In den nächsten sechs Tagen war es immer der genau gleiche Ablauf für Sakura. Früh morgens aufstehen, zum Krankenhaus fahren, den Zustand von Itachi Uchiha beobachten, irgendwelche bissigen Kommentare (vornehmlich von Fugaku) über sich ergehen lassen und spät abends wieder nach Hause zurückkehren. Mittlerweile war sie seit acht Tagen mit dieser Aufgabe betreut und während ihre beiden besten Freundinnen eine Massage bekamen oder an einer Bar saßen und einen Cocktail tranken, füllte Sakura wieder das gleiche Formular aus. So wie sie es bereits an die hundert Male in den vergangenen Tagen getan hatte.

Er war über den Berg. Das war die gute Nachricht. Sein Zustand hatte sich in den vergangenen Tagen deutlich verbessert, doch das alte Problem blieb. Er war immer noch nicht aufgewacht – lag folglich im Koma. Das war es, was alle hier beunruhigte. Nicht allein seine Familie stellte wiederholt die Frage, wann oder gar ob er jemals wieder aufwachen würde.

Sakura hoffte auch aus Eigennutz heraus, dass dies bald geschehen würde. Sie hatte mittlerweile einen neuen Dienstplan erhalten, der genau das für die kommende Woche vorsah, was sie bereits die ganze Zeit über getan hatte. So langsam trieb das ganze sie in den Wahnsinn. Natürlich konnte Sakura verstehen, warum Tsunade ihr diese Aufgabe übertragen hatte und was sie bei der ganzen Sache lernen sollte. Eine weitere Woche würde sie dies noch mitmachen, dann würde sie Tsunade sagen, dass sie gerne wieder eine richtige Betreuung von Patienten übernehmen würde. Bei keinem „normalen" Patienten würde man etwas Derartiges von ihr verlangen und irgendwann konnte sie - oder das Krankenhaus - den Ansprüchen der Familie Uchiha nicht mehr gerecht werden. Generell war es möglich das Itachi noch Wochen, Monate, Jahre oder gar für immer im Koma liegen würde. Niemand konnte es von ihr verlangen. Besonders nicht bei dem Hungerlohn, den sie hier erhielt.

Fugaku und Mikoto Uchiha besuchten ihren Sohn jeden Tag im Krankenhaus. Viel wurde nicht gesprochen. Lediglich Fugaku beschwerte sich von Zeit zu Zeit, indem er das Personal (hier vornehmlich Sakura und die anwesende Krankenschwester) als inkompetent bezeichnete oder sich mit fast spöttischen Kommentaren ihnen gegenüber äußerte. Mikoto hingegen war stets freundlich gewesen, sagte aber auch nur selten ein Wort. Meist blieb sie noch länger als ihr Mann und saß an dem einen oder anderem Tag noch am Bett ihres Sohnes, als Sakura abgelöst wurde.

Sasuke tauchte auch noch zwei Mal auf, bei denen er jedoch kein einziges Wort mit irgendjemandem vom Krankenhauspersonal wechselte. Sakura erwischte ihn lediglich einmal dabei, wie er sie mit einem abschätzigen Blick musterte. Seine Drohung, sich über sie zu beschweren hatte er bis zu diesem Tage nicht wahr gemacht. Allerdings wollte Sakura es auch nicht darauf ankommen lassen.

„Ist dir bereits schon mal aufgefallen", sagte Ayumi zu ihr, nachdem Fugaku und Mikoto kurz zuvor wieder gegangen waren, „das ihr Sohn nie das Zimmer seines Bruders betritt?"

Sakura sah sie überrascht an. Jetzt da Ayumi es erwähnte und sie an all seine Besuche hier dachte, musste sie feststellen, dass Ayumi Recht hatte. „Stimmt, er steht immer vor dem Fenster. Als würde er einen Geist sehen..."

„Ist doch merkwürdig, nicht? Natürlich ist der Anblick zu Beginn immer erschreckend, doch mittlerweile sollte er wissen, was ihn erwartet. Es gibt doch niemanden, der ihn davon abhält, hineinzugehen. Es sei denn..." Ayumi blickte ganz angestrengt herüber zu dem Krankenzimmer, stand dann auf und versicherte sich, dass außer ihnen beiden sonst niemand hier war.

„Es sei denn, was?"

„Das was ihm zugestoßen ist, war ja kein Unfall. Du hast ja sicherlich auch gehört, dass seine zwei Wachleute erschossen worden sind. Was, wenn sein Bruder etwas damit zu tun hatte? Er kann es uns ja im Moment nicht sagen", Ayumi deutete auf das Krankenzimmer, „und sein Bruder kann da jetzt nicht rein gehen, einfach weil er sich schuldig fühlt. Weil er ganz genau weiß, dass er seinen Bruder fast umgebracht hat."

Sakura antwortete darauf nicht. Sie hätte auch nicht gewusst, was sie antworten sollte. Ayumis Vermutung klang für sie dann doch recht weit hergeholt, allerdings gab sie Sakura auch zu denken: War Sasuke an der ganzen Sache beteiligt? Hatte er sozusagen irgendwie seine Finger dabei im Spiel? Sakura kannte ihn zu wenig, um das beurteilen zu können. Dennoch, wenn sie auf der Stelle sich entscheiden müsste, würde sie sagen, dass er nichts mit der Sache zu tun hat. Natürlich war er ihr unmöglich gegenüber gewesen, das stand außer Frage. Doch das machte ihn nicht gleich zu einem Mörder. Auf Sakura wirkte er eher wie jemand, der sich gerne über andere Leute lustig macht; ihnen zeigt, dass sie unter ihm stehen – so wie er es mit ihr gemacht hatte.

„Ganz ehrlich, man kann über diese Leute sagen was man will, aber ich wünsche mir, dass er bald wieder aufwacht", verkündete Ayumi, „allein, weil ich gerne ein paar freie Tage hätte." Sowohl Ayumi, als auch Sakura mussten schmunzeln. ‚Ein paar freie Tage wären wirklich schön', dachte Sakura sich, ‚ich hätte noch so viele Dinge auf meiner Liste, die ich gerne erledigen würde.'

Das Telefon klingelte und Ayumi nahm ab. Sie sagte nichts, sondern hörte nur dem zu, was die Person auf der anderen Seite sagte. Interessiert beobachtete Sakura sie. Das einzige was Ayumi sagte war, „ich habe verstanden", dann legte sie auf. „Tsunade möchte das du sofort in ihr Büro kommst", sagte Ayumi an sie gewandt.

„Hat sie gesagt wieso?", fragte Sakura ihr und sie hatte das Gefühl, ihr Magen drehte sich auf links. Es ging vielleicht um die Uchihas – nein, es musste um die Uchihas gehen. Bei belanglosen Kleinigkeiten hätte Tsunade ihr eine Nachricht geschickt. Sie holte sie nur in ihr Büro, wenn es etwas Wichtiges war. Sasukes Drohung kam ihr wieder in den Sinn. ‚So eine verdammte...'

Nachdem Ayumi ihre Frage verneint hatte, machte Sakura sich mit einem mulmigen Gefühl auf zu ihrem Büro. Sakura klopfte an die Tür und wartete auf eine Antwort. Nach einem kurzen „ja" öffnete sie die Tür und sagte, „Sie haben nach mir gerufen, Tsunade-sama?"

„Komm herein und schließe die Tür, denn das was ich dir sagen möchte, ist nicht für andere Ohren bestimmt", raunte Tsunade und tippte irgendetwas in ihren Computer ein. Sie blickte Sakura noch nicht einmal an. „Ich habe mit der Familie Uchiha gesprochen..."

Verdammt...', war das erste was Sakura durch den Kopf fuhr, ‚das wird kein gutes Ende nehmen.' Erst diese Auseinandersetzung – oder besser gesagt Auseinandersetzungen – mit Sasuke und dann auch noch Fugaku der sich am laufenden Band über alles beschwerte, was sie dort taten. Dem sie es überhaupt nicht Recht machen konnten.

„Zu allererst", fuhr Tsunade fort, „hat sich Uchiha Fugaku über unsere medizinische Versorgung beschwert. Er hat unser Personal als inkompetent bezeichnet und noch einiges mehr. Ich gehe davon aus, dass er ähnliches auch zu euch gesagt hat?"

Sakura nickte, „wir haben alles immer vorschriftsmäßig getan – wir haben nichts falsch gemacht..."

„Schon gut", Tsunade sah zum ersten Mal auf. „Ich weiß auch, dass ihr alles in eurer Macht stehende getan habt. Ich denke, er steht im Moment einfach nur unter enormen Druck. Sein Sohn schwerverletzt und die Firma wird wahrscheinlich auch darunter leiden. Ihr müsst euch wirklich keine Sorgen machen. Nun, der Grund war ich dich hierher bestellt habe ist vielmehr der, dass jetzt, wo Itachis Zustand stabil ist, man ihn gerne Zuhause pflegen möchte."

„Das ist absurd..."

„Dessen bin ich mir auch bewusst. Itachi wäre hier viel besser aufgehoben, besonders wo wir über alle medizinischen Mittel verfügen. Ich habe lange versucht es ihnen auszureden, doch sie bestehen darauf. Die Uchihas befürchten, dass man erneut versuchen könnte, ihren Sohn umzubringen – wer auch immer das getan haben mag. Sie sind der Meinung, dass auf ihrem Anwesen besser für seine Sicherheit gesorgt werden kann, als hier."

„Am Ende ist er dort sicherer aufgehoben, aber auf Grund der mangelhaften medizinischen Versorgung stirbt er trotzdem...", entgegnete Sakura plump und konnte die Entscheidung der Familie Uchiha nicht nachvollziehen. Besonders wenn man bedenkt, dass hier ja schon alle möglichen sowie absurden Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden. ‚Wie kann man so realitätsfern sein', raunte ihre innere Stimme.

„Nun die Entscheidung wurde getroffen und in diesem Fall haben wir keine andere Wahl, als all dem zuzustimmen", erläuterte Tsunade weiter und ihr Blick verdunkelte sich ein wenig, „Itachi wird bereits heute noch auf das Anwesen gebracht. Ich werde persönlich dabei sein und darauf achtgeben, dass alles seine Ordnung hat. Nachdem was mir gesagt wurde, hat die Familie alle benötigten medizinischen Geräte besorgt – Medikamente hingegen werden vom Personal dieses Krankenhaus verschrieben. Zudem hat die Familie einen Pfleger und einen Privatarzt eingestellt, die ihnen rund um die Uhr zur Verfügung stehen."

„Tsunade-sama, erlauben Sie die Frage; warum bin ich hier?", fragte Sakura sie und wusste, dass Tsunade sie sicherlich nicht nur geholt hatte, um ihr dies zu erzählen.

„Das wäre mein nächster Punkt. Es ist mit der Familie abgesprochen, dass jemand vom Krankenhaus zweimal täglich dort vorbei schaut und nach dem Rechten sieht. Es scheint, als würden sie dem Privatarzt noch nicht sonderlich vertrauen. Vielleicht wollen sie sich aber auch nur doppelt absichern. Es ist sogar der ausdrückliche Wunsch der Familie gewesen, dass ich diese Aufgabe übernehme. Allerdings ist das nicht möglich. Daher habe ich ihnen mitgeteilt, dass du dies erledigen wirst."

„Ich?", fragte Sakura verwundert und ihre Verwunderung war mehr als begründet. Immerhin kam sie mit den Uchihas nicht sonderlich gut klar: Fugaku hatte sie wiederholt als inkompetent bezeichnet und Sasuke drohte damit, sie feuern zu lassen.

„Ja, du. Du fährst morgens vor deiner Arbeit dorthin, kommst hier her und bevor du abends nach Hause fährst, siehst du noch einmal auf dem Anwesen vorbei. Organisiere es so, dass deine Schichten hier im Krankenhaus nicht davon betroffen sind..."

„Einen Moment mal", sagte Sakura und glaubte sich verhört zu haben, „das heißt also, ich stehe morgens in aller Frühe auf, fahre zu dem Anwesen, schaue dort nach dem Rechten, fahre von dort aus zum Krankenhaus und arbeite hier meine ganz normale Schicht. Und wenn die Schicht dann vorbei ist, fahre ich wieder zum Anwesen der Uchihas, schaue erneut nach dem Rechten und dann schließlich fahre ich wieder nach Hause?"

„Ganz genau..."

„Und wer übernimmt diese Aufgabe auch noch? Ich bin doch sicherlich nicht die Einzige, die dafür zuständig ist..."

„Doch, das bist du. Du ganz allein."

Sakuras Augen weiteten sich, „entschuldige Tsunade-sama, aber wie soll das funktionieren? Ganz ehrlich, wir wissen nicht ob er jemals wieder aufwacht... Soll das heißen, ich fahre bis in alle Ewigkeiten, möglicherweise, zu dem Anwesen? Jeden Tag – ohne Unterbrechung?! Was, wenn ich einmal selber krank werde? Was wenn ich einmal einen Tag frei haben möchte?"

„Dein Ton gefällt mir nicht", raunte Tsunade, „zudem will ich das letzte nicht gehört haben. Sakura, du bist Ärztin. Es ist dein Job anderen Menschen zu helfen... Wenn du glaubst, dazu nicht in der Lage zu sein, dort ist die Tür."

Sakura hatte es für einen Augenblick die Sprache verschlagen, was möglicherweise auch der richtige Zeitpunkt dafür war. Am liebsten hätte sie dort wie ein kleines Kind um sich geschlagen, auf dem Boden herum gestampft und zahlreiche Flüche ausgestoßen. Doch dies gehörte zum Erwachsenendasein. Sich zurückhalten zu können. Zu wissen, wann man den Mund aufmacht und wann nicht. Zu wissen, dass man auch einmal Sachen tun muss, die man eigentlich gar nicht tun will. Welche Wahl hatte sie denn auch schon: entweder sie würde nun tagtäglich das Anwesen der Uchihas aufsuchen oder sie wäre ihren Job los. Es war die Wahl des geringeren Übels. „Wo liegt das Anwesen?", fragte Sakura Tsunade.

„Im Westen der Stadt, ruhige und abgeschottete Lage", antwortete Tsunade, die sich mittlerweile wieder ihrem Computer zugewandt hatte, „ich gehe davon aus, du besitzt ein Auto?"

Ein Auto?', schrie ihre innere Stimme auf, ‚wie um alles in der Welt soll ich mir bei diesem mickrigen Gehalt ein Auto leisten? Es geht doch schon genug Geld für meine Wohnung und dergleichen drauf!' „Nein, ich besitze kein Auto", antwortete Sakura verbittert.

„Dann wirst du dir irgendetwas arrangieren müssen. Sowohl die Uchihas, als auch ich erwarten Pünktlichkeit", antwortete Tsunade, „bis Itachi abtransportiert wird heute Nachmittag, wirst du dich weiterhin um ihn kümmern. Morgen früh, wirst du dann zum ersten Mal zum Anwesen der Familie Uchiha fahren. Shizune wird dir alles Nötige dafür geben. Das wäre dann alles. Du kannst nun wieder gehen."

Als Sakura das Büro verließ, fühlte sie sich der Ohnmacht nahe. Wie sollte sie das nur schaffen? Sie wohnte im Osten der Stadt, heißt, sie müsste jeden Morgen einmal quer durch die ganze Stadt, um zum Anwesen zu kommen. Dann den halben Weg wieder zurück zum Krankenhaus und das gleiche Spiel in die andere Richtung noch einmal am Abend. Und die Spitze des Eisberges war, dass sie die öffentlichen Verkehrsmittel benutzen durften – die sicherlich das Doppelte oder Dreifache der Zeit beanspruchen würden. Ihre Ausbildung war so schon nicht leicht, jetzt hatte sie noch einmal einen großen Berg Arbeit hinzubekommen. ‚Lass dich nicht unterkriegen', schrie ihre innere Stimme auf, ‚das ist alles möglicherweise nur ein Test. Gib dein Bestes!' Sakura schüttelte den Kopf. Sie war so weit gekommen, sie würde jetzt auf keinen Fall das Handtuch werfen. Und wer weiß, möglicherweise wachte Uchiha Itachi bereits in den nächsten Tagen auf, dann hätte sich die ganze Sache sehr schnell wieder erledigt.

Durch die Überführung von Itachi auf das Anwesen der Uchihas, hatte Sakura an diesem Tag früher als gewöhnlich Schluss. Ein paar Stunden Freizeit, die sie sehr gut gebrauchen konnte und die binnen einer Minute wieder verplant waren. Nach dem sie mit einem Einkauf ihren Kühlschrank wieder aufgefüllt hatte, machte Sakura sich daran, ihre Wäsche zu waschen und die, die sich auf einem Stuhl in ihrem Schlafzimmer stapelte, wieder in den Kleiderschrank einzuräumen. Die Liste war endlos und als die Uhr halb zehn anzeigte, gab Sakura auf. Alles würde sie heute nicht mehr schaffen.

Nach einer über einstündigen Fahrt und einmal umsteigen, hielt der Bus endlich an der vorgesehenen Haltestellte. Sakura war die einzige Person die ausstieg, was sie jedoch nicht sonderlich wunderte. Die Gegend hier wirkte wie ausgestorben. Einen vereinzelten Jogger konnte sie in der Ferne sehen, damit war es aber auch schon getan. Ein hoher Zaun reihte sich an den nächsten, die hin und wieder durch ein Tor unterbrochen wurden. Die Häuser – oder besser gesagt Anwesen konnte man kaum erkennen. Wer hier lebte, lebte recht abgeschottet von der Welt. Kein Straßenlärm, keine vollen Gehwege – nur Stille. Sakura konnte Vögel zwitschern hören – ein Geräusch das sie seit Ewigkeiten nicht mehr gehört hatte. Sie hatte sich einen Lageplan ausgedruckt und machte sich auf den Weg, die Straße entlang.

Irgendwo hier muss es doch sein?', dachte Sakura sich und ging den vereinsamten Bürgersteig entlang. Vor einer Einfahrt blieb sie stehen. Wenn sie sich nicht geirrt hatte, müsste dass das Anwesen der Uchiha sein. Dort vom Bürgersteig konnte sie nichts erkennen, was darauf hindeutete und auch ein Klingelschild fehlte. Das große unscheinbare und holzverkleidete Tor hatte etwas Bedrohliches. ‚Fremde nicht willkommen', tönte es sarkastisch in Sakuras Kopf. Es brauchte einen Augenblick, bis sie die kleine Sprechanlage links neben dem Tor fand. Sie drückte die Klingel und wartete.

„Wer sind Sie?", ertönte es unfreundlich aus dem Lautsprecher.

„Ist dies das Uchiha-Anwesen? Ich komme..."

„Verschwinden Sie. Wir kaufen nichts", unterbrach die Stimme Sakura unsanft und ein Knacken verriet ihr, dass die andere Person wieder aufgelegt hatte. Genervt drückte Sakura die Klingel erneut. ‚Das kann ja noch lustig werden...'

„Sie sollen verschwinden..."

„Mein Name ist Haruno Sakura. Ich komme vom...", erneut wurde Sakura unterbrochen.

„Verlassen Sie auf der Stelle die Einfahrt. Ansonsten sehe ich mich gezwungen die Polizei zu rufen." Die Person am anderen Ende der Leitung legte erneut auf. Innerlich schrie Sakura bereits auf. Was sollte sie nur machen, falls man sie nicht herein ließe? Tsunade anrufen? Zum Krankenhaus fahren? Sakura wollte noch einen letzten Versuch wagen, doch bevor sie überhaupt die Klingel drücken konnte, öffnete sich das Tor. ‚Vielleicht haben sie doch bemerkt, dass ich ihnen nichts verkaufen will', raunte ihre innere Stimme. Sakura betrat durch das Tor das Anwesen. Eine lange Auffahrt führte hoch zur Villa, wo ein Wagen vor dem Eingang stand. Sie war um ehrlich zu sein, vollkommen überwältigt von dem Haus. Natürlich hatte sie sich bereits vergleichbares vorgestellt, bei dem Ruf der Uchihas – doch dies... Sakura kam nicht weiter dazu, die Villa zu betrachten, da bereits zwei in schwarz gekleidete Männer auf sie zustürmten.

„Bleiben Sie auf der Stelle stehen", schrie der Blonde von beiden und als Sakura bemerkte, dass sie irgendeine Art von Waffe in der Hand hielten, ließ sie den Koffer zu Boden fallen und hob die Hände in die Luft. Doch das alles brachte nichts, denn im nächsten Moment lag sie bereits auf dem Boden und Jemand zog mit Gewalt ihre Arme auf den Rücken. Nachdem man ihr unter Protest Handschellen angelegt hatte, zog man sie auf die Knie.

„Sie haben sich unrechtmäßig Zutritt zu diesem Anwesen verschafft", schnauzte der Blonde sie an, „eine Klage wegen Hausfriedensbruch wird noch das Beste sein, was Ihnen passiert..."

Sakura, die jetzt erst begann zu realisieren, was gerade geschehen war, schluckte. „Mein Name ist..."

„Haruno Sakura", ertönte es hinter ihr. Perplex drehten sich Sakura, sowie die beiden Sicherheitsmänner um. Der Wagen der kurz zuvor noch vor der Villa gestanden hatte, hielt nun neben ihnen auf der Einfahrt. Die hintere Scheibe war herunter gelassen worden und Uchiha Sasuke sah die drei interessiert an. „So sieht man sich wieder, Haruno. Man könnte meinen, Sie tun alles dafür gefeuert zu werden."

Sakura schnaufte, ‚dämlicher Idiot. Wahrscheinlich genießt er das hier gerade in vollen Zügen.' „Ich versuche lediglich alles Mögliche, um den Menschen zu helfen. Was tun Sie?"

„Tss", entfuhr es Sasuke und er gab dem Fahrer das Zeichen weiterzufahren. „Einen schönen Tag noch, Haruno."

„Sie kennen Uchiha-sama?", fragte der rothaarige sie.

„Kennen ist vielleicht etwas übertrieben. Wir sind uns in den vergangenen Tagen mehrmals begegnet", raunte Sakura, „ich bin Ärztin. Das Krankenhaus schickt mich, ich soll nach Uchiha Itachi sehen." Die beiden Sicherheitsmänner sahen einander kurz an, worauf der rothaarige sein Smartphone herausholte und mit jemandem telefoniert. Der Wagen mit Sasuke war da bereits lange weg. Der Blonde löste die Handschellen und Sakura rieb sich ihre schmerzenden Handgelenke.

„Kommen Sie mit", die beiden führten Sakura die Einfahrt hoch und erst da bemerkte Sakura, das ihr Knie blutete. ‚Womit habe ich das nur verdient?' Die drei gingen an der Garage vorbei und gelangten durch eine unscheinbare Tür, hinter der Garage, in die Villa hinein. Die drei fanden sich in einem Raum wieder, der sehr nach einem herunter gekommenen Konferenzraum aussah. In der Mitte stand ein alter Tisch, darum gestellt zahlreiche Stühle, die alle irgendwie nicht zueinander gehörten. Hinter der Tür, an der Wand, stand ein Regal mit zahlreichen Körben, in denen die Angestellten ihre Sachen aufbewahrten.

„Warten Sie hier", sagte der Blonde zu ihr und verließ das Zimmer durch eine weitere Tür, der rothaarige blieb dort mit ihr zurück.

„Entschuldigen Sie bitte noch einmal, dass wir so grob zu Ihnen waren", sagte er nach einem Moment der Stille, „mein Name ist Sasori. Ich gehöre zum Sicherheitspersonal der Familie Uchiha." Sasori reichte Sakura die Hand, die leicht zögerlich einschlug.

„Und der Miesepeter, der da gerade verschwunden ist, ist Deidara", fuhr Sasori fort, „keine Sorge, seine Laune wird nicht mehr besser."

„Ich wäre nicht herein gekommen, wenn man mich hätte aussprechen lassen", sagte Sakura zu ihm, „aber ich bin an der Sprechlage gar nicht zu Wort gekommen..."

„Das kann ich mir gut vorstellen", antwortete Sasori, „Kisame ist dafür zuständig und naja, er ist im Laufe der Jahre ein guter Freund von Uchiha-sama geworden. Nachdem was geschehen ist, ist er überaus vorsichtig."

Was geschehen ist', diese Worte hallten durch Sakuras Kopf. Was war eigentlich geschehen? Sakura wusste zu diesem Zeitpunkt nur so viel: Jemand war in das Wochenendhaus der Familie Uchiha eingedrungen – warum auch immer – und hatte zwei Männer des Sicherheitspersonal getötet. Itachi wurde angeschossen, nur er hatte diesen Anschlag überlegt. Sie hatte in den letzten Tagen einen Blick in die Zeitungen geworfen und versucht mehr Informationen zu sammeln. Zwar hatten die großen Tageszeitungen darüber berichtet, dass Itachi schwer verletzt war, jedoch schrieb man, dass es sich dabei um einen Unfall handeln würde. ‚Vielleicht glauben sie, dass die Wahrheit der Firma oder ihrem Ansehen Schaden würden', dachte Sakura sich, ‚oder die Polizei nutzt dies, um dem wahren Täter irgendwie auf die Schliche zu kommen.'

„Dürfte ich Fragen, was eigentlich genau passiert ist?", fragte Sakura ihn und Sasori sah sie perplex an.

„Man hat Ihnen nicht gesagt, was geschehen ist?", fragte er und runzelte die Stirn, „das er angeschossen wurde, ist ihnen sicherlich klar. Es war ein Attentat, das..."

Weiter kam Sasori nicht, denn Deidara kehrte zurück und unterbrach ihn. „Das geht Sie nichts an, Sasori. Folgen Sie mir, Dr. Haruno."

Deidara führte sie aus dem Raum heraus, einen schmalen Gang entlang zu einer Treppe, wo eine stämmige Frau auf sie wartete. Sie trug eine Dienstuniform bestehend aus einem knielangen, schwarzen Rock und einer weißen Bluse. Die langsam grau werdenden Haare, hatte sie zu einem Knoten gebunden. Mit ihrer aufrechten Position, den zusammengekniffenen, aber starrenden Augen sowie der verhärteten Mimik erinnerte sie Sakura an Tsunade, wenn sie keine gute Laune hatte. Sie hielt ein Klemmbrett in der Hand.

„Sie sind drei Minuten zu spät", waren ihre ersten Worte an Sakura.

„Das ist unserer Überprüfung geschuldet", antwortete Sasori und schenkte Sakura ein Lächeln.

Die Frau warf Sasori einen abschätzigen Blick zu, „flirten kannst du in deiner Freizeit. Ihr zwei könnt nun gehen. Mit dieser halben Portion komme ich auch selbst zurecht." Ohne ein weiteres Wort verschwanden Sasori und Deidara darauf. ‚Jetzt weiß ich zumindest wer hier das sagen hat – abgesehen von den Uchihas', dachte Sakura sich und streckte der Frau die Hand aus.

„Mein Name ist Haruno...", weiter kam sie nicht, denn sie wurde direkt wieder unterbrochen.

„Ich weiß wer sie sind. Ich weiß, woher sie kommen und was sie hier wollen. Sie können sich sicher sein, dass ich mehr über sie weiß, als ihnen vielleicht lieb ist", raunte die Frau, „folgen Sie mir und versuchen Sie dabei keinen Lärm zu machen." Sakura folgte ihr die Treppe hoch in den ersten Stock, dort angekommen öffnete die Frau die Tür zu einem Gang. Dieser Gang war anders, als der im Erdgeschoss. Sicherlich dreimal so groß, licht geflutet durch die großen Fenster und mit einem eleganten Teppich auf dem steinernen Boden. Die Wände waren mit Stuck verziert und vereinzelt hingen dort Gemälde. Zudem befanden sich alle paar Meter große Vasen, mit zur Jahreszeit passenden Gestecken. In diesem Moment wurde Sakura der Unterschied klar. Dies hier war der Flur den die Uchihas benutzten, alles andere was sie zuvor vom Haus gesehen hatte, war für die Angestellten.

Die beiden gingen den Gang entlang und klopften an eine große Flügeltür. Für einen Augenblick tat sich nichts, dann öffnete ein Mann mit dunkel braunen Haaren und in der gleichen hellblauen Kleidung, wie Sakura sie sonst im Krankenhaus trug, die Tür. Er lächelte Sakura an. „Sie müssen die Ärztin sein, nicht?"