Jahr 5
Kapitel 15 - Die Rückkehr
Amina behielt gespannt den Blick auf die hohen Hecken. Bedacht, jedes Gefühl der Champions wahrzunehmen. Drei von ihnen hatten in der ersten Zeit schon ordentlich zu kämpfen. Potter hingegen kam ohne Weiteres hindurch. Es machte sie nervös.
Nach einiger Zeit bemerkte sie einen stechenden Schmerz ausgehend von dem französischen Champion. Man konnte ihren Schrei bis an den Rand des Feldes hören. „Amina, was ist mit ihr?", fragte Albus sie, der neben sie getreten war. „Ein kurzer Schmerz, dann nichts mehr. Sie muss ohnmächtig sein. Sie liegt in der Nähe von Alastors Platz. Er müsste sie finden.", erklärte sie. Albus wirkte zufrieden. Sie konzentrierte sich wieder auf die anderen Champions.
Wieder verging einige Zeit. Die Französin war mittlerweile aus dem Labyrinth geholt worden. Amina bemerkte, wie der Geist von Krum sich veränderte. Er schien in eine Art Rausch gefallen zu sein. Es war, als würde ein Nebel seinen Geist verschleiern. Vielleicht war er einer von Pomonas Pflanzen zum Opfer gefallen. Einige Minuten später ertönten Diggorys Schreie und Amina zuckte zusammen. Sie stürzte zu Albus, welcher sie alarmiert ansah. „Ein Unverzeihlicher. Gesprochen von Krum.", informierte sie ihn leise, aber bestimmt. „Bist du dir sicher?", fragte er geschockt. Sie nickte. Die Schreie hörten auf und der Schulleiter sah sie auffordernd an. „Krum ist ohnmächtig. Potter ist bei Diggory.", sagte sie und sah keine Sekunde später sie die roten Funken. Sie lief wieder auf ihre Position zurück. Die beiden Hogwarts-Champions hatten sich wieder getrennt.
Amina wurde mit jeder Minute nervöser, in der sich die beiden Schüler im Irrgarten befanden. Erst als es schon fast vollkommen dunkel war, trafen die beiden wieder aufeinander. Sie hatten Panik und Potter schien sich verletzt zu haben bei ihrem Aufeinandertreffen. Sie müssten jetzt in der Mitte des Labyrinths stehen. Eigentlich müsste jeden Moment einer der beiden den Pokal berühren, doch nichts geschah. Gute zwei Minuten schienen die beiden sich nicht zu bewegen, bis sie plötzlich weg waren.
Amina zog die Augenbrauen zusammen. Sie hätten noch im selben Moment bei den Tribünen ankommen müssen. Doch sie waren weg. Amina weitete ihre Legilimentik auf den ganzen Irrgarten aus. Nichts. Kein Potter. Kein Diggory. Sie lief zu Albus, der sich gerade leise mit dem Minister unterhielt. „Sie sind weg.", sagte sie alarmiert. Ihr Urgroßonkel runzelte die Stirn. „Wie? Sie sind weg?", fragte der Minister. „Potter und Diggory haben vor einigen Minuten die Mitte des Labyrinths erreicht und sind gerade beide verschwunden. Sie sind nicht mehr im Irrgarten.", erklärte sie ernst. „Bist du dir ganz sicher?", fragte der Schulleiter alarmiert. „Ja. Ich hatte meinen Focus ununterbrochen auf ihnen. Ich habe bereits das Labyrinth miteingeschlossen. In dem Labyrinth ist kein einziger Mensch mehr."
Albus sprang auf. „Wir müssen uns das ansehen!", bestimmte er. „Müssen wir nicht. Wäre etwas geschehen, hätten die beiden rote Funken geschossen. Außerdem kann sich Miss Tahnea auch irren.", sagte der Minister und funkelte Amina dabei böse an. Sie zog eine Augenbraue hoch. „Ich irre mich nicht. Das habe ich noch nie.", erwiderte sie. „Da muss ich Amina zustimmen, Cornelius. Sie hat sich in den ganzen fünf Jahren noch kein einziges Mal geirrt, wenn es um etwas ging, was ihre Fähigkeiten benötigte. Wir sollten auf sie hören.", unterstützte Albus sie. „Nein! Das Turnier wird nicht abgebrochen, nur weil Sie das für richtig halten. Wir werden hier auf die Champions warten.", antwortete Mr. Fudge in gebieterischen Ton.
Sie diskutierten noch einige Zeit mit ihm, als Amina plötzlich bemerkte, wie ihre Halskette warm wurde. Sie öffnete sie schnell. „Er ruft uns. Er ist wieder da.", stand dort. Amina schnappte nach Luft und suchte Severus' Blick. Diesen fand sie schnell. Er nickte und hielt sich möglichst unauffällig den Unterarm. Sie wandte sich zu Albus, der immer noch mit dem Minister diskutierte. „Ich muss Sie beide unterbrechen. Schulleiter, würden Sie mir bitte kurz folgen.", sagte sie betont höflich. „Aber natürlich. Sie entschuldigen, Cornelius.", sagte Albus, lächelte den überrumpelten Minister kurz an und folgte Amina ein wenig abseits.
„Er ist wieder da.", zischte sie. Albus Augen wurden groß und er suchte, wie sie es zuvor getan hatte, mit seinem Blick nach Severus. Dieser saß angespannt und seinen Unterarm haltend immer noch auf der Tribüne. „Der Pokal muss ein Portschlüssel gewesen sein. Hoffentlich überleben die beiden Jungen das.", sprach der Schulleiter vollkommen fassungslos. Amina nickte. „Wir sollten uns jetzt endlich Alastor vornehmen. Er hat den Pokal heute Morgen an seinen Platz gestellt.", sagte sie. Doch zu einer Antwort seitens ihres Urgroßonkels kam es nicht mehr, denn Potter schlug unweit neben ihnen auf dem Rasen auf. Albus stürzte auf ihn zu, während die Musikkapelle anfing, den Hogwarts' March zu spielen.
Zusammen mit den Zuschauenden hatte auch Severus die Tribüne verlassen und trat neben sie. „Der Junge hat mehr Glück als Verstand.", zischte er. Amina spürte seine Erleichterung. „Diggory hatte nicht so viel Glück. Er ist tot.", sagte sie leise zu ihm und wie zur Bestätigung fingen die Umstehenden an zu rufen: „Er ist tot! Diggory ist tot!"
Es entstand Chaos und Amina geriet kurz ins Schwanken. Severus hielt sie an den Schultern fest. „Alles in Ordnung?", fragte er sie leise. „Zu viele Menschen. Zu viele Gefühle.", murmelte sie und fuhr ihre Seromentik hoch, was ihre Legilimentik einschränkte. Als sie ihren Radius auf einen angenehmen Raum verkleinert hatte, stellte sie sich wieder gerade hin. „Es geht wieder.", sagte sie zu Severus, der sie besorgt ansah. Er nickte und lies sie los. Ihr Blick glitt über die Menge. Es war ein unglaubliches Durcheinander entstanden. „Wo ist Potter? Siehst du ihn?", fragte Amina Severus, der noch immer neben ihr stand.
Er ließ den Blick über die Menge schweifen. „Nein.", sagte er. Mr. Bagman versuchte die Leute zurück auf ihre Plätze zu befördern, während Albus bei einem tränenüberströmten Mann stand. Vermutlich der Vater des Jungen. Filius und Hagrid kümmerten sich gerade um den Leichnam. „Alastor ist auch nicht hier.", stellte Amina fest, als sie sich einen Überblick verschafft hatte. „Karkaroff auch nicht. Vermutlich geflohen.", ergänzte Severus. „Wir müssen Mr. Potter finden.", sagte sie und zog ihm am Ärmel zu Albus. Dieser bemerkte sie und überließ den Mann dem Minister. „Amina, Severus, was ist los?", fragte er. „Potter ist nicht da. Alastor auch nicht.", informierte Amina ihn mit eindringlichem Blick und ließ Severus Ärmel los.
Es dauerte einige Sekunden, dann schien dem Schulleiter ein Licht aufzugehen. „Kommt mit.", sagte der Schulleiter bestimmt und lief auch schon in schnellem Schritt los. Minerva schloss sich ihnen nach einigen Metern an. „Ich hätte auf dich hören sollen.", stellte Albus auf dem Weg fest. So wütend hatte sie ihren Urgroßonkel noch nie gesehen. Sie wusste nur nicht sicher, worauf er wütend war. Auf sich selbst oder auf Moody? Er schickte noch einen Patronus los, bevor sie im Gebäude waren.
Vor dem Büro des Verteidigungslehrers angekommen, zögerte Albus nicht lange und sprengte kurzerhand die Tür und traf dabei auch gleich noch den Verteidigungslehrer. Dieser klappte ohnmächtig zusammen. Potter drehte sich überrascht zu ihnen um. Albus und sie gingen auf den Bewusstlosen zu. Der Schulleiter drehte ihn um und starrte ihm ins Gesicht. Amina nahm seinen Zauberstab an sich. Sie hörte wie Minerva auf Potter einredete, er sollte mit ihr in den Krankenflügel kommen, doch Albus widersprach ihr.
Ihr Urgroßonkel redete mit Potter. Anscheinend hatte er den Verdacht, dass Moody gar nicht Moody war. Schnell gab er Anweisungen an Minerva und Severus. Amina selbst sollte Alastor im Auge behalten. Also stand sie mit dem Zauberstab auf ihn gerichtet vor ihm und beobachtete aus dem Augenwinkel, wie ihr Urgroßonkel den Koffer in der Ecke des Zimmers untersuchte. Als er das letzte Schloss öffnete, fand er wohl, was er suchte. Auf der Truhe hatte ein Schutzzauber gelegen, denn Amina spürte einen ihr unbekannten Geist.
Anscheinend lag in dem Koffer der richtige Alastor Moody. Sie besah sich den Falschen genauer. Wenn sie richtig lag, müsste die Wirkung des Tranks bald nachlassen.
Tatsächlich dauerte es noch einige Minuten, bis die Verwandlung einsetzte. Vor ihnen lag ein Mann mit blondem Haar. Sie erkannte ihn. „Bartemius", sagte sie überrascht. Potter starrte sie misstrauisch an. „Er war ein Jahrgang unter dir, nicht wahr?", fragte Albus sie, obwohl er die Antwort schon wusste. Sie nickte. „Er hat sich schon während seiner Schulzeit dem Dunklen Lord angeschlossen. So wie viele andere.", sagte sie. Dann schwiegen sie.
Erst als Severus gefolgt von einer Hauselfe in das Zimmer kam, wurde die Stille durchbrochen. „Crouch!(26)", sagte er überrascht und blieb stehen. „Barty Crouch!(26)" Amina schnaubte. Sie hasste Spitznamen und weigerte sich beharrlich welche zu benutzen. Sie kamen ihr albern vor. Wozu änderte man seinen Namen? Das war, als wäre absolut jeder zu faul sein, den kompletten Namen eines Menschen zu nennen.
Minerva, die hinter Severus stand, zeigte eine ähnliche Reaktion wie er selbst. Die Hauselfe stürmte auf dem Mann zu und beschuldigte die Anwesenden, ihn umgebracht zu haben. Amina zog eine Augenbraue hoch. Woher kannten sich die Hauselfe und der Zauberer? Sie nannte ihn Meister, also musste sie ihm dienen. Doch was machte sie dann in Hogwarts?
Severus übergab Albus das Fläschchen mit dem Veritaserum, dann stellte er sich neben sie. Seine Hand streifte kurz ihre.
Das Geständnis des blonden Todessers war ausgiebig. Er hatte Potter die ganze Zeit geholfen, damit dieser am Ende des Turniers auf den Dunklen Lord treffen würde. Er erzählte, wie sein Vater ihn aus Askaban schmuggelte und unter den Imperius-Fluch stellte. Was genau bei der Weltmeisterschaft passierte und auch, wie die Hauselfe mit in die Geschichte passte. Diese bettelte ihn immer wieder an nichts mehr zu sagen, doch der Trank zwang ihn trotz seiner hervorragenden Okklumentik. Anscheinend hatte er nicht die Kraft, sich direkt nach einer Ohnmacht dagegen zu wehren.
Als er endete, stand Albus auf und gab weitere Anweisungen. Amina sollte mit ihm und Potter in sein Büro kommen, während Minerva den Todesser bewachte und Severus Poppy und den Minister verständigte. Sie lief stumm hinter den beiden her. Im Büro trafen sie dann auf Black, welcher sofort zu dem Schwarzhaarigen stürmte. Er erzählte nach einer kleinen Diskussion mit Black, was auf dem Friedhof, auf den der Portschlüssel ihn gebracht hatte, passiert war. Es bestand keinen Zweifel, dass er die Wahrheit sagte. Der Dunkle Lord hatte gerufen und viele waren seinem Ruf gefolgt. Amina machte sich Sorgen um Severus. Er war ebenfalls frei und war nicht sofort zu ihm gekommen. Sie hoffte, dass der Dunkle Lord seine Begründung akzeptieren würde. Sonst wäre es vermutlich sein Tod.
Nach der ausführlichen Erklärung liefen sie alle vier zum Krankenflügel, Black in seiner Hundegestalt. Im Krankenflügel wurde Potter sogleich von einer Horde Weasleys und Granger überfallen. Amina hielt sich im Hintergrund und wartete darauf, weitere Anweisungen zu bekommen.
Doch sie bekam keine, sondern folgte ihrem Urgroßonkel wenige Minuten später aus dem Krankenflügel. „Noch heute werden wir die ehemaligen Mitglieder des Ordens kontaktieren. Wir können damit nicht bis morgen warten.", sagte er leise. Sie nickte. Mit so etwas hatte sie bereits gerechnet.
(26) Rowling J. K., 2017. Harry Potter und der Feuerkelch. Schmuckausgabe. Hamburg: Carlsen Verlag GmbH. Harry Potter. 4. S. 423. ISBN 978-3-551-55904-3
