Kapitel 118
lästern
sich über jemanden spöttisch oder ein wenig boshaft äußern
Der nächste Morgen begann alles andere als ruhig. Sie wurden viel zu spät von der Haushälterin geweckt. Das Frühstück verlief schweigsam und danach war nur noch Zeit, um sich umzuziehen, bevor sie schon ins Auto stiegen, um zur Geburtstagsfeier von Hermiones Großvater zu fahren. Die Feierlichkeiten fanden in einem Hotel in London statt. Sie würden dort auch übernachten und Draco behagte der Gedanke nicht die Nacht in der Stadt zu verbringen, wo sich überall Dementoren herumtrieben.
Es war zwar eine Familienfeier, aber eher im weitesten Sinn. Es waren auch viele Freunde, alte Geschäftspartner und andere Gäste geladen. Mehr als hundert Personen zählte der Gästekreis und ein Entertainer würde durch den Abend führen.
Im Auto weihte Hermione Draco in die Tarnung ein, die sie für den Rest der Familie hatte. Für ihre Familie besuchte Hermione eine Schule für Hochbegabte in Schottland. Ein Internat, in dem sie gefördert wurde. Ihre Probleme in ihrer Kindheit hatten ihre Eltern auf Unterforderung geschrieben. Draco sollte es recht sein.
Ein Internat für Hochbegabte hörte sich durchaus nach einem Ort an, an dem ein britischer Landadliger zur Schule ging. Es war die einzige Identität, die er in der Muggelwelt hatte. Er hatte wenig zu tun gehabt mit den Muggeln die den Muggelteil von Lacock Abby verwalteten. Es gab Angestellte, die sich mit ihnen herumschlugen und den ganzen Verwaltungsaufgaben des Staates nachkamen. Er kannte sie und wusste um die Bedeutung seines Titels und seines Erbes in der Muggelwelt. Mehr Gedanken hatte er nie daran verschwendet. Selbst das er darum wusste, hatte er mehr seinem Vater zu verdanken. Seine Mutter hatte immer versucht ihn von allem fernzuhalten, was mit Muggeln zu tun hatte.
Einen Moment fragte Draco sich wie sein Vater dazu stand. Welche Bedeutung hatte es für seinen Vater gehabt der Earl of Lacock zu sein. Er wusste es nicht. Aber er glaubte, dass Lucius Malfoy deutlich mehr darüber wusste als sein Großvater geahnt hatte.
Sie waren welche der ersten Gäste, die ankamen. Zuerst bezogen sie ihre Zimmer und machten mit Hermiones Eltern aus, sich oben auf der Dachterrasse zu treffen, wo die Feier stattfand. Draco trat ans Fenster ihres Zimmers und blickte auf die Stadt runter. Direkt in der näheren Umgebung war wenig Nebel zu sehen, doch drüben auf der anderen Seite der Themse glaubte er Dunst aufsteigen zu sehen.
„Alles okay?", fragte Hermione und trat neben ihn. Sie trug ein elegantes dunkelgrünes Abendkleid. Ihre Haare waren nach oben gesteckt und einzelne Strähnen betonten ihren hübschen zierlichen Hals. Er hatte genau gesehen, wie sie etwas mit Magie nachgeholfen hatte, um ihre Locken zu zähmen.
Zufrieden legte er den Arm um sie und zog sie etwas an sich. Blickte mit ihr zusammen über die Stadt.
„Mir sind zu viele Dementoren in London, um mich hier wohl zu fühlen", gestand er und deutete auf das andere Flussufer.
„Ich habe meinen Eltern immer gesagt sie sollen London meiden. Aber sie nehmen es nicht wirklich ernst. Sie haben auch Großvater nicht umstimmen können die Feier zu verlegen", seufzte Hermione resigniert.
„Sie sehen die Gefahr nicht. Muggel sehen keine Dementoren", sagte Draco und irgendwie erschien ihm der Gedanke ungerecht, dass Muggel nicht mal sehen konnten, was sie zu töten vermochte.
„Harry hat uns beigebracht, wie wir einen Patronus beschwören können, aber ich habe es noch nie versucht, wenn tatsächlich Dementoren in der Nähe sind", sagte Hermione und zupfte etwas an seinem Einstecktuch herum. Sie wirkte ungewöhnlich nervös. „Ich kann dich also beschützen sollten sie hier auftauchen", fügte sie hinzu und lächelte unsicher.
„Ich glaube nicht, dass sie uns wirklich angreifen würden. Mich schon gar nicht." Draco schnaubte verächtlich. „Dementoren mögen unschuldige reine Seelen. Meine Seele ist mit dunkler Magie verdorben. Nichts, was sie bekömmlich finden. In Askaban konnten sie sich ihre Opfer nicht aussuchen, aber hier in London, wirst du sie eher in der Nähe von Kindergärten und Schulfesten finden. Dort wo überschäumende glückliche Emotionen zum Fressen vorhanden sind."
Hermine schluckte und sah aus dem Fenster. Aber irgendwie war Draco sich fast sicher, dass sie nicht an die Dementoren dachte.
„Was ist los?", wollte er wissen und drehte sie zu sich.
„Ich will nicht hier sein", sagte sie bockig und drückte sich an ihn.
„Es war dein Vorschlag", erinnerte er sie.
„Ja ich weiß", seufzte sie auf und löste sich von ihm.
„Komm, ich stelle dich meinen Großeltern vor."
Kurz war Draco versucht darauf einzugehen, was sie beschäftigte. Doch sie schien sich gerade zu etwas überwunden zu haben, also beschloss er, dass es Zeit hatte. Sie nahmen den Aufzug hoch auf die Dachterrasse auf der schon ein paar kleine Gruppen mit Sektgläsern herumstanden.
Hermione schien etwas zu zögern und Draco nahm sich ein Glas von einem Tablett und reichte Hermione ein zweites. Sie nahm es entgegen und straffte ihre Schultern. Entschlossen ging sie auf ein älteres Ehepaar zu, das in einer kleinen Gruppe stand.
„Alles Gute zum Geburtstag Grandpa", sagte Hermione und hoffte, dass ihre Stimme fester klang als sie sich fühlte.
Ihr Großvater wandte sich zu ihr um und musterte sie überrascht. Ein ergrautes Haar war mittlerweile fast weiß und sie war sich nicht sicher, ob er schon immer so tiefe Falten gehabt hatte. Trotzdem hatte es das Alter gut mit ihm gemeint.
„Hermione", stellte er überrumpelt fest und musterte sie. „Was tust du hier?", wollte er wissen.
„Du hast mich eingeladen", erinnerte sie ihn.
„Nicht, dass dich das jemals gekümmert hätte, seit du auf dein Hochbegabteninternat gehst, auf dem dich keiner besuchen darf", sagte er vorwurfsvoll und sah sie grimmig an. Hermione widerstand dem Drang die Augen zu verdrehen und zwang sich selbst tief durchzuatmen. Sie wusste, wie ihr Großvater war. Also was hatte sie erwartet.
„Ich wollte dir meinen Freund vorstellen. Das ist Draco, er geht mit mir zusammen auf das Internat."
„Dein Freund?", fragte ihr Großvater und sein Blick wanderte neugierig zu Draco der neben Hermione stand.
„Draco Malfoy, freut mich sie kennen zu lernen, Mr Granger", sagte Draco höflich.
„Sag mir, was hältst du von dieser Schule, auf der sie niemand besuchen darf. Ich wollte meine Enkelin besuchen, aber das scheint unmöglich zu sein", fragte ihr Großvater an Draco gewandt, ohne auf die Begrüßung einzugehen. Hermione verdrehte nun tatsächlich die Augen. Es war immer die gleiche Leier, seit sie auf Hogwarts ging. Ihr Großvater wollte, dass alle seine Enkel die bestmögliche Ausbildung bekamen und dass Hermione jetzt auf eine Schule ging, die er nicht beeinflussen konnte und zu der er keinen Zugang hatte, missfiel dem alten Kontrollfreak gehörig.
„Wir mögen keinen Besuch im Internat", sagte Draco neutral. „Die Schulleitung und auch der Schulbeirat setzen eine strenge Isolationspolitik durch. Sie glauben an schlechten Einfluss, wenn zu viele aus und eingehen. Hogwarts ist sehr isoliert in den schottischen Bergen und das hat einen historischen Grund."
„Aber man bekommt auch keinen von denen zu fassen. Ich habe ein Dutzend Briefe an die Schulverwaltung geschrieben wegen eines Besuchsrechts und nur Absagen bekommen."
„Wie gesagt, wir bleiben lieber unter uns", sagte Draco abweisend. „Es ist eine Ausnahme, dass jemand wie Hermione zu uns auf die Schule kommt. Sie ist begabt, sonst wäre sie niemals angenommen worden."
Hermione bemerkte, wie ihr Großvater die Stirn runzelte und betete innerlich, dass Draco wusste, was er da sagte. Sie hatte keine Ahnung wie er sich aus dem Satz rausreden wollte ohne Magie zu erwähnen.
„Wo liegt der Unterschied?", fragte ihr Großvater misstrauisch.
„Hogwarts selektiert seine Schüler sehr stark. Nur die wenigsten Begabten werden aufgenommen. Mein Vater, der Earl of Lacock, saß lange im Schulbeirat und hat sich auch für eine Isolation der Schüler eingesetzt. Nur wenigen ist der Zutritt zum Schloss gestattet, um unlauteren Einfluss zu unterbinden."
Die Augenbraue ihres Großvaters schnellte nach oben. Dann schnaubte er belustigt und zu Hermiones Überraschung begann er kurz zu lachen.
„Blaublüter hätte ich es mir denken können. Ihr wart schon immer eine verschwiegene und verschlossene Gruppe, egal wie viel die Medien von euch berichten."
Draco schlaubte verächtlich. „Meine Familie sucht keinen Medienrummel. Wir versuchen uns rauszuhalten und unsere Zeit mit sinnvolleren Dingen zu füllen, als der Belustigung von Menschen zu dienen."
Ihr Großvater grinste breit. „Da spricht der nächste Earl von Lacock nehme ich an. Hermione, warum hast du mir nicht gesagt, dass da irgendwelche Adligen ihre Finger im Spiel haben. Dann hätte ich genau gewusst, zu dem ich gehen muss, um Zutritt zu bekommen. Dein Großvater mag zwar alt sein, aber er hat doch noch ein paar Beziehungen!"
„Ich weiß nicht, ob das etwas gebracht hätte", sagte sie überrumpelt. „Ich wollte einfach keine Extrabehandlung."
Doch ihr Großvater begann einfach nur zu lachen. In ihren Ohren war es kein nettes Lachen. „Du bist einfach noch ein naives kleines Mädchen Hermione. Mit der Einstellung kommst du nicht weit im Leben. Edward hat dich einfach viel zu sehr verwöhnt."
Missbilligend verzog Hermione die Lippen sie hasste es, wenn ihr Großvater sie so behandelte. Dann fühlte sie sich wie ein dummes kleines Kind. Aber ihrem Großvater widersprach man nicht. Das ließ ihn nur noch ungemütlicher werden. Sie hasste das wirklich.
Zu Hermiones Verwunderung begann Draco neben ihr zu schmunzeln. Sie spürte wie er ihr die Hand um die Schulter legte und sie etwas an sich zog.
„Unsere brillante Hermione, will immer allen beweisen, dass sie es selbst am besten kann. Wozu sich nachsagen lassen, sich auf anderer Leute Lorbeeren auszuruhen, wenn sie auch so bekommt was sie will." Hermione wusste nicht, was sie sagen sollte. Irgendwie überforderte sie die Situation. Dracos Stimme klang so anders als sonst. So leicht, locker, unbeschwert. Sie hatte gerade absolut keine Ahnung wie sie ihn einschätzen sollte. „Nichts wofür du dich Schämen müsstest", fügte Draco mit einem Grinsen in ihre Richtung hinzu. „Schließlich kannst du es immer am besten. Außer in Chemie, da habe ich dich geschlagen."
Doch zu Hermiones Verblüffung grinste ihr Großvater daraufhin. „So war sie schon immer, immer mit dem Kopf durch die Wand. Wie eine echte Granger."
„Die Vertrauensschülerkommitees sind immer ein Ringen", pflichtete Draco ihm bei. „Aber eine Planung die Hermione aufgestellt hat, hat es bis jetzt noch durch jede Lehrerkonferenz geschafft. Das ringt jedem Respekt ab."
Verblüfft folgte Hermione der Unterhaltung. Wie Draco sich unbeschwert mit ihrem Großvater unterhielt und Hogwarts irgendwie in Muggelthemen übersetzte die so absolut unverfänglich klangen, dass auch Hermione nicht daran gezweifelt hätte, dass sie Chemieunterricht anstatt Zaubertränke hatte. Sie plauderten nur kurz, bis andere Gäste kamen und sie sich verabschiedeten. Erleichtert trat sie an den Rand der Dachterrasse und sah mit Draco zusammen auf die Themse hinunter.
„Ich habe meinen Großvater selten so gut gelaunt erlebt, wenn er mit jemandem redet", stellte Hermione schließlich fest und nippte an ihrem Sekt.
Draco zuckte mit den Schultern.
„Ich bin geübt in sowas und Muggel bemerken Legilimentik kaum. Da ist es einfach, sie um den Finger zu wickeln."
„Du hast Legilimentik benutzt?", fragte Hermione überrascht.
Draco zuckte nur mit den Schultern.
„Klar, du hast so angespannt gewirkt, da dachte ich, dass es vielleicht keine schlechte Idee ist, einfach mal nicht ich zu sein und einen guten Eindruck zu hinterlassen. Damit dein Großvater gut von uns denkt. Wenn er sonst nur an dir herumkritisiert."
Hermione nickte und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
„Ich wusste nicht, dass du so nett sein kannst."
„Das hat wenig mit Nettigkeit zu tun. Ich war schon immer gut darin, mich bei Menschen einzuschleimen, wenn es sein musste. Aber wenn ich es nicht muss, ziehe ich es vor einfach nur ich zu sein. Oder wie du es nennen würdest. Ich ziehe es einfach vor ein Arschloch zu sein."
„Das meinte ich nicht", sagte Hermione und legte einen Arm um Dracos Hals. Sie lehnte sich mit ihrem Körper an ihn und genoss das Gefühl seiner starken Hand an ihrer Taille. Wie er sie sanft durch den zarten Stoff berührte.
„Ich meinte, dass du nur für mich meinen Muggelgroßvater umgarnst, damit ich mich gut fühle. Das ist süß von dir."
Draco lachte leise. „Recht hast du. Männer tun schon dumme Dinge, wenn sie in hübsche Mädchen verliebt sind."
„Ich mag es eindeutig, wenn du dumme, nette Dinge tust, Draco", schnurrte sie und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen. Dracos Griff um ihre Hüfte wurde fester, als er sie an sich zog und den Kuss genüsslich erwiderte.
Draco genoss es wie Hermione in seinen Armen lehnte. Sie standen am Rand der Feier und er fuhr mit seinem Daumen kleine Kreise an ihrer Taille, während sie an ihm lehnte und ihm erzählte, wen sie kannte und woher. Draco suchte nach William, den einzigen aus Hermiones Familie den er schonmal gesehen hatte, doch noch konnte er ihn nirgendwo entdecken.
Allerdings dauerte es nicht allzu lange und Williams Geschwister kamen auf sie zu. Robert war groß, schlaksig und seine Haltung ließ ihn fast etwas unsicher erscheinen. Er hatte braune Haare wie William, doch seine Ausstrahlung war eine ganz andere. Vielleicht wirkte er aber auch nur zurückhaltend, da Mary ihn komplett in den Hintergrund drängte. Sie war klein laut, quirlig und hatte es geschafft, selbst in ihrem schicken Designerkleid ihrem Aussehen etwas von Goth zu verleihen. Sie fiel Hermione zur Begrüßung um den Hals.
„Wahnsinn, dass du gekommen bist. Du sagtest doch zu Weihnachten, dass dich nicht Mal der schießwütige Großonkel Alois dazu bringen könnte, einen Fuß auf diese Feier zu setzen."
„Ich habe es mir anders überlegt. Grandpa wird auch immer älter und da sollten wenigstens zu seinem runden Geburtstag alle Enkelkinder da sein", sagte Hermione und ein Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht als sie Mery ansah.
„Immer so vorbildlich", lachte diese. Sie trat einen Schritt zurück und schenkte nun Draco ihre Aufmerksamkeit. Er spürte ziemlich genau den musternden Blick. Es war nicht zu übersehen, wie Marys neugierige Augen über seine Gestalt glitten. Seine Haltung musternden, den schweren Ring an seinem Finger, ansah, dann den Blick über seinen Oberkörper wandern ließ. Seine breiten Schultern musterte, bis sie irgendwann bei seinem Gesicht angekommen war. Anerkennung huschte über ihre Züge, ihr gefiel, was sie sah.
„Draco", sagte er, bevor Mary das Wort ergreifen konnte. „Ich bin Myonies Freund."
Er legte Hermione eine Hand auf den bloßen Rücken und sie wandte sich zu ihm um. Zu seiner Überraschung drückte sie sich an ihn und schlang ihre Arme Besitzergreifend um seinen Oberkörper.
„Hübsch ist er, oder?", fragte sie voller Besitzerstolz an Mary gewandt die breit zu Grinsen anfing.
„Absolut. Ein bisschen groß vielleicht, aber absolut einwandfrei. Ist er auch handzahm?"
Draco war einen Moment sprachlos, dann hörte er Hermione kichern und es war ein für sie ganz und gar untypisches Kichern.
„Ich glaube nicht, dass Drachen so einfach zu zähmen sind. Aber ich mache Fortschritte. Zumindest bin ich ganz zufrieden mit diesem Exemplar."
Draco drückte Hermione etwas von sich weg, um sie anzusehen. Sicher zu gehen, dass er neben der richtigen Frau stand. Sie schenkte ihm ein absolut freches hinreißendes Lächeln. Scheiße war das süß.
Fragend zog er eine Augenbraue in die Höhe.
„Draco?", fragte sie breit grinsend.
„Nur zufrieden?", erkundigte er sich entrüstet.
„Absolut hemmungslos verfallen", schnurrte sie und drückte ihren Körper an ihn, ließ ihn nur zu gut die weichen Rundungen ihres verführerischen Körpers spüren.
„Ob ich dir das so glauben kann? Irgendwie siehst du heute besonders frech aus, Myonie. Sicher, dass du nicht etwas übermütig wirst?"
Mary kicherte und Hermione setzte einen perfekten süßen Schmollmund auf.
„Wenn du das übermütig nennst, hast du die beiden noch nicht in Aktion erlebt", sagte Robert zurückhaltend und hatte die Arme vor seiner Brust verschränkt. Draco sah zu ihm und er reckte etwas unsicher die Schultern.
„Letztes Weihnachten haben die beiden Lästermäuler sich eine ganze Flasche Eierlikör geschnappt, sich in die hinterste Ecke der Weihnachtsfeier verzogen und sich einen genehmigt. Niemand war vor ihrer harten Kritik sicher. Nicht mal eine gute Feder haben sie an Großtante Luises Stola gelassen, obwohl sie schon bald hundert ist."
„Die einzige Möglichkeit eine Familienfeier zu überstehen", verteidigte sich Mary. „Alkohol und Tratsch!"
Dracos überraschter Blick glitt von Robert zu Hermione die tatsächlich einen leichten Rosaschimmer auf den Wangen bekam und missbilligend die Lippen spitzte.
„Ich wusste gar nicht, dass du so gesellschaftsfähig bist", grinste er herausfordernd und sie warf Robert einen düsteren Blick zu.
„Können wir das Thema wechseln?", bat sie und jetzt musste Draco lachen.
„Ganz sicher nicht. Was gibt es denn Interessantes zu berichten?", wollte er neugierig wissen.
„Nichts von dir und ich bin wirklich enttäuscht, Mione. Du hättest mir sagen können, dass du dabei bist dir einen wirklich schnuckligen Typ zu angeln", sagte Mary und stemmte die Hände in die Hüften.
„Schnucklig ist eher keine Bezeichnung, die ich für Draco benutzen würde", wiegelte Hermione ab.
„Welche Bezeichnung würdest du dann für mich nehmen?", fragte Draco neugierig und führte ihr Gesicht an ihrem Kinn nach oben, damit sie ihn ansehen musste. Einen Moment trafen sich ihre Blicke. Sie wirkte fast etwas verschreckt, dann wurde sie plötzlich wahnsinnig verlegen und biss sich auf die Unterlippe, während sie ihm ihr Kinn entzog. Überrascht hob Draco eine Augenbraue. Er wollte schon nachhaken, als Hermione sich wieder gefasst hatte. Sie grinste Mary an und sagte.
„Draco ist eher der Typ unnahbar und abweisend. Aber wenn man ganz tief sucht, dann findet man noch einen guten Kern. Irgendwo ganz tief drinnen, damit ihn keiner zufällig entdecken könnte."
„Ist das so?", wollte Draco belustigt wissen und wisperte ihr ins Ohr.
„Und was hast du wirklich gedacht, meine kleine versaute Hexe?"
„Hast du dir also einen Bad Boy geangelt?", wollte Mary wissen und Hermione blieb Draco die Antwort schuldig.
„Bad Boy ist schon ziemlich abgedroschen", schnaubte Hermione.
„Seit wann das denn? Letztes Mal warst du da noch ganz engagiert im Lästern", wunderte sich Robert und Hermione verzog missbilligend die Lippen.
„Jetzt tu nicht so, du bist auch gut im Lästern", erboste sich Hermione. Draco hob überrascht eine Augenbraue. Er hatte Hermione nie als jemanden empfunden der hinter dem Rücken anderer schlecht über sie sprach.
„Letzte Woche waren wir im Kino", sagte Mary mit einem bösen Grinsen. „Da waren so ein paar möchtegern Gangster im Wartebereich. Wir hatten also wirklich unseren Spaß bis der Film anfing. Dabei war der eine ziemlich süß. Genau Roberts Geschmack, wenn du mich fragst. Aber er hat es natürlich absolut abgestritten. Er sieht nur seinen Idris."
„Sei still Mary", herrschte Robert sie an und sah unbehaglich zu Draco.
„Ich dachte du wolltest deinen Eltern endlich reinen Wein einschenken. Und Draco ist der letzte der ein Problem damit haben wird, dass du auf Männer stehst", sagte Hermione seufzend und machte eine wegwerfende Geste. Sie war diese Diskussion leid.
„Ich habe meinen Eltern reinen Wein eingeschenkt und trotzdem hat Mary nicht das Recht es jedem auf die Nase zu binden, seit ich geoutet bin", sagte Robert unbehaglich.
„Du sollest dich noch immer so an, als wäre es eine Krankheit!", brauste Mary auf.
„Es geht niemanden etwas an!", entgegnete Robert.
„Hey, alles gut", sagte Draco beschwichtigend. „Ich habe wirklich kein Problem damit. Ich habe es ausprobiert und muss gestehen, dass ich zwar Frauen vorziehe, aber jeder darf tun was er will."
„Du hast es ausprobiert?", fragte Robert entgeistert, doch Draco zuckte nur mit den Schultern.
„Ein Klassenkamerad von Hermione und mir hat auch homosexuelle Neigungen. Wir waren zu dritt zusammen im Bett und Hermione hat gefragt, ob wir nicht Sex haben können und sie zuschauen darf. Es war okay. Aber ich brauche es nicht unbedingt."
„Ihr habt was!?", fragte Mary perplex und Hermione spürte, wie sie sie entgeistert anblickte.
„Naja, es ist ja nicht verboten zu dritt Sex zu haben, oder?", verteidigte sie sich und bemerkte, wie ihr Gesicht unangenehm brannte. Manchmal war Draco einfach viel zu unverblümt.
„Also führt ihr eine dreier Beziehung?", wollte Mary wissen, doch Hermione verneinte.
„Nein, das mit ihm war eine einmalige Sache. Draco hat nur meine Neugierde befriedigt."
„Du hast echt mit einem Mann geschlafen, weil deine Freundin dich drum gebeten hat?", wollte Robert fassungslos wissen.
„Das ist jetzt keine allzu schockierende Enthüllung", stellte Draco fest und Hermione dachte für sich, dass es für sie beide wahrscheinlich nicht allzu schockierend war. Sie waren da allerdings auch kein Maßstab.
„Naja, für die beiden eventuell schon", teilte Hermione Draco belustigt mit. „Nicht alle sind da so locker wie du. Mary hat ein Keuschheitsgelübde abgelegt. Kein Sex vor der Ehe. Und auch Robert ist nicht unbedingt das, was man als experimentierfreudig interpretieren würde."
Draco sah sie einen Moment überrascht an, dann ließ er den Blick über die zwei Geschwister wandern.
„Sicher, dass du mit denen verwandt bist?", fragte er sie spöttisch.
Jetzt war es an Hermione zu lachen. „Ja ziemlich sicher. Ich habe dir doch gesagt, dass du mich verdorben hast. Es ist ganz eindeutig deine Schuld."
„Ich finde es auch ziemlich krass, dass du einfach mit einem Mann schläfst, nur weil es sich gerade ergibt", sagte Robert an Draco gewandt. „Hast du keine Sorge, dass das rauskommt oder jemand das missversteht?"
„Es ist nicht so, dass wir es überall herumerzählt haben", wiegelte Draco ab. „Außerdem bin ich niemand, der sich von anderen schikanieren lässt. In der Schule gäbe es keinen der es wagen würde etwas zu sagen. Manchmal sind wir einfach viel zu sehr in unserem Denken von Anstand und Moral gefangen. Es war unverbindlich und hat Spaß gemacht und keiner ist dabei zu Schaden gekommen. Ich sehe es als nichts Verwerfliches an. Warum sollte man sich Spaß im Leben versagen, nur weil Moral und Anstand einen davon abhalten. Moral und Anstand sind Dinge, die sich die Gesellschaft ausgedacht hat und ich halte mich daran, wenn ich in der Gesellschaft bin. Wenn ich bei Myonie bin, ist es mir egal. Sie kennt mich und sie ist noch immer bei mir. Das sollte reichen, um nicht zu viel über Moral und Anstand nachzudenken."
„Draco, wir wissen beide, dass du einfach nur auf versaute Scheiße stehst und ja, ich tue das auch und deshalb passen wir verdammt gut zusammen", sagte Hermione zufrieden und schmiegte sich in seine starken Arme. Irgendwie fühlte es sich gut an, es fühlte sich vollkommen okay an, dass es einfach so war und vielleicht war das gar nicht so selbstverständlich, wie es sich zwischen ihnen anfühlte.
„Du hast dich ziemlich verändert", stellte Mary fest und Hermione legte den Kopf etwas schief und musterte sie. Früher hatten sie sich einen Spaß daraus gemacht sich an öffentliche Plätze zu setzen, sie alle drei und sich Geschichten zu den Menschen auszudenken, die umherliefen. Irgendwann waren sie älter geworden und die Geschichten perverser. Aber es waren trotzdem immer nur Geschichten gewesen. Doch jetzt hier in dieser Zeitschleife waren aus ihren Fantasien mehr als Geschichten geworden. Weil sie nicht mit den Konsequenzen leben musste. Gerade jetzt in diesem Moment lebte sie eine Geschichte und die Möglichkeit dies zu erleben war absolut durch und durch magisch.
„Weniger als du denkst. Du kennst mich doch Mary, ich war schon immer so. Draco hat einfach nur dafür gesorgt, dass ich mein Leben genieße. Nicht immer zweifle und drüber nachdenke, was alles schief gehen kann. Einfach auch mal ein bisschen das von dem auslebe, was ich will. Das ist kein Verbrechen. Wir sind nur einmal jung."
„Das sagst du ausgerechnet jetzt. Du weißt, dass du dich für dein Studium qualifizieren musst. Ich habe meinen Durchschnitt geschafft. Ich habe die Zusage für Medizin letzte Woche bekommen!", sagte Mary fast vorwurfsvoll.
Draco lachte leise. „Mach dir da keine Sorgen. Myonie ist noch immer unsere Schulstreberin. Ich glaube nicht, dass sie in die Verlegenheit kommen könnte, in einem Fach nicht Spitzennoten zu haben."
Draco drückte sie an sich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn und in dem Moment wurde Hermione etwas klar und sie war naiv gewesen, dass ihr dieser Gedanke bis jetzt noch nicht gekommen war.
Dumbledore würde sterben und momentan war Hogwarts nur geöffnet, weil Dumbledore über die Schule wachte. Was würde geschehen, wenn Dumbledore Hogwarts nichtmehr beschützte. Würde sie dorthin zurückkehren können? Würde sie überhaupt jemals ihre UTZ machen?
Sie konnte das Angebot das Ministeriums die Zaubererwelt zu verlassen nur annehmen, wenn sie Hogwarts abgeschlossen hatte. Aber gerade sah es nicht so aus, als würde es Hogwarts nächstes Jahr noch geben, ohne Dumbledore. Der Gedanke verursachte einen Klumpen in ihrem Magen.
„Lasst uns nicht über Schule reden. Bald sind Ferien", sagte Hermione und versuchte das Thema zu wechseln.
„Kommt ihr nachher noch mit?", ging Robert darauf ein. „Wir wollen uns gegen acht verabschieden."
„Ja genau!", viel Mary ihm ins Wort. „Wir sind eigentlich mit Freunden auf einem Festival. Goth Weekend in Watforn. Wir sind nur heute zur Großvaters Geburtstag verschwunden und gehen nachher wieder hin"
Draco sah zu Hermione, doch diese nickte.
„Warum nicht ich war bis jetzt immer nur mit auf Konzerten. Ich wollte schon immer mal auf ein Musikfestival", sagte Hermione und Mary begann zu strahlen. „Ist Sean nicht zufällig auch da, dass du so dringend wieder zurück willst?", wollte Hermione wissen und Mary begann verlegen zu grinsen.
„Ja, dann lernst du ihn mal kennen. Wir treffen auch Ivy und Thomas wieder und Mia ist da. Ich habe Sean erzählt, dass du so gut singen kannst und ich bin noch immer der Meinung du solltest dem mal eine Chance geben. Vielleicht bekommen wir dich dazu, für uns zu singen."
„Lieber nicht", wehrte Hermione ab.
„Du hast so ein Talent, du solltest es nicht verschwenden", seufzte Mary und es klang resigniert. Sie führten diese Unterhaltung wohl nicht zum ersten Mal.
„Lasst jetzt nicht darüber streiten", mischte sich Robert ein und Mary warf ihm einen frustrierten Blick zu.
Draco musterte die drei. Sie hatten ein ähnliches alter und so wie Hermione es beschrieben hatte, waren sie wohl zusammen aufgewachsen. Der etwas ältere zurückhaltende Robert an dem Rockzipfel seiner jüngeren aufbrausenden Schwester. Einen Moment fragte sich Draco, welchen Part Hermione in dieser Freundschaft eingenommen hatte.
In der Schule nahm man sie als ernst und anständig war. Ein absolut falscher Eindruck. Wenn man sie besser kannte, war sie eigensinnig und abenteuerlustig. Aber Draco glaubte nicht, dass Mary diese Hermione kannte. Er fragte sich, was sie von Hermione dachte.
Nachwort:
Das Kapitel in der FF das ich am wenigsten mag. Irgendwie fühlt es sich unrund an. Momentan habe ich keine Muße es zu überarbeiten, also bleibt es wie es ist.
LG
Salarial
