A/N: Gestern hatte ich angekündigt, dass heute Dudle wieder dran ist, dabei hab ich völlig vergessen, dass erstmal Lilys Geschichte drankommt. Dudley ist erst übermorgen wieder dran, damit ich mit ihm die FF abschließen kann.


20. Dezember: Genervt

Oktober 2036

„Das ist meine Strafe dafür, dass ich mich immer so über James aufgeregt habe, ich sag's euch", sagte Henry Mitchell frustriert und fuchtelte vor seinen Geschwistern Nancy und Jonathan mit der aktuellen Hexenwoche herum, auf deren Titelbild ein Foto von Henrys Frau Lily Potter abgebildet war. Genauer gesagt von ihrem Babybauch. Lilys Gesicht hatte kaum noch auf die Seite gepasst, so sehr hatte man herangezoomt.

Nancy verdrehte genervt die Augen und riss Henry die Zeitschrift aus der Hand. „Hätte ich gewusst, dass du dich so anstellst, dann hätte ich die Hexenwoche nicht-"

„Gekauft?", fragte Henry hoffnungsvoll.

„Nein, dann hätte ich sie nicht so herumliegen lassen, dass du sie sehen kannst. Da sind super Rezepte für Weihnachtsplätzchen drin."

„Seit wann backst du denn?", fragte Henry verständnislos. Seine Schwester konnte weder kochen noch backen, das konnte man schon daran sehen, dass sie immer bei einem anderen Lieferdienst bestellten, wenn sich die drei Mitchell-Geschwister einmal im Monat trafen, um sich auszutauschen.

„Seit morgen, wenn ich die Zutaten gekauft habe, die man braucht", erwiderte Nancy pampig.

„Warum gibt es in der Hexenwoche überhaupt schon Weihnachtsplätzchenrezepte?", fragte Jonathan verwirrt. „Es ist doch erst Oktober. Sollte sich da nicht alles um Halloween drehen?"

Nancy zuckte mit den Schultern. „Vielleicht wollten sie ein etwas breiteres Angebot haben, für Leute, die sich nicht um Halloween kümmern."

„So breit kann das Angebot nicht sein, wenn sie zehn Sonderseiten über Lilys Schwangerschaft bringen", beschwerte sich Henry.

„Tja, selbst Schuld", erwiderte Nancy ohne jedes Mitleid. „Wenn ihr Lilys Schwangerschaft auch so lange geheim haltet, dürft ihr euch nicht wundern, wenn sich da jetzt alle drauf stürzen."

Wenn es nach Henry gegangen wäre, hätte die Zauberwelt erst von Lilys Schwangerschaft erfahren, wenn ihr Kind nach Hogwarts gekommen wäre. Die Klatschpresse war wirklich brutal, was Lily anging. Seit sie das erste Mal händchenhaltend mit einem Jungen in Hogsmeade gesehen worden war, gab es regelmäßig Artikel in der Hexenwoche und anderen Klatschblättern, in denen über eine mögliche Schwangerschaft spekuliert wurde. Besonders, wenn sie sonst nichts handfestes über Lily zu berichten hatten und James mit seinen Frauengeschichten gerade Pause machte und keinen guten Stoff lieferte.

Das wurde nur noch schlimmer, seit Lily und Henry verheiratet waren. Sie hatten versucht, ihre Verlobung geheim zu halten, aber Lily hatte einmal vergessen, ihren Verlobungsring auszuziehen und war prompt damit fotografiert worden. Um ihre Ruhe zu haben, hatten sie es gemacht wie Lilys Eltern und zugestimmt, ihre Hochzeitsfotos exklusiv an die Hexenwoche zu verkaufen und ein Interview zu geben. Das hatte dann für eine ganze Sonderausgabe gereicht, aber bei ihrer Hochzeit waren sie wenigstens ungestört gewesen.

Es war wirklich unfair, dass die Presse so auf Lily fixiert war. Gut, auch James stand sehr im Rampenlicht, aber der war ein international erfolgreicher Quidditchspieler und seit kurzem auch Weltmeister und es war normal, dass sich die Presse für ihn interessierte. Lilys war Journalistin beim Tagespropheten mit dem Schwerpunkt für Außenpolitik. Eigentlich wollte sie die Artikel nur schreiben und nicht darin vorkommen. Ihr Bruder Albus hatte es am besten. Sofort nach seinem Abschluss hatte er das Land verlassen und war auf irgendwelchen weit entfernten Ausgrabungsstätten gewesen. Und selbst als er wieder zurück war und in London für Gringotts arbeitete, hatte sich kaum jemand dafür interessiert, dass er seine Freundin Tia geheiratet hatte, die er in Ägypten kennen gelernt hatte. Ein bisschen mehr Fokus war auf Tias erster Schwangerschaft gewesen, weil Harry Potter so zum ersten Mal Großvater geworden war, aber das hatte offensichtlich nicht sehr gezogen, denn nach ein paar Wochen verliefen sich diese Artikel im Sand und es wurde stattdessen wieder über Lilys Liebesleben und mögliche Schwangerschaften spekuliert.

Deshalb hatten Lily und Henry ihre tatsächliche Schwangerschaft auch so gut es ging unter Verschluss gehalten. Sie hatten bis zur siebzehnten Woche gewartet, bis sie ihrer Familie überhaupt davon erzählt hatten. Zum einen hatte Lily unbedingt das erste Trimester abwarten wollen, weil sie Angst gehabt hatte, dass irgendetwas schief gehen würde. Und dann hatte schon die Quidditchweltmeisterschaft angefangen und England dieses Mal wirklich gute Chancen, deshalb hatte Lily ihrem großen Bruder nicht seinen Moment im Rampenlicht verderben wollen. Henrys Meinung nach hatte James andauernd Momente im Rampenlicht, aber er war schließlich nicht derjenige, der schwanger war, wie Lily nicht müde wurde, ihn zu erinnern, also hatte er sich nach ihr gerichtet.

Außerdem hatte Lilys Cousine Dominique alle damit geschockt, als sie ihre eigene Schwangerschaft verkündet hatte. Damit hatte keiner gerechnet, denn es war allgemein bekannt, dass Dominique keine Kinder wollte. Aber sie und ihr Mann schienen recht zufrieden mit ihrer Entscheidung zu sein, auch wenn sie die ganze Zeit sehr blass um die Nase war. Es war immer noch merkwürdig für Henry, Dominique und Steven zusammen zu sehen. Er konnte sich noch so gut daran erinnern, wie sehr sich die beiden in Hogwarts immer gestritten hatten und jetzt zu sehen, wie sie sich küssten oder wie Steven andauernd eine Hand auf Dominiques schon ziemlich runden Bauch legte … Manchmal fragte er sich immer noch, ob ihm nicht jemand irgendwelche Drogen untergeschoben hatte und er sich das Ganze nur einbildete.

Aber er war jetzt auch der Schwager von James Potter, und den hatte Henry in Hogwarts immer verabscheut, weil sie im gleichen Jahrgang gewesen waren und James immer jegliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Und das hätte Henry für genauso unmöglich gehalten. Dabei verstand er sich jetzt eigentlich ganz gut mit James, nachdem er ihn etwas besser kennen gelernt und nicht nur die draufgängerische und angeberische Seite von ihm gesehen hatte. James hatte in den letzten Jahren viel mit dem großen Druck gehadert, unter dem er stand, seit er in der Nationalmannschaft war und damit, dass er mittlerweile unzufrieden mit seinem Privatleben war, weil ihn die ständigen One Night Stands nicht mehr ausfüllten. Doch jetzt war er Weltmeister, was den meisten Kritikern das Maul stopfen dürfte, und außerdem hatte er während der Weltmeisterschaft in den USA eine sehr nette Frau kennen gelernt, die er wirklich zu mögen schien.

Deshalb hatten Lily und Henry bis nach der Weltmeisterschaft gewartet, um ihre Schwangerschaft zu verkünden. Und sie hatten wirklich Glück, weil bis zur zwanzigsten Woche kaum etwas zu sehen gewesen war. Dominique war ähnlich weit wie Lily in ihrer Schwangerschaft und bei ihr war schon in der dreizehnten Woche offensichtlich gewesen, dass sie schwanger war. Völlig panisch hatte sie Rose gebeten, zu überprüfen, ob sie nicht Zwillinge bekam, schließlich lagen die in der Familie und Dominique selbst war ein Zwilling, aber glücklicherweise war das nicht der Fall. Dominique hatte lange genug gebraucht, um sich mit dem Gedanken an ein Baby anzufreunden, zwei wären nicht drin gewesen. Aber Dominique gehörte wohl einfach zu den Frauen, die sehr schnell in die Breite gingen bei einer Schwangerschaft, während es bei Lily eine Weile dauerte, bis etwas zu sehen war.

Aber dann war Lilys Bauch plötzlich nicht mehr zu übersehen gewesen. Sie hatte zwar versucht, ihn durch weite Kleidung zu kaschieren aber ein starker Windhauch und ein gut getimtes Foto von einem Paparazzi hatten gereicht, um die ganze Klatschpresse in Aufruhr zu versetzen. Jetzt konnte Lily kaum noch einen Schritt in der Zauberwelt machen, ohne dass ihr jemand mit einem Fotoapparat folgte.

„Glaubst du ernsthaft, die Presse hätte weniger Theater gemacht, wenn wir sofort allen davon erzählt hätten?", fragte Henry zweifelnd. „Dann hätten sie Lily nur drei Monate länger verfolgt und ständig neue Fotos von ihrem flachen Bauch veröffentlicht und sich gefragt, ob sie vielleicht eine Fehlgeburt gehabt hätte." Henry verdrehte die Augen. Er war mittlerweile lange genug mit Lily zusammen, dass er genau wusste, wie die Presse tickte und dass man eigentlich nicht gegen sie gewinnen konnte. Der einzige Trost war, dass Lily sich dank ihres Vaters sehr gut in der Muggelwelt auskannte und sie sich wenigstens dort frei bewegen konnten. Auch wenn es wirklich beschissen war, dass sie sich nicht mal mehr im Tropfenden Kessel zum Essen treffen konnten, ohne andauernd belagert zu werden.

„Schwer zu glauben, dass sich das ganze Land mal für dein Kind interessieren würde", sagte Jonathan amüsiert. Henry boxte ihm beleidigt in den Arm.

„Jetzt übertreib mal nicht, Jon", erwiderte Nancy. „Mit Henry hat das überhaupt nichts zu tun. Es geht nur um Lily. Das Sperma hätte von wirklich jedem kommen können."

Henry stöhnte. „Vielen Dank auch, Nance."

Sie lachte und schlug ihm auf die Schulter. „Gern geschehen. Du bist wirklich selber Schuld, wenn du dich mit der Prinzessin der Zauberwelt einlässt."

„Du kannst mich mal! Seine Gefühle kann man sich nicht aussuchen. Und wenn Lily nun mal meine große Liebe ist, hätte ich sie nicht nehmen sollen, nur weil die Presse sich immer auf sie stürzt, weil ihr Vater vor über dreißig Jahren die Zauberwelt gerettet hat? Ich bin doch froh, dass ich sie gefunden habe." Seine Gefühle für Lily hatten ihn selbst überrascht, weil er nach seinen negativen Erfahrungen mit James eigentlich nichts mit den Potters hatte zu tun haben wollen. Aber dann war er Lily nach der Schule begegnet und die Anziehung zwischen ihnen war so stark gewesen, dass sie sich gegen ihre Gefühle nicht hatten wehren können. Und er wollte sich auch gar nicht wehren. Lily war wunderbar und er war überglücklich, dass er mit ihr zusammen war. Manchmal schaute er auf seinen Ehering und konnte immer noch nicht so ganz fassen, dass sie verheiratet waren.

Und seit er wusste, dass sie schwanger war … und besonders, seit ihr Bauch so gewachsen war, dass man nicht mehr leugnen konnte, dass ihr Baby darin war … Es war wirklich unbeschreiblich. Aber seitdem kam er auch nicht umhin, sich andauernd Sorgen um sie zu machen. Und nicht nur um die üblichen Sachen, ob sie genug aß und genug schlief und das Baby sich so entwickelte, wie es sollte, sondern vor allem auch darum, dass die Presse nicht mehr genug Abstand halten würde, weil sie so versessen auf ein gutes Bild waren, dass Lily und das Baby wirklich in Gefahr geraten würden.

„Du machst dir da wirklich viel mehr Stress als nötig, Brüderchen. Lily ist viel entspannter als du und wenn einer die Presse kennt, dann sie", sagte Jonathan unbeeindruckt.

„Ihr habt keine Kinder, ihr habt keine Ahnung, wie sich das anfühlt", protestierte Henry. Warum wollten seine Geschwister ihn nur nicht verstehen? Das war eine ernste Sache! Aber was wussten sie schon, ihre Fotos waren nicht ständig in irgendwelchen Magazinen und es gab nicht jede Woche irgendwelche neuen erfundenen Geschichten über ihr Privatleben. Schon alleine, wie oft er Lily oder sie ihn betrogen haben sollte, nur weil man sie fotografiert hatte, wie sie mit jemandem gesprochen hatten … Aber er hatte es ja selbst erst richtig verstanden, seit er mit Lily zusammen war. Davor war er sich zwar auch schon sicher gewesen, dass nicht jede Geschichte, die er las, stimmen konnte (so viel Sex konnte nicht mal James Potter haben, zumindest nicht dann, wenn man noch ein erfolgreicher Quidditchspieler sein wollte). Aber er hatte nicht gewusst, wie belastend dieses Interesse an der eigenen Person sein konnte. Er hatte immer gedacht, dass die Potters sich an der Aufmerksamkeit richtiggehend ergötzten und das Rampenlicht suchten. Was zumindest bei James bis zu einem gewissen Grad stimmte.

Aber der Rest der Familie war mehr davon genervt als alles andere. Al hatte das Land verlassen, weil er nicht ständig mit seinem berühmten Vater verglichen werden wollte, Lily hatte sich in die Höhle des Löwen begeben, um seriösen Journalismus zu betreiben, und Harry und Ginny gingen häufig in die Muggelwelt, um ihre Ruhe zu haben. Als Lily und er vor ein paar Jahren zusammengekommen waren, hatten sie sich in den ersten Monaten nur in der Muggelwelt getroffen, um die Beziehung unter Verschluss zu halten.

„Ich glaube trotzdem, dass du übertreibst", beharrte Nancy und warf einen Blick auf ihre Uhr. Dieses Mal ließ sich der Lieferservice aber wirklich viel Zeit.

„Glaube ich nicht. Dominique wurde ein paar Tage leichte Bettruhe verordnet, weil ihr Blutdruck viel zu hoch ist."

„Wundert mich nicht, bei ihrem Temperament", erwiderte Nancy. „Ich war mit ihr in einer Klasse. Merlin sei Dank hatten wir nicht viel gemeinsamen Unterricht, das wäre mir zu anstrengend gewesen. Lily ist da doch viel besonnener und kennt ihre Grenzen."

„Rose ist Heilerin und die ist bei ihrer ersten Schwangerschaft buchstäblich umgekippt, weil sie sich so übernommen hat." Lilys Familie war voll von diesen Horrorgeschichten. Wie man sich da keine Sorgen machen konnte, war Henry unbegreiflich.

„Meine Güte, dann pass halt einfach besser auf deine Frau auf, wenn du dir solche Sorgen machst! Was willst du überhaupt von uns hören?", fragte Nancy, die jetzt endgültig die Geduld zu verlieren schien. Henry zuckte zusammen. Wenn seine große Schwester so drauf war, war es besser, einfach in Deckung zu gehen.

„Du kennst doch Henry, der will einfach nur meckern", sagte Jonathan beruhigend. „Oder hast du seine ganzen Schimpftriaden über James vergessen?"

Nancy lachte. „Nein, da hast du Recht." Sie tätschelte süffisant Henrys Kopf und verwuschelte ihm dann die Haare. „Niemand hat es so schlimm wie du. Dein Leben ist wirklich scheiße. Du bist mit einer tollen Frau verheiratet, die dich liebt, ihr bekommt ein Baby, das ihr euch beide gewünscht habt, ihr seid gesund, ihr habt beide Arbeit … Du armer, armer Kerl. Du tust mir so Leid."

Henry verdrehte die Augen. „Leck mich."

Nancy grinste. „Dafür sind große Schwestern doch da." Sie zuckten alle zusammen, als es an der Tür klingelte. Nancy sprang sofort auf. „Na endlich, ich bin schon am verhungern!"

TBC…