mehr und mehr ab.

Die Schwestern gaben mir meinen Namen und waren der Meinung, ich hätte zumindest ein Recht zu erfahren, aus wessen genetischem Material ich entstanden war. Mangels einer leiblichen Mutter gaben sie mir den Nachnamen meines ersten leiblichen „Verwandten". Ging Freecss.

Aus Neugier begann ich zu recherchieren und weil man es als Hunter mit Informationsbeschaffung einfacher hatte, bat ich darum, die Prüfung machen zu dürfen. Der Antrag wurde genehmigt und ich schaffte die Prüfung beim ersten Anlauf. In meinem Jahrgang war ich die Einzige, die bestand.

Erst beschaffte ich mir Informationen über Ging. So erfuhr ich von Gon, Mito und seiner Oma auf der Walinsel. Dann kamen Kite, Gings Freundeskreis und die Leute, mit denen er Greed Island entwickelt hatte, die Sternzeichen und die Hunter-Vereinigung und noch einige mehr aus irgendwelchen archäologischen Abenteuern, die er über die Jahre geleitet hatte. Dabei stolperte ich auch über gemeinnützige Organisationen, die er gegründet hatte und alles Mögliche andere, in das sein Name verstrickt war. Über Mito, die alte Frau oder die Walinsel selbst gab es nicht viel zu wissen, also war danach mein älterer Bruder Gon an der Reihe, dessen Entwicklung ich interessiert verfolgte. Seine Entschlossenheit, Ging zu finden beeindruckte mich und besonders, was er dafür alles auf sich nahm, wen er auf seinem Weg traf und wie viel stärker er nach und nach wurde. Und weil ich mich so hineinsteigerte, überprüfte ich nach und nach auch Gons Freunde, deren Hintergründe, Geschichten und Familien und schließlich auch seine Gegner und Feinde und überhaupt jeden, der mit ihm oder Ging in Verbindung stand.

Man könnte sagen über das echte menschliche Leben, Emotionen, Freundschaft und Liebe lernte ich am meisten, als ich meinen Vater und meinen großen Bruder bis ins kleinste Detail ausspionierte. Die Schwestern taten natürlich ebenfalls ihr Bestes, aber die größte Bewunderung brachte ich dafür auf, wie sehr Gon und seine Freunde zusammenhielten, füreinander kämpften und dass ihr starkes Band nicht brach, selbst als ihre Wege sich wieder trennten.

Nachdem Gon vor einem guten Jahr endlich sein Ziel erreicht hatte und Ging auf dem Weltenbaum getroffen hatte, war er nun fünfzehn und ich war vierzehn Jahre alt. Kurz danach wollte ich mir seine Freunde mal aus der Nähe angucken. Leorio zu observieren war tödlich langweilig gewesen. Der lernte bloß wie ein Verrückter, um Arzt werden zu können. Ab und zu versuchte er diesen Kurapika zu erreichen, jedoch vergeblich. Also suchte ich mir den Blonden als nächstes Ziel aus, aber der war zu sehr mit seinem persönlichen Rachefeldzug beschäftigt. Er hatte ein paar der scharlachroten Augen ausfindig gemacht und knüpfte immer weiter Verbindungen in der kriminellen Szene, um auch an den Rest zu kommen. Meiner Meinung nach würde er wohl bald mal die Hilfe seiner Freunde nötig haben, aber was wusste ich schon davon?

Irgendwie ernüchtert und enttäuscht kehrte ich in die Kirche zurück. Gon selbst hatte sich der neuen rothaarigen Kite und deren Truppe angeschlossen und soweit ich wusste, tingelte Killua mit Alluka immer noch um die Welt, um ihr ein paar hübsche Orte in der Außenwelt zu zeigen, die sie nie hatte sehen dürfen. Über Alluka hatte ich am allerwenigsten Infos bekommen können, aber ich war ihr so dankbar, wie niemand anderem auf diesem Planeten, denn sie hatte Gons Leben gerettet und alleine das zählte. Warum mir allerdings sein Leben wichtig geworden war, wusste ich selbst nicht so genau.

Das war der Moment gewesen, der mich vor einer Woche dazu bewogen hatte, alle Recherchen sofort einzustellen. Ich hatte mich so sehr reingesteigert, dass ich begonnen hatte, Gefühle für jemanden zu entwickeln, den ich noch nie persönlich getroffen hatte und der nicht einmal von meiner Existenz wusste. Danach hatte ich mich seltsam leer und einsam gefühlt.

Und gerade als ich auf dem Hocker vor der gigantischen vergoldeten Orgel saß und Trübsal blies, nahm ich eine gewaltige Aura wahr, gefolgt von etwas, das mir einen Schauer über den Rücken jagte. So etwas Seltsames hatte ich noch nie gespürt. Es fühlte sich zum Teil menschlich an und dann doch wieder nicht, aber es strahlte eine mysteriöse Kraft aus, die beinahe noch stärker war, als die Nen-Aura, die es begleitete. Beinahe sofort verbarg ich meine Anwesenheit und spähte vorsichtig über das Geländer nach unten in das ausladende Kirchenschiff.

Dort standen sie mitten im Mittelgang, der zu dem großen Altar aus Marmor führte. Die beiden Zoldyck Geschwister Killua und Alluka, die begeistert die Buntglasfenster betrachteten. Ich unterdrückte ein Seufzen und rollte stattdessen genervt mit den Augen. Toll. Ich wollte mit Stalken aufhören und Gons Freunde marschierten in mein Zuhause. Schöner Wink des Schicksals, dachte ich zerknirscht. So deutlich brauchte man mir ja eigentlich auch nicht zu zeigen, dass ich keine eigenen Freunde und keine richtige Familie hatte. Bei diesen Gedankengängen fühlte ich einen kleinen Stich im Herzen und die bekannte Leere machte sich wieder in mir breit.

„Onii-chan guck dir mal diesen großen Engel an!", rief Alluka begeistert und zeigte strahlend auf eine blütenweiße mannshohe Figur, die von der Wand herab hing und die Schwingen entfaltete. „Der ist so schön!", schwärmte sie und ihre Wangen bekamen eine rosa Färbung. Killua, der seine Hände in den Hosentaschen vergraben hatte, warf ihr einen liebevollen Blick und ein kleines Lächeln zu und nickte als Antwort bloß.

Ich hasste mich selbst dafür, als ich mich dabei ertappte, wie ich eifersüchtig wurde und mich fragte, ob Gon mich jemals so ansehen würde. Natürlich nicht! Dazu musste er erstmal von mir erfahren und selbst dann, warum sollte er jemand fremden plötzlich lieben, nur weil er blutsverwandt war? Kopfschüttelnd wandte ich mich ab und machte mich an den Abstieg. Zeit zu verschwinden und zwar schnellstmöglich. Ich hatte entschieden, die Sache abzuhaken und weder Ging noch Gon zu kontaktieren.

Allerdings konnte ich schon während ich die Treppenstufen nach unten hastete Allukas quengelnde Kleinmädchenstimme hören und dazwischen immer wieder Schwester Rachels Stimme, die beruhigend und entschuldigend auf das junge Mädchen einredete. Scheinbar wollte sie die unterirdischen Grabkammern besichtigen, aber leider fanden weder heute noch morgen Führungen statt. Touristen waren nur zu bestimmten Zeiten dort unten erlaubt.

Kurz überlegte ich, ob ich mich ob der perfekten Gelegenheit einfach klammheimlich aus dem Staub machen sollte, aber ich konnte einen schnellen Blick auf die Braunhaarige mit den blauen Augen erhaschen. Eben diese Augen wurden schon glasig vor ungeweinten Tränen und sie hatte flehend die Hände zu einer bettelnden Geste zusammengelegt. Schwester Rachel sah so vollkommen überfordert aus, dass ich seufzend stehen blieb. Sie war meine Lieblingsschwester und hatte ein viel zu großes Herz für diese Welt. Wahrscheinlich hatte sie jetzt schon Gewissensbisse gegenüber Alluka.

„Alluka", versuchte der Weißhaarige es sanft und legte seine Hand auf ihre Schulter. „Komm schon, wir machen der netten Schwester Ärger, möchtest du das? Lass uns auf eine offizielle Führung warten"

„Aber die ist erst wieder nächste Woche und so lange wollten wir gar nicht bleiben", schluchzte sie weiter. „Außerdem ist die bestimmt ausgebucht, weil sie so selten stattfindet und viele Touristen die Gräber sehen wollen"

Killua seufzte und entschuldigte sich bei Schwester Rachel, die dadurch allerdings eher noch betroffener wirkte. Da ich ihren gequälten Gesichtsausdruck nicht länger ertragen konnte und mir völlig unlogischerweise Alluka sofort sympathisch war, obwohl sie diese mysteriöse halb unmenschliche Aura ausstrahlte, setzte ich mich in Bewegung. Darauf bedacht weiterhin Zetsu einzusetzen und so zu tun, als wäre ich keine Nen-Nutzerin sondern ein normaler Mensch, näherte ich mich langsam und hob zum Gruß die Hand, als die gestresste Nonne sich zu mir umdrehte.

„Gwendolyn, Liebes" Schwester Rachel strahlte mich an und ich musste zurück grinsen. Etwas anderes war nicht möglich.

„Wir haben Gäste?", fragte ich und vergrub selbst die Hände in den weiten Camouflagehosen, die einfach verdammt gemütlich waren. Dabei nickte ich den beiden freundlich zu und sie nickten zurück, wobei mir Killua einen skeptischen, nachdenklichen Blick zuwarf und Alluka mich unverhohlen anstarrte, als sei ich ein Gespenst. Merkwürdig, so komisch war mein Outfit nun auch nicht. Die Militärhosen kombinierte ich meistens mit einem olivgrünen oder schwarzen weiten Shirt und festen schwarzen Boots. Zugegeben nicht das, was in eine Kirche passt, aber da ich auch Besucher sein konnte, wunderten mich die Blicke der beiden. Um nicht zurück zu starren, verlagerte ich meine Aufmerksamkeit wieder auf die Nonne.

„Oh ja, die beiden jungen Herrschaften interessieren sich für unser Kellergewölbe. Leider ist die nächste Führung erst nächste Woche und ich bin mir nicht sicher, ob noch Karten verfügbar sind…"

Bevor Schwester Rachel sich weiter auslassen konnte, hob ich die Hand. „Rachel. Schon gut, ist doch kein Ding" Ich schenkte ihr ein halb wissendes Lächeln und bedeutete ihr mit den Augen, sie solle einen Abgang machen und zwar bevor uns eine andere Schwester sah.

„Oh Gwendolyn…", tadelte sie und ich verdrehte die Augen. Ein Danke wäre wohl zu viel verlangt? Immer so regelkonform! „Lass dich bloß nicht erwischen!"

Mein Lächeln wurde zu einem hinterhältigen Grinsen und ich zog eine Augenbraue hoch. „Ich? Bei was?" Rachel schüttelte den Kopf, murmelte etwas von „lieber Gott" oder so, faltete die Hände und eilte davon. Ich blies mir eine Strähne von meinen rabenschwarzen schulterlangen Haaren aus den Augen, die ich meistens zu einem Pferdeschwanz nach oben gebunden trug und suchte dann Augenkontakt mit Alluka, die mich immer noch musterte.

„Du willst dir die Grabkammer angucken?" Ihre Augen wurden erstaunlicherweise noch ein bisschen größer und sie nickte nur. Ich deutete mit dem Zeigefinger rechts am Altar vorbei. „Gut, da geht's lang" Langsam aber sicher breitete sich das wohl gigantischste Lächeln auf dem hübschen Gesicht aus, das ich je gesehen hatte.

„Wirklich, ich darf rein?" Ich zuckte mit den Schultern, als ob mich ihre Begeisterung nicht übermäßig freuen würde, versuchte gelassen zu wirken und eine neutrale Miene zu behalten.

„Klar, wenn ich dabei bin", erklärte ich, als sei das total offensichtlich. „Ich wohne hier" Bevor ich einfach losmarschierte, fiel mir ein, dass ich mich vorstellen sollte. „Ich heiße Gwen", schob ich deshalb noch schnell hinterher, sah mich dann kurz nach allen Seiten um und setzte mich in Bewegung.

„Hurra!", jubelte Alluka und es dauerte nicht lange, bis sie neben mir auftauchte und ihren Bruder an der Hand mit sich schleifte. „Ich bin Alluka, freut mich sehr dich kennenzulernen, Gwen. Das ist mein großer Bruder Killua, wir sind zusammen auf Reisen. Vielen, vielen Dank, dass du uns rein lässt" Begeistert klatschte sie in die Hände und freute sich so sehr, dass sie unermüdlich plapperte, während ich die beiden am Altar vorbei in einen engeren Gang führte an dessen Ende Treppen nach unten führten. „Weißt du, du kommst mir bekannt vor", kam es plötzlich von Alluka, die ihren Redeschwall über ihre Reisen mit Killua kurz unterbrochen hatte und mich wieder konzentriert anstarrte.

Ich erstarrte kurz, bevor ich daran dachte, dass Killua ganz sicher jeden Wandel meiner Körperhaltung bemerken würde. Also tat ich so, als sei ich bloß überrascht. „Ach wirklich? Sehe ich vielleicht einem Promi ähnlich oder so? Ich sehe nicht viel fern, du?" Shit, shit, shit! Daran hatte ich überhaupt nicht gedacht. Die beiden kannten Gon und soweit ich wusste hatte zumindest Killua Ging schon mal auf einem Foto gesehen. In diesem Moment verfluchte ich menschliche Genetik. Die schwarzen Haare und Gons große bernsteinfarbene Augen besaß nämlich auch ich.

Zu meinem großen Glück war Alluka leicht abzulenken und sie fing schon wieder an zu reden. Diesmal über ihre Lieblingsserie, die sie erst letzte Woche für sich entdeckt hatte, weil sie an Bord eines Luftschiffes nie viel zu tun hatte. Erleichtert stieß ich die Luft aus, richtete meine Aufmerksamkeit nochmal kurz auf den Raum um uns herum, damit uns niemand beobachtete und führte die beiden Zoldycks dann an der Absperrung vorbei, die direkt vor den Treppen stand.

„Pass gut auf, die Stufen sind unten sehr abgetreten", warnte ich Alluka, die leichtfüßig und summend die Treppe hinab hüpfte, anders als ihr Bruder, der sich komplett lautlos bewegte. Fast schon unheimlich. Sie drehte sich zu mir um und schenkte mir nickend ein weiteres sonniges Lächeln. Sie war ein freundliches und gutherziges Mädchen und plötzlich machte es mich traurig, dass ihre Familie sie jahrelang weggesperrt hatte. Eine der wenigen Infos über sie, die durchgesickert waren. Das und das sie Gon mit einer gewaltigen Kraft geheilt hatte. Vor dieser Kraft hatte ihre Familie wohl Angst gehabt. Gut, dass sie Killua hatte.

Unten angekommen begann ich meine Führung und versuchte mich dabei daran zu erinnern, was der Guide immer erzählte, wenn er die Touris im Schlepptau hatte. Während wir in der gewaltigen unterirdischen Höhle mit den unregelmäßigen und rauen Wänden aus grobem grauen Stein herumwanderten und ich alle Fakten herunter leierte, die mir in den Kopf schossen, betrachteten Killua und Alluka die prunkvollen Grabmäler. Die Kreuze, Grabsteine und die vielen Figuren aus Stein oder Marmor machten wirklich etwas her. In dem gedimmten Licht hier unten und der kühlen muffigen Luft, herrschte eine andächtige und würdevolle Atmosphäre.

„Wow ist das cool!", hörte ich Alluka immer wieder sagen, während wir unsere Runde drehten. Zwischendurch blieb sie stehen, um die Informationstafeln zu lesen. Sie hatte wirklich Interesse an dem Ganzen und wollte nicht nur einen kurzen neugierigen Blick darauf erhaschen. Ich grinste und hielt die Klappe, damit sie sich konzentrieren konnte. Immer wieder ließ ich den Blick zur Treppe wandern und konzentrierte mein Gehör so, dass ich früh genug bemerken würde, wenn jemand den Treppen oben zu nahe kommen würde.

„Yo", hörte ich plötzlich neben mir und ich drehte mich zu dem Weißhaarigen um, der lässig an der Wand lehnte und mich mit seinen blauen Augen fixierte. Er trug schwarze knielange Hosen, ein weißes Shirt über einem dunkelblauen Rolli und lila Sneakers. „Danke hierfür"

Ich zuckte ebenfalls lässig die Schultern und verzog einen Mundwinkel nach oben. Mister Cool oder was? „Kein Ding"

„Gwen, darf ich Fotos davon machen?", rief Alluka und deutete mit dem Finger auf irgendein Grabmal, das ihr scheinbar besonders gefiel. Ich kicherte, weil sie überhaupt noch fragte, achtete aber darauf, dass sie es nicht mitbekam.

„Von mir aus", gab ich bloß zurück und Alluka machte sich sofort emsig an die Arbeit alles zu dokumentieren. Wieder horchte ich genauer auf die Treppe. Nichts Verdächtiges. Die Schwestern kamen sowieso nie hier runter, aber man konnte ja nie wissen.

„Eigentlich dürftest du uns gar nicht hier runter lassen oder?", sprach Killua schließlich doch das Offensichtliche an und ich zog wieder eine Augenbraue hoch. „Glaubst du?" Ich grinste ihn an, damit mein Sarkasmus nicht unhöflich rüberkam. Der Weißhaarige schnaubte, grinste aber dieses Mal endlich zurück.

„Und du wohnst wirklich hier?", fragte er weiter. Ach so, er wollte wissen, wie viel an meiner Geschichte dran war. Ich nickte. „Wie kommts?"

„Ich hab nicht wirklich eine Familie bei der ich bleiben könnte, also hat mich der Orden aufgenommen", erklärte ich und umging damit eine direkte Lüge. Ein Waisenkind war ich theoretisch ja nicht.

„Hmm", machte der Attentäter nachdenklich. „Wie alt bist du?"

„Vierzehn, du?"

„Fünfzehn"

Diesmal antwortete ich mit einem interessierten Laut und wir musterten einander nicht unfreundlich, bis Alluka zu uns kam und verkündete, sie habe alles gesehen und einige Bilder gemacht und wäre damit sehr zufrieden.

„Nochmal vielen Dank, Gwen" Killuas Schwester legte einen Augenblick nachdenklich den Kopf schief. „Onii-chan, können wir sie nicht zum Essen einladen? Als Dankeschön? Wir haben die Führung gar nicht bezahlt"

Killua schenkte mir einen vielsagenden Blick und nickte zu meiner Überraschung. „Klar, wieso nicht?"

Während ich versuchte die aufsteigende Röte in meinem Gesicht zu verbergen, räusperte ich mich vernehmlich. „Nicht nötig, hab ich gern gemacht. Aber die Schwestern freuen sich immer über eine kleine Spende für die Gemeinde. Die werden für gemeinnützige Arbeiten gebraucht"

„Hmm", machte Killua nur wieder und ich wurde langsam nervös. Was sollten ständig diese komischen Geräusche, die sich interessiert und neugierig anhörten?

Alluka für ihren Teil ließ sich nicht davon abbringen, mich einladen zu wollen, nötigte den Weißhaarigen aber trotzdem auch ein paar Jenny in unsere Spendenkasse zu werfen, als wir wieder oben angekommen waren.

„Danke dir", sagte ich zu ihr und meinte es ehrlich.

Diesmal war es das Mädchen in dem grün – pinken Kleid das rot anlief und verlegen ihr Haarband zurecht zog. Ich brachte die beiden noch zum Haupteingang und wollte sie gerade verabschieden (und endlich loswerden!), als mir wieder die Braunhaarige dazwischenfunkte.

„Kennst du dieses Nudelsuppenrestaurant das von außen wie ein kleiner Tempel aussieht? Yukis Ramen oder so ähnlich? Da haben wir gestern gegessen, als wir abends angekommen sind und es war SO lecker!"

Ich nickte perplex.

„Wir sehen uns da um sechs", erklärte Killua selbstbewusst und nahm seine kleine Schwester an die Hand, die breit grinste und mir zum Abschied winkte. „Bis später, Gwen!"

„Hä?", stieß ich sehr geistreich aus, als die beiden schon außer Hörweite waren. Verdammt, was war da gerade passiert?