Kapitel 2

Ihr Zimmer sah aus wie immer.

Die hellblaue Bettwäsche, der bunt gestreifte Bettvorleger, die Lampe mit dem gelben Schirm, ihr altes Stoffeichhörnchen auf dem Kopfkissen.

Alles wie immer.

Sogar Krummbeins Fauchen in der Transportbox. „'Tschuldigung." Der Riegel knackte, die Gittertür quietschte, der rostrote Halbkniesel stolzierte heraus. Schnüffelte an ihrem Schreibtischstuhl, strich um ihren Tisch herum, sprang auf das Fensterbrett.

„Ist alles in Ordnung, Mina?"

„Ja!", rief sie, noch bevor sie sich umgedreht hatte. „Alles bestens!"

Ihre Mum studierte ihr Gesicht. „Das Abendessen ist gleich fertig."

„Okay. Ich ähm – komme gleich runter und helfe, den Tisch zu decken."

Sie lächelte. „Es ist schön, dass du wieder da bist."

„Ich freu mich auch."

Ihre Mum stieg die Treppe nach unten, Hermines Herz purzelte ihr hinterher. Es war ein Kratzer, Mum! Nur ein Kratzer! Er ist längst verheilt, guck? Alles wie immer! Nichts passiert! Ihr Blick verschwamm.

Nein! Sie würde jetzt nicht weinen. Nicht, wenn -

Unten in der Küche sang ihr Vater 'My Girl', schief und falsch und viel zu laut und bestimmt schnappte er sich ihre Mum zum Tanzen, denn die lachte und schimpfte und lachte noch ein bisschen mehr.

Es war alles wie immer, nichts war passiert. Sie reagierte nur über.


Was wenn sie … einfach behauptete, sie würde bei Janice übernachten? Janice von früher. Ihre Freundin Janice aus der Grundschule. Janice, die nicht einmal wusste, dass sie hier war.

Dann … brauchte sie nur noch einen Ort, an dem -

Schluss damit! Die Bettdecke fiel knisternd auf den Boden. Sie war kein Werwolf! Sie würde sich nicht verwandeln! Nicht wegen eines lausigen Kratzers!

Aber was wenn doch?

Krummbeins leuchtende Augen beobachteten sie im Halbdunkel.

Sie hätte es jemandem sagen sollen. Sie hätte die Ferien woanders verbringen sollen, bis sie sicher war, dass nichts passiert war. In Hogwarts oder … woanders. Aber Madam Pomfrey hatte sie nicht danach gefragt! Und mit ein bisschen Diptam-Essenz war der Kratzer einfach verheilt.

Hatte es ihn überhaupt gegeben?

Sie schaltete das Licht ein und strich mit dem Finger über die Kante ihrer linken Hand. Hatte sie damit wirklich Lupins Biss abgewehrt? Hatte sie sich wirklich an seinen Zähnen verletzt? Vielleicht hatte sie es sich nur eingebildet. Es war alles so schnell gegangen. Vielleicht waren es sein Bein und seine Krallen gewesen. Das wäre nicht so schlimm, oder? In ihrem Buch stand, dass -

Sie stöhnte. Wo sollte sie bloß hin in der Vollmondnacht?

Sie hätte es jemandem sagen sollen.

Oder?


In jeder Ecke eine Erinnerung.

Da drüben hatte sie mit Janice einen toten Vogel gefunden.

Dort hatte sie geweint, nachdem Amanda sie eine Streberin genannt hatte.

Bei dem Baum hatte sie immer auf ihren Dad gewartet.

Auf der Wiese da hinten hatten sie in den Pausen fangen gespielt.

Und dort drinnen würde sie die kommende Vollmondnacht verbringen.

Hermine schluckte. Schon damals hatte es Pläne gegeben, mit der Grundschule umzuziehen. Jetzt hatten sie es offenbar getan. Ein großes Schild stand am Eingangstor, selbiges war mit einer Kette verschlossen. Aber die Mauer war niedrig, sie konnte hinüberklettern.

In eine Schule einzubrechen klang auch irgendwie nach etwas, das sie tun würde.

Ron würde sich totlachen.

Sie nicht.

Eigentlich war ihr eher schlecht bei dem Gedanken und die Straße auf und ab zu sehen, machte es nicht besser. Da waren so viele Leute …

Sie musste herausfinden, wann der Mond aufgehen würde. Wann sie hier sein musste, damit sie niemanden in Gefahr brachte, falls -

Warum hatte sie bloß niemandem etwas gesagt?

Weil du überreagierst! Weil du kein Werwolf bist und niemand wissen muss, dass du wegen eines Kratzers durchdrehst!

Richtig. Es war nichts passiert. Alles wie immer.

Wirklich.

Nächste Woche würde sie den Beweis bekommen.


Sachbeschädigung.

Hausfriedensbruch.

Unbefugtes Betreten von … was auch immer die Schule war. Vermutlich Privatgrundstück.

Besser als Mord …

Aber tausendmal schlimmer, als einfach zu Hause im Bett zu liegen.

„Scheiße!"

War es schon immer so laut gewesen, ein Fenster einzuschlagen?!

Was, wenn jemand die Polizei rief? Was, wenn die sie mitnahmen? Wenn sie sie einsperrten und sie sich doch verwandelte? Was, wenn sie sich verwandelte, bevor sie sie einsperrten?

Hatte da jemand gewimmert?

Oh. Das war nur sie selbst gewesen.

Sie zog die Nase hoch, stand vorsichtig wieder auf, sah sich nochmal um. Es war noch nicht ganz dunkel, jeder konnte sie hier sehen.

Wenn die voll belaubten Bäume sie hier nicht abschirmen würden.

Los jetzt, Feigling!

Mit einem zweiten Stein wischte sie die letzten Splitter aus dem Fensterrahmen, dann stieg sie auf den Handlauf der Kellertreppe und kletterte in die verlassene Schule. Die Scherben knirschten unter ihren Schuhen.

Und dann war sie taub bis auf ihr Atmen. Sie hielt die Luft an, lauschte. Stille. Keine Stimmen, keine Sirenen.

Gott sei Dank!

Der Lichtkegel ihrer Taschenlampe hüpfte im Gleichschritt, die Treppen waren dreckig von Putz, Staub und Spinnweben und je tiefer sie ging, desto kleiner fühlte sie sich.

Nur ein Kratzer, Mum …


„ ABCDEFG…"

War das wirklich das einzige Lied, das ihr gerade einfallen wollte?

Nein. Da war auch noch 'My Girl', aber das Lied brannte in ihren Augen und verschluckte ihre Stimme, also sang sie lieber das blöde Alphabet-Lied, den Blick starr auf den zitternden Lichtkegel vor sich gerichtet.

Wie würde sie es überhaupt merken? Würde es sein wie bei Lupin? Würde es ihren Körper verbiegen, ihr die Knochen brechen? Sie kniff die Augen zusammen, sinnlos gegen die Bilder in ihrem Kopf.

Ein Heizungsrohr presste sich hart gegen ihr Bein, ein weiteres in ihren Rücken. Wie spät war es? Spät genug? War es vorbei?

Sie hielt die Luft an, fummelte mit dem wilden wumm-wumm-wumm ihres Pulses an ihrem Ärmel herum, bis sie auf die Uhr sehen konnte. Nein. Nicht vorbei.

„… HIJK Elemnop …"

Wenn man sang, blockierte das das Angstzentrum im Kopf, hatte sie mal gelesen. Man konnte keine Angst haben, wenn man sang.

Was kam nochmal nach P?

„Ah!"

Die Taschenlampe klapperte zu Boden und erlosch, Hermine bog sich unter einem unsichtbaren Peitschenhieb durch.

Neinneinneinnein!

Noch einer.

Und ein weiterer.

Glas zerbrach in ihren Händen, ihrem Kopf, ihrer Seele.

Nur ein Kratzer, Mum!


Bevor alles zurückkehrte, träumte sie von einer Hand auf ihrem Kopf und dem Klang einer Stimme, die sich anfühlte wie warmer Honig auf ihrer Seele.

Die Realität hingegen hatte Stacheln. Das Sonnenlicht in ihren Augen, der Boden, die Trümmer des Tisches, auf denen sie lag – alles stach.

Scheiße …

Lupin hatte ihnen nicht erzählt, dass man nackt wieder aufwachte.

Und er hatte ihnen nicht erzählt, wie mies man sich fühlte. Als wäre nichts in ihrem Körper noch an seinem Platz. Als wäre sie krank. Oder gerade von den Toten wiederauferstanden.

Würde das immer so sein?

Nicht heulen! Aufstehen. Ihre Sachen suchen. Sich anziehen, sortieren, nach Hause gehen. Aber nicht heulen!

Sie zog die Nase hoch, wischte sich über die Augen und tat genau das. Eines nach dem anderen. So wie immer. Die mentale To do-Liste abarbeiten und am Ende würde sie sich besser fühlen. Sortiert. Aufgeräumt. Sicher.

Ihre Taschenlampe funktionierte noch, ihre Klamotten waren Fetzen. Der Rucksack mit ihren Wechselsachen für die Nacht bei Janice klemmte hinter dem alten Heizkessel; ihr brach ein Nagel ab, als sie ihn hervorzerrte.

„Autsch!"

Nicht heulen!

Atmen!

Die To do-Liste! Sie war noch nicht fertig.

Anziehen. Sortieren. Nach Hause gehen.

Und ganz wichtig: Nicht – heulen!


Das erste Mal kitzelte der Gedanke sie, als sie nach Hause kam.

Der Haustürschlüssel war kalt in ihren Fingern und glitt leise wie Butter ins Schloss – kein Vergleich zu dem Kanonenschuss eines Klickens, als sie ihn herumdrehte. Mit angehaltenem Atem horchte sie, aber mehr als das wusch-wusch-wusch ihres Pulses konnte sie nicht hören.

Weiter!

Schlüssel ans Brett, Tür schließen – und dann?

Wasser. Aspirin. Bett.

Genau.

Auf dem Weg hierher hatte sie entschieden, wie sie ihren Eltern nachher erklären würde, dass sie schon zurück war. Sie würde behaupten, Janice wäre krank geworden und deswegen sei sie früh am Morgen nach Hause gekommen. Ihr Vater würde sagen, er hätte sie doch abholen können, Hermine würde erwidern, dass es doch nur ein kurzer Weg gewesen sei, und ihre Mutter würde hoffen, dass es Janice bald wieder gutgehen würde. Und weil ihre Eltern jeden Tag so viele Menschen sahen, hatten sie noch nie gewusst, wie Hermines Freunde oder deren Eltern aussahen. Sarah und Christopher grüßten einfach jeden zurück, der sie grüßte, und begannen niemals ein Gespräch.

Und falls ihnen auffiel, dass Hermine mies aussah, würde sie einfach behaupten, sie hätte sich bei Janice angesteckt.

Ganz einfach.

Da kitzelte der Gedanke sie zum ersten Mal.


Das zweite Mal kitzelte der Gedanke sie, als sie wach im Bett lag.

Sie musste Professor Dumbledore schreiben. Sie musste ihm erzählen, was passiert war.

Würden er sie dann hier wegholen? Würde sie nach den Ferien nach Hogwarts zurückkehren dürfen? Oder würde Professor Dumbledore das Risiko nicht noch einmal eingehen?

Hatten Sirius und Lupin ihm erzählt, was sie damals getan hatten? Dass Lupin nicht in der Heulenden Hütte geblieben war? Würde man sie strenger bewachen? Oder könnte Snape für sie auch den Wolfsbanntrank brauen?

Würde er das für sie überhaupt tun? Er konnte sie nicht leiden.

Aber Lupin hatte er auch nicht leiden können und trotzdem …

Er würde es wohl tun.

Und dann? Würde Snape es für sich behalten? Er hatte Lupin schon mal verraten. Er hasste Lupin. Genug, um ihn vor Gericht und in Askaban sehen zu wollen?

Vielleicht …

Würde Dumbledore ihn davon abhalten können? Würde Snape sich abhalten lassen?

Oder würde Dumbledore selbst es dem Ministerium melden? Wie wütend war er auf Lupin?

Und sie? Wollte sie, dass Lupin vor Gericht kam?

Sie hielt die Luft an.

Nein. Nein, das wollte sie nicht.

Also vielleicht doch lieber keinen Brief schreiben?

Da kitzelte der Gedanke sie zum zweiten Mal.


Beim dritten Mal war es kein Kitzeln mehr.

Sie hatte sich vorsichtig auf die Seite gedreht, die Unterlippe fest zwischen ihre Zähne geklemmt. Wann wirkte die Aspirin denn endlich?

Okay. Ganz ruhig.

Kein Brief an Dumbledore. Aber wenn sie es Dumbledore nicht sagte, dann wenigstens Harry und Ron. Sie konnte das nicht allein tun.

Weg von mir, Werwolf!"

Hermine zuckte zusammen. Das hatte Ron gesagt, als er erfahren hatte, dass Lupin …

Würde er auf sie genauso reagieren?

Vielleicht …

Aber Harry nicht.

Oder?

Nein, er nicht. Er hatte auf Lupin auch nicht so reagiert. Er würde zu ihr halten.

Aber würde er sich für sie auch gegen Ron stellen?

Wollte sie, dass er das tat?

Wieder hielt sie die Luft an, bis das Pochen in ihrem Kopf zu schmerzhaft und das Brennen in ihren Augen zu stark wurde.

Nein. Sie schniefte. Nein, das wollte sie nicht.

Und da war der Gedanke kein Kitzeln mehr, sondern stand wie ein Neonschild vor ihrem geistigen Auge: Sie hatte ein Geheimnis.

Dass sie ein Werwolf war, das war ein Geheimnis. Niemand sollte es erfahren.

Niemand sollte sie – die Besserwisserin, die Streberin, das Schlammblut – ansehen und wissen, dass sie jetzt auch noch ein Werwolf war.

Niemand.


„Warum hast du nicht angerufen? Ich hätte dich abholen können."

„Es ist doch nicht weit, Dad."

„Das arme Mädchen. Hoffentlich geht es ihr bald wieder gut."

„Bestimmt, Mum."

„Du siehst auch ein bisschen blass aus, Schatz. Geht es dir gut?"

„Ich weiß nicht. Vielleicht hab ich mich angesteckt."

„Du hättest doch anrufen sollen."

„Ich komme schon zurecht, Dad."

„Ruh dich einfach ein bisschen aus. Vielleicht gehst du nachher nochmal ins Bett."

„Mach ich, Mum."

Ihre Eltern schrieben die Einkaufsliste, während Hermine ihr Porridge aufaß. Sie schenkte ihnen ein Lächeln zum Abschied, stieg die Treppe nach oben und bog ins Bad ab, als wäre das von Anfang an ihr Plan gewesen. Sie konnte hören, wie ihr Vater aus der Einfahrt zurücksetzte – im gleichen Moment, in dem sie die Trümmer ihrer einstigen Ehrlichkeit in die Toilette spuckte.

Es war recht schwer verdaulich, so ein Geheimnis.

Später sprang Krummbein vom Bett und stolzierte an ihr vorbei aus dem Zimmer.

Nicht heulen!

Er wusste doch gar nicht, worum es ging. Das alles war jetzt vielleicht hart, aber auf lange Sicht war es besser so. Sie würde sich daran gewöhnen, ihren Umgang finden und alles konnte bleiben, wie es war.

Nur ein Kratzer. Nichts passiert.


Sie sind sehr reif für Ihr Alter, Miss Granger, erwachsen und verantwortungsbewusst."

Das hatte Professor McGonagall gesagt, als Hermine am Ende des Schuljahres den Zeitumkehrer zurückgegeben und Muggelkunde von ihrem Stundenplan gestrichen hatte.

Reif, erwachsen, verantwortungsbewusst.

Und als reife, erwachsene und verantwortungsbewusste junge Frau konnte sie allein mit ihrem Problem klarkommen.

Snape hatte einen Trank für Lupin gebraut. Sie würde einfach mehr darüber herausfinden. Und üben. Wie schwer konnte das schon sein? Sie hatte den Vielsafttrank in einem Mädchenklo gebraut!

Sie brauchte bloß Literatur.

„Können wir morgen in die Winkelgasse gehen, um meine Schulbücher zu kaufen?"

In den Augen ihrer Eltern stand derselbe Horror wie in Rons, wenn sie die Studienpläne auspackte. „Geht es dir denn schon wieder gut genug dafür?"

„Sicher! War bestimmt nur eine Sommergrippe oder so. Nochmal schlafen zu gehen, hat mir wirklich geholfen." Das und Make-up. Vor allem Make-up. Eigentlich nur Make-up, ihr ging es beschissen.

„Und du … möchtest nicht lieber mit den Weasleys gehen?"

„Nein. Ich würde gern so früh wie möglich anfangen, mich vorzubereiten."

„Es sind Ferien, Hermine!", lachte er.

„Eben! Genug Zeit, um zu lernen. Also? Ihr könnt mich auch einfach absetzen und ich gehe allein …"

Ihre Eltern seufzten. „Nein, schon gut, Schatz."


„Ich brauche es für einen Aufsatz, freiwillige Arbeit …"

„Aha." Die offenen Schuhe des Verkäufers bei Flourish & Blotts schleiften bei jedem Schritt über den Boden. „Da!" Der Finger, mit dem er auf das Regal deutete, war schmutzig. War das Tomatensoße?

„Äh … danke." Nicken und lächeln.

Mir das Buch schnappen wie Gollum den Ring, sobald er weg ist.

Und …

hart auf den Boden der Realität aufschlagen.

Von den … siebenundzwanzig verschiedenen Zutaten, die das Buch auflistete, kannte sie gerade einmal fünf, von drei weiteren glaubte sie, schon mal gehört zu haben.

Schritt zwei der Zubereitung beinhaltete arithmantische Kalkulationen, deren Herleitung sie nicht einmal verstand.

In Schritt drei wurden Zauber für die Zubereitung benötigt, von denen sie überzeugt war, dass Hogwarts sie nicht lehrte.

Und Schritt dreizehn brauchte ein spezielles Instrument, von dem sie wusste, dass es mehrere Hundert Galleonen kostete.

Gebraucht.

Hatte sie sich wirklich etwas auf den Vielsafttrank eingebildet?

„Hermine? Bist du fertig?"

Sie klappte reflexartig das Buch zu und wirbelte zu ihrer Mutter herum. „Ja! Sicher."

Die lächelte wacklig, den Korb mit ihren Schulbüchern in der Hand. „Das da auch?"

Hermine sah hinab auf das Buch in ihren Händen. Sollte sie es trotzdem kaufen?

Was hatte sie schon zu verlieren?

„Ja."


Bis Ron sie einlud, hatte Hermine das Buch schon zweimal durchgelesen, war aber zu keinem anderen Schluss gekommen als bei Flourish & Blotts. Dieser Trank war aufwändig, kompliziert und viel zu teuer.

Snape ist wirklich ein Künstler …

Aber sie musste ohne ihn zurechtkommen. Und deswegen konnte sie nicht am 20. August in den Fuchsbau gehen.

„Warum nicht?" Ihre Mutter war vollumfänglich über den Inhalt des Telefongesprächs informiert, weil Ron so laut in den Hörer geschrien hatte, dass die Leitung zwischen ihnen optional gewesen wäre.

„Ich hab", begann Hermine und zog überreizt die Schultern hoch. „Ich hab am 21. schon was vor. Eine Lesung. Von einem Autoren, den ich mag. Magisch. Hier um die Ecke. An einem … geheimen Ort. Die Weltmeisterschaft ist doch sowieso erst am 25."

„Es gibt hier geheime Lesungen von magischen Autoren?"

„Ja!"

„Spannend. Was für ein Autor ist das denn?"

„Ähm …"

„Sarah?", rief ihr Vater von der Terrassentür aus. „Weißt du, wo die Rosenschere ist?"

„Im Schuppen!"

„Da ist sie nicht!"

Sie stöhnte. „Ich komme!"

Das war knapp!

Hermine linste um die Ecke in den Garten, bevor sie ihre Tasche holte. „Ich bin unterwegs!", rief sie und flüchtete.

Bis heute Abend würde ihre Mum das hoffentlich vergessen haben.


Das Problem war: Es gab keine Lesungen, die die ganze Nacht dauerten, magisch oder nicht. Aber irgendwie musste sie entweder sich oder ihre Eltern am 21. aus dem Haus bekommen, ohne Verdacht zu erregen.

Krummbeins Blick folgte jedem ihrer Schritte, hin und zurück, hin und zurück. „Sieh mich nicht so an!"

Er grollte.

„Es geht nicht anders!"

Seine gelben Augen waren voll des Widerspruchs.

„Ach, lass mich in Ruhe."

Der Garten lag unter ihr wie eine Welt, die ihr mehr und mehr entglitt. Ihr Vater, sein Lieblingssonnenstuhl, das aufgeknöpfte Hemd, die Sonne in seinem Gesicht. Ihre Mutter, der Eistee, ein Kuss kopfüber, ehrliches Vertrauen. Wenn sie es zu berühren versuchte, stießen ihre Finger gegen Glas.

Deswegen musste sie die beiden irgendwie aus dem Haus kriegen. Sie musste sie schützen. Vor sich. Vor der Wahrheit.

Wie ein Alien nach ausgiebigen Studien betrat sie schließlich mutig diese Welt und imitierte das Verhalten ihres Vaters.

„Du hier?"

„Ha ha."

„Wird auch Zeit, du siehst aus wie ein Vampir." Er stockte. „Du bist kein Vampir, oder?"

„Ich liege in der Sonne, Dad."

„Richtig." Er ließ sich zurücksinken.

Das war erschreckend knapp daneben gewesen! „W-Weißt du, wo ich neulich vorbeigelaufen bin?"

„Na?"

„Am Olive Paradies."


Es hatte funktioniert! Wie Magie, nur ohne Zauberstab.

Eine Andeutung hier, eine Überlegung dort und ihr Vater hatte ihre Mutter gefragt, ob sie nicht mal wieder ins Kino und anschließend in ihr Lieblingsrestaurant gehen wollten.

Alles seine Idee!

„Und du kommst bestimmt allein zu deiner Lesung und hinterher wieder nach Hause?"

„Natürlich, Mum! Ich bin doch kein kleines Kind mehr."

Ihre Mutter seufzte. „Aber mein Kind." Ein Kuss auf den Kopf.

Ein falsches Lächeln, keine Luft.

„Pass auf dich auf, ja?"

„Mach ich."

„Ich hab dich lieb."

Wir!", rief ihr Dad von der Tür.

„Ich euch auch. Aber seid leise, wenn ihr nach Hause kommt!" Schaut bloß nicht in mein Zimmer!

„Werden wir."

Dann fiel die Tür zu.

Zehn Minuten.

Ihre Fingernägel bohrten sich in den Umschlag des Buches, das sie zu lesen vorgegeben hatte.

Acht Minuten.

Sie waren bestimmt schon um die nächste Ecke.

Sechs Minuten.

Ruhig, sie hatte noch Zeit. Atmen, ganz ruhig atmen.

Fünf Minuten.

War der Sekundenzeiger schon immer so langsam gelaufen?

Drei.

Zwei.

Sie sprang auf die Füße, flog die Treppe nach oben und ignorierte Krummbeins Fauchen, als sie die fertig gepackte Tasche unter ihrem Bett hervorzog.

Sah sich draußen um. Niemand.

Und sprintete los.


Die Sonne brüllte.

Das hatte sie mal gelesen.

Der einzige Grund, warum man es nicht hören konnte, war das Vakuum des Alls, das die Erde isolierte.

Aber sie brüllte, während sie verbrannte.

Und niemand hörte es.

Genau so ein Vakuum gab es zwischen ihrer Seele und dem Wolf – und in dieser Nacht war Hermine Ikarus, obwohl die Sonne gar nicht schien.

Er brüllte.

Sie heulte.

Und niemand hörte es.

Alte Möbel zerbrachen unter ihren Krallen wie Streichhölzer; Fenster, Wände, alles barst.

Hunger!

Tobte in ihr wie ein lebendiges Wesen. Wie ein Parasit. Fraß sich durch ihren Körper, bis sie ihren Körper fraß.

Also biss und kratzte ich mich selbst."

Lupin! Sein Lächeln, seine Leichtsinnigkeit, ihr ruiniertes Leben. Sie brüllte ihn an, brüllte sich an, brüllte.

Und heulte, jaulte. Schmeckte Blut. Schüttelte den Kopf und rammte ihn gegen die nächste Wand, die einfach in sich zusammenfiel.

Die Trümmer trudelten zu Boden und Hermine fort von da oben, zurück ins Vakuum, das sie von dem Wolf isolierte. Mit ihren geschmolzenen Flügeln war der Aufprall im Bodenlosen hart.

Sie weinte. Und nicht einmal sie konnte es hören.

Stille.

Und Dunkelheit.

Und dahinter das Flüstern der Realität wie Polarlichter in rot und schwarz.

Monster.


Und dieses Monster hatte Krallen.

„Ah!" Scheiße … Die ersten Sonnenstrahlen krochen ins Gebäude, genug, dass sie die tiefe Kratzwunde am Oberschenkel erkennen konnte. Und den Biss an ihrem Oberarm. Lupin hat nicht übertrieben …

Was sollte sie jetzt tun?

Was, was, was?

Okay, ruhig. Die To do-Liste: Aufstehen, anziehen, nach Hause gehen.

Taschentücher auf die Wunden, vorsichtig ihre Jeans anziehen. Und die Schuhe … Hatte sie sich den kleinen Zeh gebrochen?!

Millimeter für Millimeter … Dann der letzte Ruck. „Scheiße!"

Nicht heulen!

Umweg über das Mädchenklo, aber ihr Gesicht war okay. Blass, Augenringe, eingefallen, aber unverletzt. Und gleich nachdem der Schwindel, der sie dazu zwang, sich auf den versifften Boden zu hocken, wieder nachgelassen hatte, machte sie sich humpelnd auf den Heimweg.

Um kurz nach sechs schloss sie die Haustür. Nur kurz hinsetzen …

Um halb sieben schrak sie aus dem Schlaf.

Um kurz vor sieben vermutlich auch ihre Eltern, weil sie die Dusche anschaltete.

Das lauwarme Wasser tat fast nicht weh auf den Wunden.

Das Desinfektionsmittel schon.

Aspirin, ganz viel Aspirin.

Jodsalbe.

Pflaster.

Ein langärmeliges Shirt, hochgekrempelt.

Rouge von ihrer Mum.

Und ein falsches Lächeln.

Die Lesung war wundervoll, Mum!

Ich wünschte, du hättest dabei sein können, Dad!

Und ganz wichtig: Nicht heulen!


Bei den Weasleys im Bad fand sie Diptam-Essenz.

„Gib mir das wieder, Fred!"

„Ohhh, armes Ginny-Baby! Hat dein böser Bruder dir dein Tagebuch geklaut?"

Die Stimmen polterten die Treppe hinab.

Sie hatte abgeschlossen, oder?

Ja.

Vorsichtig, vorsichtig. Das Pflaster löste sich quälend langsam von den Wunden.

Nicht heulen, nicht stöhnen, weitermachen!

Mit jedem Tropfen der klaren Flüssigkeit ließ der Schmerz nach.

Aber es blieben Narben zurück.

„Scheiße!" Tiefrot, erhaben, beinahe so lang wie ihre Handfläche. Was sollte sie denn jetzt tun? War ihr Schulrock überhaupt lang genug, um das zu verdecken? Sie brauchte blickdichte Strumpfhosen.

Und etwas Besseres als Diptam.


„Gehen wir vor Schulbeginn nochmal in die Winkelgasse, Mrs Weasley?" Der Berg Kartoffeln, vor dem sie stand, war so groß, dass Hermine sich im Affekt ein Messer schnappte und anfing, auch welche zu schälen.

„Hast du deine Schulbücher etwa noch nicht, Liebes?"

„Doch, aber ich habe vergessen, mir neue Schreibfedern zu kaufen. Ich kann sonst aber auch allein über den Kamin gehen, es dauert ja nicht lange."

„Nein, nein, schon gut, Arthur kann morgen mit euch gehen. Ron will auch nochmal hin, irgendein Quidditch-Buch oder so …"

„Danke!"

Sich kurz wegzuschleichen, würde sie hinkriegen.

Ein Problem gelöst, blieben noch …

Zu viele.


Murtlap-Essenz. Das war es, was sie brauchte.

Aber die Apotheke hatte keine mehr da. „Nächste Woche bekommen wir eine neue Lieferung."

Zu spät. „Dann bitte eine Flasche Diptam-Essenz." Lieber Narben als offene Wunden.

Aber Madam Malkin hatte Strumpfhosen und Flourish & Blotts eine Packung Federn, die groß genug war, um das alles darunter zu verstecken.

„Da bist du ja, Hermine! Wir haben dich schon gesucht."

„'Tschuldigung! Die Schlange bei Flourish & Blotts war so lang …"

„Habt ihr dann alles, Kinder?"

„Ja, Dad."

Im Gänsemarsch liefen sie los in Richtung des Tropfenden Kessels. Nur Harry fiel zurück. „Ist alles okay?"

Ob alles okay ist? Warum fragst du mich das, Harry? Ahnst du was? Sieht man es mir an? Wie kommst du darauf, mich das zu fragen? Du fragst mich nie so etwas! Warum tust du es jetzt, Harry? Warum?

„Ja! Was sollte denn nicht okay sein?"

Sein Schulterzucken sah anders aus als sonst, oder? Und wie er sie ansah …

„Du siehst müde aus."

„Oh … Wirklich? Das ist nichts. Ich hab nur zu viel gelesen in den letzten Nächten. Die neuen Bücher, du weißt schon …"

„Hm."

Sieh mich nicht so an, Harry!

Bitte glaub mir doch!

„Hey, Harry! Sieh dir das an!"

Danke, Ron!


Todesser.

Muggel, kopfüber schwebend.

Willst du vielleicht mitten in der Luft dein Höschen vorzeigen?"

Nein, Malfoy, niemand will das und ein Riesenspaß ist es nur für Arschlöcher!

Idiot!

Wie er wohl über den ehemaligen Auror als Lehrer dachte.

Oder über das Trimagische Turnier …

Hermine drehte sich im Bett herum, aber Lavenders Schnarchen war in jeder Position gleich laut.

Noch mehr Schüler im Schloss.

Sie war geliefert, wenn sie keinen Ort fand, an dem sie sich verwandeln konnte.

Vielleicht doch die Heulende Hütte. Was Professor Dumbledore für sicher befunden hatte, würde wohl funktionieren.

Wenn sie bloß einen Isolationszauber nutzen könnte … Was, wenn es die Runde machte, dass die Heulende Hütte plötzlich wieder heulte? Nach all den Jahren …

Was, wenn jemand nachsehen kam und dann ihr gegenüberstand?

Aber sie konnte dort oben nicht zaubern, ohne das Ministerium auf den Plan zu rufen. Sie musste es so wagen. Es hatte schließlich schon einmal funktioniert. Vielleicht hatte sie Glück …

Als ob! Sie rollte sich zusammen.

Und sie musste anfangen, ab und zu eine Nacht lang zu verschwinden. Abseits vom Vollmond. Wenn James und Sirius es durchschaut hatten, würden Harry und Ron das auch.

Aber wohin sollte sie dann gehen?

Ihr würde etwas einfallen.

Morgen.


„Du willst jetzt noch in die Bibliothek?"

„Ja, Ron. Manche von uns legen Wert auf ihre Noten!"

„Und manche von uns legen Wert auf Hauspunkte! Lass dich nicht von Snape erwischen."

„Es ist noch Zeit bis zur Sperrstunde."

„Nicht für dich, wenn du in der Bibliothek bist."

„Touché. Ich pass auf."

Hauptsächlich auf Harry, der sie still beobachtete, bis das Portrait der Fetten Dame hinter ihr zuklappte.

Bitte warte nicht auf mich, Harry, bitte!

Flur, Treppe, Flur, Flur, Treppe, Eingangshalle, raus. Die Luft schmeckte nach Regen und Schmerz, die Peitschende Weide sah größer aus als vor ein paar Monaten.

Und wütender. Sie schlug die Steine, die Hermine magisch auf den Knoten fallen lassen wollte, einfach fort. Mit einem traf sie sie beinahe am Kopf.

Verdammte Scheiße! Ihr lief die Zeit davon!

Bis Krummbein ihr half.

Er kam über die Ländereien auf sie zu marschiert, als wären sie verabredet gewesen, und huschte hakenschlagend zwischen den Ästen der Peitschenden Weide hindurch, bis er die Pfoten auf den Knoten am Fuß des Baumes pressen konnte.

Hermine sah sich nach links und rechts um. Los! „Danke", murmelte sie ihm zu und verschwand im Tunnel.

Angekommen zog sie sich aus, verstaute ihre Sachen und wartete.


Holz … war überraschend schmerzhaft, wenn es in der eigenen Wade steckte.

„Scheiße, scheiße, scheiße!"

Sie musste es rausziehen.

Oder?

Ja.

Okay, okay … Ich kann das.

Eins.

Zwei.

„Ahh!"

Nicht ohnmächtig werden!

Atmen! Nur atmen!

Okay.

Diptam-Essenz uuund … keine Narbe. Halleluja …

Bestandsaufnahme vor einem uralten Spiegel. Blaue Flecken, Schrammen, das übliche.

Sie konnte das.

Musste.

Unter anderem im Tunnel zweimal anhalten. Ugh, ich brauche Tränke. Irgendwelche, die … Einfach Tränke.

Um halb sechs stieg sie unter die Dusche. Um sechs maulte Lavender sie an. Um halb sieben war sie im Krankenflügel. Zwei Minuten später wusste sie, dass Aufpäppeltrank nicht half.

Also Bibliothek.


„Hier bist du!"

Scheiße!

„Hast du überhaupt geschlafen heute Nacht?" Der Stuhl ächzte unter Rons Gewicht, das wie ein nasser Sack auf ihn fiel.

„Natürlich." Nicht. „Madam Pince schließt die Bibliothek nachts zu."

„Was liest du da?" Harrys Zahnpasta-Atem streifte ihre Wange.

„Zaubertränke. Ich hatte so eine Idee …"

„Was für eine Idee?"

„Entweder", schnitt Madam Pinces Stimme durch das Gespräch wie gut gezielter Diffindo, „sind Sie jetzt still oder Sie verlegen Ihre Diskussion woanders hin!"

„Ja, Madam Pince." Wie aus einem Munde.

Eine Lüge aus Harrys: „Also, was für eine Idee?"

„Erzähl ich euch später, wenn ich mehr darüber weiß." Sie floh zur Ausleihe.

Warum hatte sie nicht besser auf die Uhrzeit geachtet? Sie wusste doch, wann die Jungs aufstanden! Und was für eine Idee sollte sie schon gehabt haben, die sie morgens vor dem Frühstück in die Bibliothek trieb? Die beiden würden keine Ruhe geben, bis sie ihnen eine Erklärung servierte.

Vorher allerdings servierte Ron ihr etwas: „Ich hab dir ein paar Sandwiches mitgebracht."

Allein der Anblick der durchweichten Serviette drehte ihr den Magen um, der Geruch von gegrillten Tomaten gab ihr beinahe den Rest. „Danke …" Sie musste hier weg. Sofort! „Bis später dann, Jungs!" Ein Hoch auf Arithmantik!


„… und ich dachte, wenn ich das Zweihornhorn mit dem Vernebelungszauber kombiniere und beides rechtzeitig in den Trank gebe, dann könnte -"

„Lass gut sein, Hermine, wir haben vor fünf Minuten den Faden verloren."

„Wann fällt dir so was ein?"

„Wenn ich nicht einschlafen kann." Mit den Schultern zucken, verlegen lächeln und – Bingo! Kollektives Kopfschütteln, zurück zu Quidditch.

Zum Glück hatten die beiden keine Ahnung von Zaubertränken, denn nichts, was sie gesagt hatte, hatte auch nur den geringsten Sinn ergeben. In ihrem pochenden, übermüdeten Kopf war einfach kein Platz mehr für Sinn.

„Hermine?"

„Was?"

„Ich hab gefragt, ob wir Schach spielen wollen."

„Oh. Nein. Ich glaub, ich geh ins Bett." Sie verschwand, bevor die beiden Fragen stellen konnten.

Ihr Kissen roch wie honigsüßer Tee an einem warmen Tag und noch ein paar andere verträumte Ideen, die im Sumpf ihres Nach-Vollmond-Katers verendeten, bevor sie Worte dafür fand. „Accio Waschlappen! Aguamenti!" Sie stockte, Wasser tropfte von ihrer Hand. Wie ging noch gleich der Kältezauber? Eben hatte sie es doch noch … Ach ja. „Gelidus!"

Merlin, sie brauchte irgendetwas gegen diesen Zustand. Periode war schon erbärmlich genug, sie konnte nicht zweimal im Monat leiden.

Aber ihre Recherche hatte nichts ergeben. Kein Trank. Keine Hilfe für Werwölfe.


Aber selbst an die üblichen Tränke war kein Herankommen.

„Warum dürfen wir nicht allein ins Dorf gehen? Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr …"

„Kein Erfolg bei McGonagall?"

„Offensichtlich nicht!" Ron zuckte unter dem lauten Schlag ihres Buches zusammen.

„Warum ist dir das so wichtig? Brauchst du noch mehr Bücher?"

Das Grinsen der Jungs fiel wie ein Funke auf Hermines Strohbett aus Wut. „Es geht nicht um Bücher! Ich bin es einfach nur leid, mich wie eine Gefangene zu fühlen! Es ist nicht mal ein Kilometer bis ins Dorf!"

Seamus' Stuhl knarrte, als er ihn auf zwei Beine kippte und sich zu ihnen lehnte. „Da war diese Sache mit den Todessern beim Quidditich-Finale, weiß nicht, ob du's mitbekommen hast …" Auch er tauschte ein Grinsen mit Harry und Ron.

Klugscheißer! „Letztes Jahr war da diese Sache mit dem Serienmörder. Das hat auch niemanden aufgehalten."

„Meine Güte!", tauchte Lavender hinter ihrer Hexenwoche auf. „Wenn du so dringend was brauchst, dann bestell halt per Eule und hör auf, uns zu nerven!"

Eine Pergamentseite zerriss unter Hermines fahrigen Fingern, ihr Stuhl kippte beinahe nach hinten um. „Ich hör auf, sobald du es tust!" Den Gemeinschaftsraum leise zu verlassen, war danach ein Ding der Unmöglichkeit.


Lavenders Rat nicht zu befolgen, ebenfalls.

„Fünf Galleonen Liefergebühr? Das sind 25 Pfund!" Die Eule piepste. „Schon gut, ich bezahle ja." Und damit war diese erste Bestellung auch ihre letzte – und das für zwei Schmerztränke, Murtlap-Essenz und einen Stärkungstrank, den sie hätte selbst brauen können. Wenn sie ein Labor gehabt hätte. Und Zutaten. Und ein Destilliergerät. „Halsabschneider", murrte sie der Eule hinterher.

„Du solltest -"

Heilige Scheiße! „Ginny!"

„- die Apotheke in Hogsmeade anschreiben. Die nehmen keine Liefergebühr."

„Was tust du hier?" Die kleine Kiste mit den Tränken war hart an ihrer Brust. „Und … die Apotheke in Hogsmeade liefert?"

„Einen Brief verschicken, was sollte ich sonst in der Eulerei wollen? Und ja, sonst hätte ich es nicht gesagt. Pigwidgeon, hierher!" Die winzige Eule kam aus dem Nichts angeschossen, Hermine ließ beinahe ihre Bestellung fallen. „Nicht so stürmisch!", lachte Ginny und versuchte vergeblich, ein Bein zu fassen zu bekommen.

„Ich ähm … geh dann mal. Danke für den Tipp!"

Es war eine Flucht und erst zwei Treppen später schaltete ihr Gehirn sich wieder ein.

Hätte ich sie bitten sollen, das für sich zu behalten?

Nein. Viel zu auffällig.

Oder?

Nun, es war zu spät. Beweise verstecken und hoffen, dass es das wert gewesen war.


„Was zum …" Warum war sie im siebten Stock? Die Treppe sollte … „Verdammt!"

Blick zur Uhr, vierzehn Minuten, Treppe runter.

Siebter Stock.

„Nein, nein, nein … Ich muss nach unten! Nach unten!"

Andere Treppe runter, Blick zur Uhr, zwölf Minuten – siebter Stock.

Was zum Teufel …? Was passierte hier? „Ich muss nach unten, sofort, ich muss hier raus, ich muss raus …" Ein konstantes Flüstern, besser als Tränen. Sie musste raus, sie musste in die Heulende Hütte, sofort!

Blick zur Uhr, zehn Minuten, nächste Treppe runter – sechster Stock.

„Merlin sei Dank!"

Gänge flogen an ihr vorbei, Bilder, Fenster, Rüstungen, Türen, Treppe runter, noch ein Gang, die nächste Treppe und Treppe und Treppe und – dritter Stock, sechs Minuten.

„Scheiße!" Was beinahe Tränen waren, wirklich nur beinahe, aber -

Genug, um zu stolpern.

Der harte Boden war erbarmungslos, etwas knirschte, vermutlich ihre Zähne, als sie sich den Aufschrei verkniff.

Weiter, weiter!

Zweiter Stock … erster … vier Minuten.

Die Professoren McGonagall und Sinistra blockierten die Eingangshalle. Geht weg! Bitte, bitte geht weg …

Zwei Minuten und noch der ganze Weg bis zur Weide.

„Scheiße, scheiße, scheiße …"

Weiter!

Raus aus dem Schloss, direkt zur Weide, schneller, schneller! Die Zeit, sie -

Der erste Peitschenhieb der Verwandlung warf sie brutal zu Boden.

Nein!


Der Himmel war am Boden, die Erde über ihr. Der volle Mond lachte sie aus, sie konnte es hören, aber ihn nicht sehen. Ihre Knochen knackten, brachen, Stoff zerriss, das Monster drängte sie ins Vakuum.

Nein! Neinneinnein!

Das durfte nicht passieren! Sie musste es kontrollieren!

Aber ihre eigenen Klauen waren nicht spitz genug, um sich oben zu halten. Sie kämpfte umsonst, riss tiefe Kratzer in die Dunkelheit, rang um jeden Zentimeter auf dem Weg nach unten.

Bis andere Klauen das Monster bändigten.

Das Brüllen war gewaltig, ohrenbetäubend. Das Monster hörte auf, sie fortzudrängen, Hermine schwebte ein Stück empor und sah …

… einen anderen Wolf.

Merlin … Wer war das? Etwa Lupin?

Er grub seine Zähne in ihre Schulter, zerrte sie in Richtung der Weide, deren Äste wie aus dem Nichts innehielten.

Krummbein! Ganz kurz konnte sie ihn sehen.

Dann Dunkelheit. Der andere Wolf schleifte sie in den Tunnel.

Ja! Bitte …

Weiter, weiter, schob, drängelte, biss, fauchte. Das Monster hatte keine Wahl, es musste vorwärts, kein Weg zurück, keine Baumwurzel stark genug, kein Platz, um sich zu drehen. Weiter, weiter …

Das Monster glitt aus dem Tunnel wie ein Korken aus einem Flaschenhals.

Und dann war sie Aug in Aug mit einem fremden Werwolf.


Fell, Knochen, gleißend rote Wut wie ein Sonnenuntergang hinter einem brennenden Wald.

Ein Jaulen, nicht nur von ihrem Monster.

Blut.

Er bringt mich um!

Vielleicht auch besser so …

Sie hörte auf, sich gegen das Vakuum zu wehren. Glitt tiefer. Diesen Kampf konnte sie nicht gewinnen.

Aber hören. Brüllen, Jaulen, Knurren und Fauchen, zersplitterndes Holz und Glas und vermutlich ein paar Knochen.

Wer war das?

Stille.

Hermine horchte. Tastete sich zurück nach oben und -

Der andere Wolf lag auf ihr, die Zähne tief in ihren Nacken gegraben.

Nicht Lupin.

Lupin hatte vor Sirius gekauert. Dieser Werwolf kauerte nicht. Vor niemandem.

Blackout.


Ein Ruck, ein Keuchen, halb auf den Füßen. Halb – weil sie nackt war.

Vor Nicht-Lupin.

Der Snape war.

Scheiße.

Snape war ein Werwolf? Seit wann? Was hatte sie übersehen?

„Sind Sie eigentlich von allen guten Geistern verlassen, Miss Granger?"

Nein, aber von Kleidung. Warum war er wieder angezogen, während sie nackt vor ihm kauern musste?

„Kam Ihnen zu keinem Zeitpunkt der Gedanke, dass es eine dumme Idee ist, niemanden über Ihren Zustand zu informieren?"

Wo waren ihre Sachen überhaupt? Etwa immer noch auf den Ländereien? Wenn er seine Klamotten geholt hatte, hätte er dann nicht auch ihre mitbringen können?

„Dass Sie alle hier in Gefahr bringen mit Ihrer Leichtsinnigkeit?"

Aber er hatte einige ihrer Wunden versorgt. Sein Wolf hatte ihren hart angepackt. Nacken, Flanke, mindestens ein gebrochenes Bein. Aber das Einzige, was wehtat, war ihre Schulter. Abgesehen natürlich vom üblichen Nach-Vollmond-Kater. Ugh …

„Sind Sie wirklich so dumm zu glauben, dass Sie das allein regeln können?"

Wie bitte?!

Dumm? Hatte er sie eben wirklich dumm genannt? Nachdem das scheiß Schloss sie nicht nach draußen gelassen hatte? Nachdem sie so aufgepasst hatte? Nur weil Lupin diesen scheiß Trank nicht genommen hatte?

Arschloch!

„Und Sie, Sir? Weiß jemand, dass Sie ein Werwolf sind?"


Auf ihre Frage folgte eine Stille, tiefer als Snapes Augen.

Sein „Wie bitte?" zerriss sie jedoch wie Pergament.

Oh, Sie haben mich schon verstanden. „Oder hat Remus Lupin Sie auch erst vor dem Sommer erwischt?" Am liebsten wäre sie aufgestanden und hätte ihre eins achtundfünfzig wie zwei Meter aussehen lassen. Sie war kein kleines Mädchen mehr. Und ganz bestimmt nicht dumm! Aber unglücklicherweise immer noch nackt. Und am Erfrieren.

„Sie täten besser daran, zumindest Ihre Zunge im Zaum zu halten, Miss Granger."

Den Teufel werde ich! „Aber nein, Lupin war gar nicht mehr in Ihrer Nähe, nachdem er sich verwandelt hat. Er war nämlich in meiner Nähe." Das Knacken des alten Bodens unterstrich ihre Worte. „Er hat Sie schon damals erwischt, nicht wahr? Diese Falle, die Sirius Ihnen gestellt hat … Deswegen hassen Sie die beiden so. Weil Sie zum Werwolf wurden." Ein Volltreffer für den Streber aus Gryffindor! Jedenfalls wenn sie Snapes Blick richtig interpretierte. Irgendetwas zwischen Kreislaufkollaps und Verstopfung.

„Miss Granger -"

Weiß jemand, dass Sie ein Werwolf sind? Sir!"

„Schluss jetzt! Kein Wort mehr!"

Als Wolf haben Sie mich leichter im Griff gehabt, Professor Snape. „Natürlich, Sir." Zwei Sekunden Pause, Kinn heben, Blick halten. „Ich schweige, wenn Sie schweigen."


Sein kratziges Lachen ließ ihr die Haare zu Berge stehen. „Wollen Sie mich etwa erpressen, Miss Granger?"

Beinahe verlor sie auf ihren tauben Beinen das Gleichgewicht, musste sich mit einer Hand am Boden abstützen. Schlechter Moment, um rot zu werden. Er hatte sie doch ohnehin schon nackt gesehen. „Nein. Ich finde nur, wenn Professor Dumbledore erfährt, dass ich ein Werwolf bin, dann sollten er auch erfahren, dass Sie einer sind." Schauen Sie mich nicht so an, Sie wissen, dass ich recht habe! „Ich bin kein größeres Risiko als Sie."

„Falsch!", schnappte er, als hätte er auf diese Chance gelauert. „Ich bin niemals frei über das Schlossgelände gelaufen! Ich -"

Sie, was? Was wollten Sie sagen?

Sie haben es verdient, der Schule verwiesen zu werden!"

Ach ja? Ihr Zittern kam nicht mehr nur durch die Kälte. Und dann machte er auch noch Anstalten zu gehen! Ich denke nicht … „Glauben Sie wirklich, dass ich diejenige sein werde, die gehen muss, wenn unser kleines Geheimnis rauskommt?"

Er stoppte abrupt und das graue Licht des frühen Oktobermorgens ließ sein Lächeln aussehen wie Hannibal Lekters. „Unser kleines Geheimnis, Miss Granger?" Sein Zauberstab machte keinen Laut, als er in seine Hand glitt. „Meinen Sie nicht eher Ihres?"


Sie war das Reh im Scheinwerferlicht und Snape schnaubte, ließ den Zauberstab wieder verschwinden. „Ziehen Sie sich an, Miss Granger, und dann sehen Sie zu, dass Sie ins Schloss kommen. Das Slytherin-Gehabe steht Ihnen nicht." Dann ging er wirklich.

„Und wo sind meine Klamotten? Hey!"

Seine leiser werdenden Schritte waren die Antwort: Nicht sein Problem.

Klar, lass mich hier einfach sitzen! Nackt! Mitten im scheiß Oktober! „Arschloch."

Was er zum Glück nicht hörte.

Hermine sank auf den dreckigen Boden. Nur für ein paar Minuten. Bis ihre Beine nicht mehr kribbelten und der Raum sich nicht mehr drehte. Fünf Minuten. Höchstens sechs.

Sie hatte die ganze Schule in Gefahr gebracht.

Nein, falsch. Das Schloss hatte die ganze Schule in Gefahr gebracht! Was war das für ein seltsames Spiel gewesen, das die Treppen mit ihr gespielt hatten? Was war im siebten Stock?

Und was würde Snape jetzt tun?

Das war die Frage, die ihren fiebrigen Kopf so richtig verknotete. Sie konnte nicht für alle der Werwolf sein! Wenn er sie verriet, dann -

Nicht heulen! Kopf hoch und abwarten!

Die ersten Schritte waren hart. Überall an ihr klebten Blut, Schweiß und Dreck. Und ihre Klamotten lagen sauber gefaltet im Flur, der Zauberstab obenauf.


Tränke waren effektiver als Aspirin.

Duschen auch.

Und Lavenders Gesicht im beschlagenen Spiegel eine probate Alternative zu einem doppelten Espresso.

„Was ist denn mit dir passiert?"

Scheiße! „Kannst du nicht anklopfen?"

„Ich wusste nicht, dass du hier bist! Hättest ja abschließen können!"

„Jetzt ist es meine Schuld?" Handtuch, Pullover, irgendwas!

Zauberstab.

„Reg dich ab, Hermine! Darum geht es -"

Obliviate!"

Stille.

Oh, scheiße.

„L-Lavender?"

Scheißescheißescheiße!

„Was macht ihr denn da?"

„Nichts!" Die Tür knallte direkt vor Parvatis Nase zu.

„Hey!"

„'Tschuldigung!"

Warum hatte das überhaupt funktioniert? Sie beherrschte den Spruch doch gar nicht!

Was zum Teufel sollte sie denn jetzt tun?!


Okay, nicht durchdrehen! Ganz ruhig.

Pullover. Check.

Zauberstab wegstecken. Check.

Und dann … „Hey, Lavender? Geht es dir gut?"

Bitte komm zu dir!

„Hm?"

„A-Alles okay mit dir? Du wolltest ins Bad und …"

„Ohh! Ja, alles bestens. Bist du fertig?"

Merlin sei Dank! „Ja."

„Perfekt. Hey, ist das deins?"

Die Murtlap-Essenz. „Oh, ja. Danke!" Und jetzt nichts wie -

- hinein in den Hurrikan Parvati. „Was sollte das denn eben?"

„Ich war noch nicht angezogen!"

„Kein Grund, mir die Tür vor der Nase zuzuknallen!"

„War ein Reflex, tut mir leid!"

„Mann, hast du ne Laune … Schlecht geschlafen?"

„Lass mich einfach in Ruhe."

„Zicke …"


Aber eine verletzte Zicke.

Und eine immer noch dezent panische Zicke.

In der Mädchentoilette im zweiten Stock, frei von Geistern, setzte sie sich auf ein Klo, senkte den Kopf zwischen die Beine.

Zu viele Beinahe-Katastrophen seit gestern Abend. Und dann der Stunt eben … Was war bloß los mit ihr? Was hatte sie sich denn dabei gedacht?!

Na ja, eigentlich hatte sie gar nicht gedacht. Sie hatte einfach nur gehandelt.

Aber Obliviate? So lange war es noch nicht her, dass Gilderoy Lockhart wegen genau dieses Zaubers ins St.-Mungos gekommen war! Sie war so entsetzt gewesen darüber, auch wenn sie nicht dabei gewesen war. Wie hatte ihr das bloß herausrutschen können? Bei Parvati noch dazu!

Sie musste unbedingt besser aufpassen, was sie tat.

Mit ruhigerem Puls trat sie schließlich vor die Spiegel. Snapes Biss zog sich über ihre ganze Schulter und den Nacken hinauf. Großartig … Hoffentlich war Murtlap-Essenz besser als Diptam.

„Autsch!" Sollte das so wehtun? Und sollte das so qualmen? „Ugh, widerlich …"

Und trotzdem heilte es die Wunden nicht komplett, hinterließ ein neues Souvenir aus roten Narben. „Na toll …" Noch ein Körperteil, das niemand sehen durfte. Bald würde sie sich als Nonne verkleiden müssen.

Egal. Sie hatte ein Rätsel zu lösen.


Der siebte Stock war geisterstill. Was war hier? Warum hatten die Treppen sie immer wieder hergebracht?

Den Gang hinauf fand sie nichts, den Gang hinunter gar nichts. Nur Professor Flitwicks Büro, das Klassenzimmer für Wahrsagen und natürlich die Fette Dame.

Vor dem Wandteppich, der Barnabas' Versuch, Trollen Ballett beizubringen, zeigte, blieb sie stehen. Lief ein paar Schritte in die eine, dann ein paar in die andere Richtung – und wieder zurück. Was war hier bloß los? Warum hatten die Treppen -

„Was zum …"

Neben ihr war eine Tür erschienen. Eine richtige Tür. Die Türklinke war wirklich da. Und ging wirklich auf. Und -


„Warum hat Snape dich eigentlich so auf dem Kieker?"

„Hat er?"

„Er hat dir allein heute dreißig Punkte abgezogen und zehn davon fürs Zu-laut-Atmen!"

„Ist das etwas Neues?"

„Hermine!"

„Was?"

Was, Harry? Kannst du es nicht einfach gut sein lassen? Snape hat mich nicht verraten und ich habe einen besseren Ort gefunden für die Vollmondnächte! Es ist mir egal, dass er mich bestraft für meinen Versuch, ihn zu erpressen! Ich hab's verdient! Es könnte also alles bestens sein, wenn du es einfach gut sein lassen würdest!

Die Kapitulation seiner erhobenen Hände grub dann trotzdem einen Graben zwischen ihnen, so tief, dass er einen Schritt zurückweichen musste. „Was ist bloß los mit dir?"

Meine Welt steht Kopf, Harry. Ich bin ein Werwolf, Snape ist ein Werwolf und ich hab ihn erpresst. Erpresst, Harry! Ich!

„Nichts. Ich hab nur schlecht geschlafen."

Der Graben schrumpfte und Harry trat darüber. Seine Hand war warm auf ihren neuesten Narben. „Wir sind für dich da, okay? Letztes Jahr war verrückt genug."

Letztes Jahr war ein Witz. „Danke, Harry. Aber ich komm klar, ich muss nur … schlafen."

„Albträume?"

Ja, Albträume. Die übelsten. Reale.

„Vielleicht solltest du dir einen Trank von Madam Pomfrey holen."

„Ich denk darüber nach."


„Mitkommen!", schnarrte Snape sie Tage später in der Bibliothek an und war bereits verschwunden, als sie aufblickte.

Oh, Freude …

Aus Prinzip lieh sie erst mal in Ruhe ihr Buch aus und taperte dann hinab in die Kerker. Er hasste sie ohnehin, kein Grund sich zu hetzen.

Sein Blick war wie erwartet mörderisch. „Hinsetzen!"

Und alle fanden, sie hätte schlechte Laune …

„Es wird so laufen", beschloss er, „Sie kommen eine Woche vor dem Vollmond jeden Abend hierher und holen sich eine Dosis des Wolfsbanntrankes ab."

„Sie brauen Wolfsbanntrank für mich?"

„Das sagte ich, passen Sie auf!"

„Entschuldigung, Sir."

„Ah", kommentierte er spitz, „Ihnen ist der Respekt also nicht komplett verloren gegangen."

Im Lostopf aller möglichen Antworten auf diese Aussage gab es nur Nieten, also weigerte sie sich zu spielen.

„Eine Woche lang", wiederholte Snape schließlich, „jeden Abend. Verstanden?"

„Ja, Sir."

„Gut."

„Also haben wir einen Deal?"

Er zog eine Augenbraue hoch. „Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen."

Natürlich nicht … „Danke, Sir!"

„Verschwinden Sie! Und hören Sie auf, sich wie eine Verrückte zu gebärden. Sonst ist Ihr Geheimnis bald keines mehr."

Auch hier konnte sie nicht gewinnen.

Strategischer Rückzug.

Aber für ein Gespräch mit Snape hatte sie wohl auch genug Gewinne eingestrichen.