Schmerz.

Das war das erste was sie realisierte.

Bevor noch irgendein anderer Sinn sich bemerkbar machen konnte, spürte sie einen heftigen Schmerz den sie zunächst nicht lokalisieren konnte.

Ihre Lunge brannte und verlangte nach Sauerstoff aber der Schmerz war so groß, dass sich ihr ganzer Brustkorb zu einer steifen Form zusammenpresste.

Lichter flackerten vor ihren zugepressten Augen und sie hörte Geräusche, die viel zu weit weg erschienen.

Auf einmal spürte sie eine kalte Hand auf ihrer Stirn und eine herzzerreißende Melodie an ihrem Ohr.

"Es wird alles wieder gut, Lily."

Die Stimme war wie die schönste Musik die sie sich vorstellen konnte und auf einmal hob sich ihr Brustkorb und sie zog gierig die Luft ein, nach der ihr Körper flehentlich verlangt hatte.

Sie bemerkte eine Bewegung an ihrer Armbeuge, doch der Schmerz, den sie mittlerweile an ihrem Oberschenkel befindlich festgestellt hatte, übertönte alles andere.

Nur die Hand auf der Stirn blieb und Lily klammerte sich verzweifelt an der tröstenden Berührung fest.

Der Schmerz wurde zwar nicht weniger, aber es schien als ob ihr Körper tauber wurde.

Erst konnte sie ihre Augen öffnen und starrte in ein grelles Licht. Verwischte Bewegungen rechts und links verwirrten sie und sie brauchte erneut einige Sekunden um sich an das grelle Licht zu gewöhnen.

Die Stimme zischte Anordnungen die sie nicht verstand, aber sie brauchte sie auch nicht zu verstehen. Der Klang von ihr war genug um sie bei Bewusstsein zu halten.

Dachte sie zumindest, denn als ihr Körper immer tauber wurde, spürte sie die kühle Hand an ihrer Wange. Mit sanften Druck wurde ihr Kopf bewegt und die sanfte Stimme tauchte erneut neben ihrem Ohr auf.

Ihr besorgter Ton wurde nur beiläufig von ihr bemerkt.

"Sie müssen wach bleiben. Bitte."

Sie öffnete mit aller Gewalt ihre Augen, nicht etwa um den übermächtigen Drang des Schlafes zu entkommen sondern viel mehr aus Neugierde, wer der Eigentümer dieser Stimme war.

Ihr Blick suchte ziellos umher als sie an einer Gestalt hängen blieb. Sein Aussehen stand seiner Stimme um nichts nach und Lily fehlte erneut der Atem.

Auch wenn sie nicht gläubig war und der ganzen Religionssache nichts abgewinnen konnte, war sie überzeugt, dass dieses Wesen vor ihr ein Engel sein musste.

Vielleicht lag sie im Sterben, das würde zumindest den Schmerz erklären. Aber warum sollte sich ein Engel um sie bemühen? Kamen Atheisten nicht in die Hölle?

Sie starrte ihn mit weit geöffneten Augen an und bemerkte erst jetzt den fast verzweifelten Gesichtsausdruck der sich auf seinen engelsgleichen Gesichtszügen ausgebreitet hatte.

Seine blonden Haare wurden von der grellen Lampe erleuchtet, als hätte er einen Heiligenschein und Lily konnte ihren Blick nicht abwenden.

Erneut sagte er etwas zu ihr aber sie konnte es nicht verstehen. Ihre Lider wurden schwerer und sie spürte sich den Drang zu schlafen nachgeben.

Es war einfach zu verlockend, der Schmerz war beinahe ganz betäubt und mit dem Anblick der sich ihr bot hatte sie keine Zeit um überhaupt über die Angst vor dem Tod nachzudenken.

Die Gewissheit überflutete sie und sie sah nur noch schwarz. Die samtige Stimme bellte Kommandos die sie längst nicht mehr verstand und auf einmal war alles weg.