Diese Geschichte wurde ursprünglich in englischer Sprache veröffentlicht und nach Rücksprache mit der Autorin von mir übersetzt, um sie einem deutschsprachigen Publikum zugänglich zu machen. Obwohl ich nur als Übersetzerin fungiere, sind Reviews natürlich trotzdem mehr als willkommen. Alexandra, die Autorin, schreibt unter dem Namen madame_alexandra und ist hauptsächlich auf AO3 unterwegs.
Autorin: madame_alexandra
Originaltitel: Headline News
Schlagzeilen
Sie hatte es eilig, den Tag zu beenden, sonst wäre es nie passiert. Noch nie in ihrem Leben war sie so nachlässig gewesen; noch nie hatte sie einen solchen Fehler begangen.
Andererseits hatte ihr bisheriges Leben aus einem Guerillakrieg und Spionage bestanden, was nicht viel Raum für administrative Plackerei ließ – und sie hatte vor dem Triumph der Rebellion auch nicht viel Zeit damit verbracht, mit dem Privaten und dem Politischen zu jonglieren, also waren diese ganze totlangweilige Bürokratie, der Papierkram und das Regieren irgendwie neu für sie.
Das Gleiche galt für die Beziehung mit einem Mann, der ihr tagsüber völlig unangemessene Nachrichten schickte, weil ihm langweilig war und er es für lustig hielt.
Wirklich, sie hatte noch nie einen solchen Fehler gemacht, aber sie war auch noch nie in einer Situation gewesen, in der es ihr möglich gewesen wäre – in ihrer Kommunikation war sie akribisch, und sehr misstrauisch, mit wem und wann sie Kontakt aufnahm, aber die Welt war in diesen Tagen ein entspannterer Ort, und inmitten all des Chaos des heutigen Tages stand sie irgendwie neben sich –
Jedenfalls liefen auf ihren Bildschirmen ungefähr sechs verschiedene Programme, und sie versuchte, verdammt noch mal von der Arbeit nach Hause zu kommen. Sie war bereits eine Stunde zu spät, und eine Kabale von Senatoren drängte sie immer wieder zu einer Antwort und das Diplomatische Corps wollte vor den morgigen Schlagzeilen eine Stellungnahme für die Presse, und Hans kleine Botschaften wurden immer unerbittlicher –
Sie tippte eine Nachricht an ihn, eine an das Diplomatische Corps, und eine an Senator Haldeman, bevor sie anfing, alle Systeme herunterzufahren, und erst als Hans Antwort aufploppte –
? Das ist die seltsamste Art, darauf zu antworten, Schätzchen –
– wurde ihr klar, was geschehen sein könnte.
Sie warf sich zurück auf ihren Stuhl und scrollte durch ihre an Han gesendeten Nachrichten, wobei sie bemerkte, dass sie ihm ihr Statement für das Diplomatische Corps geschickt hatte – was bedeutete – was bedeutete –
„Oh, verdammt", fluchte Leia, während ihre Augen immer größer wurden.
– dass sie Hans Nachricht an das Diplomatische Corps gesendet hatte.
Und sie wusste, wie die Schlagzeilen am nächsten Tag lauten würden.
Als Leia zur Tür hereinkam, hielt Han ein Glas Whisky für sie bereit. Er hatte ihn mit gezuckertem Sprudelwasser gemischt und ganz nach ihrem Geschmack mit Feigensirup garniert – sie war für gewöhnlich gestresst oder in schlechter Stimmung, wenn ihr Tag so unerwartet spät endete, und er vermutete, dass der politische Hokuspokus, den sie ihm geschickt hatte, als er sie gebeten hatte, ihm mitzuteilen, was er an diesem Abend mit ihr anstellen sollte, bezeichnend für ihren Geisteszustand war.
‚Haben Sie Geduld mit dem System, das wir nur für diesen Zweck geschaffen haben, und verwechseln Sie die sorgfältige Aufmerksamkeit, die wir komplexen Problemen widmen, nicht mit einer schleppenden Durchsetzung von Gerechtigkeit.'
Er hatte eher etwas in der Art von ‚zieh mich aus und vögel mich besinnungslos' erwartet, aber er mochte es irgendwie, wenn sie klug daherredete.
Abwartend lehnte er sich auf dem Sofa vor einem leeren Holo-Bildschirm zurück und hatte die Füße auf dem Tisch liegen, als sie schließlich erschien, einen ernsten Ausdruck auf dem Gesicht.
„Willkommen zuhause, Euer Gnaden", begrüßte er sie und beugte sich vor, um ihr das Glas zu reichen. „Ich nehme an, du hattest einen harten Tag, also dachte ich, ich könnte im Bett für eine harte Zeit sorgen – "
„Han, wir müssen umziehen."
Er hielt inne und warf ihr einen verwirrten Blick zu.
„Wohin?"
„In eine andere Dimension", erwiderte Leia.
Han schwenkte das Glas. Sie trat näher und nahm es mit einem resignierten Gesichtsausdruck entgegen.
„Oo-kay", sagte er langsam. „Was ist passiert?"
Sehr langsam und mit sehr geradem Rücken setzte Leia sich neben ihn. Sie hob das Glas an die Lippen, trank fast alles in einem Zug aus und stellte das leere Glas dann mit einem kleinen Klirren beiseite.
Han starrte sie fasziniert und ein wenig furchtsam an.
„Nun", begann sie knapp. „In einem ziemlich gehetzten Versuch, meinen Tag zu beenden und zu dir nach Hause zu kommen – deine Nachrichten waren heute sehr kreativ, wenn ich das hinzufügen darf – "
„Danke", entgegnete er grinsend.
„ – ja, nun ja. Du hast vielleicht bemerkt, dass ich dir mein Statement für das Diplomatische Corps geschickt habe?"
„Ich habe mich schon gefragt, was das war, ich – "
„Ich habe ihnen geschickt, was ich dir schicken wollte."
Han hielt inne. Leia blickte auf ihre Hände, ihr Gesicht war rot. Han starrte sie mit geöffnetem Mund an. Nach einem langen Schweigen räusperte er sich.
„Was stand darin?"
Leia seufzte. Sie warf sich nach hinten, ihr Körper sackte zusammen. Sie legte den Kopf zurück.
„Es blieb nicht viel der Fantasie überlassen."
„Ich habe ziemlich viel Fantasie. Was stand darin?", beharrte Han.
Er versuchte, nicht zu lachen. Er wusste, dass so etwas sie…beschämen und bis ins Mark erschüttern würde, und wollte es nicht auf die leichte Schulter nehmen – und es war ihr so unähnlich, einen solchen Schnitzer zu begehen; sie war immer so vorsichtig und geordnet.
„Das wirst du schon sehen", erwiderte Leia grimmig.
„Du konntest es nicht aufhalten?", fragte Han. „Aber sicherlich – jemand würde wissen, dass das privat ist, dass das nicht das ist, was du gemeint hast – "
Leia warf ihm einen Blick zu und er verstummte verlegen. Sicher, einige anständige Leute würden darüber lachen, ein bisschen mit Freunden tratschen, und darüber hinwegsehen, aber nicht jeder war so anständig, und davon abhängig, wem sie es geschickt hatte –
„Ich habe es an die gesamte diplomatische Mediendistribution geschickt", erklärte sie. „Bis zum Frühstück steht es in allen Schlagzeilen."
Han verspürte eine seltsame Mischung aus krankhafter Neugier, Belustigung und Entsetzen.
„Schätzchen, was stand da?", verlangte er zu wissen.
Sie verschränkte die Arme und drehte sich mit demselben resignierten, stählernen Blick wie vorher zu ihm um, wobei sie sorgfältig über ihn hinwegblickte.
„Na ja", setzte sie an, „sagen wir einfach, du wirst es schmeichelhaft finden."
Hans Augenbrauen schossen nach oben in seinen Haaransatz. Er wollte sie schütteln, wieder verlangen, zu wissen, was zur Hölle die gesamte Galaxie über ihr Sexleben erfahren würde, aber es war tatsächlich irgendwie äußerst sexy, dass sie sich weigerte, es ihm zu sagen – was, wie er wusste, zum Teil daran lag, dass Leia immer zurückhaltend war, wenn es darum ging, schmutzige Dinge auszusprechen; sie beschränkte sich auf schriftliche Medien, und das war's.
Anstatt sie noch einmal zu fragen, reichte er ihr seinen Drink.
„Hier", meinte er und hielt den Atem an.
Leia nahm ihn und trank langsam den Rest aus.
„Ich werde morgen sowas von nicht zur Arbeit gehen."
Aufgeregt beschloss Han, im Morgengrauen wach zu sein und vor dem Holo zu stehen.
Als die Morgensendungen anliefen, befand sich Leia getreu ihrem Wort nicht mitten in ihrer Morgenroutine, sondern eingehüllt in ihren liebsten Seidenmorgenmantel und mit einer dampfenden Tasse Kaffee zusammengerollt in der Ecke des Sofas. Ihr Haar war in einem locker geflochtenen Zopf auf ihrem Kopf festgesteckt, einen unordentlichen Kreis bildend, und auf ihrem Gesicht lag ein stoischer, stählerner Ausdruck; sie sah aus wie eine verurteilte Frau, die sich damit abgefunden hatte.
Han saß neben ihr und wartete darauf, dass die langen, albernen, als Informationssendungen getarnten Werbevideos der Nacht endeten und die morgendlichen Nachrichten kamen. Er versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er fast aus der Haut fuhr, weil er mitfühlend sein wollte, aber Leia hatte sich geweigert, ihm etwas zu sagen – und die Funkstille ihrer beider Comlinks deutete definitiv darauf hin, dass etwas nicht stimmte.
„So schlimm kann es doch nicht sein, oder?", fragte er. „Wir tun nichts wirklich…Perverses."
„Pervers ist Ansichtssache", merkte Leia ruhig an.
Han zuckte die Achseln – das war richtig, aber…was er gesagt hatte, stimmte ebenfalls. Sie waren nicht langweilig. Sie waren nicht einmal konventionell – aber er glaubte nicht, dass irgendetwas, was er und Leia taten, oder über das sie sprachen, außerhalb des Bereichs des Normalen lag, auch wenn normal ebenfalls ein riesiges Spektrum darstellte.
„Es ist nicht unbedingt schlimm", fügte Leia trocken hinzu. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand denkt, wir würden zölibatär leben", schnaubte sie. „Allerdings hätte ich gerne eine geheimnisvolle Aura in Bezug auf meine intimen Eskapaden gewahrt…und die Art…wie ich darüber rede."
Die Eröffnungsmelodie der Nachrichten ertönte und Hans Augen klebten am Bildschirm. Er grinste, dann versuchte er um ihretwillen ernst und nüchtern zu wirken. Holos wurden über einem Tisch anprojiziert und eine Nachrichtensprecherin begann zu reden.
„Es besteht immer die Möglichkeit, dass es einfach ignoriert wird – "
Leias spöttisches Schnauben übertönte Hans halbherzigen Trost, und als er verstummte, fuhr die Nachrichtensprecherin mit ihrer Ankündigung fort.
„ – was eine private Nachricht zu sein scheint, die für ihren Gefährten, General Han Solo, bestimmt war."
Han verzog das Gesicht.
„Ich glaube, Geliebter gefällt mir besser", scherzte er.
„Wir haben die Nachricht von einer offiziellen Quelle erhalten, die darauf hingewiesen hat, dass das Sicherheitssiegel von Prinzessin Leia eingebettet ist, was die Authentizität bestätigt – "
Han hob die Hände und tat so, als würde er die Nachrichtensprecherin erwürgen. Wenn sie diesen Text nicht zeigten oder verlasen, dann helfe ihnen –
Ein Bild erschien auf dem Schirm, und Hans Augen weiteten sich. Er schaute nach links, aber Leia wich seinem Blick aus und starrte an die Decke, ihr Gesicht war heftig gerötet. Sie hob den Kaffee an ihre Lippen und trank einen in Hans Augen sehr provokativen Schluck.
Er sah wieder auf den Bildschirm, wo ein paar Grafiken aufgetaucht waren, die mehrere Wörter unterstrichen, als wollten sie sie analysieren, wodurch ein so komisches Bild entstand, dass er sich fast an seiner eigenen Zunge verschluckte – waren sie dabei, einen analytischen Kommentar über – über eine Nachricht abzugeben, die lautete –
„Die Frage ist nun, ob Ihre Hoheit wörtlich oder im übertragenen Sinne gesprochen hat, als sie dieses Adjektiv verwendete, und was sagt uns die Entscheidung, Corellianisch zu sprechen, über ihre Beziehung zu – "
In der Tat!
Han schluckte schwer. Er richtete sich auf, wandte sich Leia zu und starrte auf sie herunter, bis sie ihn schließlich ansah, wobei ihre Wimpern die Augen halb verdeckten. Galant legte er eine Hand über sein Herz. Auf jeden Fall war es eine ziemliche Schlagzeile, im anzüglichsten Sinne.
„Schätzchen", meinte er todernst, „das ist das Netteste, was irgendjemand jemals Milliarden von Menschen über mein bestes Stück erzählt hat."
