Manwë, Tariquendi
"Was. Geht. Hier. Vor sich?!", rief Manwë empört. Melkor hustete. "Gar nichts. Geh und widme dich wieder deinen Pusteblumen." "Pusteblumen?". "Gott des Windes? Pusteblumen? Verstehst du? Der Wind, der pustet?". Manwë schlug sich auf die Stirn. "Was ist falsch mit dir, Bruder? Ich kann nicht glauben dass wir Zwillinge sind." "Hah, ich auch nicht. Ich verstehe einfach nicht, warum ein so dämliches Individuum mit mir, dem vergleichsweise Besten, verwandt sein kann." Manwë rollt mit den Augen und Varda hustete auffällig um Aufmerksamkeit.
"Varda! Was ist hier eigentlich los?", fragte Manwë wütend, erst jetzt bemerkend, dass Varda auf dem Boden lag. "Ich könnte dir sagen, dass ich sie herzlich gerne vergiftet habe.", lächelte Melkor. "Ich glaube zwar nicht, dass man das so sagen kann, aber gut. Weiche, Melkor, oder spüre Eru Illuvatars Zorn auf dir!"
Melkor stand plötzlich auf, all seine Lächerlichkeit vom letzten Moment war abgefallen. "SEHE ICH FÜR DICH AUS, WIE DU? WIE EIN UNBEDEUTENDER, VERLETZLICHER ELB? Nein, Manwë, ICH BIN EIN GOTT UND NOCH DAZU EIN MASSIV BESSERER ALS DU!!! ICH SOLLTE STEHEN, WO DU STEHST! ICH SOLLTE DIE VALAR ANFÜHREN, DIE ELBEN, DIE KREARUREN!"
Abgelenkt von Melkors plötzlichem Gefühlsausbruch schob sich Varda vorsichtig zu ihrem Bett nach hinten. Manwë gab ihr mit einem energischen Blick zu wissen, dass sie jetzt nichts Unüberlegtes tun sollte. Varda ignorierte ihn bestmöglich und ließ in ihrer Hand eine Lichtkugel wachsen.
Manwë schüttelte, unbemerkt von Melkor, den Kopf, aber seine Gemahlin achtete nicht darauf, sondern ließ die Kugel nur noch größer werden.
"Varda, nein!", rief Manwë, aber da war es schon zu spät, und Vardas Licht raste auf Melkor zu.
Der Gott des Bösen fiel nach hinten, aber er rappelte sich schnell wieder auf.
Unterdessen war Manwë zu Varda gelaufen und hatte sie vorsichtig hochgehoben.
"Du verdammte-", Melkor brach mitten im Satz ab und in seinen Augen spiegelte sich purer Hass und Verlangen, das Verlangen das Licht ein für alle Mal in seinen Besitz zu bringen- mit oder ohne der Göttin der Sterne.
"Melkor, gib mir das Gegenmittel und wir lassen dich gehen.", sagte Manwë in einem Versuch, Melkor zu überzeugen.
"Pah! Sicher nicht. Denkst du, ich habe mir die Arbeit gemacht, nur um jetzt in den sauren Apfel beißen zu müssen?", erwiderte sein Bruder.
"Aber gehen ist eine tolle Idee. Ich gehe nämlich jetzt. Schönen Tag noch, 'Bruder'!", motzte Melkor Manwë an.
"Entschuldigung mal? So kannst du doch nicht mit mir reden!". Manwës Empörung war leicht hörbar.
"Weißt' eh' was...", murmelte Melkor und drehte sich um- und knallte direkt in Ilmarë, die ihn entsetzt anstarrte. "W-Was... Was zu... Was zu Eru?". Melkor rollte mit den Augen. "Auf die Seite, mickrige Dienerin." Ilmarë schluckte, und wollte schon fast einen Schritt zur Seite tun, als sie doch innehielt. "Ich-Nein.", brachte sie hervor. "Weißt du, ich habe keine Lust oder Zeit mich mit so einem dummen Individuum auseinander zu setzen, also verpiss dich, oder tu es eben nicht.", spuckte Melkor wütend aus, dann stieß er die Maia zur Seite und ging in Richtung Tür.
Ilmarë stürzte sich zu ihrer Herrin auf den Boden und versuchte hektisch, ihr zu helfen. Varda hustete erneut, aber ihre Augen sahen ihrem Erzfeind nach, mit nichts als Vergeltung in den Augen.
Die Sterne spiegelten sich nicht mehr darin, denn in dieser Nacht standen keine am Himmel.
Yavanna Kementarí, irgendwo in Arda
Yavanna Kementarí, Königin der Erde und die mächtigste Fürstin nach Varda, hob ihr Geweih an. Sie befand sich auf einer baumbewachsenen Ebene, auf der später einmal der Düsterwald stehen sollte. Sie galoppierte elegant an den Bäumen vorbei, auf dem Weg nach Lorien oder zurück nach Valinor, je nach dem, wo sie der Zufall hinbringen würde- oder Namo, der inoffizielle Gott der Schicksals. Oder seine Frau Vaïre, die offizielle Göttin des Schicksals.
Yavanna machte Halt bei einer Lichtung, auf der sie oft und gerne mal herumlief.
Hinter ihr wuchsen wunderschöne Pflanzen, nicht unbedingt Blumen, denn Yavanna fand jede Pflanze schön. Jeden Fleck Erde, den sie berührte, fing an zu wachsen und gedeihte im Sekunden Bruchteil auf. Zufrieden trabte Yavanna weiter, an einem Fluss entlang- vielleicht der, über den Jahrtausende später eine Gruppe Zwerge wollte, ohne dabei ins Wasser zu fallen- und blickte hinein.
Ihre eigenen grünen, manchmal braunen Augen waren dort zu sehen, ihr wallendes, welliges und vor allem wildes Haar, rotbraun, umrahmte ihr Gesicht, das eher oval war, aber sie auf jeden Fall edel und, wie bei jedem Valar und Maia, absolut überirdisch wirken ließ. In ihren Haaren waren ebenso Pflanzen eingewoben, wie in ihrem Kleid, dass aber gleichzeitig mit der Erde verbunden war, und somit unendlich weit aussah.
Aussah.
Denn Yavanna hatte gerade ihre Lieblingsgestalt, einen Hirsch angenommen, vielleicht sogar die Gestalt, mir der sie Thorin Eichenschild und Bilbo Beutlin begegnen würde, bevor sie sich über die Unhöflichkeit von Aulës Schöpfung ärgern würde, während ihre eigenen Kinder sie noch wertschätzen.
Aber Aulës Kinder waren ja wohl unfassbar! Generell, Aulë war manchmal auch unfassbar. Wie er sich heute über ihre Hobbits beschwert hatte! Das war unmöglich! Yavanna hatte sofort wütend ihre Triften verlassen, und hatte sich in Mittelerde manifest. Ein Spaziergang tat immer gut.
Wenn sie so an Aulë dachte...
War da nicht etwas gewesen?
Oh, verdammt. Das Treffen am Tariquendi... war das heute?
Yavanna schloss kurz die Augen. Ja, das war heute.
Die Göttin galoppierte los. Hoffentlich kam sie nicht zu spät! Das wäre echt unangenehm...
Natürlich konnte sie sich auch einfach dort manifestieren, aber dann war es ja nur der halbe Spaß.
Dieses Risiko musste sie eingehen.
Also rannte sie mit Höchstgeschwindigkeit los.
Natürlich kam sie rechtzeitig.
