Kapitel 127
Fehler
irrtümliche Entscheidung, Maßnahme; Fehlgriff
Hermione war nervös, als sie sich in der Umkleidekabine des Swinger-Clubs umzog. Es war nötig ihr alter mit Magie etwas zu kaschieren aber zum Glück nicht übermäßig. Sie waren auch nicht das erste Mal, dass sie in einem Swinger-Club waren. Trotzdem war sie noch jedes Mal von Neuem aufgeregt. Es war einfach nie zwei Mal gleich. Es gab andere Menschen, es gab eine andere Atmosphäre. Das erste Mal in einem Sexclub waren sie in Frankreich gewesen. Hermione selbst sprach kaum Französisch, also war es einfach gewesen, Draco reden zu lassen. Aber jetzt waren sie in England. Hier verstand sie jedes Wort und dazu war heute BDSM-Themenabend. Sean hatte Draco letzten Zyklus davon erzählt und als Draco es ihr vorgeschlagen hatte war sie ziemlich begeistert gewesen. Irgendwie hatte die Unterhaltung mit Mary und der Besuch auf dem Festival dafür gesorgt, dass es sich irgendwie aufregend anfühlte Dracos Sub zu sein.
Hermione hatte letzten Zyklus so viel darüber gesprochen wie noch nie. Es hatte einfach gut getan mit Mary zu reden. Zu hören, was Mary für Sorgen hatte und wie sie selbst ihre Beziehung zu Draco wahrnahm. Es war etwas anderes eine Beziehung einfach nur zu leben oder es auszuformulieren, Worte für die eigenen Gefühle zu finden. Es brachte ihr Klarheit wie Draco und sie zueinanderstanden und es hatte ihr besser getan, als sie vermutet hatte. Es war einfach ihre Art, wie sie ihre Sexualität auslebten. Es gab andere Menschen mit viel extremeren Vorlieben und auch die gingen ihren Weg. Sie sollte sich nicht so viel mit Zweifeln beschäftigen, sondern lieber genießen, wie es war. Dass sie einen Menschen gefunden hatte, der sie tatsächlich einfach gut behandelte. Sich um sie sorgte, sie liebte. Mary würde ihren Weg finden und vielleicht würde sie die Unterhaltung über Sean irgendwann nochmal mit ihr führen.
Aber vielleicht und Hermione hatte bis jetzt nie darüber nachgedacht, war der Grund warum sie sich immer gut damit gefühlt hatte sich Draco zu unterwerfen eben die Tatsache, dass er sie respektierte. Das er ihr auf einer Ebene ihrer Beziehung immer das Gefühl gab wertvoll und wichtig zu sein. Vielleicht war das nicht so selbstverständlich wie sie immer gedacht hatte.
Hermione legte ihre Kleidung in den Spint und zog nur ein kurzes Kleid aus silbernem, fließendem Stoff an. Es fiel schwer und angenehm über ihre Haut und sie spürte bereits, wie sich ihre Brustwarzen vor Vorfreude verhärteten. Sie setzte sich auf die Bank und wartete bis auch Draco sich umgezogen hatte. Er sah fast normal gekleidet aus. Sie mochte das schwarze Hemd, dass er jetzt trug. Es unterstrich irgendwie sein selbstbewusstes Auftreten. Einen Moment musste Hermione über sich selbst grinsen. Gestern noch, in der linearen Zeit, hatte sie dieses Selbstbewusstsein fürchterlich, arrogant und grauenvoll gefunden. Heute machte es ihn, in ihren Augen, nur attraktiver.
„Bereit?", fragte Draco, als er seine silbernen Manschettenknöpfe mit dem verzierten M durch die Knopflöcher gesteckt hatte. Sie wusste, dass er sie auch an seiner Schuluniform trug, auch wenn es ihr früher nie aufgefallen war.
„Ja", sagte Hermione und konnte nicht verhindern, dass sie nervös lächelte. Sie kniete sich vor Draco hin und spürte, wie er ihr das kalte Metall ihres Halsbands umlegte. Es schloss sich in ihrem Nacken und es war ein befreiendes Gefühl. Für die nächsten Stunden musste sie sich keine Sorgen um ihren Cousin machen, um das Dunkle Mal oder den Krieg. Für die nächsten Stunden war sie frei einfach nur zu empfinden. Frei von jeder Verantwortung, denn sie konnte alles einfach an Draco abgeben. Hier genau an diesem Ort an dem sie für eine kurze Zeit einfach zu seinem Eigentum wurde. Bis die Realität sie wieder einholte.
Zusammen traten sie in den Swinger-Club. Er sah recht gediegen aus. An mehreren kleinen Tischen saßen Paare oder kleine Gruppen. Anders als in anderen Swinger-Clubs gab es hier jedoch einen großen Anteil an Personen, die auf dem Boden knieten. Viele trugen ein Halsband. Zwar war der überwiegende Teil Frauen, die auf dem Boden neben ihren Herren knieten, aber es waren auch ein paar Männer zu sehen. Hermione konnte ihr grinsen nicht unterdrücken, als sie sich neugierig umsah.
Einen Themenabend hatte sie tatsächlich noch nie besucht und irgendwie fühlte sie sich ziemlich gut hier zu sein. Wie eine unter Gleichgesinnten und vielleicht war es einfach okay zu sagen, dass sie gerne Dracos Sub war und er war ihr Dom und BDSM war ein Teil ihrer Beziehung, aber halt nur ein Teil und nicht alles. Es definierte sie nicht.
Es dauerte nicht lange und sie saßen an einem Tisch mit zwei anderen Pärchen. Besser gesagt, Draco saß auf einem Loungesessel und Hermione kniete neben ihm. Sie unterhielt sich leise flüsternd mit einer anderen Sub. Die Dritte durfte nicht reden. Ihr Herr hatte es ihr verboten, was Hermione ziemlich gemein fand. Es wurde immer voller, da sie recht früh dagewesen waren und Hermione sah den anderen Gästen zu. Manche kannten sich, begrüßten sich wie alte Freunde. Manche kamen zu dritt oder zu viert. Viele nur allein. Draco wickelte eine ihrer Haarsträhnen um seinen Finger und sie folgte seinem Blick. Nicht weit von ihnen entfernt kam gerade eine Frau aus einem Nebenraum, die ihre arme Kunstvoll auf dem Rücken mit dicken Seilen verschnürt hatte. Hermione war sicher, dass Draco das gefiel. Er hatte ein Faible für Seile. Sie war sich nicht ganz sicher, ob es daran lag, dass er sie mit zauberstabloser Magie steuern konnte oder daran, dass ihm das Ergebnis gefiel, wenn er sie damit verschnürt hatte. Vielleicht war es auch eine Mischung aus beiden.
Hermiones Blick folgte der Frau und ihr Blick blieb an einer anderen Tür hängen. Ein Mann stand davor. Schwarze Hose, graues Hemd, sehr gepflegt, aber an sich nicht auffällig. Es gab nur eines an ihm auszusetzen. Sie kannte ihn.
Einen Moment starrte Hermione vollkommen verblüfft auf die Gestalt und glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Dort stand Jacob. Ihr Onkel Jacob und sie brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass das keine Illusion war, kein schlechter Scherz. Dort stand ihr Onkel, lässig schwatzend mitten auf einem BDSM treffen und wahrscheinlich hätte sie die Tatsache, dass er hier war mehr erschüttern sollen, als es das Tat. Vielleicht passte es irgendwie ganz gut zu seinem Charakter. Ihr Onkel war ein herrschsüchtiger bestimmender Mann. Warum sollte er diese Vorlieben nicht auch anders ausleben. Hermiones Blick wanderte zu der Frau, die neben ihm kniete und wahrscheinlich hätte sie es wissen müssen. Vielleicht hatte sie es gewusst, seit dem Moment, in dem sie ihren Onkel gesehen hatte, trotzdem hätte sie nichts auf diesen Anblick vorbereiten können.
„Myonie, alles okay?", wollte Draco wissen und musterte sie mit gerunzelter Stirn.
„Nein", sagte sie und war selbst entsetzt, wie dünn ihre Stimme klang. Sie stand auf und ohne auf Draco zu achten, setzte sie sich in Bewegung. Jacob ging gerade durch die Tür, seine Sub folgte ihm und Hermione beschleunigte ihren Schritt. Plötzlich wurde sie an ihrem Halsband zurückgehalten.
„Myonie", sagte Draco und hielt sie fest. Es war sonst nicht ihre Art einfach wegzulaufen. Er hielt sie zurück und legte den Arm um sie um sie wegzudrehen. Hermione sah vollkommen verstört aus. Was auch immer sie gesehen hatte, sie konnte damit nicht umgehen.
„Was ist los?", verlange er zu wissen und wusste, dass er nicht streng, sondern einfach nur noch besorgt klang.
„Da ist Jacob", stammelte Hermione und Draco folgte ihrem Blick. Er konnte Jacob nirgendwo erkennen, aber er glaubte nicht, dass Hermione sich geirrt hatte.
„Wo?", wollte er wissen.
„Die Tür rechts vom Gang, da sind sie rein", sagte Hermione und ging wieder in die Richtung, um nach Jacob zu suchen. Draco folgte ihr, ohne zu zögern. Er hatte keine Ahnung, was Hermiones Onkel hier machte, aber immerhin war es der Freund seiner Tochter gewesen, der ihm den Tipp gegeben hatte. London war einfach zu klein.
An der Tür hing ein Besetzt-Zeichen und eigentlich waren das keine öffentlichen Räume, in die jeder Gast jederzeit Zutritt hatte. Trotzdem zögerte Hermione nicht einen Moment, bevor sie die Tür aufriss.
Die Szene die sich Draco bot war gar nicht so unerotisch. Auch wenn Draco glaubte, dass Hermione diesen Gedanken sicher nicht mit ihm teilen würde.
An einen Pranger war eine Frau gefesselt. Sie hatte langes schwarzes Haar, dass in einem strengen Zopf geflochten war und ihr Kleid war ihr über die Hüften geschoben worden. Ihr Hintern brannte rot von den Schlägen, die sie bis eben wohl erduldet hatte. Draco musste zugeben, dass Barbara Granger einen verdammt hübschen Arsch hatte. Er sah dem von Hermione ziemlich ähnlich, soweit er es von seiner Position aus beurteilen konnte. Er hoffte inständig für sich, dass Hermione in diesem Alter auch noch so gut aussah. Jacob stand hinter ihr, mit einem Paddle in der Hand und fuhr jetzt wütend in ihre Richtung. Er schien etwas sagen zu wollen, doch was immer es war, es blieb ihm im Hals stecken. Fassungslos starrte er Hermione an. Auch Hermiones Mutter sah sie erschrocken an und es schien so, als seien alle in Schockstarrte.
„Das ist eine unerwartete Überraschung", sagte Draco, da er wohl als einziger nicht vollkommen entsetzt war. Er schloss die Tür hinter ihnen, damit keiner mehr reinkam und das Klicken der Tür schien den Bann zu brechen.
„Hermione", sagte ihre Mutter und versuchte sich aufzurichten, was durch den Pranger verhindert wurde und sie in ihre demütige Haltung zwang.
„Jacob mach mich los", fauchte sie aufgebracht. Jacobs Blick wanderte einen Moment zu der Frau, dann musterte er wieder Hermione und einen noch viel längeren Moment Draco. Draco spürte, wie er versuchte ihn einzuschätzen. Versuchte zu ergründen, wer er war und wenn Jacob ein Zauberer gewesen wäre, hätte er sicher versucht ihn mit Legilimentik zu durchforsten. Aber er war nur ein Muggel, also blieb ihm nicht weiter übrig als jedes Detail an ihm zu interpretieren. Aber was gab es schon viel misszuverstehen. Draco hielt noch immer die Leine, die an Hermiones Halsband geknotet war. Es war eindeutig, wie er zu seiner Nichte stand.
„Ich denke wir müssen reden", sagte Jacob und öffnete das Schloss am Pranger, sodass Barbara sich aufsetzen konnte.
„Reden", sagte Hermione und ihre Stimme klang ungewöhnlich hoch. „Reden", wiederholte sie und wenn möglich wurde ihre Stimme noch eine Oktave höher.
„Wenn du redest, kommt doch sowieso immer nur Lügen dabei heraus. Du verdrehst die Wahrheit wie sie dir gefällt. Du hast Monika mit deinen psychospielchen ruiniert, du bist dabei William in den Tod zu treiben bei mir hast du es auch schon versucht und jetzt tust du es mit einer Mutter! Spannst deinem eigenen Bruder die Frau aus!" Hermiones Stimme wurde immer lauter, bis sie irgendwann überschnappte.
„Mione", versuchte ihre Mutter zu intervenieren, doch Hermione schien sie gar nicht zu hören.
„Und du bist auch nicht viel besser!", wandte sie sich an ihre Mutter. „Du hast gesagt du seist glücklich. Du hast gesagt du bereust dein Leben nicht und bist zufrieden, wie es ist, aber es ist eine Lüge. Du versuchst mich zu manipulieren damit ich tue, was du willst, aber ich will tuen was ich will. Wie kannst du Dad das antun, nach allem, was gewesen ist. Du hast gesagt du hast aus deinen Fehlern gelernt, hältst dich von Männern fern, die einfach nur kaputt sind." Hermione schien nur noch wütender zu werden und Draco griff nach ihr, um sie zu beruhigen, doch sie riss sich los und fuhr ungebremst fort. „Aber er ist der Schlimmste von allen, weil er einfach nur ein krankhafter Kontrollfreak ist, der allen und jeden um sich herum brechen will." Ihre Stimme klang fast atemlos, ihr Gesicht war gerötet und sie war komplett außer sich.
„Myonie", sagte Draco, doch sie ignorierte ihn.
„Du weißt das, du weißt das so verdammt genau, weil er es mit seiner Schwester gemacht hat und trotzdem lässt du dich darauf ein."
„Verdammt Myonie! Beruhig dich", herrschte Draco sie an. Sie reagierte nicht und Draco griff nach ihr, packte sie am Hals und wie aus Reflex heraus holte sie tief Luft. Er intensivierte den Griff und fing ihren Blick ein und es war, als würde sie sich entspannen. Draco hatte nicht annähernd erwartet, dass es so gut funktionieren würde. Aber sie schien sich tatsächlich zu beruhigen. Noch immer zitterte sie am ganzen Körper. Draco hielt ihren Blick, bis er das Gefühl hatte, dass sie die Situation realisiert hatte, dann zog er sie in seine Arme, drückte ihren Kopf an seine Brust und spürte, wie sich ihre Hände an ihm festhielten.
„Jetzt beruhigt dich erstmal, Myonie", wisperte er sanft und streichelte ihr über den Kopf. Draco hielt sie einfach nur fest, ihren zarten, zitternden Körper und spürte, wie sie langsam wieder ruhiger wurde.
Hermione vergrub ihre Nase in Dracos Hemd und hielt sich einfach nur an ihm fest. Sein vertrauter Geruch beruhigte sie, seine großen festen Hände gaben ihr Halt. Er war etwas, auf das sie sich verlassen konnte. Jemand der sie festhielt und stabilisierte und sie hatte nie gedacht, dass sie das in emotionalen Momenten noch brauchen konnte. Sie hatte erwartet, dass sie nichts mehr an ihrer Familie aus der Bahn werfen konnte. Das sie emotional genug gefestigt war. Aber es war wohl ein Irrglaubte. Gerade jetzt brauchte sie Draco. Dass er sie einfach nur festhielt, damit sie nicht allein war. Damit sie einfach zu ihm gehören konnte.
Hermione war sich nicht ganz sicher, was genau sie an diesem Anblick so schockiert hatte. Aber irgendwie hatte sie es nicht ertragen ihre Mutter so zu sehen. Zu wissen, dass sie sich ihrem Onkel hingab. Jetzt, wenn sie darüber nachdachte, hatte das wahrscheinlich wenig mit der Handlung an sich zu tun, sondernd dem, was für sie selbst dahinterstand. Mit ihrer eigenen Wahrnehmung.
Ihr Onkel hatte sich nie bei ihr entschuldigt. Hatte sich nie dafür entschuldigt falsch gelegen zu haben, sie wie einen psychisch kranken Menschen behandelt zu haben. Versucht zu haben ihr Verhaltensweisen auszutreiben die nicht falsch, sondern richtig waren. Jacob war niemand, der Zugab einen Fehler gemacht zu haben.
Hermione würde niemals vergessen, wie sie da gestanden hatten im Wohnzimmer im neuen Haus und Professor McGonagall ihm alles erklärt hatte und er hatte einfach nur gesagt.
„Gut, dass wir jetzt endlich aufgeklärt wurden. Das hätte schon viel früher passieren müssen. Das hätte uns viel Ärger erspart. Jetzt wissen wir endlich, wie wir vorgehen müssen."
Er hatte Professor McGonagall die Schuld gegeben, hatte nie eingesehen, dass er einen Fehler gemacht hatte und auch bei einem kurzen Gespräch hatte er behauptet immer nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt zu haben. Vielleicht hatte er das. Aber eine Entschuldigung hätte trotzdem gutgetan und sie konnte ihm das nicht verzeihen. Sie konnte ihm nichtmehr vertrauen und dass ihre Mutter ihm vertrauen konnte, hier an diesem Ort mit ihm BDSM auszuleben, war wie ein Verrat an ihr.
Vielleicht wurde Hermione klar, lag es daran, dass sie Draco vertraute. Darüber hinaus vertraute, was sie miteinander im Bett taten. Dass es nicht einfach zu trennen war, ob er ihr Dom oder ihr Freund war und wenn ihre Mutter ihrem Onkel so vertraute wie sie Draco vertraute, dann war es ein Verrat an ihr. Weil sie diesem Mann der unfähig war seine eigenen Fehler einzusehen niemals vertrauen konnte. Wahrscheinlich lag dort das wirkliche Problem, dass sie ihrer Familie nicht vertrauen konnte, weil sie ihrem Onkel niemals wieder würde vertrauen können. Hermione atmete noch einmal tief durch dann löste sie sich von Draco. Er sah besorgt zu ihr runter und sie nickte ihm zu.
„Geht's?", wollte er wissen.
„Ja. Ich bin eigentlich nicht so der emotionale Typ. Das war einfach zu viel", sagte sie erklärend und er nickte, strich ihr einmal sanft über die Wange und küsste sie auf die Stirn.
Hermione nahm sich noch einen Moment sich zu sammeln, dann wandte sie sich wieder an ihre Mutter und ihren Onkel. Jacob hatte die Arme vor der Brust verschränkt und musterte sie grimmig. Ihre Mutter stand etwas hilflos vor ihm, als wüsste sie nicht, was sie tun sollte.
„Ich kann das Erklären, Mione", sagte sie und Hermione atmete tief ein.
„Dann erklär es", erwiderte sie. Sie wollte gerne jede Erklärung hören, die sie ihr bieten konnte.
„Dein Vater weiß hiervon. Ich betrüge ihn nicht. Wir haben diese Abmachung getroffen für unsere Beziehung."
Hermione sah ihre Mutter an und wusste nicht so wirklich, was sie dazu sagen sollte. Ihr Vater wusste davon? Er ließ zu, dass seine Frau mit seinem Bruder in Swinger-Clubs ging? Irgendwie war das ein vollkommen verrückter Gedanke.
„Ich hatte einfach gewisse Bedürfnisse, Mione. Die dein Vater nicht teilt und wir haben diese Lösung gefunden. Ich weiß, dass ist schwer für dich zu verstehen, aber es funktioniert. Es ist kein Verbrechen, was wir hier tun. Manche Vorlieben werden nicht von allen geteilt und trotzdem will ich sie ausleben."
Hermione sah ihre Mutter an und schluckte. Sie erinnerte sich an das Gespräch mit ihr. Es war noch gar nicht so lange her und plötzlich bekam alles einen anderen Unterton. Eine andere Komponente, die sie damals nicht so wahrgenommen hatte.
Ihre Mutter hatte gesagt, sie hätte sich gegen die Beziehung zu diesem Mann entschieden, den sie so sehr geliebt hatte und hatte ihren Vater vorgezogen. Vernünftig, rational und langweilig und irgendwie glaubte sie hing es hiermit zusammen. Sie lag selten falsch mit ihren Vermutungen.
„Bereust du es?", wollte sie wissen. „Bereust du es dich gegen deinen Dom und für meinen Vater entschieden hast?", wollte Hermione wissen und ihre Mutter runzelte irritiert die Stirn. Als würde sie darüber nachdenken was Hermione meinte. Hermione war klar, dass das Gespräch mit ihrer Mutter letzten Zyklus gewesen war und sie sich nicht daran erinnerte. Trotzdem brauchte sie eine Antwort auf diese Frage. Ihrer Mutter war wahrscheinlich nicht klar wie wichtig ihr selbst diese Antwort war. Denn hier sah sie das Ergebnis. Das Ergebnis als sich ihre Mutter für die Vernunft und gegen die Liebe entschieden hatte.
„Du weißt von Matthew?", wollte ihre Mutter wissen und Hermione spürte, wie ihre Mundwinkel etwas nach oben zuckten. Sie war schon immer gut darin Gewesen Sachverhalte zu kombinieren. Manche Dinge waren berechnend einfach, wenn man nur logisch darüber nachdachte.
„Nicht viel. Du warst sehr zurückhaltend, was ihn anging. Aber wenn du nie über deine Neigungen hinweggekommen bist, wenn du jetzt deine Ehe dafür riskierst, um hierher zu kommen. Dann muss ich wirklich in Frage stellen, ob du diese Entscheidung bereust."
„Das ist nicht so einfach", seufzte ihre Mutter resigniert. „Außerdem riskiere ich meine Ehe nicht. Ich würde deinen Vater niemals betrügen."
„Glaubst du etwa es verletzt ihn nicht? So ignorant kannst du nicht sein", sagte Hermione und verschränkte die Arme vor der Brust.
Ihre Mutter atmete tief durch. „Das Leben besteht aus Kompromissen. Wir arbeiten daran."
„Bevor du deiner Mutter Vorwürfe machst, solltest du dich besser selbst erklären, Hermione. Was machst du hier und wer ist der Mann, mit dem du hier bist. Du bist siebzehn du hast hier garkeinen Zutritt", mischte sich ihr Onkel ein.
Hermione warf ihm einen vernichtenden Blick zu.
„Ich bin eine Hexe und damit bereits seit fast einem Jahr volljährig. Nichts, was ich tue, geht dich etwas an. Wenn ich mit meinem Freund in einen Swinger-Club gehen will, werde ich dich nicht um Erlaubnis fragen."
„Es geht mich sehr wohl etwas an. Wir sind deine Familie und du bist noch ein Kind. Solche Spiele können sehr schnell in sexueller Ausbeutung enden."
„Ich kann ziemlich gut auf mich aufpassen."
„Nein, Hermione. Man merkt sowas selten selbst. Erst wenn es zu spät ist. Er sorgt er dafür, dass du dich in ihn verliebst. Du wirst ihm hörig und es fühlt sich für sich vielleicht einfach und richtig an, aber du bist unsicher, emotional abhängig und das wird er ausnutzen. Es wird dafür sorgen, dass du seine einzige Bezugsperson bist und dich an ihn binden. Sowas geschieht schnell. Menschen haben schon verdammt dumme Dinge getan, weil sie verliebt waren."
Hermione wollte widersprechen, ihm sagen, dass er ihre und Dracos Beziehung einfach nicht verstand, aber ihr viel einfach keine logische Argumentation ein. Sie war zu einem gewissen Grad emotional an Draco gebunden. Das war keine Lüge.
„Kümmern sie sich erstmal um ihre eigenen Kinder bevor sie anfangen Hermione zu kritisieren. Ich denke tatsächlich, dass es ihr außerhalb ihrer Reichweite bedeutend besser geht, wenn ich mir ihre Familie so ansehe", mischte sich Draco ein und Hermione hatte lange keinen so herablassenden Tonfall mehr bei ihm gehört.
„Was willst du damit sagen, wer bist du überhaupt", wollte Jacob wissen und musterte Draco herablassend.
„Draco Malfoy. Ich bin Hermiones Freund. Wir gehen zusammen auf Hogwarts und wie der Zufall so will, sind wir heute nur hier, weil der Freund ihrer Tochter uns den Tipp gegeben hat."
„Mary?", fragte ihre Mutter überrascht.
„Mary hat keinen Freund", behauptete Jacob.
„Doch hat sie. Sean, so ein Musiker. Er ist auch hier aus der Szene."
Hermione wusste nicht, was sie gesagt hatte, aber ihre Mutter wurde mit einem Mal blass und Jacob biss wütend die Zähne zusammen.
„Mary trifft sich mit Sean?", fragte er nach und seine Stimme war mehr ein grimmiges Knurren.
„Sie kennen Sean nehme ich an", stellte Draco fest und Hermione spürte, wie er einen Arm um sie legte.
„Sean ist ein perverser Mistkerl", sagte ihre Mutter und Draco zuckte nur die Schultern.
„Gut möglich. Er hat ein Faible dafür sich hübsche Mädchen nach seinen Vorstellung zu erziehen. Nicht meine Vorliebe. Aber was soll man machen. Mary ist ihm zumindest ziemlich verfallen. Also schauen wir, drei Kinder das Erste, einem Dom verfallen, der eher den Ruf hat ziemlich brutal mit seinen Subs umzuspringen. Der zweite homosexuell und schlägt sich durchs Studium, indem er bei seinem Freund abschreibt und der Älteste, kurz davor mit einer Überdosis Kokain im Blut in seiner Wohnung gefunden zu werden. Ich würde sagen das ist vollkommenes Versagen als Vater. Zumindest in meiner Welt. Aber kann sein, dass Muggel das anders sehen."
Hermione hatte ihren Onkel noch nie so wütend gesehen. Draco hatte eindeutig ein Talent dafür ihn zur Weißglut zu treiben. Aber auch wenn er es etwas überspitzt formuliert hatte, konnte sie ihm im Großen und Ganzen nicht widersprechen.
„Was hast du mit meiner Familie zu schaffen?", wollte er wissen und Draco zuckte nur die Schultern.
„Sie kennen mich nicht. Aber ich kenne Sie. Aus dem ganz einfachen Grund, dass ich ein Zauberer bin und wir die Zeit zurückgedreht haben, um William das Leben zu retten. William stirbt morgen Abend. Vermutlich eine Überdosis Kokain. Wir vertreiben uns gerade nur die Zeit, bis es soweit ist zu intervenieren."
„Hermione, wovon spricht er?", wollte ihre Mutter wissen.
„Draco hat Recht. Also es mag sich ziemlich seltsam für euch anhören. Aber so ist Magie nun mal."
„Was soll das heißten, William stirbt vermutlich an einer Überdosis!", forderte Jacob zu wissen.
„Wir wissen es nicht sicher", sagte Hermione.
„Was soll das Heißen, ihr wisst es nicht sicher!", brauste Jacob auf.
„Sie konnten es uns nicht sagen", antwortete Draco schlicht und schwang seinen Zauberstab. Dieser Muggel ging ihm wirklich auf die Nerven.
Draco beschwor die Erinnerungen des letzten Zyklus als rauchige Bilder in die Mitte des Bodens. Jacobs eigene Stimme hallte gespenstisch durch den Raum. Es war der Moment, als Jacob in kurzen Sätzen erzählte, was genau vorgefallen war. Wie er die Leiche seines Sohnes vorgefunden hatte, seine eigene Schilderung und das Einzige, was sie darüber wussten.
„Wir hatten nicht viel Zeit zu handeln", fügte Hermione hinzu als die Szene geendet hatte. „Wir sind zu heute Morgen in der Zeit zurückgereist, haben William aufgesucht und ihm gesagt was geschehen wird. Jetzt warten wir darauf, ob er es schafft, sich selbst dort rauszuziehen."
Jacob hatte sich auf einen Stuhl gesetzt. „Ich kann mich nicht daran erinnern", stellte er entsetzt fest.
„Das ist Magie. Du erinnerst dich, dass ich eine Hexe bin?", fragte Hermione lakonisch, doch Jacob schien nicht im Stande zu Antworten.
„Natürlich lasse ich William nicht einfach so sterben, wenn ich es verhindern kann", fügte sie hinzu. „Deshalb kennt Draco dich und du kennst Draco nicht. Er ist mit mir zu Großvaters Geburtstagsparty gekommen und ich habe ihn der ganzen Familie vorgestellt. Ich liebe ihn und er ist mir so wichtig, dass ich wollte das ihr ihn kennenlernt. Er ist mehr als irgendein Mann, mit dem ich einen Swinger-Club besuche. Aber du weißt so wenig aus meinem Leben, dass du das nicht beurteilen kannst."
Draco verstärkte den Griff um Hermiones Hüfte. Es war nicht ganz die Wahrheit. Aber irgendwie wünschte er sich, dass es die Wahrheit war. Dass er irgendwann diesen Platz in ihrem Leben hatte und hier zu stehen in diesem Raum zwischen einer Wand voller Schlagutensilien und einem Pranger fühlte sich irgendwie verdammt surreal an.
Aber irgendwie schien das zu Hermiones durchgeknallter Familie zu passen. Irgendwie beruhigte es Draco fast, dass nicht nur seine eigene Familie ziemlich durchgeknallt war. Hermiones Familie konnte es mit seiner durchaus aufnehmen. Vielleicht verstanden sie sich deshalb so gut. Weil sie sich irgendwie ziemlich ähnlich waren. Es fühlte sich irgendwie gut an, dass sie sich ähnlich waren auf einer Ebene, die weit essentieller war, als Magie und Muggel.
„Aber siehst du Myonie, jetzt wissen wir endlich von dem du deine sexuellen Neigungen geerbt hast", sagte Draco und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Er erinnerte sich nur zu gut an sein erstes Zusammentreffen mit Barbara Granger. Dort in diesem Krankenhaus, wie sie ihm ins Gewissen geredet hatte. Sie war die erste Person gewesen, die ihm gegenüber von einer Session und indirekt von BDSM gesprochen hatte und hier in diesem Raum gab es plötzlich alles Sinn. Sie hatte ihrer Tochter ihre Neigungen nicht verboten. Lediglich ihm hatte sie ins Gewissen geredet, gut auf sie aufzupassen und er war ihr tatsächlich dankbar dafür. Er hatte das damals gebraucht. Es hatte ihm geholfen zu begreifen, was er wollte und wo die Risiken lagen.
„Man kann Neigungen nicht vererben", sagte Hermione missbilligend und Draco grinste sie nur spöttisch an. „Da hast du vor kurzem noch etwas anderes behauptet", sagte er und Hermione musste belustigt schnauben.
„Hör nicht auf mich, wenn ich sowas sage", antwortete sie und sah sichtlich verlegen aus.
„Ich höre dir aber gerne zu", sagte er und er sah ganz genau wie sie lächelte. Er mochte sie eindeutig lieber, wenn sie lächelte und sich wohl fühlte und ihr Onkel sorgte dafür, dass sie irgendwie aggressiv wurde. Mittlerweile war sich Draco sicher, dass es ihre Art war Unsicherheit zu überspielen. Das wütend werden und schreien ihre Art war, wenn sie mit etwas überfordert war. Und Jacob Granger überforderte sie. Selbst heute noch.
„Mione, können wir kurz unter vier Augen reden", bat ihre Mutter und Hermione wandte sich ihr zu. Sie schien einen Moment zu zögern.
„Jacob, du kannst doch kurz mit Hermiones Freund rausgehen. Lass dir die Situation von ihm erklären, es scheint ernst zu sein. Ich spreche mit meiner Tochter."
Draco hatte wenig Lust mit Jacob Granger zu reden. Aber vielleicht war der Vorschlag gar nicht so schlecht. Hermione kam nicht gut mit ihm zurecht und irgendwer würde seine ganzen Fragen beantworten müssen. Außerdem mochte Draco Barbara Granger. Nicht wegen heute, sondern wegen ihres ersten Zusammentreffens. Im Nachhinein war er ihr ziemlich dankbar.
„Ist das für dich okay?", wollte Draco von Hermione wissen und sie seufzte.
„Okay. Aber reiß meinem Onkel nicht den Kopf ab", stimmte sie zu.
„Ich stell ihn unter den Imperius, wenn er mich nervt", antwortete er und Hermione warf ihm einen missbilligenden Blick zu.
„Darüber macht man keine Witze", ermahnte sie ihn.
„Wer sagt, dass ich Witze mache", antwortete Draco mit hochgezogener Augenbraue. Hermione musterte ihn einen Moment, als würde sie den Wahrheitsgehalt seiner Worte prüfen.
„Vertragt euch", schnaubte sie schließlich.
„Ich weiß nicht, ob das die Beste Idee ist, Barbara", wandte Jacob ein.
„Lass das meine Sorge sein. Sie ist meine Tochter nicht deine. Lass dir von Hermiones Freund besser berichten was mit deinen Kindern gerade schief läuft. Ich glaube sie haben ein paar Tage Wissensvorsprung."
Draco erwartete einen Moment Jacob würde widersprechen, doch er warf erst Barbara, dann Hermione und als letztes ihm einen langen Blick zu. Dann erhob er sich von seinem Stuhl.
„Ich denke ich brauch erstmal einen starken Scotch", seufzte er und Draco dachte bei sich, dass das in seiner Situation vielleicht gar keine so eine schlechte Idee war.
Nachwort:
Ich weiß nicht, ob es jemandem aufgefallen ist, aber jedes Element, das irgendwie Szenetypisch für BDSM ist, wurde von Hermione eingeführt oder zuerst angesprochen. Ich weiß nicht mal, ob sie sich dessen selbst aktiv bewusst ist. Aber ich dachte immer, dass es mehr zur Muggelwelt passt. Also habe ich diese ganze szenetypische BDSM-Thematik in die Muggelwelt verschoben. Zuerst habe ich überlegt sie wegzulassen, aber irgendwie musste ich diesen Seitensprung machen. Schließlich gehört dazu ein Teil des Reizes.
LG Salarial
PS:
Rutsch
aus dem hebräischen „Rosch" bedeutet der Anfang.
Dementsprechend euch allen einen guten Rutsch ins neue Jahr oder auf Urdeutsch einen guten Anfang des neuen Jahres.
