Befreiung

James und Mäxym standen noch immer verborgen vom Tarnumhang in der Nähe des Kellereingangs.

»Wir müssen da rein«, zischte James und scharrte leicht mit den Füßen.

Mäxym griff nach seinem Arm. »Dann lass es uns klug anstellen«, mahnte sie ihn. James sah sie fragend an, doch Mäxym nahm sich nicht die Zeit, ihren Plan zu erklären. Sie griff nach ihrem Zauberstab und schwang ihn leicht.

Die Bilder an der Wand hinten bewegten sich und die zwei Wachen wendeten sich sofort dem Geräusch zu.

»Was war das?«, fragte der eine. »Ist hier jemand?« Mit gezückten Stäben schlichen sie sich an die Bilder an.

»Jetzt!«, flüsterte Mäxym und zog James zur Kellertür. Da die Wachen ihnen noch immer den Rücken zugewandt hatten, öffnete James die Tür und beide schlüpften hindurch.

»Das war knapp«, keuchte James.

»Sei leise, vielleicht ist hier noch jemand«, sagte Mäxym und sah sich vorsichtig um.

»Hier ist niemand mehr«, rechtfertigte sich James und machte ihnen mit Lumos Licht.

»Woher weißt du das?«, fragte seine Freundin ihn.

»Intuition«, antwortete er schulterzuckend und ging die Treppe nach unten.

»Ach, und warum sind wir dann noch unter dem Umhang?« Mäxym ertrug seine arrogante Fassade nicht.

»Vorsichtsmaßnahme«, sagte er geistesabwesend. »Warte, da vorne ist etwas.« Er zeigte in die Dunkelheit und beschleunigte seine Schritte. Mäxym hatte Not mit ihm mitzuhalten.

Doch wenige Sekunden später standen sie vor einer Zelle, die sich mit dicken Eisenstäben vom Rest des Kellers abgrenzte.

Ehe einer der beiden etwas sagen oder tun konnte, kamen dunkle Gestalten zu ihnen. James erkannte sie sofort und nahm sich und Mäxym den Umhang ab.

»Großvater«, rief er und ging näher an das Eisen heran.

Sein Großvater, James Potter, hob warnend die Hand. »Vorsicht, kommt nicht näher!«

James, der in der Bewegung innehielt, zog seinen Zauberstab, doch Mäxym stoppte ihn.

»Warum nicht?« Mäxym sah sich die Stäbe genauer an.

Sirius und Remus kamen zu ihrem besten Freund. »Die Stäbe sind verzaubert. Jeder, der sie berührt, wird innerlich verbrennen.«

»Wir holen euch da raus.« Entschlossen wollte James den Fluch brechen.

»Nein, James, tu das nicht. Wir wissen nicht, was das für ein Fluch ist und was er noch bewirkt. Ihr müsst hier wieder verschwinden, es ist nicht sicher«, flehte Lily ihn an. Sie kam als letzte dazu und sah ihren Enkelsohn besorgt an.

Mäxym wollte schon einen Versuch starten, den Fluch zu brechen, als sie Schritte hörten.

»Versteckt euch«, flüsterte James senior und sein Enkelsohn sowie Mäxym verschwanden wieder unter den Tarnumhang.

Keinen Moment zu spät, denn wenige Sekunden später kam McManus die Treppe herunter. Sein aufrechter Gang und die breiten Schultern ließen ihn in dem kleinen Keller noch mächtiger wirken.

James und Mäxym drängten sich an die hinterste Wand und atmete flach. Sie vertrauten dem Umhang und doch schlugen ihre Herzen schnell und wild.

»Willkommen!«, begrüßte Giffor seine Gefangenen.

»Was soll das McManus, wir haben nichts gemacht«, spie James und musste sich zurückhalten, nicht die Eisenstäbe zu umfassen.

»Na, na, na. Begrüßt man so seinen Gastgeber? Wir sollten stets höflich bleiben.« Giffor grinste sie hämisch an.

»Höflich? Wir wurden aus Hogwarts geschleift und hier hergebracht. Was war daran höflich?« Sirius ging einen Schritt auf ihn zu.

»Wir erwarten einen fairen Prozess. Das bist du uns schuldig«, forderte Remus.

McManus brach in schallerndes Lachen aus. Ein Lachen, dass Mäxym das Blut in den Adern gefrieren ließ. Ein Lachen, dass sie im Schlaf heimsuchen würde. Ein Lachen, dass sie niemals vergessen konnte.

»Fair? Für euch? So etwas gibt es nicht mehr. Neue Zeiten sind angebrochen. Wir tanzen nicht mehr nach euren Regeln. Nie wieder. Ihr seid alle gleich. Schaut euch doch einmal an. Alte Zaubererfamilien, mächtig und ihr habt es ausgenutzt.« Giffors Lachen war verstummt und er sah die Rumtreiber hasserfüllt an. »Nie wieder wird es solche, wie euch geben.«

»Solche wie uns? Wie meinst du das?« Lily, die hinter James stand sah ihn misstrauisch an.

»Alte Zaubererfamilien. Ihr bleibt alle unter euch und verspottet Schlammblüter.« Giffor richtete seine Krawatte. Eine unnötige Geste, denn alles saß einwandfrei.

»Wir verspotten sie nicht. Ich bin selbst ein Schlammblut«, konterte Remus. »Was willst du von uns?«

»Ich will nichts. Nichts von euch und euren Familien.«

»Warum sitzen wir dann in dieser Zelle?« James deutete auf die Gefängnisstäbe.

»Nur weil ich nichts von euch will, bedeutet das nicht, dass es alles zum Plan gehört.« Giffor wollte sich umdrehen, wurde aber von Sirius gestoppt.

»Welcher Plan?«

»Plan? Mein verdammter Plan, natürlich. Der Plan, warum ihr hier seid. Der Plan, warum Todesser in Askaban sitzen. Der Plan, der uns alle befreit und die Magie revolutionieren wird. Dieser Plan!« Giffor redete sich in Rage und wurde immer lauter.

»Die Magie revolutionieren?« James ließ nicht locker und hatte seinen besten Freund durchschaut. Die Kinder mussten noch immer anwesend sein und sie waren ihre einzige Chance. Wenn sie Giffor den Plan entlocken konnten, hatten sein Enkelsohn und Mäxym die Chance, die Informationen dem Ministerium zu berichten und McManus zu stürzen.

»Ja, die Magie muss revolutioniert werden. Das sieht jeder und doch wurde niemand tätig. Wir, die Revolutionäre der Magie, wir tun dies. Wir stürzen alles, was die Magie trübt, sie schwächt und ihren Grundgedanken mit Füßen tritt.« Giffor sah verträumt an die Wand hinter James.

»Wie soll das funktionieren. Wer schwächt die Magie?« James bohrte weiter.

»Na ihr! Die Zaubererfamilien mit reinem Blut. Ihr trübt die Magie. Ihr bleibt unter euch. All die Reinblüter, sie dürfen nicht mehr sein. Sie sind Abschaum, eine Schande für die Magie.«

»Aber ich bin kein Reinblut, ich bin eine muggelgeborene Hexe.« Lily zeigte auf sich.

»Du hast uns verraten. Du hast dich einer Zaubererfamilie zugewandt.« Giffor zeigte auf ihren Ehemann. »Wir müssen die Magie retten.«

»Wie denn? Wie wollt ihr die Magie retten?«, drängte Sirius ihn. Sie mussten unbedingt seine nächsten Schritte erfahren. Je mehr Informationen die Kinder bekamen, desto schneller konnten die anderen reagieren. Diejenigen, die noch nicht in Askaban saßen.

»Wir haben alle großen Familien, alle reinblütigen Zauberer und Hexen verhaftet oder unter Beobachtung gestellt. Nicht mehr lange und das Ministerium sieht ein, dass ich der Einzige bin, der uns durch diese Krise leiten wird, und dann werde ich Zaubereiminister. Dann veranlasse ich die sofortige Beseitigung aller Zaubererfamilien und reinblütigen Zauberer und Hexen. Die Magie kann sich erholen und wird unter mir wieder neu auferstehen.«

James griff unter dem Umhang nach seinem Zauberstab, doch Mäxym drückte ihn an die Wand. Er würde einen Kampf mit McManus in dessen eigenem Manor nicht überleben. Sie wussten nicht, wie viele seiner Anhänger hier anwesend waren und wer ihm zu Hilfe kommen würde. Ein Angriff wäre James Todesurteil.

Ihr Freund sah sie wütend an. Doch Mäxym schüttelte leicht den Kopf. Seine Hand bebte, aber er sah ein, dass er nichts tun konnte. Nicht jetzt.

Die Kellertür öffnete sich und ein heller Schein drang hinein. »Meister, alle warten«, rief eine gebrochene, leise Stimme nach unten.

»Nun, so sehr ich diesen Austausch auch schätze, ich muss euch verlassen. Meine Mitstreiter warten.« McManus strich sich das Hemd glatt, richtete seine Manschetten und machte auf dem Absatz kehrt.

»Genießt euer neues Zuhause!«, rief er über seine Schulter, ging die Treppe nach oben und schloss hinter sich die Tür.

James und Mäxym stießen sich von der Wand, an der sie sich bis jetzt gedrängt hatten, ab und gingen wieder zu den Rumtreibern. Mit einem Handgriff nahm James den Umhang ab.

»Ihr müsst ihr sofort verschwinden!«, drängte Sirius die Kinder.

James schüttelte den Kopf. »Ich lass euch hier nicht allein.«

»Doch, das wirst du, Junge. Verschwindet hier, bevor ihr entdeckt werdet. Wir können den Fluch nicht so schnell brechen und wenn, dann wird das Aufmerksamkeit erregen. Wir haben hier keine Zauberstäbe und können euch nicht beschützen. Bitte bringt euch in Sicherheit!« Lily sah ihren Enkelsohn flehend an.

»Sie hat recht, James. Wir können ihnen nicht helfen. Nicht jetzt. Wir müssen Hilfe holen und verstärkt zurückkommen. Bitte, die Anderen warten bestimmt schon.« Auch Mäxym sah ein, dass sie nichts ausrichten konnten. So weh es ihr tat, die Rumtreiber zurückzulassen, sie mussten auch an Colin, Ashwin und Katelyn denken.

James Jr. ließ hilflos den Kopf hängen und griff in seine Manteltasche. »Dann nimmt wenigstens das hier.« Er zog einen zackigen, glänzenden Gegenstand heraus und steckte ihn vorsichtig zwischen die Gitterstäbe. Dabei war er darauf bedacht, dass seine Finger die Stäbe nicht berührten.

»Der Spiegel, sehr gute Idee«, lobte in Sirius und nahm den kleinen Teil des Spiegels entgegen.

»Ein Teil von einem Spiegel? Was sollen sie damit?« Mäxym verstand nicht, was das sollte.

»Erkläre ich dir später, komm!« James zog sie nah zu sich und warf den Umhang über sie beide. »Wir kommen wieder«, sagte er zu den Rumtreibern, die sie nicht mehr sehen, aber noch hören konnten.

»Passt auf euch auf.« James Potter sah ins Nichts, wusste jedoch, dass sein Enkelsohn noch bei ihnen war.

Schnell schlichen Mäxym und James nach oben und öffneten vorsichtig die Tür. Beide hatten Glück und die Wachen standen etwas abseits, sodass sie ungehindert, die Tür so weit aufmachen konnten, um den Keller zu verlassen.

Mäxym, die auf dem gleichen Weg das Manor verlassen wollte, wie sie hineinkamen, wurde von James am Arm gepackt. Mit einem Handzeichen zeigte er auf die Decke über ihnen. Er wollte in den ersten Stock. Schnell schüttelte Mäxym den Kopf. Sie sollten verschwinden und ihr Glück nicht herausfordern.

Doch wenn James sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ließ er nicht locker. Mäxym gab sich geschlagen und dicht aneinandergedrängt gingen sie auf die Treppe gegenüber der Kellertür zu. Auf leisen Sohlen erklommen sie die Stufen und standen im Flur des ersten Stocks.

»Und jetzt?«, flüsterte Mäxym. James legte seinen Zeigefinger auf seine Lippen und deutete nach rechts.

Mäxym blickte über ihre Schulter und sah am Ende des Flurs eine angelehnte Tür durch die ein dünner Lichtschein drang. Ein Versuch war es wert.

James nahm ihre Hand und verborgen unter dem Tarnumhang liefen beide zur Tür. Je näher sie kamen, desto lauter wurden die Stimmen, die aus dem Raum drangen.

Ganz langsam öffnete James die Tür etwas weiter, sodass Mäxym und er durch den Spalten hindurch kamen.

Mäxym sog die Luft ein. Sie waren mitten in einer Versammlung gekommen. Der quadratische Raum wurde durch wenige kleine Tischlampen beleuchtet. An den Wänden standen deckenhohe Bücherregale. Unter den Fenstersimsen waren kleine Kommoden platziert. In der Mitte befanden sich Sitzgruppen und Beistelltische. Auf diesen ledernen Sesseln saßen viele Mäxym unbekannte Männer.

James jedoch kannte sie, denn immer wieder zeigte er auf einer der Männer und sah sie schockiert an. Zum Glück wusste einer, mit wem sie es zu tun hatten.

Mittelpunkt der Versammlung war Giffor McManus, der sich gerade ein Glas Whiskey eingegossen hatte und sich seinen Gästen zuwandte.

»Setzt euch«, forderte er sie auf. Mäxym merkte, wie sich die Stimmung anspannte, Gespräche verstummten und jeder zu einer Sitzgelegenheit hastete.

»Heute haben wir einen großen Sieg zu feiern«, begann Giffor und hob das Glas. Seine Gäste imitierten ihn und einige klopften auf die Beistelltische in ihrer Nähe.

Mit einer kleinen Handbewegung von Giffor verstummte das Klopfen.

»Lasst es mich für uns alle nochmal zusammenfassen. Wir haben erfolgreich die Phasen eins bis vier abgeschlossen. Mit der Gefangennahme der berühmten Rumtreiber beginnen wir nun die Phase fünf. Greg, berichte uns. Steht das Ministerium hinter uns?« Giffor sah den Mann, den Mäxym von Teds Verhandlung kannte, durchdringend an.

Dieser nickte schnell. »Wir haben die Mehrheit. Einzelne wenige sträuben sich noch, aber auch diese werden wir überzeugen können.«

Giffor, sichtlich unzufrieden mit der Aussage, wendete sich von Greg Broin ab. »Phase fünf ist angelaufen und in wenigen Wochen werden wir das Ministerium hinter uns haben. Phil, wie sieht es mit den Ministerien der anderen Länder aus.«

Ein Mann, den Mäxym nicht kannte, erhob sich und ergriff das Wort. »Ich darf berichten, dass die anderen Länder nicht eingreifen werden, wir konnten mit Frankreich und Deutschland ein Abkommen aushandeln. Amerika wurde durch eine Zahlung von unserem geschätzten Tom ruhig gestellt.«

Giffor nickte ihm anerkennend zu und Phil setzte sich erleichterte wieder hin.

Bevor die Besprechung weiter gehen konnte, portete sich ein Hauself neben Giffor und flüsterte etwas in sein Ohr, nachdem das letzte Wort seine Lippen verlassen hatte, verschwand er sogleich.

»Meine Herren, ich habe erfahren, dass das Essen aufgetragen worden ist. Bitte folgt mir und lasst uns am Tisch fortfahren.« Damit stellte sein Glas auf einen der Tische und ging mit großen Schritten zur Tür. Seine Mitstreiter folgten ihm.

Die beiden Rebels blieben allein im Zimmer. Bevor Mäxym zum Sprechen ansetzen konnte, schüttelte James bereits den Kopf und deutete auf die großen Balkontüren, die sich ihnen gegenüber befanden.

Ehe Mäxym darüber nachdenken konnte, was er von ihr wollte, zog er sie mit. Auf dem Balkon stehend, überblickte sie den im dunkeln liegenden Garten.

»Was sollen wir hier?«, zischte sie.

James deutete nach unten. »Wir verschwinden von hier. Wenn wir noch einmal durchs Haus müssten, ist die Gefahr entdeckt zu werden größer. Komm, es sind gerade keine Wachen in Sicht.«

James nahm ihnen den Umhang weg und kletterte über das Geländer des Balkons. Mäxym hoffte nur, dass sie niemand sehen würde, und folgte ihrem Freund. Sie hangelten sich vom Balkon und landeten auf der erhöhten Terrasse. Schnell warf James den Umhang über sie und beide rannten zum Garten und damit zurück zu Katelyn.

Keuchend angekommen nahm James den Umhang weg, sodass Katelyn sie sehen konnte »Da seid ihr ja endlich.«

»Es hat länger gedauert. Wo sind Colin und Ashwin?« James sah sich um.

Die beiden genannten kamen aus einer dunklen Ecke. »Hier. Wir haben auf euch gewartet und die Umgebung abgesichert. Habt ihr sie gefunden?« Colin sah James und Mäxym fragend an.

Mäxym nickte. »Ja.« Sie hob die Hand und stoppte Ashwin. »Wir konnten sie nicht befreien. Ein Fluch hielt sie fest. Sie haben uns gedrängt, ohne sie zu verschwinden.«

»Kommt, alles Weitere erzählen wir, wenn wir wieder sicher sind.« James winkte sie näher zu sich. Katelyn, Colin und Ashwin liefen zu ihnen, griffen sich an den Händen und Ashwin apparierte sie zurück nach Hogwarts.


Sooo, da ist das Ende. Staffel 2 endet dramatisch. Aber ich darf verraten, der nächste Teil ist schon in Arbeit!