Setting: AU Post-War
Kommentar: Die erste Geschichte, die ich auf Englisch geschrieben und dann übersetzt habe. Hätte nicht gedacht, dass es dazu mal kommen würde. XD
Aber die Geschichte entstand für das Potions & Parchment HGSS Holiday Prompt Fest 2023 und irgendwie kam der Anfang auf Englisch, also bin ich dabei geblieben. ^^
Das hier ist jedenfalls mein Beitrag zum diesjährigen Weihnachtsfest. Ich wünsche euch ein frohes ebensolches, eine schöne Zeit mit euren Lieben und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
Danken möchte ich dieses Mal Cissylein, die die Geschichte testgelesen hat, um mir zu sagen, ob das alles noch Sinn ergibt, denn ich habe so viel daran herumgebastelt, dass ich mir am Ende nicht mehr restlos sicher gewesen bin... *hust* Ich danke dir für deine Hilfe! :)
Warnings: Die Geschichte ist nicht ganz so weihnachtlich geworden, wie sie vermutlich hätte sein sollen. Aber hey, sie kommt von mir, da kann man nichts anderes erwarten. XD Jedenfalls gibt es so was ähnliches wie eine unheilbare Krankheit, so was ähnliches wie einen Character Death, aber irgendwie auch nicht … Ich glaube, es ist nicht verkehrt, ein paar Taschentücher greifbar zu haben. ^^
Look No Further
Everyone I'll never meet
and the friends I won't now make,
the adventures that they could have been
and the risks I'll never take …
But among your books,
among your clothes,
among your noise and fuss
I've let it go.
(Dido – Look No Further)
Rückblickend betrachtet war es eine schlechte Idee gewesen, den Westflügel des Schlosses nach dem Ende des Krieges nicht zu reparieren.
Aber sie benutzten ihn nicht wirklich. Schon seit mehr als einem Jahrzehnt bevor Potter nach Hogwarts gekommen war nicht mehr. Er nahm es Minerva nicht übel, dass sie es aufgeschoben hatte. Es hatte so viel anderes gegeben, das wichtiger gewesen war.
Zehn Jahre lang …
Und als er Minerva abgelöst und den Posten als Schulleiter ein weiteres Mal übernommen hatte, hatte er es auch aufgeschoben. Weil es andere Probleme gegeben hatte, um die er sich hatte kümmern müssen.
Zum Beispiel Schüler, die versuchten, sich nach Hogsmeade zu schleichen, um Feuerwhisky zurück ins Schloss zu schmuggeln.
Oder Eltern, die versuchten, ihn absetzen zu lassen.
Die Presse, die die Bemühungen der Vereinigung der besorgten Eltern anheizte.
Und der Schulrat, der ihm im Nacken saß.
Und so hatte er es für weitere zwei Jahre aufgeschoben und aufgeschoben, den Westflügel zu reparieren.
Wirklich, eine seiner schlechtesten Entscheidungen und ja, rückblickend betrachtet sogar ähnlich fatal wie die, ein Todesser zu werden.
Aber woher hätte er wissen sollen, dass -
Nun, was geschehen war, war geschehen.
„Dieses Jahr werden alle Schüler zu Weihnachten nach Hause zurückkehren", verkündete er deshalb bei der Willkommensfeier im September. „Diese Entscheidung steht nicht zur Debatte, es wird keine Ausnahmen geben, also informiert eure Eltern!"
Bedauerlich … Es war das erste Jahr, in dem keine vernichtenden Artikel im Tagespropheten erschienen waren und niemand vor dem Schloss protestiert hatte, denn wie konnte Minerva es wagen, ihn zum Schulleiter zu machen?! Nach allem, was er getan hatte …
Wenn Rita Kimmkorn sich nicht wie der verdammter Blutegel, der sie war, an dieser Sache festsaugen würde, würde er einen Besen essen!
Aber er hatte einfach nicht realisiert, was da passierte – bis zum Ende des letzten Schuljahres.
Die Schulleiter waren an die Banne des Schlosses gebunden. Sie wussten alles, was mit ihnen geschah, jeden Versuch, sie zu durchschreiten, und jeden, sie zu durchbrechen. Von Letzterem hatte es eine Menge gegeben, als er das erste Mal Schulleiter gewesen war …
Ende Mai jedoch hatte er bemerkt, dass mit den Bannen etwas nicht stimmte. Er hatte etwa eine Woche gebraucht, um herauszufinden, was es war, und als es ihm endlich gelungen war …
Nun ja.
Tatsache war, die Banne waren beschädigt. Die Magie der Gründer, die einzige Festung, die nicht einmal der Dunkle Lord hatte durchbrechen können, um die er sich hatte herumtricksen müssen – sie lag im Sterben.
Und offenbar würde er mit ihr sterben.
Daran zu denken, fühlte sich immer noch bizarr an. Obwohl es eine Zeit gegeben hatte, in der der Gedanke ans Sterben eine Erleichterung gewesen war, fühlte er sich jetzt nur schwindlig und krank und dezent panisch. Er wollte nicht sterben! Nicht mehr. Nicht mit … Nicht jetzt!
Aber es gab nichts, das er dagegen tun konnte. Nicht mehr. Und er hatte den ganzen Sommer über versucht, einen Ausweg zu finden!
Aber was geschehen war, war geschehen. Und er würde derjenige sein, der sowohl für Minervas als auch für seine eigene Nachlässigkeit bezahlte.
Als er es im Sommer endlich geschafft hatte, den Westflügel zu reparieren, hatte er gedacht, die Banne würden von allein heilen. Das hatten sie immer getan. Die Banne waren in der Geschichte von Hogwarts noch nie ein Problem für einen Schulleiter oder eine Schulleiterin gewesen, und was er bisher gespürt hatte, war … Nun, nicht unmissverständlich genug gewesen für das! Woher hätte er wissen sollen, dass -
Egal. Es spielte keine Rolle mehr. Das Einzige, was zählte, war, dass die Banne im Bereich des Westflügels instabil waren, wie ein Strumpf mit einer Laufmasche, die früher oder später zu einem Loch werden würde. Und das Loch würde größer werden und die Banne würden ihm seine Energie entziehen, um so lange wie möglich durchzuhalten. Aber letztendlich würde er sterben und die Banne würden vermutlich platzen wie eine verdammte Seifenblase.
Die Schüler waren besser nicht hier, wenn es so weit war. Niemand wusste, wie das Schloss auf den Verlust seiner Banne reagieren würde. Vielleicht würde es einstürzen. Vielleicht würde ihre Nachlässigkeit die Schule vernichten.
Bei Merlin … Das war nicht das Erbe, das er nach seiner zweiten Amtszeit als Schulleiter hinterlassen wollte.
Aber es gab nichts, das er dagegen tun konnte – außer sich damit abzufinden. Und das würde er. Er hatte es einmal geschafft, sich mit der Tatsache abzufinden, dass er sterben würde, und er würde es wieder können. Ihm waren zwölf Jahre geschenkt worden. Kein schlechter Schnitt, wirklich.
Aber es gab eine Person, die sich nicht damit würde abfinden können. Sie hatte ihren wohlverdienten Sommerurlaub in Frankreich verbracht, während er mit einigen Anfällen von Panik und dem Mangel an Informationen darüber, was zum Teufel hier vor sich ging, zu kämpfen gehabt hatte, und warf ihm nun einen besorgten Blick über das Roastbeef zu, das gerade auf den Tischen erschien. Aber sie sagte kein Wort. Nicht hier. Sie würde ihn in seinem Büro besuchen.
Später.
Sein Magen tat etwas Seltsames, wenn er nur daran dachte, dass sie ihm bald wieder an seinem Schreibtisch gegenübersitzen würde. Es waren lange zwei Monate gewesen, seitdem sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Er hatte sie vermisst. Und der Art und Weise nach zu urteilen, wie sie seine Hand berührte, als sie ihn um die Soße bat, hatte sie ihn auch vermisst.
Sie lächelte ihn an und ließ ihre Stimme weich wie Honig klingen, als sie sagte: „Danke!"
Oh, Mann … Er riss seinen Blick von ihr los, hob sein Kinn und blickte jeden Schüler, der es wagte, ihm in die Augen zu sehen, finster an.
Er sah aber noch, wie sie sich auf die Lippe biss, um ein Grinsen zu verbergen, und schloss kurz die Augen.
Sollte er es ihr wirklich sagen?
Konnte er nicht?
Nein. Er musste es ihr sagen. Sie würde es sowieso bemerken. Dass die Banne von seiner Magie und Energie zehrten, würde er nicht ewig verbergen können. Sie kannte ihn schon zu gut, um das zu übersehen.
Außerdem brachte er es nicht über sich, sie wegzustoßen. Er brauchte sie, so erbärmlich es auch war. Wie eine Schlange in der Sonne aalte er sich in der ruhigen Freundlichkeit ihres Wesens …
Erbärmlich, wirklich.
Aber das Einzige, was ihn gerade davon abhielt, den Verstand zu verlieren.
Severus fragte sich noch immer, wie Minerva es geschafft hatte, Hermine Granger als Lehrerin an diese Schule zu holen. Da sie nicht nur einen, sondern gleich drei Universitätsabschlüsse hatte – Arithmetik, Alte Runen und Zauberkunst, nur Bestnoten, natürlich –, war sie eigentlich viel zu gut, um diese Dummköpfe zu unterrichten. Das Ministerium hatte auch schon mehrmals versucht, sie abzuwerben, die leckten sich alle zehn Finger nach ihr. Aber sie hatte immer abgelehnt.
„Es gefällt mir, wo ich jetzt bin und was ich hier tue, ich bin nicht interessiert an was auch immer das Ministerium zu bieten hat."
Und ganz ehrlich, ohne sie wäre er auch aufgeschmissen. Sie als stellvertretende Schulleiterin zu haben, war das Einzige, was den Schulrat in Schach hielt; er war sich nicht zu gut dafür, sie vorzuschicken, wann immer sie ihn herbeizitierten, um ihn mit den lächerlichen Anschuldigungen zu konfrontieren, die sich die Unerträglichen Eltern dieses Mal ausgedacht hatten.
„Ich helfe gern", sagte sie jedes Mal, wenn er ihr für ihre Hilfe dankte.
Aber er hatte etwa ein Dutzend Wiederholungen und einen Blick in ihren Geist gebraucht, um ihr glauben zu können. Jetzt tat er es und kam offenbar nicht mehr ohne sie klar.
Er sollte sie entlassen. Sie dazu zwingen, ihre Fähigkeiten für etwas Besseres als Hogwarts einzusetzen. Und sie dazu bringen, ihn zu hassen, je eher, desto besser. Das Einzige, was er ihr noch zu bieten hatte, waren ein gebrochenes Herz und Narben, die sie für den Rest ihres Lebens tragen würde.
Aber das würde sie nicht zulassen.
Und er konnte sich auch nicht dazu durchringen, es zu tun.
„Mhh, ich habe deinen Tee vermisst", seufzte sie, als sie sich später an diesem Abend vor seinen Schreibtisch setzte und tief den Duft einatmete, der aus ihrer Tasse aufstieg.
„Nur meinen Tee oder Tee im Allgemeinen?"
Sie blinzelte und grinste ihn an. „Beides. Aber deinen ganz besonders. Und? Was hat es nun mit deiner Ansprache bezüglich der Weihnachtsferien auf sich?" Sie schlug ein Bein über das andere und richtete ihren Blick auf ihn, eine kleine Falte auf der Stirn und die Hände um die Tasse gelegt.
„Es geht um den Westflügel", begann er und ihre Aufmerksamkeit war so ungetrübt, dass er sie fast auf seiner Haut spüren konnte. „Ich habe das Schloss im Sommer repariert, aber der Schaden geht über das Gebäude hinaus."
„Die Banne", schlussfolgerte sie.
„Ja. Und …"
Sie schürzte ihre Lippen. „Und was?"
Er konnte es nicht. Er konnte es ihr nicht sagen. Er wollte diese haselnussbraunen Augen nicht zum Weinen bringen und ihr das Herz brechen und sie zwingen, zu -
„Was, Severus?"
Aber sie war seine Stellvertreterin.
Fuck.
Er schnaufte und ein freudloses Lächeln geisterte über seine Lippen. Was für eine dumme, dumme Entscheidung, sie zu seiner Stellvertreterin zu machen …
Aber es hatte sich niemand anderes gefunden, der bereit gewesen wäre, es zu tun.
Unglücklicherweise gab es keinen Fluch mehr, den er für die vielen freigewordenen Stellen der ersten zwei Jahre seiner Amtszeit verantwortlich machen könnte. Nur sich selbst.
Nachdem Filius und Minerva in den Ruhestand gegangen waren, hatte es ohnehin kaum noch jemanden gegeben, den er gekannt hatte. Poppy war noch da, Hagrid und Rolanda, aber letztere würde nächstes Jahr auch in den Ruhestand gehen.
„Ich werde zu alt, um freche Erstklässler über das Quidditchfeld zu jagen, Severus. Voldemort hat mich nicht umgebracht und ich werde nicht zulassen, dass ein paar Möchtegern-Quidditch-Stars von morgen sein Versäumnis nachholen!"
Das konnte er ihr nicht verübeln.
Und Sybill war natürlich auch noch da. Das Schicksal würde es nicht zulassen, dass er sie loswurde, bevor es ihn loswurde.
Aber sie alle kannten ihn und seinen Charakter – und keiner von ihnen ließ sich noch davon beeindrucken. Die neueren Kollegen hingegen … Aber um ehrlich zu sein, er hatte sich auch keine Mühe gegeben. Wenn sie nicht mit ihm klarkamen, sollten sie lieber gehen. Was sie getan hatten. Und so hatte er andere Professoren finden müssen. Inzwischen hatte er aufgehört zu zählen, wie viele Vorstellungsgespräche er bereits geführt hatte.
Die Einzige, die sich einfach nicht von ihm hatte vergraulen lassen, war Hermine gewesen. Und als sein letzter Stellvertreter die Flucht ergriffen hatte, hatte er ihr die Stelle angeboten in der Hoffnung, dass vielleicht wenigstens sie lange genug bleiben würde, um seine Nachfolge anzutreten.
Was er nicht erwartet hatte, war, dass sie ihm so außerordentlich ans Herz wachsen würde.
Und nun würde er sie doch entlassen müssen – die Einzige, die er nicht verlieren wollte. Was für eine verdammte Ironie …
Und nicht nur das! Sie würde auch noch zustimmen müssen. Da es keinen handfesten Grund gab, sie gegen ihren Willen zu entlassen, und auch der Schulrat ohne selbigen nicht einfach zustimmen würde, musste sie es tun. Zustimmen.
Sein Blick fiel auf das Formular, das vor ihm lag. Rücktritt als stellvertretende Schulleiterin. Die Worte schmeckten bitter auf seiner Zunge. Wie um alles in der Welt sollte er sie dazu bringen, das zu unterschreiben?
Nun, die Antwort war einfach: Er konnte es nicht. Entweder würde sie vernünftig sein und es von sich aus tun oder sie würde es gar nicht tun. Verdammte Gryffindor, die sie war, befürchtete er, dass es Letzteres sein würde.
Also seufzte er und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht, nur um ihrem Blick noch eine Sekunde länger entgehen zu können. „Die Banne, sie … werden mich letztendlich töten."
Drei, vier, fünf Sekunden lang stand die Zeit still. Er hielt sogar den Atem an und er konnte sehen, dass Hermine dasselbe tat.
Dann stieß sie ein ersticktes Lachen aus. „Du machst Witze."
„Ich wünschte, es wäre so."
Etwas Tee schwappte über den Rand ihrer Tasse, als sie sie wieder auf den Tisch stellte. „Ich glaube, ich brauche mehr Details, Severus", flüsterte sie und stützte die Ellbogen auf die Knie, als müsste sie in Kürze ihren Kopf dazwischen legen, damit sie nicht in Ohnmacht fiel oder hyperventilierte.
Er verzog das Gesicht. „Als Schulleiter bin ich an die Banne gebunden. Und der Schutz des Schlosses hat oberste Priorität. Wenn die Banne einzustürzen drohen, werden sie meine Magie und meine Energie nutzen, um den drohenden Zusammenbruch so lange wie möglich hinauszuzögern."
„Dann musst du eben zurücktreten!"
„Ich kann nur zurücktreten, wenn ich einen Nachfolger habe. Und wenn ich niemanden ernenne, wird das Schloss meinen Stellvertreter nehmen, der derzeit du bist. Was mich zu meiner obersten Priorität bringt: Ich möchte, dass du zurücktrittst als -"
„Nein!" Sie sprang auf und begann, im Büro auf und ab zu laufen, offenbar der Meinung, dass eine Ohnmacht nicht zur Debatte stand. Hyperventilieren hingegen …
„Hermine, bitte …"
Sie wirbelte herum und deutete mit dem Finger auf ihn. „Nein!" Sie hielt seinem Blick einige wütende Sekunden lang stand, dann schnaufte sie und lief weiter. „Das werde ich nicht akzeptieren", murmelte sie. „Das wird nicht passieren, ich … nein. Nicht bevor … Niemals! Wir werden die verdammten Banne reparieren! Ganz einfach. Hast du jemals darüber nachgedacht, sie zu reparieren, oder hast du dich einfach … mit all dem abgefunden?"
„Ich habe tatsächlich versucht, sie zu reparieren, ja."
Sie hielt eine Sekunde lang inne, dann schnaufte sie. „Ich werde das trotzdem nicht akzeptieren. Und ich werde diesen Rücktritt nicht unterschreiben! Ich werde einen Weg finden, die verdammten Banne zu reparieren, und wenn es das Letzte ist, was ich tue!"
Severus sah sie schweigend an, dann blickte er zu den Porträts der ehemaligen Schulleiter auf. Alle Rahmen waren verlassen – bis auf das von Albus. Severus wechselte einen Blick mit ihm, dann senkte der alte Mann seinen und folgte den anderen.
Leise seufzend stand Severus auf und versperrte Hermine den Weg. Sie erstarrte und sah ihm in die Augen. Und ihre waren so aufgewühlt, dass er es kaum ertragen konnte. „Es gibt nichts, was du tun kannst, Hermine. Ich habe es versucht. Ich habe es den ganzen Sommer über versucht. Die Banne werden mich umbringen."
„Das kann nicht sein", sagte sie mit blassem Gesicht und dünner Stimme. „Sag mir, dass das nicht wahr ist!"
„Das kann ich nicht. Es tut mir leid."
Eine Träne lief ihr über die Wange. „Das kann nicht sein."
„Es ist wahr. Ich kann nur dir das gleiche Schicksal ersparen – wenn du dieses Formular unterschreibst!"
Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. „Nein. Ich werde einen Weg finden, uns beide zu retten. Vielleicht weiß Professor Dumbledore, wie man -"
„Da er gerade gegangen ist, nehme ich an, dass er es nicht weiß."
Sie schluckte und ihr Blick wanderte zu dem verlassenen Porträt. „Dann mache ich es eben allein", beschloss sie und ging.
20.10.2010
Lieber Bill,
wie geht es Dir, Fleur und den Kindern?
Victoire macht sich sehr gut bisher. Ich freue mich, sie in Gryffindor zu haben, und soweit ich das beurteilen kann, hat sie sich mühelos eingelebt. Ich sehe sie oft zusammen mit zwei Mädchen aus ihrem Jahrgang, mit denen sie sich gut zu verstehen scheint. Ich hoffe allerdings, dass sie nicht die Neigung von Fred und George, Ärger zu machen, geerbt hat.
Aber das ist leider nicht der Grund, warum ich Dir schreibe. Es tut mir wirklich leid, dass ich Dich damit belästigen muss, aber ich weiß nicht, wen ich sonst um Hilfe bitten könnte. Deine Sachkenntnis in Sachen Banne und Flüche ist im magischen Britannien und dem größten Teil des europäischen Kontinents immer noch unübertroffen. Und genau das ist es, was ich brauche: einen Experten. Und wahrscheinlich ein Wunder …
Während des Krieges wurde ein Teil des Westflügels beschädigt und sowohl Minerva als auch Severus haben die Reparatur aufgeschoben, weil dieser Teil des Schlosses ohnehin nicht genutzt wird. Jetzt aber haben die Schäden am Schloss auch Schäden an den Bannen verursacht – der Grund, warum die Schüler dieses Jahr über Weihnachten nach Hause zurückkehren müssen. Severus und ich müssen die Banne reparieren und währenddessen muss das Schloss leer sein.
Das Problem ist nur, wir wissen beide nicht, wie wir das anstellen sollen. Ich habe bereits mehrere Wochen damit verbracht, die Banne zu analysieren und nach einer Möglichkeit zu suchen, sie zu reparieren, aber ohne Erfolg.
Könntest Du Dir bitte meine Analysen ansehen? Vielleicht hast Du ja eine Idee.
Ich danke Dir!
Liebe Grüße,
Hermine
21.10.2010
Hallo Mine,
ich wollte Dich nur wissen lassen, dass Bill im Moment nicht in England ist. Er, Fleur und die Kinder sind in Ägypten, um seine ehemaligen Kollegen zu besuchen. Ihre Eulen kommen hierher, bis sie wieder zurück sind. Ist das, weswegen Du ihm geschrieben hast, dringend? Ich könnte Deinen Brief weiterschicken.
Und weil wir gerade schreiben: Wie geht es Dir? Wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Schleichen Snape und Du immer noch umeinander herum?
Ich hoffe, Du kommst an Weihnachten vorbei. Mum wäre überglücklich.
Alles Liebe,
Ron
21.10.2010
Hallo Ron!
Ja, wenn es Dir nichts ausmacht, schicke bitte meinen Brief an Bill weiter. Ich brauche dringend seine Hilfe, je früher, desto besser.
Alles in allem geht es mir recht gut. Im Moment bin ich ziemlich beschäftigt, aber wann bin ich das nicht?
Ich weiß allerdings nicht, was Du mit „umeinander herumschleichen" meinst. Severus und ich schleichen nicht umeinander herum. Nicht jeder muss sich alles Emotionale erklären lassen, Ron!
Wie geht es Dir, Katie und den Kindern?
Alles Liebe,
Hermine
22.10.2010
Hallo Hermine,
es tut mir leid, ich wollte Dir nicht zu nahe treten! Solange Du glücklich bist, ist alles bestens.
Uns geht es auch ganz gut. Hugo hat sich letzte Woche erkältet und Katie will ihm keinen Aufpäppeltrank geben, weil er „ein Immunsystem aufbauen muss". Wir wechseln uns bei der nächtlichen Pflege ab, aber normalerweise kommt er gegen Mitternacht in unser Bett, so dass wir beide gerade nicht viel Schlaf bekommen. Die Einzige, die davon profitiert, ist Maggie. Sie weiß wirklich, wie sie uns gegeneinander ausspielen kann …
Ich hoffe, Bill kann Dir helfen. Und wenn Du reden willst, weißt du ja, wie du mich oder Harry erreichen kannst.
Alles Liebe,
Ron
24.10.2010
Hallo Ron,
es tut mir leid, ich habe überreagiert. Es ist nur … Es ist ernst. Das, bei dem ich ich Bills Hilfe brauche? Es könnte Severus umbringen. Ich habe wirklich Angst um ihn, Ron.
Aber ich bin froh, dass es euch allen gut geht. Und Katie hat recht, Hugo muss ein Immunsystem aufbauen. Ich hoffe trotzdem, dass es ihm bald besser geht.
Alles Liebe,
Hermine
24.10.2010
Hermine,
ich habe heute einen freien Tag. Wollen wir uns heute Abend in Hogsmeade treffen?
Ron
26.10.2010
Liebe Hermine,
vielen Dank für Deinen Brief und die Neuigkeiten über Victoire! Es geht uns allen gut und wir freuen uns, dass sie sich gut eingelebt hat.
Zu Deinem Problem mit den Bannen … Ich fühle mich geschmeichelt, aber nach Deinen Analysen zu urteilen, ist das wirklich eine Herausforderung, selbst für mich. Ich habe ein oder zwei Ideen, aber ich müsste mir die Banne selbst ansehen und einige zusätzliche Analysen durchführen. Ich könnte nächste Woche vorbeikommen, wenn es Dir passt.
Fleur und die Kinder lassen Dich grüßen!
Liebe Grüße,
Bill
Er fand sie in der Bibliothek, vergraben in der Verbotenen Abteilung hinter einer Wand aus Büchern. Bücher, die er schon in den Sommerferien durchforstet hatte, ohne auch nur den Hauch einer Lösung für sein Problem zu finden, aber er wagte es nicht, ihr das zu sagen. Vielleicht würde sie etwas finden, das er übersehen hatte. Banne und theoretische Magie waren schließlich nicht sein Fachgebiet …
Der freie Stuhl knarrte, als er sich darauf niederließ. Er hielt währenddessen die Luft an und atmete erst wieder langsam aus, als er saß. „Wie ist dein Treffen mit Mr Weasley verlaufen?"
„Er wird sich mit einigen seiner Kollegen in Verbindung setzen", murmelte sie, ohne zu ihm aufzusehen.
Ah. Das war der Grund, warum sie noch nicht zu ihm gekommen war. Keine Neuigkeiten.
Als er nichts sagte, seufzte sie schließlich, klappte das Buch zu und sah ihm in die Augen. „Wie geht es dir?"
„Es geht mir gut."
„Hilft der Stärkungstrank?"
„Ja." Er lächelte, etwas, von dem er lange Zeit gedacht hatte, er sei dazu nicht in der Lage, das aber wie von allein passierte, wenn es an sie gerichtet war. „Überfordere dich nicht deswegen, Hermine." Es wird uns nicht weiterbringen.
„Ich werde tun, was nötig ist", beschloss sie und hob ihr Kinn.
„Das Einzige, was nötig ist, ist, dass du das Rücktrittsformular unterschreibst. Alles andere ist nicht zu ändern."
„Das wird sich zeigen."
Er seufzte. Und wenn er nicht so verdammt müde wäre, hätte er die Sache noch einmal mit ihr diskutiert, auch wenn das sechste oder siebte Gespräch sie wahrscheinlich auch nicht umstimmen würde, wenn die ersten fünf bereits gescheitert waren. Nun, es blieb ihr noch etwas Zeit, um sich mit den Tatsachen abzufinden, mit dem, was geschehen würde. Hoffentlich würde sie zur Vernunft kommen, bevor es zu spät war.
Jetzt aber zog er die Augenbrauen zusammen und ließ seinen Blick über ihr blasses Gesicht und die dunklen Ringen unter ihren Augen wandern. „Wie geht es dir? Du siehst müde aus."
„Mach dir keine Sorgen um mich. Mir geht es genauso gut wie dir."
Oh, ich hoffe, es geht dir besser … „Hast du heute schon etwas gegessen?"
„Ich hatte einen Muffin zum Frühstück."
Er zog eine Augenbraue hoch.
„Sieh mich nicht so an! Ich habe andere Dinge zu tun als zu essen."
„Du wirst bald gar nichts mehr tun, wenn du nicht auf dich acht gibst."
„Sei nicht so dramatisch, Severus. Ich bin nicht diejenige, die von Stärkungstränken lebt."
Touché.
„Außerdem kann ich mich erst entspannen, wenn ich weiß, wie ich dieses Problem lösen kann."
„Das kannst du nicht."
„Ich kann! Ich muss, verstehst du?" Ihr Blick verhärtete sich. „Ich kann nicht einfach aufgeben! Ich wünschte nur, ich hätte mehr Zeit …"
Er schluckte. „Es sind noch sieben Wochen bis Weihnachten."
„Ja …" Jetzt war es ihr Blick, der auf seinem nicht weniger blassen Gesicht lag, und er hasste es, der Grund für die Falte zu sein, die sich immer tiefer zwischen ihre Augenbrauen grub. Er hatte gewusst, dass das passieren würde. Dass diese Monate Spuren bei ihr hinterlassen würden, die sie wahrscheinlich nie ganz würde abschütteln können. Er hätte sie einfach entlassen sollen.
Nun … Was geschehen war, war geschehen.
„Was hältst du von Abendessen in meinem Büro?", fragte er schließlich, obwohl er alles andere als hungrig war.
„Klingt gut. Ich leihe nur schnell ein paar Bücher aus, ja?"
„Sicher." Er würde sowieso einen Moment brauchen, um wieder auf die Beine zu kommen, mit dem Gewicht der Banne, das auf ihm lastete und so.
Hermine trug ungefähr das gleiche Gewicht in Büchern, als er sie bei der Ausleihe traf. „Bitte lassen Sie die Bücher in der Verbotenen Abteilung, wo sie sind, ich bin noch nicht fertig damit", sagte sie zu Orchard Kelpis, dem Bibliothekar, der die Nachfolge von Madam Pince angetreten hatte, als diese beschlossen hatte, dass sie genug hatte von dieser Schule und den Schülern und all den Katastrophen, die sie heimsuchten, und sich einen Job in – soweit er wusste – Südamerika gesucht hatte.
„Natürlich, Professor Granger", erwiderte der gutmütige Mann lächelnd, und diese Art von Freundlichkeit hinter diesem Tresen zu sehen, ließ Severus' Augenlid immer noch zucken.
Aber seit Madam Pince das Schloss verlassen hatte, schien die Bibliothek etwas stärker frequentiert zu sein, und obwohl er es nicht mit Sicherheit sagen konnte, da er nicht mehr unterrichtete und seit mehr als dreizehn Jahren keinen Aufsatz mehr benotet hatte, war das wahrscheinlich eine gute Sache.
Hermine riss ihn aus seinen Grübeleien: „Fertig?"
„Ja. Guten Abend, Mr Kelpis."
„Schulleiter."
Sie gingen schweigend zu seinem Büro. Hermine passte sich an sein langsameres Tempo an, und er war dankbar für den kurzen Zwischenstopp bei ihren eigenen Räumen. Während sie den Bücherstapel ablud, lehnte er sich schwer atmend gegen die Wand gegenüber ihrer Tür. Heiliger Hippogreif … Wenn die Banne seine Energie weiterhin so strapazierten, würde er wahrscheinlich bald wieder einen Stock brauchen.
„Ich bin gleich zurück", murmelte er, als sie endlich das Büro der Schulleiter erreicht hatten, und ging in sein Schlafzimmer, um einen weiteren Schluck des Stärkungstranks und einen moderaten Schmerztrank zu nehmen.
Als er zu Hermine zurückkehrte, stand sie vor seinem Schachtisch und studierte die Positionen der Figuren. „Mit wem spielst du im Moment?"
„Filius."
„Oh! Wie geht es ihm?"
„Gut genug, um mich schon wieder zu schlagen." Er schnalzte mit der Zunge und genoss ihr Lächeln.
„Ich habe mich vor ein paar Wochen mit Ron getroffen und ihm von unserem Problem erzählt."
„Das habe ich mir gedacht."
„Hast du?"
Er nickte. „Mir ist aufgefallen, dass du das Schloss vor dem Abendessen verlassen hast und erst gegen Mitternacht zurückgekommen bist. Das ist deine normale Zeit, wenn du dich mit deinen Freunden in Hogsmeade triffst."
„Hm." Sie schien nicht verärgert. „Ich bin immer wieder erstaunt, wie viele Informationen du durch die Banne bekommst."
Er brummte. „Da kommt man ins Grübeln, wie oft Dumbledore euch drei auf dem Gelände hat herumlaufen lassen, ohne euch zu stoppen, nicht wahr?"
„Nein", erwiderte sie langsam, „ich frage mich eher, warum du die Schäden nicht früher bemerkt hast."
„Ich habe es sofort bemerkt, als es passiert ist. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass sie nicht repariert werden können." Was er gebraucht hätte, wäre eine Vorwarnung gewesen. Einen Hinweis darauf, dass die Schäden des Schlosses irgendwann auch die Banne beschädigen würden. Aber die hatte er nicht bekommen.
„Hm …"
„Also, was hat Ronald gesagt?"
„Hm? Oh! Richtig …" Sie blickte wieder auf das Schachbrett. „Er konnte mir natürlich nicht helfen, aber er sagte, dass … Wenn er in einer Schachpartie feststeckt, schließt er für einen Moment die Augen und sieht sich das Brett an, als würde er es zum ersten Mal sehen. Er sagte, dass das Loslassen der eigenen Strategie und der vermutlichen Strategie des Gegners hilft, den Geist für alle Möglichkeiten zu öffnen."
„Da hat er recht."
„Ja …" Sie sah ihm in die Augen und der Duft von Kokosnuss und Magnolien kitzelte seine Nase, als sie den Kopf drehte. „Aber ich habe keine Strategie, die ich loslassen könnte, Severus."
30.11.2010
Hallo Hermine!
Es tut mir leid, Dir sagen zu müssen, dass keiner meiner Kontakte eine Idee hatte, wie man die Banne reparieren könnte. Wie es scheint, haben die Gründer es nie für möglich gehalten, dass irgendetwas sie ernsthaft beschädigen könnte, zumindest nicht genug, dass sie sich nicht mehr selbst reparieren können.
Und was Deine Idee betrifft, sie komplett aufzuheben und von Grund auf neu aufzubauen: Es ist möglich, aber es würde sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, da jeder Bann einzeln vom Rest getrennt und aufgelöst werden müsste. Und wir sprechen hier von etwa fünfhundert einzelnen Bannen, die alle miteinander verwoben sind. Außerdem kann ich nicht versprechen, dass das Schloss selbst unversehrt bleibt. Das Schloss und seine Banne sind so eng miteinander verbunden, dass der beschädigte Westflügel ein Loch in die Banne reißen konnte. Ich bin mir fast sicher, dass es auch andersherum passieren würde.
Es tut mir wirklich leid, dass wir Dir und Professor Snape nicht helfen konnten.
Liebe Grüße
Bill
01.12.2010
Lieber Bill,
danke, dass Du Dich an Deine Kollegen gewandt hast, auch wenn die Antworten niederschmetternd sind.
Ich schätze, es würde nicht funktionieren, einfach das Schloss zu verlassen und auf einen anderen Kontinent zu gehen?
Grüß Fleur von mir!
Liebe Grüße
Hermine
02.12.2010
Hallo Hermine!
Nein, das Schloss zu verlassen, würde nicht funktionieren. Sowohl Du als auch Professor Snape sind bereits mit den Bannen verbunden. Solange Du nicht als stellvertretende Schulleiterin zurücktrittst, sehe ich keine Chance, auch nur Dich aus der Sache herauszuholen. Also rate ich Dir dringend, das zu tun! Ich habe keinen Zweifel daran, dass Professor Snape nicht möchte, dass Du mit ihm stirbst, nur weil Du zu stur bist, um auf Dich selbst aufzupassen!
Fleur grüßt zurück und schließt sich meiner Meinung an!
Liebe Grüße
Bill
05.12.2010
Lieber Bill,
ich verstehe Deine Sorge, aber ich werde nicht als stellvertretende Schulleiterin zurücktreten. Severus nervt mich damit schon, seitdem er mir von den Bannen erzählt hat, aber entweder lösen wir dieses Problem oder wir scheitern gemeinsam. Nenn es Gryffindor'sche Dummheit, aber das wird mich nicht umstimmen. Hogwarts ist unser Zuhause, sowohl Severus' als auch meines, und ich möchte keine Welt ohne Hogwarts oder Severus sehen.
Aber wenn wir wirklich scheitern, solltest Du alles, was wir in den letzten Monaten über die Banne herausgefunden haben, in einer Abhandlung zusammenfassen. Es wäre eine Schande, die nachfolgenden Schulleiter und Schulleiterinnen nicht zu warnen, dass ein Teil des Schlosses nie zu lange beschädigt bleiben darf.
Alles Liebe
Hermine
05.12.2010
Hermine,
diese Abhandlung wirst Du selbst schreiben müssen!
Bill
Als er blinzelte, war sie da. Lag neben ihm auf dem Bett auf ihrer linken Seite, während er auf der rechten lag, das schwache Licht einer spärlichen Weihnachtsdekoration bunt auf ihrem Haar. Es lief leise Musik, wahrscheinlich das Radio, das jede Stunde die gleichen Weihnachtslieder wiederholte. Es war ruhig, alle waren fort, sogar die Hauselfen. Still und friedlich. Und nicht einmal Hermine unterbrach diesen Moment. Sie sah ihm einfach nur in die Augen, die Hände unter die Wange geschoben und die haselnussbraune Farbe ihrer Iris fast schwarz im Dämmerlicht.
Schließlich blinzelte er und fragte mit kratziger Stimme: „Wie spät ist es?"
„Ungefähr halb zwei Uhr nachts."
„Und welchen Tag haben wir?"
Ein Muskel in ihrer Wange zuckte. „25. Dezember."
„Mh." Er hatte es geschafft … Merlin sei Dank!
Er drehte sich auf den Rücken und griff zur obersten Schublade seines Nachttisches.
„Was machst du da? Warte, ich helfe dir."
„Nein. Ich komme schon klar."
„Dann lass mich wenigstens eine Dosis von deinem Trank holen!"
„Nein!", sagte er wieder. Nicht der Trank … Zwei Monate, in denen er regelmäßig erst einen einfachen Stärkungstrank und dann eine verstärkte Version genommen hatte, hatten weder seinem Magen noch seinem Herzen gut getan. Er fühlte sich übel und zittrig, wenn er nur daran dachte. „Lass mich das einfach machen." Sie antwortete nicht und er sah sie nicht an. Nach einigem Suchen fand er das kleine Päckchen, das er eingepackt hatte, als seine Feinmotorik noch für solche Aufgaben geeignet gewesen war und er noch mehr als eine halbe Stunde am Stück hatte wach bleiben können.
Er lag ein oder zwei Minuten schwer atmend da, bevor er sich wieder Hermine zuwandte und ihr das Geschenk gab. „Frohe Weihnachten", sagte er.
Sie nickte und kaute sichtbar auf der Innenseite ihrer Wange, bis sie ihr zitterndes Kinn und ihre Tränen unter Kontrolle hatte. „Dir auch. Aber mein Geschenk ist unten im Büro, lass mich kurz -"
„Nein", unterbrach er sie, „bitte, sieh dir erst meines an. Ich will sehen, wie du es auspackst." Und er würde vielleicht keine weiteren fünf Minuten mehr schaffen.
„Okay", hauchte sie und begann, vorsichtig das Klebeband zu entfernen, bevor sie das Papier auffaltete und die kleine kastanienbraune Schachtel fand. „Was ist das?"
„Mach es auf und du wirst es sehen." Seine Augenlider fühlten sich an, als wären sie aus Blei, während er gegen die unerträgliche Erschöpfung ankämpfte, die ihn jetzt die meiste Zeit über schlafen ließ.
Ihr Keuchen gab ihm einen frischen Kick. „Severus! Die ist wunderschön …" Sie griff die goldene Kette an ihrem Anhänger und zog sie aus dem Kissen, in das sie eingebettet war. Das schwache Licht glänzte auf dem Metall.
„Gefällt sie dir?"
„Ja!" Sie wischte eine Träne fort, die ihrer Kontrolle entwischt war. „Danke!"
„Leg sie um", murmelte er und versuchte, sein unvermeidliches Wiedereinschlafen so lange hinauszuzögern, dass er den kleinen Bernsteinanhänger auf ihrer blassen Haut sehen konnte.
Hermine setzte sich auf und fummelte an der Schließe herum, dann verschwanden ihre Hände unter ihren wilden Locken. „Wie findest du es?", fragte sie und drehte sich zu ihm, damit er es sehen konnte.
Wunderschön …
Aber sein Mund weigerte sich, das Wort zu formen, und seine Augen verloren schließlich den Kampf.
02.12.2010
Lieber Mr Weasley,
wie Hermine mir gesagt hat, können Sie uns bei dem vorliegenden Problem nicht helfen – was bedauerlich ist, aber ich habe es nicht anders erwartet.
Wären Sie jedoch bereit, mir bei einem anderen Problem behilflich zu sein, das ich lösen muss?
Mit freundlichen Grüßen
S. Snape
03.12.2010
Lieber Mr Snape,
natürlich! Wenn ich irgendetwas für Sie tun kann, bin ich Ihnen gerne behilflich!
Mit freundlichen Grüßen
Bill Weasley
Eine erzwungene Apparation war eine brutale Art aufzuwachen.
Und in diesem Fall hätte sie ihn fast umgebracht.
Was … zum … Teufel …
Atmen fühlte sich an wie Feuer und das bisschen Sauerstoff, das noch in seine Lungen gelangte, reichte kaum aus, um ihn bei Bewusstsein zu halten und das unregelmäßige Flattern seines Herzens zu spüren.
„Severus!"
Hermine half ihm, sich aufzusetzen. „Was hat das … zu bedeuten …", keuchte er.
„I-ich weiß es nicht! Ich war … und dann … Wo sind wir?"
Er stöhnte und versuchte, seinen Puls dazu zu zwingen, sich verdammt noch mal zu beruhigen! Ein Herzinfarkt war nicht das, was er sich für sein Ende vorgestellt hatte …
„Sieh mich an!", befahl sie und hielt sein Gesicht mit beiden Händen fest. Und als er es geschafft hatte, seinen Blick auf sie zu fokussieren, sagte sie: „Atmen!" Und demonstrierte, was er tun sollte. Langsam ein, noch langsamer aus.
Bis er nickte. „Okay."
„So okay wie es unter diesen Umständen eben sein kann", murmelte sie und drehte sich wieder um. „Du weißt nicht zufällig, wo wir sind, oder?"
Severus blinzelte. Ein kahler Raum, wahrscheinlich unten in den Kerkern. Keine Fenster, keine Tür, keine Möbel. Wenn Hermine ihren Zauberstab nicht dabei hatte, säßen sie im Dunkeln. „Sieht aus wie der Fluchtraum", murmelte er.
„Fluchtraum?", wiederholte sie.
Er hustete. „Gab es … irgendeine Gefahr?"
Sie zog die Schultern hoch und schüttelte den Kopf. „Es ist ein bisschen stürmisch draußen, aber sonst …"
„Das wird es gewesen sein", murmelte er. Die Banne versuchten um jeden Preis, ihn zu schützen.
„Es hat uns wegen eines verdammten Schneesturms evakuiert? Die Apparation hätte dich fast umgebracht! Und das verdammte Schloss hat uns nicht einmal evakuiert, als Voldemort es angegriffen hat! Was zum Teufel?!"
„Beruhige dich, Hermine", murmelte er, unsicher, wie lange er sich aus eigener Kraft aufrecht halten konnte.
„Sag mir nicht, was ich tun soll! Das ist doch lächerlich! Bring uns sofort zurück!", schrie sie die Decke an.
Natürlich geschah nichts.
„Verdammte Scheiße", murmelte sie und umklammerte ihren Zauberstab fester. „Nun, wenn du nicht willig bist, dann brauche ich Gewalt …"
Doch Severus bekam nicht mehr mit, was sie damit meinte; die Erschöpfung ließ ihn zur Seite sacken und er versank in Dunkelheit.
Als er wieder aufwachte, lag sein Kopf in Hermines Schoß und er fühlte sich wärmer als zuvor. Ein leises Heulen drang an seine Ohren; wahrscheinlich der Schneesturm, den sie erwähnt hatte. Er blinzelte, bis er wieder klar sehen konnte, und stellte fest, dass sie den Kopf gegen die Wand gelehnt hatte und mit den Fingern träge durch sein Haar fuhr.
Dass er wach war, wurde ihr bewusst, als er hustete.
„Severus", sagte sie, kaum mehr als ein Flüstern.
„Wie lange …"
„Ungefähr eine Stunde, schätze ich. Ich habe keine Uhr bei mir. Wie fühlst du dich?"
„Fantastisch", sagte er mit rauer Stimme, „der beste Urlaub seit Jahren."
„Ha ha", erwiderte sie, aber ein Lächeln zuckte um ihre Mundwinkel. Es verblasste zu schnell. „Wie lange, glaubst du, wirst du ohne Stärkungstrank auskommen?" Ihre Stimme zitterte und auf ihrer Stirn bildeten sich Falten.
„Ich weiß es nicht." Es war eine Lüge und sie wusste es. Seitdem das Schloss sie hierher appariert hatte, war sein Herzschlag nicht mehr regelmäßig geworden. Jedes Einschlafen konnte jetzt sein letztes sein.
Sie kaute auf der Innenseite ihrer Lippe und wischte sich schnell eine Träne aus dem Auge. Aber er konnte spüren, wie ihr Bauch zuckte unter dem Schluchzen, das sie sich verbot.
„Es tut mir leid", flüsterte er.
„Was?"
Dass ich dich so nah an mich herangelassen habe. Dass ich dich nicht näher herangelassen habe. Dass ich dir nicht gesagt habe, dass ich dich liebe. Dass ich dich schon seit mehr als einem Jahr liebe. Dass ich Zeit vergeudet habe und so dumm war anzunehmen, dass ich noch so viel mehr Zeit mit dir verbringen könnte. Dass ich dachte, ich würde jemanden wie dich überhaupt verdienen und dir Hoffnung geben können, obwohl ich doch weiß, dass es so etwas wie Hoffnung in meinem Leben nicht gibt. Einfach … alles.
Aber er konnte sich nicht dazu durchringen, auch nur ein Wort davon auszusprechen. Stattdessen schloss er die Augen und hoffte, dass sie die Träne nicht sah, die an seiner Schläfe entlang sickerte.
Als sie ihm eine Haarsträhne aus der Stirn strich, blinzelte er erneut und sah ihr in die Augen. Die vergangenen Monate waren in jede Falte ihres Gesichts geschrieben, selbst ihre Augen schienen trüber zu sein, als er sie in Erinnerung hatte. Und das war sein Werk. Das war es, was er ihr angetan hatte. Sein Egoismus senkte sich wie eine bleierne Last in seinen Magen und ließ ihn sich noch übler fühlen als ohnehin schon.
Ich wünschte, ich hätte das nie zugelassen.
Hermine schien jedoch anderer Meinung zu sein, denn sie beugte sich zu ihm hinunter, machte Anstalten, ihn zu küssen.
„Nicht", murmelte Severus und wandte den Kopf ab. „Lass uns nichts anfangen, das …"
„Warum?", hauchte sie. „Glaubst du, wenn ich dich nicht küsse, wird es leichter für mich?"
Er kniff die Augen zusammen. „Bitte … nicht."
„Also gut", seufzte sie, und dann spürte er ihre Lippen auf seiner Stirn und irgendwie war das noch schrecklicher als es jeder andere Kuss hätte sein können.
Sein Herz setzte einen Schlag aus.
Das Schloss unter ihnen bebte.
„Was war das?"
„Die Banne", röchelte er und zwang all seine Gefühle zurück. „Sie spüren, dass ich …"
… sterbe.
Ihr Atem ging stoßweise. „Nein", flüsterte sie kopfschüttelnd, „es ist zu früh, du bist nicht – du stirbst noch nicht! Das kannst du nicht, ich -"
„Hermine."
Ihr Blick fand seinen.
„Du hast es gewusst", hauchte er. „Wir wussten, dass … es so kommen würde."
Jetzt versuchte sie nicht mehr, ihre Tränen zu verbergen. „Nicht … so …", schluchzte sie. „Nicht … hier unten … in diesem Raum-m und -"
„Ich werde es nicht schaffen … bis zum Ende des Sturms. Und wenn ich tot bin -"
„Nein!"
„- wird das Schloss … dich … hier rauslassen. Es ist alles in Ordnung."
„Nein …"
„Doch." Es musste so kommen. Sie wussten, dass es geschehen musste. Und letztendlich war es egal, ob er hier oder oben im Schulleiterbüro starb. Solange Hermine in Sicherheit war, war alles in Ordnung. Und das war sie. Dafür hatte er gesorgt.
„Bis bald", flüsterte sie, als sie sein Bewusstsein schwinden sah.
Nein, dachte er, du wirst zuerst dein Leben leben, so wie es sein soll. Und dieser Gedanke brachte ihn zum Lächeln.
Severus Snape starb mit kalten Fingerspitzen auf seinem Gesicht und dem Geschmack von Tränen auf seinen Lippen und Merlin wusste, das war eine viel bessere Art zu sterben, als an seinem eigenen Blut zu ersticken …
26.12.2010
Hermine,
bist Du in Ordnung? Das Ministerium hat ein massives Chaos mit der Magie um Hogwarts herum festgestellt und
Snape ist tot, oder?
Bist Du in Ordnung? Hat es geklappt?
Bill
27.12.2010
Hermine,
bitte antworte mir! Ist alles in Ordnung mit Dir? Ich habe versucht, zu Dir zu kommen, aber das Schloss ist verriegelt und verrammelt. Das warst Du, oder?
Es tut mir wirklich leid, was passiert ist! Aber Snape hat mich gebeten, den Bann auf die Halskette zu legen und ich konnte Dich nicht sterben lassen!
Bitte sag mir, dass es Dir gut geht!
Bill
28.12.2010
Hermine,
ich weiß, dass Du wütend auf Bill bist, und ich verstehe das. Aber wir werden hier alle wahnsinnig! Bitte schreib uns, wenn Du noch am Leben bist, sonst werden wir versuchen, die Banne von außen aufzulösen, um zu sehen, was passiert ist.
Bitte sei in Ordnung …
Ron
28.12.2010
Mir geht es gut.
Und Severus lebt!
Tut mir leid, es hat ein paar Tage gedauert, bis ich die Banne wieder unter Kontrolle hatte. Ich glaube, ich bin jetzt Schulleiterin … Das muss ich noch herausfinden.
Aber uns geht es gut! Sag Bill danke von mir, ja? Er hat uns beide gerettet.
Hermine
Als er das nächste Mal aufwachte, brauchte Severus nicht zu fragen, welcher Tag oder welche Uhrzeit es war. Vor den riesigen Fenstern des Krankenflügels begrüßte gerade ein farbenfrohes Feuerwerk das neue Jahr und das Licht spiegelte sich in der übertriebensten Weihnachtsdekoration, die dieser Teil des Schlosses wohl je gesehen hatte. Das Knallen war so laut, dass es sogar die Toten aufweckte.
Von denen er einer hätte sein sollen.
Und doch war er hier, fühlte sich wund und erschöpft und ein bisschen zu empfindlich gegenüber dem Schlagen seines eigenen Herzens, aber nicht allzu schlimm, also war dies offensichtlich weder Himmel noch Hölle.
Huh …
Warum war er nicht tot?
Wie hatte er es geschafft, schon wieder zu überleben?
Vorsichtig drehte er den Kopf auf dem Kissen und stellte fest, dass er richtig gefühlt hatte; Hermine saß in einem Sessel neben seinem Bett, ein Notizbuch auf den angewinkelten Beinen, in der rechten Hand einen Stift, der über der Seite schwebte, jetzt, da sie das Feuerwerk beobachtete – und in der linken Hand seine rechte, die Finger ineinander verschränkt.
Er lächelte und genoss den Anblick der bunten Lichter auf ihrem ruhigen Gesicht. Wie die Oberfläche eines verborgenen Teiches, unberührt und glatt.
Seine zuckenden Finger waren der Stein, der direkt hineingeworfen wurde.
„Severus!", keuchte sie und sowohl ihr Notizbuch als auch der Stift fielen zu Boden, als sie in ihrem Sessel herumwirbelte. „Wie geht es dir? Hast du Schmerzen? Ich habe ein paar Tränke hier, die -" Sie unterbrach sich und hielt den Atem an. „Hi", sagte sie dann mit dünner, brüchiger Stimme und umklammerte seine Finger mit beiden Händen, als sei sie immer noch wild entschlossen, ihn im Leben festzuhalten – auch wenn es das Letzte wäre, was sie tun würde.
„Hallo", antwortete er mit rauer Stimme.
„Wie geht es Dir?", fragte sie erneut.
Er räusperte sich. „Erstaunlich gut. Wenn man bedenkt, dass ich eigentlich tot sein müsste …"
Sie kicherte, ein dezent überreizter Ton. „Nun, du wärst definitiv die bestaussehende Leiche, die ich je gesehen habe."
Er schnalzte mit der Zunge. „Unter den Blinden ist der Einäugige König, schätze ich. Aber meine Brust tut weh." Jeder Atemzug, den er tat, fühlte sich an, als hätte ein Riese ihn verprügelt.
Hermine verzog das Gesicht. „Tut mir leid, Muggel-Wiederbelebung ist ziemlich brutal …"
„Du hast mich wiederbelebt?"
„Das musste ich, oder? Ich konnte dich doch nicht sterben lassen, nachdem du dafür gesorgt hast, dass ich diesen ganzen Schlamassel überlebe!"
Seine Augen zuckten zu der Kette, die sie immer noch trug. „Ich musste dich retten", flüsterte er.
„Ich weiß. Und Merlin sei Dank hast du das! Es hat uns beide gerettet."
Was ihn wieder zu seiner ursprünglichen Frage zurückbrachte: „Warum bin ich nicht tot, Hermine?"
„Das warst du", murmelte sie, „für ein oder zwei Minuten. Als du gestorben bist und die Kette verhindert hat, dass sich die Banne mit meiner Magie verbinden, sind sie einfach … zusammengebrochen, denke ich. Das ganze Schloss bebte und einen Moment lang dachte ich, es würde ebenfalls einstürzen und uns beide unter sich begraben. Aber dann haben sich die Banne … neu gestartet? Ich weiß es nicht genau, ich versuche immer noch, das herauszufinden. Aber nach etwa einer Minute völliger Stille spürte ich einen gewaltigen Stoß von Magie, die Luft hat vibriert und mein Zauberstab auch, so sehr, dass ich dachte, er würde jeden Moment bersten. Und dann … habe ich angefangen dich wiederzubeleben und Madry gerufen, damit sie mir hilft, dich hierher zu bringen."
„Mh. Die Dekoration haben wir also ihr zu verdanken?" Er deutete auf die Girlanden und Kugeln, die die Fenster schmückten.
„Ja. Sie hat ihr Möglichstes getan, um mir zu helfen, seit ich sie gerufen habe." Sie versuchte zu lächeln, aber die Geschehnisse der letzten Tage lagen wie ein tiefer Schatten auf ihrem Gesicht.
Er versuchte, ihn zu vertreiben, indem er ihre Hand fester ergriff. „Es geht mir gut."
Sie hob den Blick und zwang ihre Lippen nun unbarmherzig zu einem Lächeln. „Ja. Wir haben es geschafft."
„Nein, du hast es geschafft." Wenn sie getan hätte, was er gewollt hatte, wäre er jetzt tot.
Als ihr Kinn zitterte, hob er ihre ineinander verschlungenen Hände zu seinem Mund und küsste ihre Finger. Mit geschlossenen Augen ließ er seine Lippen länger als geplant auf ihrer weichen Haut ruhen und dankte wem auch immer für diese dritte Chance.
Er blinzelte, als seine Matratze sich absenkte. „Darf ich jetzt etwas anfangen?", fragte sie. „Weil ich ganz sicher nicht zulassen werde, dass das hier in absehbarer Zeit endet!"
Severus schnaubte. „Ich denke, das hast du mehr als deutlich gemacht."
„Tja, nun, ich habe schon immer gewusst, was ich will. Und ich habe es immer bekommen. Ich habe nicht vor, das jetzt zu ändern." Die letzten Worte flüsterte sie nur noch, kurz bevor ihre Lippen die seinen berührten, und ohne es geplant zu haben, umfasste er ihren Kopf mit der freien Hand und hielt sie fest, während er sich kopfüber in die Glückseligkeit fallen ließ, die ihre Lippen, ihr Duft, ihre weichen Locken an seinen Fingerspitzen, ihre Wärme und einfach ihr ganzes, unglaublich erstaunliches Wesen war.
Merlin sei Dank für diese Frau …
Sie keuchte, brach den Kuss und lehnte ihre Stirn gegen seine. „Für dich würde ich jederzeit wieder auch gegen den Tod persönlich kämpfen", flüsterte sie. „Wehe jemand wagt es, dich mir wegzunehmen …"
„Das würde ich niemals", versprach er.
„Gut. Denn ich … ich liebe dich. Ich liebe dich, ich liebe dich, ich liebe dich … Severus."
Ihre Worte, die Art, wie sie sie sagte, während sie sein Gesicht festhielt, kalte Fingerspitzen auf erhitzter Haut und auf seinen Lippen der salzige Geschmack von Tränen, sein Verstand noch etwas träge vom Beinahe-Sterben und die Irrealität dieses Moments entrangen seiner engen Kehle ein leises Schluchzen.
Ich liebe dich auch.
Sie nickte, als ob seine unausgesprochene Antwort sie erreicht hätte, und küsste ihn erneut. Heiße, raue Lippen auf seinen, die ihn erschaudern ließen, denn dies, dies war real! So real und kostbar, dass er einfach seine Arme um sie schlingen und sie an sich ziehen musste, obwohl seine Muskeln zitterten wie Espenlaub. Sie schlüpfte unter seine Decke und legte ihre Arme um seine noch immer schmerzende Brust, fädelte ihre Beine zwischen seine, ihr Herzschlag ein gleichmäßiges Trommeln unter dem gelegentlichen Knallen des Feuerwerks.
„Ich liebe dich", flüsterte sie wieder, ihr Atem streifte seinen Hals.
Und dieses Mal schaffte er es, zu antworten. „Ich liebe dich auch."
Sie atmete tief ein und hielt die Luft an, kämpfte einen wahrscheinlich sinnlosen Kampf gegen die Schrecken, die hinter ihnen lagen. Er spürte, wie ihr Bauch zuckte, so wie er es unten im Fluchtraum gespürt hatte, und es war fast eine Erleichterung, als sie aufgab und zu weinen begann, sich so nah wie möglich an ihn presste und am ganzen Leib zitterte.
„Es tut mir leid", flüsterte Severus, sein Gesicht in ihrem Haar und ihres an seiner Brust. „Es tut mir leid, es tut mir leid, es tut mir leid … Hermine."
Aber er war sich nicht sicher, ob sie ihn überhaupt gehört hatte. Nun, es war unwichtig. Er würde alles, was sie seinetwegen durchgemacht hatte, wiedergutmachen. Sie hatten jetzt ein ganzes Leben vor sich und er würde keinen einzigen Tag mehr davon verschwenden.
Sie lagen so lange ineinander verschlungen, dass das Feuerwerk erloschen war, als Hermine flüsterte: „Ich glaube, ich bin Schulleiterin, Severus." Ihre Stimme noch immer schwer von Tränen.
Er tauchte blinzelnd aus seinem Dämmerschlaf auf. „Gut", erwiderte er, als er im Kopf wiederholt hatte, was sie gesagt hatte.
„Jemand musste diesen Posten übernehmen, weißt du? Die Banne hatten die Schule komplett abgeriegelt, ließen niemanden rein und niemanden raus, nicht einmal Eulen! Ich hatte Glück, dass Madry durchgekommen ist. Ich musste die Halskette abnehmen und -"
„Ich sagte gut", unterbrach er sie. Der Schulrat würde froh sein, ihn los zu sein, und er würde keinen dritten Versuch unternehmen, diese Schule zu leiten. Beim nächsten Mal würde er womöglich noch für die Auslöschung der gesamten britischen Inseln verantwortlich sein …
Sie sah zu ihm auf. „Du willst deinen Posten nicht zurück?"
„Auf keinen Fall!"
Sie kicherte trotz allem, unterdrückte diesen schönen Klang aber sofort wieder. „Also, ähm … Würdest du dann gerne mein Stellvertreter sein?"
Stellvertreter? Er runzelte die Stirn. Nun, er würde wahrscheinlich früher sterben als Hermine, vorausgesetzt, dass keine andere magische Katastrophe über sie hereinbrach, also konnte er es wohl riskieren … „Ich werde nicht mit dem Schulrat sprechen."
„Okay."
„Und ich werde kein Hauptfach unterrichten."
„Klar!"
„Und ich werde nicht aus dem Quartier der Schulleiterin ausziehen."
Sie schnaubte. „Deal!"
Er besiegelte ihn mit einem weiteren Kuss (und noch einem und noch einem) und seufzte, als Hermine sich wieder in seine Arme legte, bevor ihr blumiger Kokosduft und ein weiteres geflüstertes „Ich liebe dich" ihn zurück in den Schlaf geleiteten.
Ich liebe dich auch.
I can stop and catch my breath
and look no further for happiness.
And I will not turn again
'cause my heart has found its home.
(Dido – Look No Further)
Prompt, zu dem ich geschrieben habe: Schulleiter Snape und Professor Granger sind die einzigen, die während der Winterferien in Hogwarts bleiben. Es gibt einen Schneesturm und sie sitzen in einem Teil des Schlosses fest.
