Jahr 5

Kapitel 10 - Der Aufspürtrank

Amina kam ohne Zwischenfälle in dem Büro an. Dort ließ sie die Blase, in der sich der Animagus befand, in der Luft schweben und zog einen Stuhl in die Mitte des Raumes. Der Käfer versuchte sich zu befreien, hatte jedoch keine Chance.

Einige Minuten später stürmten Albus und Severus in den Raum. „Ist er das?", fragte ihr Urgroßonkel sie und zeigte auf den Käfer. Amina nickte bestätigend. „Ich habe ihn an einem Busch entdeckt.", erklärte sie. „War noch jemand in der Nähe?", fragte Albus. „Potter, Weasley, Hagrid und Madame Maxime. Sie haben jedoch weder mich noch den Animagus bemerkt." „In Ordnung. Bitte löste jetzt den Schutzzauber, damit wir uns mit unserem Besuch unterhalten können.", bat der Schulleiter.

Amina löste den Zauber. Im selben Moment wirkte Albus einen Zauber und der Käfer verwandelte sich in eine blonde Frau in einem grünen Dress. Severus fesselte die Frau mit einem Zauber an den Stuhl, bevor diese versuchen konnte zu fliehen. Verzweifelt versuchte die Frau sich zu befreien. „Rita, ich fürchte, Sie waren auf diesen Ball nicht eingeladen." Albus sprach in ruhigen und freundlichen Ton. „Dumbledore. Sind Sie sicher, dass ich nicht eingeladen war?", fragte die Frau mit einem künstlichen Lächeln. Amina fixierte sie mit ihrem sehenden Auge. Sie verströmte Panik. Amina könnte wetten, dass sie kein registrierter Animagus war.

„Da bin ich mir ganz sicher und ich gebe zu, ich bin wenig erfreut darüber, dass Sie auf dem Schulgelände rumschleichen." Er sprach wie mit einer Schülerin. „Meine Leserinnen und Leser wollen doch informiert sein und wie geht das am besten, als an einem solchen Abend?", antwortete die Frau gespielt freundlich. Amina verzog verächtlich ihr Gesicht. „Wie haben Sie mich entdeckt, Professorin? Ihre Intuition muss ja schon fast übermenschlich sein." Die Reporterin sah Amina durchdringend an. Amina erwiderte den Blick kühl, antwortete aber nicht. „Die Lehrkräfte in Hogwarts haben die Aufgabe, die Schule zu beschützen und dieser ist Frau Professor Tahnea gewissenhaft nachgegangen. Jetzt stellt sich nur noch die Frage, was wir mit Ihnen machen, Rita." Dumbledore schien nicht wirklich zu überlegen.

„Wir sollten sie dem Ministerium melden, Direktor.", sagte Severus mit schneidender Stimme. „Ich denke nicht, dass wir das tun sollten, Severus. Rita kann uns vielleicht noch nützlich sein.", antwortete Albus ihm im vergnügten Ton. „Nü-Nützlich? Aber Dumbledore.", stotterte die Frau. „Sie werden das Schulgelände verlassen, sobald wir sie frei gelassen haben, Rita. Professor Snape und Frau Professor Tahnea werden sie nach draußen geleiten. Ich möchte Sie nicht mehr ohne Erlaubnis auf dem Schulgelände sehen, noch möchte ich irgendwelche Lügengeschichten in der Zeitung lesen. Sie könnten es stattdessen mit richtigem Journalismus versuchen. Haben Sie das verstanden?" Der Schulleiter sah die Frau streng an. Diese nickte eingeschüchtert.

„Ab-aber na-natürlich. Kein Klatsch. Verstanden.", sagte sie. „Nun gut. Severus, Amina. Begleitet Rita bitte zum Ausgang und achtet darauf, dass sie das Gelände verlässt.", wies Albus sie an. „Natürlich, Direktor.", antwortete Severus ihm und löste die Fesseln der Journalistin. „Nach Ihnen.", sagte Amina und zeigte der Blondine, dass sie Severus folgen sollte. Bevor sie das Büro verlies, zwinkerte ihr Urgroßonkel ihr noch einmal verschwörerisch zu. „Sie wird sich wieder auf das Gelände schleichen.", hörte sie seine Gedanken, die er ihr wohl absichtlich entgegentrug. Sie nickte und folgte Severus und ihrer Gefangenen, welche schon einige Meter weiter waren.

Vor der Großen Halle begegnete ihre kleine Kolonne dann ausgerechnet auch noch Potter und Weasley, welche gerade zurück ins Schloss gekommen waren. „Hallo, Mr. Potter. Haben Sie einige Sekunden?", fragte die Journalistin sofort geschäftig. „Ich bin mir sicher, Mr. Potter hat gerade etwas Besseres zu tun. Laufen Sie weiter.", unterbrach Amina sie sogleich mit frostiger Stimme. Die Journalistin zuckte zusammen und lief eilig zu Severus, der einige Meter weiter vorne auf sie wartete. Die Schüler sahen ihnen verwirrt hinterher.

Nachdem sie die Blondine erfolgreich des Schulgeländes verwiesen hatten, setzten sie ihre Rundgänge fort und trafen sich erst kurz vor Mitternacht in der Halle wieder. Viele Lernende waren bereits gegangen. Pünktlich um Mitternacht hörte die Band dann auf zu spielen und räumte mithilfe ihrer Zauberstäbe die Instrumente zusammen. Severus und Amina beobachteten die letzten Teenager, die die Halle verließen, als Albus neben sie trat.

Nun?(22)", fragte er. Der Tränkemeister berichtete dem Schulleiter von Karkaroffs Fluchtplänen, sobald der Dunkle Lord erwacht war. Als Albus fragte, ob Severus auch vorhatte zu fliehen, sahen Amina und er ihn stumm an. Severus verneinte und schenkte dabei auch Amina einen eindringlichen Blick. Diese nickte zufrieden. „Wisst Ihr, manchmal denke ich, wir lassen den Hut zu früh sein Urteil sprechen …(23)", philosophierte ihr Urgroßonkel, bevor er sie allein ließ.

Erst gegen ein Uhr konnten Amina und Severus dort weiter machen, wo sie im Rosengarten unterbrochen wurden.

Am nächsten Morgen verzichtete Amina auf ihren morgendlichen Sport und genoss lieber Severus warmen Körper an ihrem.

Direkt nach dem Frühstück fingen sie wieder mit den Experimenten an. Amina bemerkte, dass Severus nervös war, doch sie kam nicht dahinter, warum. Als sie ihn fragte, sagte er lediglich, dass es wieder das Dunkle Mal sei, dass sich in der Nacht gerührt hatte, doch so richtig glaubte sie ihm nicht.

„So, was kommt als Nächstes?", fragte Amina, nachdem sie die restlichen Materialien eines Schlechte-Laune-Steins aufgeräumt hatte. Es war bereits später Abend, doch ein letztes Experiment würden sie für diese Weihnachten noch durchführen können. „Ich habe da an einen Aufspürtrank gedacht. Perenelle hat mir das Rezept gegeben", antwortete Severus ihr und legte seine Arme von hinten um sie. Sie lehnte sich an ihn. „In Ordnung. Was brauchen wir dafür?", fragte sie. Er zählte ihr die verschiedenen Zutaten auf, ohne auch nur auf eine Notiz zu sehen. Wieder einmal war sie von seinem Gedächtnis beeindruckt.

Sie drehte sich in seiner Umarmung um und küsste ihn. Er erwiderte den Kuss und löste sich dann, um die ersten Zutaten zu holen. Schweigend arbeiteten sie nebeneinander, bis alle Zutaten auf dem Tisch lagen und auf ihre Weiterverarbeitung warteten, die sie als Erstes brauchen würden. Severus gab ihr Anweisungen, welche sie penibel befolgte. Sie war selbst keine Tränkemeisterin und bei Weitem nicht so gut darin wie Severus, doch sie wusste, wie wichtig sehr genaues Arbeiten war und setzte dies auch um.

Nach gut zwei Stunden beugte Severus sich zufrieden über den Kessel. „In Ordnung. Jetzt muss noch je ein Tropfen unseres Blutes in den Kessel, dann ist der Trank fertig.", sagte er. Wieder wirkte er auf Amina ein wenig nervös. Was hatte er denn nur? „Dann machen wir das. Wo hast du das Messer?", fragte sie. „Du hast einen Zauberstab.", antwortete Severus ihr belustigt. „Ja, aber ich zitiere einen der besten Tränkemeister, die ich kenne: Albernes Zauberstabgefuchtel hat beim Brauen nichts verloren!", antwortete sie. Zu oft hatte sie diesen Satz schon während ihrer Diskussionen und gemeinsamen Arbeiten gehört. Er schmunzelte. „Dort auf dem Tisch liegt ein sauberes Messer." Er nickte in die Richtung.

Amina holte das Messer und hörte ein leises Plopp. Als sie sich wieder umdrehte, stand Severus mit ausdrucksloser Miene an den Arbeitstisch gelehnt, da. „Hast du gerade noch etwas in den Trank getan?", fragte sie neugierig und schritt mit dem Messer in der Hand auf ihn zu. „Nein, warum sollte ich?", fragte er und zog eine Augenbraue hoch. Skeptisch musterte sie ihn. Eigentlich hatte er keinen Grund, sie anzulügen, aber sein Verhalten war doch etwas seltsam. Woher kam dieses Geräusch? Oder hatte sie es sich eingebildet?

Sie stach sich mit dem Messer in den Finger und reichte es dann Severus. Er tat es ihr gleich. „Bereit?", fragte er. Sie nickte. Zusammen ließen sie je einen Tropfen ihres Blutes in den Trank fallen.

Dann gab es einen lauten Knall. Überrascht schreckte Amina zurück. Auch Severus hatte seinen Kopf weg vom Kessel gezogen. Der Trank, der gerade noch bis obenhin den Kessel füllte, war verschwunden. Verwirrt trat Amina näher und linste vorsichtig in den Kessel. Am Boden des Kessels lag ein Metallion an einer Kette.

Überrascht sah sie zu Severus. Er hatte seinen Blick auf sie gerichtet und nickte ihr zu. Sie richtete ihren Blick wieder auf die Kette und nahm sie vorsichtig heraus. Sofort, als sie das Schmuckstück berührte, breitete sich ein warmes Gefühl in ihr aus. Sie betrachtete das Metallion genauer. Es war silbern und auf der Klappe waren ein Phönix und eine Hirschkuh abgebildet. Gespickt mit mehreren grünen und blauen Edelsteinen. Amina vermutete, dass es sich um Smaragde und Saphire handelte. Es war wunderschön. Vorsichtig öffnete sie das Medaillon und erstarrte.

Das Innere war schwarz. Bis auf einen silbernen Schriftzug: „Willst du mich heiraten?" Vollkommen überfordert starrte sie die Schrift an.

Erst nach einer guten Minute bemerkte sie, wie Severus neben ihr unruhig wurde. Sie sah ihn in seine schwarzen Augen und lächelte. „Ich würde nichts lieber tun als das.", sagte sie. Er schien einige Sekunden zu brauchen, bis er verstanden hatte, was sie ihm gesagt hatte, doch dann lächelte er auch. Eines seiner seltenen Lächeln und ein solch strahlendes hatte sie noch nie von ihm gesehen. Sie küsste ihn und legte dabei ihre Arme um seinen Hals. In einer Hand hatte sie immer noch das Medaillon. Er hatte seine Hände an ihren Hüften und erwiderte den Kuss so zärtlich, als hätte er angst, sie könnte doch noch Nein sagen.

Erst nach einer gefühlten Ewigkeit lösten sie sich voneinander. Severus nahm ihr die Kette ab und stellte sich hinter Amina, um sie ihr umzulegen. Erneut betrachtete Amina das Medaillon. „Es ist verzaubert.", erklärte Severus leise und umarmte sie von hinten. „Leg deinen Finger auf die Klappe.", wies er sie an. Sie gehorchte und er legte einen seiner Finger auf die Rückseite. Das Medaillon teilte sich und ein silberner Ring mit demselben Motiv und Edelsteinen entstand. Sie nahm ihn in die die Hand und schob ihn kurz entschlossen Severus über den Finger. Dieser lachte leise. Der Ring passte ihm perfekt.

„Nur wir können das Medaillon öffnen und auch nur wir können die Schrift lesen.", erklärte er weiter. „Bei meinem Ring ist es dasselbe. Öffne es.", sagte er. Sie öffnete die Klappe erneut. Die Schrift war verschwunden. Severus umfasste seinen Ring und keine Sekunde später erschien eine Nachricht auf dem schwarzen Untergrund: „Wir können damit kommunizieren." „Du musst einfach einen Finger auf das Medaillon legen und daran denken, was du mir mitteilen willst.", ergänzte er das Geschriebene laut. „Ein Blutzauber.", stellte Amina fasziniert fest. Sie spürte sein Nicken neben ihrem Kopf.

„Nicolas und Perenelle haben mir im Sommer geholfen, es zu entwickeln. Das Aussehen und die Form haben sich unserem Charakter angepasst." „Deshalb hattet ihr so oft die Köpfe zusammengesteckt. Lass mich raten: Aberforth und Albus wussten auch Bescheid. Deshalb seine ganzen Blicke und diese symbolische Geste, als er gestern meine Hand in deine gelegt hat. Und die Friedensangebote von Aberforth." Jetzt verstand Amina, was Severus so nervös gemacht hatte. Was er vor ihr verheimlicht hatte. Er küsste sie auf den Hals.

„Sie hätten nicht so auffällig sein müssen.", grummelte er. „Du warst im Sommer schon so misstrauisch, aber ich wollte den richtigen Moment abwarten und mit ihnen musste ich auch noch reden.", erklärte er. „Du hast ihn um meine Hand gebeten?", fragte Amina und drehe ihren Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können. „Natürlich.", sagte er. „So viel englischen Gentleman hätte ich dir dann doch nicht zugetraut. Du überraschst mich." Sie musste schmunzeln, als er eine Augenbraue hob. „Ich wollte es richtig machen.", antwortete er und sah ihr dabei in ihr Auge. Sie küsste ihn sanft.

„Das hast du. Aber versteh mich nicht falsch, warum hast du mir einen Antrag gemacht? Ich meine du und Lily…" Amina sah ihn mit schiefgelegtem Kopf an. „Lily ist tot, Amina. So sehr mich diese Tatsache auch schmerzt. Du lebst und bleibst trotz allem bei mir. Wenn ich mit jemandem den Rest meines Lebens verbringen will, dann mit dir.", antwortete er ihr ernst und ohne den Blick abzuwenden. Sie wusste, dass er die Wahrheit sprach und war glücklich damit.

„Du bist der beste Mann, den ich mir wünschen könnte.", flüsterte sie. „Noch bin ich nur dein Verlobter.", schmunzelte er. Sie zog belustigt eine Augenbraue hoch. „Hat sich dein Geschlecht verändert seit meinem Ja? Wenn das so ist, muss ich meine Antwort noch mal überdenken. Ich bin nicht so der Typ für gleichgeschlechtliche Beziehungen. Das ist eher Albus' Fall." „Oh, ich werde dir beweisen, dass ich durchaus noch dasselbe Geschlecht habe wie vor unserer Verlobung.", brummte er und fing an ihren Hals zu liebkosen. Es entlockte ihr ein Seufzen. Seine Hand glitt geschickt in ihre Hose und massierte ihre Mitte. Ein Stöhnen entfuhr ihr. Sie hoffte, er würde niemals damit aufhören. Ein gelungenes letztes Experiment, wie sie fand.

Schon am Tag nach Weihnachten hatten sie den Schulleiter und ihren Urgroßvater über ihre Verlobung informiert. Albus war so glücklich, dass er beschloss, ein spontanes Fest abzuhalten, ohne jemandem zu sagen, was genau sie eigentlich feierten.


(22) Rowling J. K., 2007. Harry Potter und die Heiligtümer des Todes. Hamburg: Carlsen Verlag GmbH. Harry Potter. 4. S. 687. ISBN 978-3-551-57777-1

(23) Freies Zitat aus J.K. Rowlings Harry Potter und die Heiligtümer des Todes