Jahr 5

Kapitel 2 - Die Ankündigung

Amina traf zusammen mit Filius in der Großen Halle ein, welcher sie begeistert nach ihren Sommerferien und ihrem Wohlergehen fragte. Er hatte sie vor den Sommerferien bewusstlos im Schloss gefunden und Amina war ihm sehr dankbar dafür. Sie erzählte ihm kurz von ihrem Amerika-Aufenthalt und fragte nach seinen Ferien.

Das erste Mal, seitdem Amina in Hogwarts unterrichtete, wusste sie nicht, wann der Zug mit der Schülerschaft ankam. Es war merkwürdig, sich nicht in den Geist von Severus flüchten zu müssen, um den vielen Gefühlen zu entkommen. Ihre Reichweite war noch nicht sonderlich hoch. Dementsprechend waren die Gefühle der Teenager eher eine lose Ahnung, anstatt ein wirkliches Chaos wie sonst immer.

Die Lehrkräfte waren bereits alle versammelt, lediglich Hagrid und Moody fehlten. Dieses Jahr gab es eine neue Sitzordnung, nach dieser würde Amina zwischen Minerva und Severus sitzen. Sie freute sich darauf, zwischen den beiden zu sitzen, ansonsten saß immer die Lehrkraft für Verteidigung gegen die Dunklen Künste neben ihr. Albus hatte es allerdings nicht für gut befunden einen ehemaligen Auror zwischen Severus, als ehemaligen Todesser, und Amina, die als solche lange verdächtigt wurde, zu setzen.

Ihr Urgroßonkel erzählte ihr gerade, dass dieser kurz vor seiner Abreise nach Hogwarts noch in ein Problem mit dem Ministerium verwickelt wurde, weshalb er noch nicht anwesend war. Er müsste im Laufe des Abends ankommen. Amina fragte sich, was für ein Mensch dieser Moody war, der sich anscheinend einen ganz eigenen Ruf gemacht hatte. Genial, aber verrückt. Sie konnte erahnen, warum ihr Urgroßonkel mit ihm eine Art Freundschaft pflegte. Diesen konnte man ohne schlechtes Gewissen ebenfalls so beschreiben.

Als die Lernenden in der Eingangshalle ankamen, ließ Peeves es sich nicht nehmen, mit Wasserbomben auf sie zu werfen. Amina hielt ihn nicht auf, die Beworfenen waren sowieso schon nass. Minerva hingegen stürmte in atemberaubender Geschwindigkeit aus der Halle, um den Poltergeist aufzuhalten. Amina erhob sich gemächlich und lief auf die Tür der Großen Halle zu. Dort zog sie ihren Zauberstab und sprach einen Trocknungszauber auf das Portal und die Nebentüren. Jeder, der durchtreten würde, würde getrocknet werden. Dann jagte sie den Zauber noch einmal durch die Halle, um alle bereits Anwesenden zu trocknen. Unter den Jubelrufen der inzwischen trockenen Schülerschaft lief sie zurück auf ihren Platz. Albus lächelte sie dankend an. Die Lernenden, die die Halle betraten, seufzten wohlig auf, als sie bemerkten, dass das Wasser aus ihrer Kleidung verschwand. „Du bist viel zu nett zu ihnen.", grummelte Severus neben ihr. Sie schüttelte belustigt den Kopf.

Einige Minuten später trat Minerva mit den Lernenden des ersten Jahrgangs ein. Diese starrten erst mit offenen Mündern auf ihre Kleidung und dann in die Große Halle. Vollkommen überwältigt folgten sie Minerva, welche den Hocker und den Hut holen ging. Die Kinder zitterten noch leicht, aber wenigstens waren sie nicht mehr nass. Poppy dürfte nicht so viele Erkältete bei sich haben werden, wie sie bestimmt bei dem Wetter befürchtet hatte. Ein Schüler war in Hagrids Mantel eingewickelt, sah aber überglücklich aus.

Nach dem Lied des Hutes, der Einführungszeremonie und Albus' sehr kurzen Ansprache („Haut rein! (19)") erschien das Essen auf dem Tisch. Amina belud sich gerade den Teller, als der Blutige Baron sich ihr gegenüber in die Luft setzte und anfing, sich mit ihr zu unterhalten. Er erzählte von Peeves Theater in der Küche, weil er nicht zum Festessen durfte, und von den Sommerferien, in denen der Hausgeist der Slytherins anscheinend einige Ausflüge in den Verbotenen Wald unternahm. Erst als Albus das Essen beendete, endete auch ihre Unterhaltung, welcher einige Lehrkräfte und Lernenden gebannt verfolgt hatten.

Der Baron war kein sehr umgänglicher Geist. Schon gar nicht mit Menschen. Lediglich mit Amina unterhielt er sich lange und kam auch oft von sich aus auf sie zu. Diese eher bizarre Freundschaft verband sie schon seit Aminas Schulzeit. Auch wenn sie selbst nie im Hause Slytherin war, zu dem der Blutige Baron als Hausgeist gehörte.

Albus wies die Schülerschaft, wie jedes Jahr, auf den Verbotenen Wald und die verbotenen Gegenstände hin. So wie er klang, wusste er, dass die erwähnte Liste in Filchs Büro noch nie von einem Lernenden angesehen wurde. Amina musste schmunzeln.

Seine Ankündigung, dass das Quidditch-Turnier dieses Jahr nicht stattfinden würde, überraschte sie nicht. Mit den Besuchenden und der Vorbereitung für die verschiedenen Aufgaben würden sie genug zu tun haben. Gerade als Albus der Schülerschaft den Grund für den Ausfall erklären wollte, krachte die Tür auf und ein Mann mit schwarzem Reiseumhang und längerem grauweisem Haar betrat die Halle. Seine Kleidung trocknete sofort, was ihn misstrauisch auf das Portal sehen ließ.

Er hatte sehr viele Narben und ein Teil seiner Nase fehlte. Amina sah fasziniert auf sein, offensichtlich, magisches Auge. Es schien überall hinblicken zu können und rotierte in der Augenhöhle unablässig. Der Mann schien sehr aufmerksam zu sein. Grimmig blickend blieb er vor Albus stehen, der kurz mit ihm redete, bevor er ihm einen freien Platz neben seinem Stuhl anbot. Dann stellte er den neuen Lehrer vor. Zusammen mit Albus und Hagrid klatschte Amina einige Male. Die Schülerschaft und das Kollegium schienen geschockt von dem Auftritt Moodys, was Amina ein wenig belustigte. Sie selbst war bei weiten nicht so entstellt wie er, trotzdem kannte sie die Blicke, die im zugeworfen wurden, nur zu gut.

Ihr Urgroßonkel erklärte, was es mit dem Trimagischen Turnier auf sich hatte und wann die Geladenen der anderen Schulen eintreffen würden. Als Amina hörte, dass die Auswahl der Champions an Halloween stattfinden würde, verzog sie missbilligend das Gesicht. Bis jetzt war noch kein Halloween friedlich verlaufen und sie rechnete auch in diesem Jahr nicht damit. Ihre Einwände wurden von Severus und Albus jedoch bei dieser Diskussion als Aberglaube abgetan.

Als Albus die Altersbegrenzung erwähnte, brachen die Minderjährigen in lautem Protest aus. Sie hatte sich so etwas schon gedacht. Beachtete man jedoch die Todesrate der vorherigen Turniere, war die Begrenzung nur realistisch. Zudem würde damit auch sicher sein, dass Potter nicht an dem Turnier teilnehmen würde. Die Weasley-Zwillinge sahen so aus, als würden sie es trotzdem versuchen. Da Albus und sie sich um den Schutz kümmern würden, war sich Amina aber sicher, dass die beiden keine Chance haben würden. Auch darauf wies Albus in seiner Ansprache hin. Dann schickte er die Schülerschaft in ihre Betten. Die Lehrkräfte blieben noch etwas sitzen. Amina lauschte gespannt Moodys Ausführungen seiner Auseinandersetzung und wie Arthur Weasley ihm geholfen hatte.

Der erste Schultag war entspannt. Amina hatte beschlossen, ihren Klassen keine Hausaufgaben aufzugeben und ließ sie erst mal in dem neuen Schuljahr ankommen. Von den Lernenden erfuhr sie im Laufe des Tages, dass sie von Moody und dessen Unterricht begeistert waren. Anscheinend hatte der Ex-Auror einiges an Fachwissen, das er in seinem Unterricht an seine Klassen weitergab. Einige fanden seinen Unterricht etwas zu…direkt, aber es war ein geringer Teil der Masse. Amina war gespannt, ob der ruppige Lehrer tatsächlich die Lernenden bei Laune halten konnte.

Nach der letzten Stunde des Tages, Alchemie, räumte sie gerade das Klassenzimmer auf, als Severus hineingestürmt kam. Wie immer ließ er dabei die Tür offen. „Hast du zufällig einige Tentakelsamen, die du entbehren könntest?", fragte er, ohne Zeit für eine Begrüßung zu verschwenden. Amina überlegte kurz. „Ich müsste noch welche haben. Willst du jemanden vergiften?" „Immer, nur leider ist es illegal, dies auch umzusetzen.", antwortete er sarkastisch. Amina zog ihren Zauberstab und sprach einen stummen Aufrufezauber. Keine Sekunde später hatte sie ein Döschen mit den gefragten Samen darin in der Hand. Sie reichte es ihm. „Hier. Nimm so viel, du brauchst und gib mir das Döschen einfach wieder, wenn du fertig bist. Ich brauch sie im Moment nicht und Pomona wird uns in ein paar Wochen sowieso mit Nachschub versorgen." „Danke.", sagte er und steckte das Döschen in seinen Umhang. Zeitgleich blieb Moody, der den jungen Malfoy am Oberarm gepackt hatte, vor der offenen Tür mit einem lauten Klong seiner Prothese stehen.

„Professor Snape. Sie habe ich gesucht. Und die verehrte Professorin Tahnea ist auch da. Wie passend." „Kann ich Ihnen helfen, Moody?", fragte Severus mit ausdrucksloser Miene. „Das feige Frettchen hier hat einen seiner Mitschüler angegriffen, der mit den Rücken zu ihm stand.", erklärte der Verteidigungslehrer schlecht gelaunt. „Für mich sieht Mr. Malfoy eher so aus, als wäre er angegriffen worden.", antwortete Severus. Amina sah, wie der Schüler zusammenzuckte und rosa anlief. Sie lehnte sich an ihren Schreibtisch und verfolgte gespannt das Gespräch. „Vielleicht habe ich ihm ein paar Manieren beibringen wollen.", gestand der Einbeinige. Severus zog eine Augenbraue hoch.

„Er hat mich in ein Tier verwandelt, Professor!", platzte es aus dem Blonden. Severus und Amina zogen zeitgleich je eine Augenbraue hoch, wobei Severus beide Augenbrauen nach oben gezogen hatte. „Sie haben einen Schüler mit Verwandlung bestraft?", fragte Severus schneidend. „Sparen Sie sich den Vortrag. McGonagall hat das schon übernommen. Bestrafen Sie lieber die feige Ratte hier.", grunzte Moody. „Lassen Sie ihn los. Mr. Malfoy, warum haben Sie Ihren Mitschüler angegriffen?" Severus sah den Schüler an. Moody ließ diesen widerwillig los. Sein magisches Auge huschte dabei unablässig umher. Amina konnte von ihm keinerlei Gefühle oder Gedanken wahrnehmen. Da sie Malfoys Angst und Scham jedoch spürte, ging sie davon aus, dass Moody Okklumentik beherrschte. Dies überraschte sie bei einem so erfahrenen Auror nicht.

Nach einigen Minuten Diskussion wurde der Schüler entlassen. Er hatte eine Strafarbeit bekommen. Der Verteidigungslehrer hingegen blieb in der Tür stehen und sah die beiden anderen Lehrkräfte misstrauisch an. „Ich behalt Sie beide im Auge…", knurrte er und ging dann davon. „Elender…", zischte Severus leise, beendete den Satz allerdings nicht. Amina legte ihm beschwichtigend eine Hand auf die Schulter. „Er ist da, um sich zu sorgen. Aber vielleicht sollten wir sämtliche handelsbeschränkten Waren nur noch hinter geschlossenen Türen übergeben." Er nickte. „Das sollten wir."


(19) Rowling J. K., 2017. Harry Potter und der Feuerkelch. Schmuckausgabe. Hamburg: Carlsen Verlag GmbH. Harry Potter. 4. S. 120. ISBN 978-3-551-55904-3