Es war schwer an ihrem Platz auf dieser Welt zu zweifeln, wenn man einem Engel gegenüber stand.
Auch wenn er es vehement bestritt, sie blieb bei ihrer aller ersten Vermutung, er war ein Engel.
Wie konnte er es auch nicht sein?
Sein Herz war gut, durch und durch.
Stumm zog sie ihn in die Hütte und sie war erleichtert, dass er sich nicht wehrte.
Ihre Finger berührten seine Haut und sofort breitete sich ein bekanntes Gefühl in ihrem Körper aus. Berührungen waren immer etwas besonderes gewesen, sie konnten zart und sanft sein oder auch hart und fordernd.
Carlisle konnte all das sein, auf seine eigene Art und Weise. Er hatte die Gabe, so viel damit auszudrücken. Alles andere hatte sich verändert, er sah etwas anders aus, ihre Sicht hatte sich dramatisch verbessert und nun erschien er ihr nicht mehr ganz so unwirklich.
Natürlich war er noch immer wunderschön, daran hatte sich gar nichts geändert. Carlisle war immer noch der schönste Mensch den sie je gesehen hatte und sie war sich sicher, dass er auch unter Vampiren unter den Top 5 zu finden war.
Seine Stimme klang auch anders, ihr verbessertes Gehör vernahm sie nicht mehr als Sirenengesang sondern normaler. Immer noch spürte sie die freudige Nervosität in sich aufsteigen, wenn er ihren Namen sagte oder flüsterte. Sein Duft war derselbe, aber sie konnte so viele andere Dinge riechen, sodass der Duft nicht mehr so herausstand. Der einzige Sinn, der sich nicht viel verändert hatte, war der, den man am schnellsten übersah.
Quälend langsam, fuhr ihr Zeigefinger seinem Unterarm entlang. Die Haut fühlte sich samtig und warm an, ihre Körpertemperatur war nun dieselbe und seine Haut war für sie nicht mehr der unnachgiebige Marmor. Sie spürte ein Zittern, und wusste nicht ob es von ihm oder von ihr kam.
Sie war immer aufgeregt gewesen, wenn sie ihn berühren konnte. Sie erinnerte sich noch an die Untersuchungen, als seine damals kalten Hände vorsichtig die geschwollene und verletzte Hauf abtastete. Sie erinnerte sich an die Stromstöße, die die Berührungen in ihr auslösten und ihre Dankbarkeit, dass keine Geräte mehr an ihr angeschlossen waren. Es dauerte nicht lang als er ihre Berührung erwiderte. Zögernd und vorsichtig, als würde er sich zum einen davon vergewissern müssen, dass sie hier war und zum anderen weil er einfach ein Gentleman war.
Er würde ihr immer die Möglichkeit geben, sich zurück zu ziehen. Als ob sie das je wollen würde.
Seine Zurückhaltung hielt nie lange und seine Berührungen wurden etwas fordernder, als würde er mehr benötigen, mehr von ihrer Haut, mehr von ihr. Die Worte, die sie nicht aussprechen konnten langen in ihren Fingern, sie fuhr seine Muskeln nach, seine Linien und Kanten, und jedes mal aufs neue war sie erstaunt, wie sehr sie sich veränderte.
Sämtliche Zweifel waren für einen Moment wie weggewischt und es war schwer nicht an das Schicksal zu glauben, wenn man über die blasse Haut von Carlisle Cullen fuhr.
Es dauerte nicht lange und sie fiel rücklings aufs Bett. Gierig zog sie ihn mit sich, nicht dass er sich wehren würde. Er war über ihr und hielt ein, kurz hatte Lily angst, er würde sein eigentliches Bestreben, mit ihr zu sprechen, wieder aufnehmen, aber als sie seinen hungrigen Blick sah, der ihrem Körper entlang glitt, atmete sie erleichtert auf.
Vorsichtig zog er seine Mundwinkel nach oben und er lächelte sie an. Es war so unschuldig wie verführerisch. Seine weißen Zähne blitzten hervor und sein Mund sah noch einladender aus.
Lily konnte nicht widerstehen nach ihm zu greifen, gierig streifen ihre Hände seinem Oberkörper entlang. Seine Muskeln darunter waren hart, zwar nicht wie die einer Statue von Achilles, aber hart genug um sich daran festzuhalten. Mit einem lauten Reißen, verschwand der teure Stoff der seinen Körper von ihrer Berührung trennte und Carlisle beugte sich zu ihrem Ohr.
Sein Atem war warm und seine Stimme rau, als würde er all seine Kraft brauchen um nicht die Kontrolle zu verlieren. Er flüsterte Worte der Liebe, der Zuversicht und Lily wollte nichts lieber als sie glauben. Es waren diese Momente, die sie alles vergessen ließen und sie wollte genau das.
Sie wollte vergessen und einfach nur sein.
Mit ihm.
Ein Arm schlängelte sich unter ihren Körper und strich ihren Rücken entlang. Genüsslich schloss sie die Augen und drückte sich gegen seinen Körper. Seine Lippen fanden ihren Hals und küssten ihn, vorsichtig, Zentimeter für Zentimeter. Als er an ihrer Narbe ankam hielt er kurz ein.
Die Haut war immer noch empfindlicher als der Rest doch Lily stellte zurfrieden fest, dass sie es nunmehr genoss von ihm dort berührt zu werden. Der Schmerz der Verwandlung war zwar nicht vergessen, wie könnte sie auch, aber er wurde von etwas weitaus besserem überdeckt-
Lust.
Ihre Gedanken verschwammen, in ihrem Kopf war nur er, sein Duft, seine Berührung, seine Lippen, seine Stimme, er war überall. Wie hatte er sich noch unter Kontrolle während sie ein einziges Häufchen Ekstase war?
Aber als ihre Hände seinen nackten Rücken entlang fuhren und der Atem in seinem Körper verblieb, wusste sie, dass er genauso am Ende war wie sie. Ein tiefes Grollen drang aus seiner Kehle, wild und ungezähmt. Es war eine Seite die er nicht oft zeigte, eine Seite die Lily so liebte. Sie wusste, er empfang es als Schwäche die Kontrolle zu verlieren doch Lily fand, es trug zur zu seiner Perfektion bei. War es seltsam, Perfektion in einem Fehler zu finden?
Wann das teure Gewand, was Alice ausgesucht hatte, von ihrem Körper verschwand, konnte Lily nicht mehr sagen, genauso wenig wusste sie, wer sich dem entledigt hatte.
Ihr Körper passte sich an seinen an, als wären sie zwei Puzzlestücke die endlich zusammen gefunden hatten. Lilys Hände verloren sich in seinem Haare und er raunte laut auf. Lily tat es ihm gleich, seine Haare waren noch immer so weich, so zart als wäre es die größte Sünde sie zu berühren.
Zu ihrem Glück war Lily nicht gläubig.
Seine Augen waren schwarz und voller Emotionen, es war so einfach sich darin zu verlieren und Lily konnte nicht anders als seinen Kopf zu ihrem zu führen. Gierig kostete sie von seinen Lippen und stöhnte auf, als er mit nicht weniger Leidenschaft antwortete. Es war als ob sie seinen Körper einfach berühren musste, als wäre er ein Rettungsanker und sie würde ertrinken. Seine Hände waren überall, fordernd und panisch berührten sie jeden Fleck Haut den sie hatte.
Seine Atmung beschleunigte sich, gierig zog er die Luft die er nicht brauchte ein und Lily bemerkte, dass sie das selbe tat. Sein Duft, seine Nähe, sein Körper, seine Bewegungen, es war alles zu viel und doch nicht genug.
Wäre es je genug?
Würde sie je genug davon haben?
Sie konnte es sich nicht vorstellen, zu viel empfand sie, zu sehr genoss sie es. Als seine Hand schließlich ihre fand und seine Finger sich verzweifelt um ihre wickelten, sein Körper keinen Takt mehr fand der genug war und Lily ihr Gesicht in seine Halsbeuge drückte, wusste sie, dass es nichts gab was je besser wäre.
Kein Blut der Welt, kein Abenteuer, kein Kampf war hiermit vergleichbar.
"Ich liebe dich.. so sehr." Seine Stimme war immer noch rau und sie konnte die Lust darin hören, die Verzweiflung, als ob er sicherstellen musste, dass sie ihm glaubte. Es war nicht notwendig, Lily konnte die Liebe spüren, in jeder seiner Berührungen. Sie wusste, dass er sie wollte, sie wusste, dass er sie fühlen musste. Sie kannte das Gefühl nur zu gut, denn sie spürte dasselbe. Sie war nicht perfekt, ihre Fehler waren schlimmer als die der anderen aber in diesem Moment, mit ihm, war sie vollkommen.
"Ich liebe dich, Carlisle."
Sein Lächeln war so ehrlich, so aufrichtig, dass ihre Augen brannten. Nichts war je schöner gewesen und nichts wird je schöner sein. Die Kluft in ihrer Seele, der Schmerz des Verlustes von Alex, ihrer Menschlichkeit, ihrer Verwandlung war überraschenderweise erträglich geworden. Sie würde die Welt sehen, aber sie würde es nicht alleine tun. Nach all dem Drama, konnte sie endlich an sich denken.
Die Familie Cullen würde wohl ein paar Jahre ohne sie auskommen können.
Dachte sie zumindest.
