Kapitel 117
Vernunft
geistige Fähigkeit des Menschen, Einsichten zu gewinnen, sich ein Urteil zu bilden, die Zusammenhänge und die Ordnung des Wahrgenommenen zu erkennen und sich in seinem Handeln danach zu richten
Hermione fand ihre Mutter in der Küche, als sie hinunterging. Sie stand am Fenster und hielt ihr leeres Cocktailglas in der Hand, während sie gedankenverloren aus dem Fenster sah. Als sie Hermione hörte drehte sie sich um.
„Hi, Mum", sagte sie und lächelte sie etwas verlegen an. Ihr Mutter war im ersten Moment überrascht, erwiderte dann aber das Lächeln.
„Hi Mione."
Hermione nickte und ihre Mutter hob ihr leeres Glas.
„Auch einen?", wollte sie wissen.
„Was ist das?", fragte Hermione an ihre Mutter.
„Aperol Spritz. Obwohl, der ist mit Wasser und Zitrone anstatt mit Prosecco. Wie nennt man das dann? Ich bin nichtmehr auf dem Laufenden bei diesen Modegetränken."
Hermione zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Aber ich nehme auch einen."
Ihre Mutter kicherte leise und holte ein zweites Glas hervor. Gab einen ordentlichen Schluck aus der Aperolflasche in beide Gläser und füllte sie mit Sprudelwasser voll. Sie presste noch etwas Zitronensaft rein und ließ ein paar Eiswürfel hineinplumsen.
„Minze musst du dir einbilden", sagte sie. „Der Gärtner hat sie rausgerissen."
„Kein Problem", sagte Hermione und zückte ihren Zauberstab. Sie nahm ein paar Weintrauben aus dem Obstkorb und verwandelte sie in Minzblätter, bevor sie sie in die Cocktailgläser fallen ließ.
„Wozu hast du eine Hexe zur Tochter."
Ihre Mutter sah in die Gläser und musterte die Minze mit sonderbarem Blick.
„Es ist schon ziemlich praktisch", gab sie dann zu und reichte Hermione ihr Glas. Diese musste ebenfalls lächeln.
„Dein Freund, ist auch ein Zauberer?", fragte ihre Mutter, als sie sich wieder ins dunkle Wohnzimmer setzten.
„Ja", sagte Hermione und zögerte einen Moment. Sie wollte sich mit ihrer Mutter unterhalten, dann musste sie auch mehr sagen als nur das nötigste.
„Draco Lucius Malfoy", fügte sie hinzu und musste grinsen, als sie fortfuhr. „Earl von Lacock und einziger Erbe der reichsten reinblütigen Zaubererfamilie Großbritanniens. Er ist ein versnobter arroganter Mistkerl und ich liebe ihn ziemlich."
Hermione wusste nicht was für eine Reaktion sie von ihrer Mutter erwartet hatte, doch diese begann breit zu Grinsen und ertränkte ihr Lachen in ihrem Glas.
„Du bist eindeutig meine Tochter. Ein erfolgreicher Profisportler und jetzt ein adliger Millionärssohn. Du hältst mit deinen Ansprüchen nicht hinterm Berg."
Jetzt musste auch Hermione grinsen. „Es gab noch den armen Scherzartikelladenbesitzer. Aber der hat es nicht lange mit mir ausgehalten. Hatten zu unterschiedliche Ansprüche."
Jetzt musste ihre Mutter lachen und Hermione stimmte mit ein. Versonnen sah ihre Mutter sie an.
„Er macht dich glücklich", stellte sie fest.
„Merkt man das?", fragte Hermione und ihre Mutter nickte. „Natürlich. Früher wärst du nie runter gekommen, um mit mir zu reden. Er hat einen guten Einfluss auf dich."
Hermione lächelte in ihr Glas und nippte an ihrem Drink.
„Früher hättest du mir auch nie einen Cocktail angeboten."
„Wahrscheinlich", gab ihre Mutter zu. „Aber du wirst langsam erwachsen, da darfst du auch weit nach Mitternacht noch Cocktails mit deiner alten Mutter trinken."
„So alt bist du auch nicht", sagte Hermione und musste daran denken, dass Draco ihre Mutter heiß fand.
„Aber es ist lange her, dass ich Gesellschaft bekommen habe. In solchen Momenten vermisse ich Monika am meisten."
Hermione musterte ihre Mutter und bemerkte den schmerzlichen Gesichtsausdruck. Manchmal vergas sie solche Details. Aber Monika war die beste Freundin ihrer Mutter gewesen. Hatte ihre Eltern einander vorgestellt. Ihre Mutter war bei Monikas Beerdigung so am Boden zerstört gewesen. Hermione erinnerte sich kaum daran, wie ihre Mutter reagiert hatte. Ihr eigener Schmerz war zu groß gewesen.
„Ich vermisse sie auch", gab Hermione zu.
Ihre Mutter sah aus dem Fenster und begann plötzlich zu grinsen.
„Sie hat sich nie um Konventionen geschert, hätte euch beide beim Sex gestört nur um herauszufinden in welcher Stellung ihr vögelt", sagte ihre Mutter und nahm noch einen Schluck von ihrem Getränk.
Hermione musste schnauben. Tante Monika war schon verdammt verrückt gewesen. Sie wusste nicht, ob sie das wirklich getan hätte, aber wahrscheinlich war es ihr zuzutrauen gewesen. Hermione sah den abwesenden Blick ihrer Mutter, wie sie aus dem Fenster sah und einen Moment fragte sie sich wie ähnlich sich ihre Mutter und Monika gewesen waren. Sie hatte sie immer als grundverschiedene Wesen angesehen. Monika war lustig und witzig und verständnisvoll gewesen und ihre Mutter irgendwie streng und ernst und besorgt. Ihre Mutter war immer besorgt um sie gewesen, weil sie eine kranke Tochter gehabt hatte.
Aber wer war Barbara Granger, wenn sie keine Mutter war. Hermione hatte nie darüber nachgedacht. Sie versuchte sich an die letzten Jahre zu erinnern. Wie war ihre Mutter da gewesen, nachdem sie wusste, dass sie gesund war. Wenn Hermione ehrlich war, dann wusste sie es nicht. Sie hatte sie immer abgewiesen. Ihr nur knapp geantwortet. Nur so lange wie sie musste ertragen, um ihrer Anwesenheit wieder so schnell wie möglich zu entkommen.
Als Kind hatte sie immer den stummen Vorwurf gespürt die wertvolle Zeit ihrer Mutter in Anspruch zu nehmen, wenn wieder etwas Komisches passiert war. Immer hatte ihre Mum alles stehen und liegen gelassen, um nach ihr zu sehen. Hermione hatte sich immer schuldig gefühlt. Sie hatte das nie gewollt.
Später war da der Vorwurf gewesen. Ihr Vorwurf ihrer Mutter gegenüber ihr nicht geglaubt zu haben. Irgendwie dafür verantwortlich gewesen zu sein, dass sie in die Psychiatrie gekommen war. Wahrscheinlich würde sie es ihr niemals vollkommen verzeihen können. Aber eines hatte ihre Mutter immer getan. Sie hatte sie immer geliebt. Vorbehaltlos und aufopfernd. Egal was sie getan hatte, ihre Mum war immer für sie da gewesen. Nur sie selbst war es gewesen, die diese Nähe irgendwann nichtmehr ertragen hatte. Weil dort immer der Schmerz gewesen war, eben keine perfekte Tochter zu sein. Sie würde es nie sein.
„Ich habe dich lieb, Mum und ich hab dich vermisst, deshalb sind wir hier", sagte sie und ihre Mutter sah sie wieder an. Ihre Lippen zucken, dann lächelte sie sanft.
„Ich habe dich auch lieb Mione. Und ich bin so stolz auf dich. Eine richtige kleine Hexe bist du geworden." Sie hob ihr Glas und meinte wahrscheinlich die Minze.
„Ich mag Zauberei einfach. Es ist einfach nur magisch." Hermione lächelte ihre Mutter ebenfalls an. Sie dachte an Hogwarts, den Unterricht, alles, was sie gelernt hatte und an Draco. Draco, bei dem Magie so selbstverständlich wirkte, die die Luft zum Atmen. „Leider löst Magie nicht alle Probleme. Ich wünschte alles wäre so einfach zu hexen wie ein Blatt Minze. Manchmal macht Magie das Leben auch komplizierter."
„Klingt schwierig", sagte ihre Mutter und Hermione zuckte mit den Schultern. Sie zog die Beine an und blickte in ihr Glas. Beobachtete die Eiswürfel dabei, wie sie die Minze einkesselten.
„Mum, hattest du jemals das Gefühl dich in den falschen verliebt zu haben? Das es das Leben einfach unnötig kompliziert macht."
„Ist es wegen Draco?", fragte ihre Mutter und musterte sie besorgt.
„Ja", gab sie zu. „Draco ist einer von den bösen Jungs." Hermione musste schwach lächeln bei der Aussage. „Er ist einer von denen die, die einem sagen, dass sie dir irgendwann das Herz brechen und du dich trotzdem auf sie einlässt, weil du es in Kauf nimmst, dass dein Herz in tausend Teile zerspringt, nur um noch einen Moment länger bei ihm zu sein."
„Keiner kann dein Herz in tausend Teile zerspringen lassen, wenn du es nicht zulässt", sagte ihre Mutter und ein paar Eiswürfel in ihrem Glas klirrten als sie aneinander stießen.
„Hast du jemals jemanden auf eine so verrückte waghalsige Art geliebt, dass dir jegliche Vernunft egal war? Das es dir egal war, ob es ein Morgen oder ein Gestern gibt, Hauptsache du konntest mit ihm zusammen sein?"
Ihre Mutter schnaubte leise und sah in ihr Glas. Dann schlich sich ein fast schon bitteres Lächeln auf ihre Lippen.
„Ja", sagte sie schlicht.
„Was ist passiert?", wollte Hermione wissen.
Ihre Mutter zuckte mit den Schultern, nippte an ihrem Drink.
„Ich habe ihn verlassen."
„Warum?"
Ihre Mutter seufzte tief und sah wieder aus dem Fenster. Hermione glaubte schon fast sie würde ihr nicht antworten, als sie sich ihr zuwandte.
„Sein Leben war, sagen wir schwierig. Er hatte falsche Freunde. Hat sich in Dinge verwickeln lassen, die nicht gesund waren. Hat immer am Limit gelebt und er wollte das so. Immer hat er den Adrenalinrausch gesucht. Ich meine das Leben mit ihm war spannend. Ich habe mich nie lebendiger gefühlt als damals."
Ihre Mutter lächelte schwach.
„Dann habe ich deinen Dad kennengelernt. Dein Dad ist liebevoll und vernünftig. Ein durch und durch herzensguter Mensch. Dazu war er reich und ich kam aus armen Verhältnissen. Ich habe damals vor der Entscheidung gestanden welchen Weg ich einschlage. Und auch schon damals hat es sich wie ein Wendepunkt angefühlt. Ich habe den vernünftigen langweiligen reichen Mann genommen. Ich dachte mir, dass es das Beste für mich ist, dass es sich irgendwann richtig anfühlen wird. Aber meistens fühlt es sich noch immer so an. Vernünftig und langweilig. Obwohl meine Tochter eine gar nicht so langweilige Hexe ist."
Hermione starrte ihre Mutter einen Moment überrumpelt an. Mit so einer Antwort hatte sie nicht gerechnet. Sie hatte nicht geahnt, dass ihre Mutter so dachte.
„Bereust du es?", fragte sie und sie wusste nicht, warum sie das zuerst fragte. Warum sie nicht fragte, ob sie ihren Dad überhaupt lieben würde. Aber vielleicht kannte sie die Antwort darauf. Natürlich liebte sie ihn, aber eben nicht auf die gleiche aufregende willenlos machende Art, die sie diesen anderen Mann geliebt hatte. Hermione wünschte sich, dass sie es nicht verstehen würde. Diesen berechnenden Gedankengang der dahintersteckte. Aber sie verstand ihn ziemlich gut. Sie hatte den Gleichen gehabt. Langweilig und sicher und geborgen. So war Ron im Gegensatz zu Draco, der aufregend und gefährlich und leidenschaftlich war.
„Manchmal. Manchmal hadere ich mit mir und frage mich wie mein Leben gewesen wäre", sinnierte ihre Mutter. „Aber die Wahrheit ist auch, dass es nur der idealisierte Wunsch einer anderen Entscheidung ist. Ich kann nicht wissen, wie mein Leben geworden wäre. Ich bin glücklich hier, Mione. Mit dir und deinem Dad in einem langweiligen Haus und langweiligen Vorstandssitzungen. Es gibt Tage, da empfinde ich es als unerträglich. Aber meistens bin ich zufrieden damit."
„Ich verstehe", sagte Hermione und sie wusste, es wäre besser, wenn sie es nicht verstehen würde. Es war wie eine Entscheidung zwischen Ron und Draco. Ihre Mutter hatte Ron gewählt. Was würde sie tun? Aber würde sie überhaupt einen von beiden wählen?
„Mum, was wenn ich kein Muggel sein will?", fragte sie und kniff die Lippen zusammen. „Ich weiß, dass Zauberei gefährlich ist und die Zaubererwelt gefährlich ist und ich mein Leben in Gefahr bringe. Aber ich weiß nicht, ob ich nochmal ein Muggel sein kann. Ich will nicht so sein wie früher."
„Mione, du wirst nie wieder so sein wie früher. Egal wo du bist, du bist immer du selbst."
Hermione sah auf ihr Glas, schwenkte die Eiswürfel. Es war nicht die Frage gewesen die sie wirklich beschäftigte. Es gab etwas anderes, aber sie wusste nicht, wie sie es ihrer Mutter verständlich machen sollte.
„Ich habe Angst um Draco", begann sie zögerlich. „Er sitzt zwischen den Stühlen und mich zu lieben kann ihn umbringen. Trotzdem ist er bereit für mich zu kämpfen. Dafür zu Kämpfen das ich das Recht habe eine Hexe zu sein."
Hermione schluckte und sie spürte wie sich ein Klos in ihrem Hals bildete.
„Ich will nicht schuld daran sein, dass er stirbt, nur weil ich eine Hexe sein will." Da war es raus und wahrscheinlich war es ein komplett irrationaler Gedanke. Der Krieg geschah, egal wer sie war und was sie wollte. Aber der Gedanke Draco könnte sterben, nur weil er sich entschloss, sich gegen Voldemort zu stellen, erschien ihr unerträglich. Schlimmer als bei Harry oder bei Ron oder bei sonst jemanden. Weil sie verantwortlich dafür war, dass Draco sich gegen Voldemort stellen wollte.
„Mione", sagte ihre Mutter und setzte sich neben sie. Hermione konnte nicht verhindern, dass der Klos immer größer wurde.
„Ich fühle mich so hilflos, Mum. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Was die richtige Entscheidung ist."
Ihre Mutter zog sie in ihre Arme und drückte sie fest, als würde sie weglaufen wollen.
„Ich hab Angst um dich, wenn du dort wieder hin gehst, das weißt du. Wahrscheinlich ist es normal Angst zu haben, wenn man mit Dingen zu tun hat die man nicht kennt. Aber egal was ist, du musst bei deiner Entscheidung auf niemanden Rücksicht nehmen. Es ist dein Leben und du musst es so leben, dass es dich glücklich macht."
„Aber ich habe Angst, dass mir alles entgleitet. Hier zu sein zeigt mir wie normal hier alles ist. Die Zaubererwelt ist nicht normal. Draco ist nicht normal. Sie haben ihm schreckliche Dinge angetan und ich habe Angst, dass noch mehr schreckliche Dinge passieren und ich nichts dagegen tun kann."
„Mione, es ist nicht deine Aufgabe alle Schrecklichen Dinge auf der Welt zu korrigieren."
„Aber wenn ich es nicht tue, wer macht es dann?", platze es aus Hermione heraus. Sie wusste nur zu gut, dass keiner ihren Platz einnehmen würde, wenn sie gehen würde. Es gab niemanden der ihren Platz einnehmen konnte.
„Jemand anderes. Es wird immer jemand anderes geben."
„Und was, wenn es keinen gibt? Manchmal passieren Dinge, schreckliche Dinge und wenn du selbst nichts tust, dann wird es keiner für dich tun. Ich will nicht sterben, ich will nicht das Draco stirbt."
„Mione", sagte ihre Mutter und setzte sich jetzt neben sie. „Niemand wird sterben."
Hermione schüttelte nur den Kopf.
„Mum, du verstehst das ganze Ausmaß der Situation nicht. Wir haben Krieg und Draco ist mittendrin. Ich bin mittendrin"
Sie spürte wie der Knoten platze und sie nicht verhindern konnte, dass sie begann zu Zittern.
„Sie haben Draco gezwungen einen Menschen zu ermorden, da sie sonst ihn töten würden. Sein Großvater wurde vor seinen Augen quasi hingerichtet, seine Mutter vergewaltigt, sein Vater sitzt im Gefängnis, weil er den Menschen geholfen hat, die gerade seine Familie zerstören. Trotzdem liebe ich ihn. Und es ist Wahnsinn ihn zu lieben. Aber wenn ich bei ihm bin, fühlte ich mich das erste Mal in meinem Leben so, als würde ich irgendwo dazugehören. Als würde ich zu ihm gehören. Er weiß auch dass es verrückt ist, weil alle aus seiner Familie mich töten würden, nur weil ich bin, wer ich bin. Weil ich keine Zaubereltern habe. Das wir uns lieben, dass wir zusammen ein wollen, das ist absoluter Wahnsinn und es macht mich verrückt. Ich habe das Gefühl verrückt zu werden, weil der Gedanke ihn zu verlassen schlimmer ist, als der Gedanke in diesem Krieg zu sterben."
Sie hatte Angst. Sie hatte wahnsinnige Angst und hier zu sein. Bei ihrem Eltern, an diesem Ort, machte ihr klar wie furchtbar die Situation tatsächlich war. In Hogwarts war sie bei Harry der irgendwie Teil des Krieges war. Bei den Weasleys, die im Widerstand waren, war sie auch nah am Krieg. Auch Draco war stets darauf bedacht vorsichtig zu agieren, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Die Schutzzauber die sie jeden Zyklus, wenn sie das Hogwarts verließen auf sich sprachen hatten schließlich einen Grund. Dies war ihre Zauberwelt und dort war es normal im Krieg zu leben, weil es alle taten. Es verfolgte sie jeden Moment. Aber hier zu sein bei ihrer Muggelfamilie, wo keiner Angst hatte, wo nicht jeder der durch die Tür kam nach einem Codewort gefragt wurde. Hier erschlug sie die Wucht der Gewalt und rüttelte an den Grundfesten ihrer Realität.
„Du wirst nicht sterben. Niemand wird dir was tun. Du wirst hier bleiben und in Sicherheit sein. Es gibt keinen Grund zurück zu gehen und sich in Gefahr zu bringen." Die Stimme ihrer Mutter klang seltsam hoch.
„Sie brauchen mich. Draco braucht mich und Harry braucht mich. Ich will nicht weglaufen!", sagte Hermione und machte sich los.
„Sei doch vernünftig. Was kannst du schon ausrichten", sagte ihre Mutter aufgebracht. Energisch rieb Hermione sich die Tränen aus den Augen.
„Natürlich kann ich etwas ausrichten. Jeder kann das. Ich kann sogar verdammt viel ausrichten! Ich bin kein verrücktes kleines Kind mehr."
„Das habe ich auch nie gesagt", lenkte ihre Mutter ein und Hermione sah, wie sie um Fassung rang. „Aber du kannst dich nicht blindlings in einen Krieg stürzen, der nicht der deine ist."
„Aber es ist mein Krieg! Es geht um mich! Um Menschen mit Muggeleltern die unterdrückt und ermordet werden! Wenn es nicht mein Krieg ist, dann weiß ich nicht wessen Krieg!", sagte Hermione leidenschaftlich und war aufgesprungen.
„Es gibt Erwachsene, die diesen Krieg kämpfen. Du bist noch ein Kind", argumentierte ihre Mutter.
„Ich bin Volljährig und Draco ist auch volljährig und es ist auch sein Krieg und auch wenn er sagt, dass er ohne mich besser dran wäre, hieße es nicht, dass es richtig wäre. Weil er ohne mich falsche Entscheidungen treffen würde. Er will richtige Entscheidungen treffen, wegen mir und deshalb ist es auch mein Krieg, weil ich ihn liebe und meine Welt liebe und ich einfach kein Muggel bin!"
Den letzten Teil des Satzes hatte sie gesagt, ohne darüber nachzudenken und es war die Wahrheit. Sie war kein Muggel. Sie würde niemals einer sein.
„Ich werde nicht zulassen, dass du dich umbringst, Mione! Das ist doch verrückt! Ich habe so viel für dich getan, du darfst dich nicht einfach umbringen gehen!"
Hermione presste die Lippen zusammen. Dort war es. Letztendlich ging es doch nicht nur um sie. Sie hatte ihre Mutter schweiß Blut und Tränen gekostet und deshalb musste sie für sie da sein. Aber das wollte sie nicht. Sie wollte frei sein. Es war wahrscheinlich das absolut egoistischste Gefühl, das es gab.
„Hast du nicht gesagt, dass ich so leben soll, dass es mich glücklich macht?", wollte sie wütend wissen.
„Aber es macht dich nicht glücklich! Du hast Angst und bist verzweifelt!", antwortete ihre Mutter. Auch sie war aufgestanden und wurde nun lauter.
Hermione sah ihre Mutter an und fragte sich wie die Situation wieder so hatte eskalieren können. Sie hatte doch einfach nur mit ihr reden wollen. Wahrscheinlich war sie einfach zu ehrlich gewesen.
„Das stimmt nicht", sagte sie leiser. „Ich bin glücklich. Du hast es selbst gesagt. Draco macht mich glücklich. Es ist nicht alles einfach. Ich habe Angst und bestimmt auch Zweifel, aber ich bin glücklich, wenn ich nur bei ihm bin."
„Du solltest dein Glück nicht an einen Mann hängen."
„Warum nicht, bist du nicht glücklich in deiner Ehe? Wir wissen beide, dass du alles hinter dir gelassen hast, als du Dad geheiratet hast. Du bist eine Granger geworden mit allen Privilegien und Pflichten. Egal wer du vorher warst. Es ist nichts mehr davon übrig"
Ihre Mutter atmete tief durch sie hatte noch immer ihr Cocktailglas in der Hand und sah jetzt hinein, bevor sie sich wieder setzte.
„Doch ich bin glücklich, Mione. Aber ich habe deinen Vater nicht aus wilder leidenschaftlicher Liebe geheiratet, sondern aus Vernunft und Überlegung. Das mag nicht so romantisch klingen, aber ich habe mich bewusst so entschieden und wenn du darüber nachdenkst, dann wirst du auch verstehen, dass Liebe mehr ist als Leidenschaft. Das Menschen mehr brauchen um glücklich zu sein. Ich will nicht, dass du wegen einer Phase der Verliebtheit dein Leben wegwirfst. Es fiel mir damals unglaublich schwer. Aber ich bin sicher mich richtig entschieden zu haben."
Hermione begegnete dem Blick ihrer Mutter und versuchte sich zu sammeln. Sie wollte nicht streiten.
„Draco ist mehr als eine Phase. Ich weiß, dass verstehst du nicht. Aber Zeit läuft für Hexen und Zauberer nicht immer linear. Manchmal wiederholen sich Tage. Draco hat die Zeit für uns angehalten."
„Angehalten?", fragte ihre Mutter überrascht und Hermione nickte.
„Für uns gibt es keinen Sonntagmittag mehr. Nach Sonntagmorgen wird einfach wieder Freitagmorgen. Irgendwann wird die Zeit weiterlaufen und ich habe Angst vor dem Tag, aber noch bleibt uns Zeit. Zeit einfach nur zusammen zu sein."
„Das ist möglich?", fragte ihre Mutter fassungslos.
„Ja. Das ist ziemlich komplizierte Magie. Aber Draco ist brillant. Er hat eine ganz andere Sicht auf Magie als ich. Die Feen, die auf dem Anwesen seiner Familie leben haben ihm geholfen."
Hermione musste plötzlich anfangen zu grinsen, als sie ihre sprachlose Mutter sah. „Ich weiß, dass klingt alles ziemlich überdreht. Aber für ihn ist das einfach normal. Und ich liebe ihn dafür, dass es für ihn einfach normal ist. Langsam fühlt sich Magie für mich auch immer gewöhnlicher an und mit Draco zusammen zu sein gibt mir einen Blick auf die Zauberei den ich vorher noch nie gesehen habe. Einen Blick in dem Zaubererjungen einfach Feenfreunde um Hilfe bitten, wenn sie für ein paar Jahre die Zeit anhalten wollen."
Ihre Mutter atmete resigniert auf.
„Ich verstehe das, er ist bestimmt spannend, und exotisch und etwas ganz Besonderes. Aber wenn er wirklich einen Menschen getötet hat, dann ist er kein Umgang für dich."
„Er konnte nichts dafür."
„Nicht jeder Mensch muss schuld daran sein, wenn sein Leben schwer ist. Das heißt nicht, dass du dich dort mit hineinziehen lassen musst. Es ist kein Verbrechen sich aus Schwierigkeiten herauszuhalten." Ihre Mutter hielt kurz inne und fügte hinzu: „Ich weiß, dass es kein gutes Gefühl hinterlässt. Aber es ist vernünftig und rational. Normalerweise bist du immer vernünftig und rational."
Hermione wünschte sie könnte ihrer Mutter widersprechen. Aber sie hatte Recht. Sie war immer vernünftig und rational. Außer in Bezug auf Draco. Aber sie hatte jetzt keine Kraft mehr darüber zu diskutieren.
„Ich geh schlafen, Mum."
„Denk darüber nach, was ich gesagt habe."
„Ich denke drüber nach", gab sie nach. „Aber nichtmehr heute und auch nicht morgen."
Sie stellte ihr Glas mit einem leisen klirren auf der Steinplatte des Küchentresens ab.
„Gute Nacht, Mione."
„Nacht", erwiderte sie und stieg die Treppen zu ihrem Zimmer hinauf. Es brannte schon kein Licht mehr und als Hermione ins Zimmer trat lag Draco im Bett und schlief. Sie musste ein verräterisches Geräusch gemacht haben, dann Draco wandte sich in ihre Richtung. Er hatte so einen verdammt leichten Schlaf.
„Ich bins", sagte sie leise und ließ ihren Morgenmantel von ihren Schultern gleiten. Sie krabbelte zu Draco ins Bett.
„Endlich", grummelte er und zog sie an sich. Hermione schmiegte sich an ihn und drückte Ihren Rücken an seinen angenehmen warmen Körper. Ihren Hintern drängte sie an seinen Genitalbereich und er schlang einen Arm um ihren Oberkörper um sie fest an sich zu ziehen. Sie liebte es so zu liegen. Draco sagte etwas unverständliches, was wahrscheinlich gute Nacht heißen sollte und sie spürte seinen warmen Atem an ihrem Hals als er fest umschlungen hielt.
Glücklich kuschelte sie sich in die Umarmung. Wie konnte etwas, dass sich so gut anfühlte unvernünftig sein. Das war unfair.
Nachwort:
Ich wollte es einmal einfach einmal ausschreiben Dracos Leben, das wahrscheinlich eine vollkommene Katastrophe ist, wenn man mal rational darüber nachdenkt.
Irgendwie kann ich die Verzweiflung von Hermiones Mutter fast nachvollziehen. Was machen Eltern deren Kinder nicht den gewünschten Weg einschlagen. Falsche Freunde haben, sich in Gefahr bringen? Du kannst dein Kind nicht einsperren, ihm nicht befehlen, dir zu gehorchen, wenn es nicht will. Du kannst bitten und argumentieren und erklären. Aber Teenager sind manchmal eine grauenvolle Spezies. Und auch wenn Hermiones Beweggründe vielleicht in ihrem Kontext verständlich sind, so ist es aus Sicht ihrer Mutter eher kompletter Wahnsinn.
LG
Salarial
