KAPITEL 3

Zwei Tage später klingelt ihr Wecker um sechs Uhr morgens. So, wie jeden Tag, wenn sie Tagschicht hat. Doch dann kommt ihr in den Sinn, dass sie heute nicht auf Patrouille fahren wird, sondern eine weitere Einsatzbesprechung für ihre Undercover-Mission hat. In drei Tagen würde es losgehen. In drei Tagen würde sie ihr normales Leben ablegen und zu Li Solo werden. Eine Frau, die ihr Leben in New York hinter sich gelassen hat. Enttäuscht von ihrem betrügerischen Freund. Eine Frau, die das Pub dieses Freundes geführt hatte, nur um dann festzustellen, dass er sie betrog. Eine Frau, die eine Neuanfang sucht und deshalb im „LasHabas" als Barmanagerin anheuert. Auf die Empfehlung einer alten Bekanntschaft.

Gestern hatte sie die erste Einsatzbesprechung. Und sie ist zuversichtlich, dass ihr die Rolle, die sie spielen muss, liegen wird.

Ein Rückschlag war gewesen, dass Tim nicht in die Mission einbezogen worden war. Das FBI hatte seinen Antrag abgelehnt. Offiziell, weil er als Metro-Sergeant keine freien Ressourcen hatte eine solche Langzeit-Undercover-Mission zu begleiten. Inoffiziell, weil die private Verbindung zu groß war. Wie sollte das FBI auch wissen, dass sie ein perfekt funktionierendes Team waren? Wie sollten sie wissen, dass sie sich jederzeit ohne Worte verstanden und deshalb auf jedes Problem schnell reagieren konnten? Wie sollten sie wissen, dass die Mission mit Tim als ihren Mittelsmann wesentlich sicherer war als ohne ihn? Auch, wenn ihr in diesem Moment die Erinnerung an ein absolut unprofessionelles Stelldichein in einem Waschraum in den Kopf schoss. Damals waren sie nur ein paar Tagen getrennt gewesen. Dieses Mal würde es wesentlich länger sein. Und schon die wenigen Tage hatte sie nicht überstanden, ohne unprofessionell zu werden. Ohne sich an ihn zu klammern. Hatte ihn gebraucht, um ihren Kopf wieder freizubekommen. Hatte seine Berührungen gebracht, um zu wissen, dass alles gut werden würde.

Und so war der letzte Funke Hoffnung auf Kontakt zu ihm erloschen. Und so ist das vielleicht auch der Grund, dass sie wieder in einen Dämmerschlaf fällt, obwohl der Wecker immer noch läutet. Denn sie ist hundemüde. Was daran liegt, dass sie gestern Nacht nicht viel Zeit mit Schlafen verbracht hatten. Denn eines kann man ihnen nicht vorwerfen. Dass sie die verbleibende Zeit nicht nutzen würden. Gerade als sich ein Lächeln bei den Erinnerungen über ihr Gesicht stiehlt, spürt sie hinter sich eine Bewegung. Ein Arm greift über sie und stellt ihren Wecker aus. Dann wird sie auf die Seite gedreht und liegt unter Tim, der sie angrinst.

„Officer Chen! Polizisten sollten in der Lage sein die leisesten Geräusche zu hören und darauf angemessen zu reagieren."

Sie boxt ihn in seinen Oberarm.

„Das kommt davon, wenn man es mit gewissen Aktivitäten in der Nacht übertreibt."

„Überreibt? Da habe ich andere Erinnerungen. Irgendetwas von Hör nicht auf und Oh ja, genau so."

„Du bist so ein Idiot!" Sie spürt, wie sich seine Hände in Richtung ihrer Achseln schieben. Oh, sie war in Schwierigkeiten.

„Idiot?"

„Mmmhh." Und dann versucht sie sich unter ihm herauszuwinden. Was ihr natürlich nicht gelingt. Und seine Hände sind überall. Es ist kein Vorteil, wenn man fast überall am Körper kitzlig ist. Sie versucht seine Hände zu erwischen und sie festzuhalten. Was ihr natürlich auch nicht gelingt. Und bevor sie weiß, was er tut, wandern seiner Finger an der Innenseite ihrer Oberschenkel nach oben. Und dann ist einer seiner Finger in ihr und ihr entweicht ein Stöhnen.

„Idiot?"

Ihre Knie fallen automatisch zur Seite. Sie spürt, wie sie feucht wird. Schon wieder. Dieser Mann wird noch ihr Untergang sein. Und dann ist ein zweiter Finger in ihr. Und sie kann nur ihre Augen schließen, Denn es fühlt sich zu gut an von Tim genau auf diese Weise berührt zu werden. Er weiß genau, was er tut und wie er es tut. Er reizt sie und sie reagiert. Sie spürt, wie sich alles in ihrem Inneren zusammenzieht und wie sie kurz davor ist zu explodieren.

Und dann sind seiner Finger plötzlich weg und sie schlägt die Augen auf. Nur um in sein grinsendes Gesicht zu schauen. „Steht die Aussage noch?"

„Wenn du mich hier so liegen lässt, dann muss ich dir eine verpassen."

„Oh, ist das so Officer Chen? Mmmmhh." Er schaut an ihr vorbei. So als müsste er scharf nachdenken.

„Mir fällt da nur eine Lösung ein."

Er richtet sich auf und zieht seine Short nach unten und wirft sie zu Boden. Ihr Blick fällt auf seine harte Mitte.

„Straftat der Beleidigung. Dann noch Androhung körperlicher Gewalt. Umdrehen."

Und damit dreht er sie auf ihren Bauch.

„Auf die Knie."

Lucy gehorcht sofort. Sie spürt, wie seine Hände an ihrem Hinterteil nach oben wandern und er sich hinter ihr positioniert. Er zieht mit seinen Fingern langsame Kreise.

„Wir werden das ganz langsam machen. Damit sie sich auch alles richtig merken, Officer Chen."

Ihr entweicht ein Stöhnen. Oh Gott, kann man schon von bloßen Gedanken kommen?

Seine Hände wandern hoch zu ihren Schultern und drücken sie nach unten. Sie spürt wieder einen seiner Finger in ihr. Und dann ist sein Finger weg und er dringt in sie ein. So langsam, dass sich in ihr alles zusammenzieht. So tief, dass sie denkt, sie könnte ihn in ihrem Bauch spüren. Sie gibt ein tiefes Stöhnen von sich. Tim fühlt sich immer so wunderbar an. Und ebenso langsam zieht er sich wieder zurück.

Oh Gott, ist alles, was sie denkt. Und sie muss sich zusammenreißen, dass sie nicht sofort die Kontrolle verliert.

„So, Officer Chen. Sollen wir die Lektion nochmals wiederholen. Damit sie sich besser einprägt."

Gott, er kann so schmutzig reden. Und dieses ganze Ausbilder–Rookie–Gerede macht sie immer so scharf. Wahrscheinlich, weil er damit einige geheime Fantasien aus ihrer Rookiezeit so punktgenau trifft.

„Unbedingt." Und im zweiten Gedankengang, setzt sie in „Sir" dazu. Denn, wenn etwas Tim die Kontrolle verlieren lässt, dann ist es, wenn sie ihn Sir nennt.

Und so ist der nächste Stoß wesentlich schneller, als Tim beabsichtigt hat und sie hört nun ihn stöhnen. Nun, zwei können dieses Spiel spielen.

Seine Hände streichen ihre Haare auf einer Seite über ihre Schultern. Und dann beugt er sich über sie. Und sein Mund landet in ihrem Nacken und beginnt an einer ihrer sensiblen Stellen zu saugen.

„Keine Knutschflecken Tim." Sie stellt sich kurz vor, wie Martinez vom FBI reagieren würde, wenn er später einen Knutschfleck an ihr entdecken würde. Bestimmt nicht erfreut.

Sein Mund verlässt ihren Nacken. Und dann ist er neben ihrem Ohr und flüstert leise.

„Sag mir, was du willst Baby!" Sie schluckt.

„Dich. Ich will dich."

„Du hast mich. Ich gehöre dir."

Und dann zeigt er es ihr.


Die nächsten drei Tage vergehen so schnell, dass sie gar nicht weiß, wo die Zeit geblieben ist. Bis sie sich versieht, steht sie in ihrem Wohnzimmer und nimmt Tamara in den Arm. Um sich von ihr zu verabschieden. Tim würde sich um Tamara kümmern. So, wie sie ihn kennt, wird er von ihr täglich einen Anruf oder eine Nachricht verlangen. Und wahrscheinlich wird er sich alle paar Tage mit ihr treffen, in Lucys Wohnung vorbeischauen, sie dazu einladen mit ihm und Kojo spazieren zu gehen oder auch ab und zu mit ihr zusammen essen. Tim ist der beste Freund, den man sich vorstellen kann.

Und dann sitzt sie in seinem Truck neben ihm und er fährt sie mit ihrem Gepäck in die LAPD-Zentrale. Verabschiedet haben sie sich schon am vergangenen Abend, denn beiden war klar, dass ihnen heute dazu zu wenig Zeit bleiben würde. Und zu viele Beobachter dabei wären. Und so kann sie bei der Fahrt nur seine Hand halten und mit den Tränen kämpfen, die ihr in den Augen schießen. Hätte ihr jemand gesagt, dass sie das nächste Mal wieder Tränen vergießen würde, wenn sie Tim wiedersehen würde, dann wäre sie an dieser Stelle aus dem Truck gesprungen und hätte die Mission abgebrochen. Aber natürlich konnte ihr das niemand sagen.

Er blickt zu ihr und lächelt ihr zu und drückt ihre Hand.

Dann kommen sie in der Zentrale an und die Zeit vergeht noch schneller und bis sie sich versieht, sitzt sie in einem anderen Fahrzeug. Und kurz darauf öffnet sie eine Tür zu einer fremden Wohnung. Ihr Kopf funktioniert mechanisch. Sie räumt ihr Taschen und ihren Rucksack aus. Versteckt ihr Waffe im Schrank. Griffbereit. Aktiviert ihr neues Handy und schreibt an ihren Kontakt, dass es eine schöne Wohnung ist und sie gut angekommen ist. Und damit beginnt ihre Undercover-Mission. Als erstes geht sie einkaufen, füllt ihre Lebensmittelvorräte und besorgt sich eine günstige Dekogegenstände. Gegenstände, die einem Besucher vermitteln sollen, dass hier jemand lebt, der vorhat zu bleiben.

Am nächsten Tag stellt sie sich in der Bar vor. Es gelingt ihr mühelos in ihre Rolle zu schlüpfen. Und wiederum nur einen Tag später beginnt sie ihren neuen Job. Lernt Eva, Marie, Anne und Georgie kennen, die alle als Ausschank und Bedienungen arbeiten. Sie hat ein kleines Büro, das sauber und ordentlich ist. Das Management der Bar geht ihr gut von der Hand. Was an der guten Vorbereitung durch das FBI liegt und an ihren guten Merk- und Improvisationsvermögen.

Acht Wochen später kennt sie alle Abläufe, alle Stammkunden und hat die ersten Vermutungen, wer nur ein Besucher ist und wer zum Waffenring gehört.

Jeden Tag macht sie ihre Meldungen. Sie erhält mehrmals die Rückmeldung von ihrem Mittelsmann, dass man mit ihren Fortschritten sehr zufrieden ist. Mehrmals fragt sie nach Tim. Doch sie erhält nie mehr als ein „Alles in Ordnung."

Und jeden Tag redet sie sich ein, dass ein Alles in Ordnung die bestmögliche Antwort ist. Und jeden Tag legt sie sich spätnachts nach ihrer Schicht ins Bett, zieht eines seiner Shirts über, die sie ohne ihn zu fragen eingepackt und mitgenommen hat und jeden Nacht hat sie Herzschmerzen und vermisst ihn so schrecklich, wie noch niemals jemanden zuvor. Und nach acht Wochen weiß wie, dass das ihre letzte Langzeit-Undercover-Mission sein wird. Denn es ist egal, ob sie ihr restliches Leben Streife fahren muss. Denn das hier ist nicht ihr Leben. Das hier ist nicht ihre Zukunft. Tim ist ihr Leben. Tim ist der, den sie jeden Tag, wenn sie heimkommt oder wenn sie aufwacht, sehen will. Tim ist ihre Zukunft.