12. Kapitel (Experiment)
Während ihren Unterhaltungen bemerkt Caius sehr wohl die Einflüsse von Corin auf seine Gefährtin, allerdings bereitet ihm ihre Sehnsucht nach ihren ehemaligen Schwestern ein wenig Sorgen. Des Weiteren hat ein permanenter Einfluss von Corin auch einen entscheidenden negativen Aspekt, den er nicht unterschätzen kann. Martha würde einen Teil ihres Charakters verlieren. Sie wäre zwar mit ihrem jetzigen Leben zufrieden, aber vieles würde verloren gehen.
Nachdenklich beobachtet Caius seine Gefährtin wie sie am Fenster steht und den Himmel betrachtet. Er würde ein kleines Experiment wagen, da Martha noch nicht lange Corins Gabe ausgesetzt war, sollte dies nur für einen kurzen Zeitraum anhalten. Er will wissen wie sie wirklich ist. Ohne Angst, ihren wahren Charakter in ihrer Zweisamkeit. Doch dafür muss er Corin fortan von ihr fernhalten.
Es vergehen einige Wochen, in denen es keine großen Vorkommnisse gab. Martha scheint wie ausgewechselt, sie lacht viel und ist gesprächig, wenn es auch über die letzten Tage hinweg deutlich weniger wird. Caius unterdessen hält Abstand und beobachtet, er kennt seinen Bruder zu gut um zu wissen, dass er Corin oder gar Chelsea schicken würde. Zugegeben er hat bereits selbst darüber nachgedacht Chelsea zu konsultieren um die Bindungen zwischen Martha und ihrem ehemaligen Clan zu brechen. Dann gäbe es immerhin keinen Grund mehr für sie das Schloss zu verlassen.
Martha sehnt sich unterdessen nach nicht mehr als seiner Anwesenheit, einer Berührung, nach Nähe. Sie war in den letzten Wochen glücklicher wie sie nicht hätte sein können, doch er hält sie auf Abstand. Einerseits ist es für sie absolut in Ordnung, es gibt sicherlich Gründe für sein Handeln, andererseits sehnt sich ihr Herz nach Aufmerksamkeit. Allgemein scheint ihre Gefühlswelt aktuell auf dem Kopf zu stehen, wenngleich sie behaupten kann mit ihrer Situation zufrieden zu sein.
Allerdings scheint dieses Gefühl langsam zu schwinden, was Martha ein wenig besorgt, daher zwingt sie sich mehr oder minder selbst zu Lächeln, obwohl dies immer seltener ihre Augen erreicht.
Gerade als Caius von einem Rundgang zurück zu seinen Gemächern geht, entdeckt er Corin die sich aus anderer Richtung auf den Weg dorthin macht.
„Corin!", seine Stimme ist laut und kalt, woraufhin die Angesprochene unweigerlich zusammenzuckt. „Meister", erwidert sie mit gesenktem Blick. Auffordernd blickt Caius sie an, er mag es nicht anderen Informationen einzeln zu entlocken. Sie befindet sich in seinem Quartier, daher hat sie sich unaufgefordert zu rechtfertigen.
„Meister Aro schickt mich. Er befürchtete Eure Gefährtin würde sich einsam fühlen."
Eine Lüge, das wusste er, aber ihr konnte er ausnahmsweise keinen Vorwurf machen. Er spürt wie sich Gift in seinem Mund sammelt bei dem Gedanken daran, dass sein Bruder sich weiter in dieser Sache einmischt. Sein Unterkiefer zuckt während der versucht seine Haltung zu bewahren.
„Das hat Aro nicht zu beurteilen. Geh!" Mit diesen Worten verweist er die Gardistin und betritt den Raum, die Tür fällt laut ins Schloss, weshalb sich Martha direkt erschrocken zu ihm wendet.
„Was ist passiert?" Sie legt das Buch auf den Tisch neben ihr. „Nur eine Kleinigkeit die es zu klären galt." Er seufzt innerlich, sein Unterfangen könnte schwieriger werden, als er gehofft hatte. Doch er merkt bereits eine Veränderung in ihr. Nicht mehr lange und sie wäre komplett von Corins Gabe befreit. Schnellen Schrittes geht er zu ihr. Zu lange hat er sich jetzt schon von ihr ferngehalten. Direkt vor ihr kommt er zum Stehen, woraufhin sie reflexartig einen Schritt zurückweicht.
Ein Grinsen huscht über sein Gesicht, schon bald hätte er seine Gefährtin wieder. Martha kann es sich nicht erklären, in den letzten Wochen hatte er sie kaum beachtet und nun kommt er ihr wieder nahe. Sie kann nicht leugnen, dass sie sich nach seiner Aufmerksamkeit gesehnt hat, nach einer Berührung, nach etwas. Doch ihr Zurückweichen kommt natürlich, ebenso wie der gesenkte Blick.
Caius muss sich in Selbstbeherrschung üben, nichts das ihm im Allgemeinen leichtfällt. Er legt seine Hand an ihre Wange und zwingt sie schließlich ihn anzusehen. Ihr ganzer Körper schreit förmlich danach berührt zu werden. Er schätzt ihre Art ihm gegenüber, sie ist nicht aufdringlich, hat Manieren und weiß wie man sich gegenüber einem Mann benimmt. Diese Attribute kommen ihm gerade jetzt sehr recht. Ein leichtes Knurren verlässt seine Kehle ehe er sie in all der Leidenschaft küsst, die er in den letzten Wochen zurückgehalten hat. Seine andere Hand drückt sie dabei näher an ihn.
Innerlich erleichtert seufzend erwidert Martha den Kuss und presst sich an ihn. Ihre Hände streichen dabei behutsam über seine Brust. Ihre Lider schließen sich ergebend, ehe er sich von ihren Lippen löst. „Ich weiß nicht wie lange ich mich noch beherrschen kann", erklingen seine Worte dunkelgrollend an ihrem Ohr. Woraufhin ihre Knie nachzugeben drohen. „Dann tu es nicht", sie sieht in seine mittlerweile schwarzen Iriden und es bedarf keiner weiteren Worte. In einer fließenden Bewegung findet sich Martha auf dem Bett wieder während der sadistische Volturimeister mit einem verheißungsvollen Grinsen über ihr steht.
Es ist bereits später Nachmittag als sich die drei Meister wieder im Thronsaal einfinden. Es gibt einige neue Berichte ihrer Späher, die ihrer Zuwendung bedürfen, sowie ein paar Verhandlungen die zu führen sind. Marcus legt eine Akte zur Seite als er hört wie sein Bruder das Wort erhebt.
„Warum hältst du Martha von Corin fern, Bruder?" Ungewöhnlich ernst blickt Aro den Angesprochenen an. Caius Unterkiefer beginnt verdächtig zu zucken als er ein leichtes Grollen unterdrückt. Die ganze Angelegenheit geht Aro nichts an. „Ich möchte lediglich ihren Charakter wahren. Ihr die Möglichkeit geben sich zu entfalten."
„Dein Handeln unterstützt sie dabei nicht. Wir können uns keine Unruhen innerhalb erlauben."
Caius' Miene verfinstert sich zunehmend, seine Haltung wirkt steif und seine Augen sind dabei ausschließlich auf Aro gerichtet. Langsam, fast schon bedrohlich geht er auf ihn zu, doch ehe er auch nur ein Wort sagen kann, wird er unterbrochen.
„Caius!", warnend erhebt sich nun auch Marcus. Er hat Schwankungen in den Bindungen von Caius gesehen, die er vorerst noch für sich behalten will. Einen Streit vom Zaun zu brechen wäre allerdings in der aktuellen Situation äußerst unklug.
Aro wirft Caius einen mahnenden Blick. Er ordnet seine Gedanken bevor er wieder ein Lächeln auf den Lippen trägt. „Genug von dem Thema", mit diesen Worten geht er zu seinem Thron und nickt Felix zu. Dieser verschwindet daraufhin aus dem Raum. „Wir haben heute noch einige Verhandlungen auf dem Plan." Mit diesen Worten begeben sich auch Marcus und Caius zu ihren Plätzen. Letzterer hat dabei wieder ein Grinsen aufgesetzt. „Das kommt mir gerade Recht!", flüstert er als er Platz nimmt. „Mit wem haben wir es zu tun?", ehrliches Interesse liegt nun in seiner Stimme. „Der erste sollte ein Nomade aus der Nähe sein. Er hat wohl auch innerhalb der Stadt gejagt." Aro blickt von seinem Bruder zur Tür, die in diesem Moment geöffnet wird. Felix bringt den Nomaden vor seine Meister und hält ihn an Ort und Stelle.
„Bitte", entkommt es diesem flehend, während er mit angsterfülltem Blick zu Aro aufsieht. „Bitte, ich wusste nicht, dass es hier verboten ist. Ich…" Mit einer Handbewegung bringt Aro den Nomaden zum Schweigen. Langsam geht er auf ihn. „Wie lange wandelst du nun schon als Unseresgleichen?" Er blickt milde lächelnd auf den Mann vor sich. Seine Frage ist reine Rhetorik, vor ihm angekommen streckt er seine Hand aus und blickt ihn auffordernd an. Zögerlich legt der Nomade seine Hand in die Dargebotene.
Aro braucht nicht lange um herauszufinden, dass der Vampir vor ihm eine Straftat begangen hat und sich seiner Schuld auch vollends bewusst war. Seufzend lässt er seine Hand sinken. „So ein Jammer." Mit diesen Worten nickt er Felix zu, der den Nomaden auf die Knie befördert. Dann dreht sich Aro zu seinen Brüdern und sieht Caius auffordernd an. Dieser richtet sich daraufhin auf, seine Augen funkeln dabei voller Mordlust und seine Lippen umspielen ein vorahnungsvolles Grinsen.
„Nein!" Angstgeweitete Augen richten sich auf den blonden Meister und der Nomade versucht seine ganze Kraft aufzubringen um sich zu befreien. Felix bleibt hierbei unnachgiebig, der Nomade ist nicht sonderlich stark sodass er ihn relativ problemlos alleine händeln kann. Hinter dem Verurteilten angekommen legt Caius seine Hände an dessen Hals. „NE…", in dem Moment reißt Caius den Kopf von den Schultern, Felix lässt den Körper los, der sofort in sich zusammenfällt.
Still betrachtet er kurz sein Werk, dann wirft er den Kopf zu dem zugehörigen Körper und eine der niederen Wachen kümmert sich um die entsprechende Beseitigung. „Man sollte meinen unsere Regeln wären bekannt" fragend sieht Caius zu seinen Brüdern als er wieder auf seinem Thron Platz nimmt. „Vielen ist unser Einfluss und unser Netzwerk vermutlich nicht bewusst. Umso wichtiger ist es Exempel zu statuieren und für die Einhaltung zu sorgen." Ein freudiges Lächeln liegt auf Aros Lippen und damit bedeutet er Felix den nächsten vorzubringen.
