Jahr 6

Kapitel 3 - Potters Ankunft

„Er hat seinen Posten verlassen für irgendwelche zwielichtigen Geschäfte!", sagte Albus mit wütender Stimme. Amina saß zusammen mit einigen anderen Ordensmitgliedern zum Tee in der Küche. Vor einigen Minuten war ihr Urgroßonkel ins Hauptquartier gestürmt gekommen, rot vor Wut. Er erzählte, dass Potter und sein Cousin von Dementoren angegriffen wurden. Mundungus hatte ihn informiert.

„Geht es Harry gut?", fragte Remus besorgt. „Ja, Arabella hat ihn nach Hause begleitet. Wir werden ihn hierherholen, so bald, wie möglich.", beschloss Albus. „Amina, du wirst ihn im Auge behalten. Er darf das Haus unter keinen Umständen verlassen. Mit Ausnahme der Anhörung.", wies er sie an. Sie nickte. „Wann sollen wir ihn holen?", fragte Sirius begeistert. „Du gar nicht, Black.", stellte Amina fest. Dieser funkelte sie böse an. „Und wa…", weiter kam er nicht. „Amina hat Recht, Sirius. Es wäre leichtsinnig, dich mitzunehmen. Du bist immer noch ein gesuchter Verbrecher.", sagte Alastor. „Alastor, du wirst die Operation leiten. Nimm dir so viele Leute, wie du denkst.", sagte Albus, noch immer rot im Gesicht. So sauer hatte sie ihn zuletzt bei dem Quidditch-Spiel gesehen, als die Dementoren auf dem Spielfeld waren.

Amina verließ nach der spontanen Versammlung die Küche. Sie würde mit ihren Experimenten weitermachen. Die Zwillinge durften ihr seid einigen Wochen immer mal wieder helfen, wenn sie einen oder zwei Assistierende brauchen konnte. Severus sah sie nur, wenn es ein Ordenstreffen gab, was jedoch mehrmals in der Woche der Fall war. Er begleitete sie meist noch in ihr Zimmer und verbrachte dort einige Stunden mit ihr, bevor er wieder gehen musste. Vor allem Granger und der jüngste Weasley-Sohn waren ihr gegenüber sehr misstrauisch. Seitdem sie erfahren hatten, dass Severus und sie zusammen waren, fühlten sie sich in ihren Verdacht, Amina gehöre nicht zu den Guten, bestätigt.

Am sechsten August holten Moody und acht weitere Mitglieder des Ordens Potter. Albus nutzte die Gelegenheit, um für diesen Tag noch ein Ordenstreffen zu planen. Bis es so weit war, experimentierte Amina weiter an dem Gegenmittel für die Todesser-Bomben, die sie vor einigen Tagen mit den Zwillingen fertigstellen konnte. Die beiden hatten sie angefleht, dabei sein zu dürfen, wenn sie die Bombe an Severus ausprobierte, doch sie hatte sie kurzerhand aus dem Labor geworfen. Die Bombe wirkte so gut, dass Severus mehrere Stunden ohnmächtig war. Wie er ihr später berichtete, hatte der Dunkle Lord nichts davon mitbekommen, was den Orden einen ungeheuren Vorteil einbrachte.

Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie in ihrer Arbeit. „Herein.", sagte sie und Ronald Weasley öffnete die Tür. „Professor Dumbledore schickt mich. Ich soll Sie zur Besprechung holen.", erklärte er mit offener Abneigung in der Stimme. Sie nickte und legte ihre Aufzeichnungen beiseite. „Sind Mr. Potter und die anderen schon zurück?", fragte sie ihn, obwohl sie die Antwort bereits kannte. „Als wüssten Sie das nicht schon längst!", giftete er sie an. Sie hob eine Augenbraue. „Woher sollte ich das Ihrer Meinung nach wissen, Mr. Weasley?", fragte sie gelangweilt und lief auf ihn zu. „Sie scheinen ja irgendwie alles zu wissen."

„Zum Beispiel, dass Sie und Ihre Geschwister mal wieder eine Besprechung belauscht haben? Seien Sie doch einfach froh, dass ich Sie nicht schon bei Ihrem ersten Versuch aufgehalten habe." Sie schloss die Tür hinter sich. Verdutzt starrte der Weasley sie an. „Ich bin sehr aufmerksam, Mr. Weasley aber nicht allwissend." Mit diesen Worten beendete sie das Gespräch und lief hinunter in die Küche.

In dieser warteten bereits einige Ordensmitglieder, darunter auch Severus und Albus. Sie begrüßte alle mit einem knappen nicken und setzte sich dann neben Severus. Dieser legte ihr zur Begrüßung eine Hand auf den Oberschenkel. Es wurden bereits die Dienstpläne der nächsten Tage erstellt und weitere Kleinigkeiten besprochen, für die die Abwesenden nicht gebraucht wurden. Nach etwa einer halben Stunde nahm Amina die zehn Personen wahr.

„Sie kommen.", informierte Amina in einer Gesprächspause. „Wie weit sind sie noch entfernt?", fragte Albus. „Sie landen gerade." „In Ordnung. Dann warten wir auf die anderen, bevor wir weiter machen.", beschloss er. „Wie geht es Harry?", fragte er. „Hauptsächlich ist er verwirrt und wütend." „Verstehe." Ihr Urgroßonkel nickte bedächtig. „Das kann man ihm nicht verübeln. Er erfährt absolut nichts!", empörte sich Sirius. „Er ist ein Kind, Sirius. Findest du nicht, er hat schon genug durchgemacht? Willst du ihn wirklich jetzt auch noch in den Orden lassen?", fuhr Molly ihn an. Amina lehnte genervt ihren Kopf an Severus Schulter. Dieser legte sofort einen Arm um ihre Mitte. Das Thema Potter war bei den beiden immer ein Streitpunkt.

Im Flur hörte man Schritte. Molly unterbrach die Diskussion und eilte den Neuankömmlingen entgegen. „Amina, ich finde, wir sollten heute ausnahmsweise unter uns sein. Würdest du…?" Albus blickte vielsagend auf die Tür. Amina hob ihren Kopf von Severus Schulter, fing ihren Zauberstab und richtete ihn auf die Tür. Zwei Zauber später steckte sie ihn wieder weg. „Danke." Ihr Urgroßonkel lächelte sie an. „Du weißt, dass Unwissenheit manchmal mehr Schaden anrichtet als gefährliches Wissen, oder?", fragte sie ihn ruhig. „Ja, das ist mir bewusst. Trotzdem halte ich es für besser, Harry so lange wie möglich aus der Sache rauszuhalten." „Wie du meinst.", sagte sie, nicht ganz überzeugt.

Nach dem Ordenstreffen traten alle in den Eingangsbereich. Amina wusste, dass die Teenager an Oberen Treppengeländer standen und vermutlich hofften, noch etwas mitzubekommen. „Sie stehen oben.", flüsterte sie Severus ins Ohr, welcher dicht neben ihr stand. Er nickte und strich ihr zum Abschied über die Wange. Sie waren beide keine Freunde von der Zurschaustellung von Zuneigung im Beisein von anderen und diese Geste schien ein guter Kompromiss geworden zu sein. Amina erwiderte sie. „Wir sehen uns morgen.", sagte er, bevor er mit den anderen zusammen das Haus verließ. Molly und Tonks verriegelten die Tür hinter ihnen, während Amina sich wieder in die Küche begab.

„Sie sollten die Karten wegräumen.", sagte sie zu den beiden Weasleys, die immer noch über den Gebäudeplänen des Ministeriums brüteten. Sie hörten Geschrei von oben. Das Bild von Blacks Mutter war wieder aufgewacht. Amina war kurz davor, das Bild mit einem Schweigezauber zu belegen, doch Blacks wütende Reaktion hielt sie bis jetzt davon ab. Sie konnte ihn nicht leiden und er sie ebenfalls nicht. Dementsprechend würde sie ihm auch nicht von sich aus bei solchen Problemen helfen. Sie zog ihre Unterlagen aus ihrer Hosentasche und ging diese durch. Sie würde in den kommenden Tagen ein mögliches Gegenmittel herstellen und wollte dabei keine Fehler in ihren Aufzeichnungen.

Einige Minuten später betraten die Teenager und die beiden Erwachsenen die Küche. Molly räusperte sich, um Mr. Weasley und seinen Sohn auf sie aufmerksam zu machen. Diese hatten die Unterlagen nicht weggeräumt, wie sie ihnen geraten hatte und fingen jetzt hastig damit an. Gleichzeitig begrüßten sie den Schwarzhaarigen.

„Professorin! Sie könnten Ihre Unterlagen auch wegpacken!", schimpfte Molly. „Wenn Mr. Potter diese Unterlagen verstehen würde, müsste er nicht mehr nach Hogwarts.", winkte sie ab und machte mit ihrer Feder eine Notiz auf dem Pergament. „Davon ist er Welten entfernt.", ergänzte sie dann. „Charmant, wie ein Nundu-Rülpser, Professorin.", grinste einer der Zwillinge. Sie ging nicht darauf ein.

„Setz dich, Harry.(29)", sagte Sirius zu seinem Patenkind und Potter setzte sich neben Amina. Black weckte Mundungus, der sogleich eine Unterhaltung mit dem Teenager anfing. „Wenn Ihr noch vor Mitternacht essen wollt, könnte ich ein wenig Hilfe gebrauchen!(29)", sagte Molly gebieterisch. Amina steckte ihre Unterlagen weg und stand auf. „Ich helfe Ihnen.", sagte sie ruhig und lief zu Molly. „Ah, vielen Dank.", strahlte die Weasley sie an und sagte ihr, wie sie das Gemüse zu schneiden hatte. Sie fing an und verzauberte einige Messer, bevor sie sich eines nahm und von Hand schnitt. Die anderen, darunter auch die schusselige Tonks, halfen beim Tisch decken oder Vorräte holen.

Lediglich Black, Mundungus und Potter blieben sitzen und unterhielten sich weiter. Amina achtete nicht auf sie, bis Severus Name fiel. „…, lass all die hämischen Andeutungen über mich ergehen, dass er dort draußen sein Leben riskiert, während ich hier auf dem Hintern sitze und es mir hübsch gemütlich mache…(29)" „Damit hat er nicht unrecht, Black.", mischte sich Amina ein. „Halt dich da raus, Tahnea! Nur weil du mit ihm ins Bett steigst, muss er nicht automatisch recht haben.", fauchte er sie an. „Dann tust du also noch etwas anderes außer Putzen wie die Kinder? Das muss mir entgangen sein.", erwiderte sie gelassen.

„Was sollte ich denn deiner Meinung nach, tun?", fragte er sie wütend. „Ich könnte immer noch ein Versuchskaninchen brauchen. Wolltest du nicht auch dein Leben riskieren? Ansonsten hast du dir selbst die Optionen genommen durch dein unbedachtes Handeln.", antwortete sie und übergab Molly das letzte geschnittene Gemüse. „Wartet mal, Putzen?", mischte sich Potter in den Streit ein. Black antwortete ihm geduldig.

Amina setzte sich wieder auf ihren Platz. Gerade als die Zwillinge das Essen und einige Gegenstände auf den Tisch zu zaubern versuchten. Mit eher mäßigem Erfolg. Amina hob die Augenbraue. „Zum Glück muss ich hier keine Noten vergeben.", murmelte sie. „Ach, Professorin. So schlimm sind wir doch gar nicht.", grinste der eine Zwilling. „In Alltagszaubern sind Sie beide grottig.", sagte sie und zeigte auf die Brandspur auf dem Tisch, die der Kessel bei seinem Versuch, auf dem Tisch zu landen, hinterlassen hatte. „Sie sind bestimmt auch nicht in allem Gut.", sagte der andere Zwilling beleidigt.

„Stimmt aber haben Sie jemals bemerkt, in was ich nicht gut bin?", fragte sie. „In Höflichkeit, Feingefühl und Männergeschmack?", fragte der eine sofort. Sie warf ihnen einen vernichtenden Blick zu. „Nein, Weasleys! Ich bin sehr wohl höflich, nur eben nicht nett. Da ist ein Unterschied. Feingefühl setzen sie mit Empathie gleich, nehme ich an? Dann ignoriere ich es einfach, heißt aber nicht, dass ich es nicht bemerke, und für meinen Männergeschmack muss ich mich vor meinen Lernenden sicher nicht rechtfertigen. Worauf ich hinaus wollte, ist, dass man etwas nicht tut, wenn man es nicht kann. Wenn Sie keine Alltagszauber beherrschen, dann benutzen Sie sie nicht und keiner wird Ihre Unzulänglichkeit auf diesem Gebiet bemerken.", erklärte sie ihnen. Die Zwillinge nickten.

„Das heißt, wir sollen keine Schwäche zeigen?", fragte der eine ungewöhnlich ernst. Sie nickte. „Hier ist es nur ein Topf, der ein wenig zu viel Schwung hatte, aber wenn Sie zum Beispiel in einem Kampf zeigen, dass Sie den Zauber, den Sie ausführen wollten, nicht beherrschen, dann kann Ihr Gegner Sie zwingen, solche Zauber zur Abwehr benutzen zu müssen. Das könnte Ihnen den Sieg kosten. Oder ein weniger dramatisches Beispiel: Eine Lehrkraft wird Ihnen genau dafür eine schlechte Note geben, anstatt eine gute für das andere, was er gesehen hat. Schlechte Leistungen ziehen immer mehr Aufmerksamkeit auf sich als gute.", erklärte sie weiter. Beide nickten. „Deshalb kennt uns auf der Schule jeder.", grinste der eine dann. „Sie haben es begriffen.", stellte Amina fest.

Nach dem Essen verließ Amina die Küche. Sie war sich sicher, dass es noch ein langes Gespräch mit Potter geben würde und auf dieses hatte sie nur wenig Lust. Lieber stattete sie dem Hippogreif einen Besuch ab.


(29) Rowling J. K., 2003. Harry Potter und der Orden des Phönix. L. Hamburg: Carlsen Verlag GmbH. Harry Potter. 5. S. 101. ISBN 978-3-551-55555-9