Sie flogen gut vierzehn Stunden.
Aayla Secura langweilte sich zu Tode, tat mal dies, mal das oder lief einfach im Schiff herum, mit großem Abstand zu der Togruta Shelinn.
Großmeisterin Shan schien die Reise am besten zu vertragen. Sie schlief und meditierte, oder beides. Insgesamt bewegte sie sich nur vier von vierzehn Stunden.
Liskaya las die meiste Zeit, obwohl Avar sie oft dabei erwischte, wie sie sie oder Großmeisterin Satele anstarrte. Es war nicht wirklich unangenehm, aber teilweise irritierend.
Irgendwann allerdings wurde es ihr zuwider. "Möchtest du irgendetwas sagen, Liskaya?", fragte sie und versuchte möglichst freundlich zu klingen, um die junge Echani nicht zu verschrecken. Kayas Augen wurden riesig wie Untertassen und starrten zuerst auf Avars Diadem, danach in ihre Augen, obwohl es der Marshallin so vorkam, als würde sie ihre Augenfarbe und nicht ihren Blick auffangen wollen.
Liskayas Blick wurde intensiver, als würde sie versuchen, sich jedes Detail an der Jedi zu merken. Avar war es gewohnt, dass die Leute sie anstarrten, zumindest zu ihrer Zeit, wo sie als die Heldin von Hetzal nicht nur für große staunende, sondern auch für angsterfüllte Augen gesorgt hatte. Letzteres betraf allerdings nur ihre damaligen Feinde, die Nihil. Apropos Nihil. Die hatten wahrscheinlich gerade ihre eigenen Probleme, anstatt sich um die Republik zu kümmern. Hirachieprobleme, um es genau zu erfassen.
"Nein, ich...Nun, ja, ich...", zögernd blickte sie zu Boden. "Entschuldigt mich.", sagte sie, dann stand sie auf und ging in einen anderen Raum. Aayla sah ihr besorgt nach, dann machte sie Anstalten aufzustehen. "Schon gut.", sagte Avar. "Ich gehe schon."
Als die Jedi-Meisterin Liskaya gefolgt war, sah sie auf einer kleinen Bank sitzen und nach draußen starren. Mit Avars Eintreten sah sie auf.
"Ich höre dein Lied. Ich weiß, wie du dich fühlst. Aber es zu verstehen, fällt nicht so leicht."
Liskaya sah sie etwas betreten an. "Mein ganzes Leben lang schon sehe ich auf zu Leuten. Zu Leuten wie Meisterin Satele. Aayla. Und zu Euch. Ich... Ich frage mich nur... Wie... Wie ist es, so... so zu sein, wie Ihr?", fragte sie schließlich. Avar lachte leise auf, gemischt mit einem Seufzen und setzte sich zu der Padawan. Dann überlegte sie.
"Es ist... einsam, obwohl du nicht alleine bist. Ermüdend, obwohl es dich wach werden lässt. Enttäuschend, obwohl es alles andere als das sein sollte. Anstrengend. Aufbauend. Leise, obwohl es in deinem Kopf so laut ist und umgekehrt. Du fühlst Verantwortung. Du verlernst es, zu schlafen, weil all das zusammen kommt, trotz dieser erdrückenden Müdigkeit, die du nie loswirst. Und trotzdem musst du am nächsten Tag aufstehen. Dann fängt alles von vorne an."
Kaya schwieg lange, bis sie schließlich etwas sagte: "Das hört sich traurig an. Aber Ihr erzählt mir nichts Neues. Ich... habe viel über Euch nachgedacht. Ihr habt ein turbulentes Leben. Aber auch gute Zeiten. Eure Freunde, Meister Mann und Gios. Für diese Momente..." "Lebe ich? Vielleicht. Du kannst dich gut in Situationen einfühlen, Liskaya." "Ja, ich hätte fast Schauspielerin werden sollen.", sagte sie lachend. "Ich meine es ernst. Ich meine alles ernst, was ich sage, Liskaya." "Ich weiß, Meisterin Avar. Was wärt Ihr geworden, wenn Ihr keine Jedi gewesen wärt?", fragte sie.
Das brachte Avar zum Grübeln. Ihre Miene wurde finster. "Meine Muttersprache ist Hutteese.", sagte sie leise, als würde das alles erklären. Liskaya verstand es wahrscheinlich, denn sie sagte nichts dazu. Zumindest noch nicht.
"Komm. Lass uns wieder zu den anderen gehen", meinte Avar. Beide Jedi gingen wieder zurück in den kleinen Raum mit den Bänken. Aayla sah auf. "Lika? Was war los?" "Nichts. Wir haben nur über..." Sie warf Avar einen fragenden Blick zu. Die Meisterin drehte den Kopf leicht in ihre Richtung. "... das geredet, was mit uns gewesen wäre, wenn wir keine Jedi gewesen wären.", schloss Liskaya schließlich. "Ah", machte Aayla und sah plötzlich sehr ängstlich drein. "Was... was ist los? Was... Was wäre euch denn allen passiert? Ihr seht alle so... traurig aus.", sagte Liskaya leise.
Großmeisterin Satele antwortete zuerst. "Als Shan hätte ich bestimmt eine andere... spezielle Beschäftigung gefunden. Aber um ehrlich zu sein, habe ich fast nie darüber nachgedacht. Meine Mutter war auch eine Jedi. Ich hätte... sie gerne kennengelernt." Sie klang kaum verletzt, nur als sei ihre Mutter erwähnte, sank ihre Stimme ein klitzeklein wenig, sodass Avar sich sicher war, die Einzige gewesen zu sein, die es bemerkt hatte. "Wie steht es mit euch? Eigentlich eine sehr interessante Frage."
"Ich wäre Archivarin geworden. Hätte auf der Farm meiner Eltern gelebt. Meine Halbschwester unterstützt.", antwortete Kaya anfangs fröhlich, doch dann erfüllte sich ihre Stimme immer mehr mit Reue. Shan nickte. "Das hört sich sehr friedlich an. Aayla?" Die Twi'lek rümpfte die Nase. "Mein Onkel, einer im Rat von Ryloth, hat mich nach dem Tod meiner Eltern an einen Hutten verkauft. Ich wäre wohl trotz meiner Abstammung dort geendet."
"Dann sind wir mal froh, dass es nicht so ist. Und mein Mitleid, Aayla. Keiner hat so ein Schicksal verdient. Avar, was ist mit Euch?" "Ich füchte, dass es das Selbe, wie bei Aayla, wäre. Meine Muttersprache ist Hutteese, also entweder komme ich aus dem Huttenraum, oder etwas in der Nähe." "Aber auf Tattooine oder Lothal spricht man doch auch viel Hutteese?", warf Aayla ein. "Ja, aber mein Meister war Sucher am äußereren Rand. Lothal und Tattooine sind da zu weit am Kern."
"Lasst uns doch das Thema wechseln. Trübsal blasen hilft nicht weiter.", warf Meisterin Satele ein. "Wahr. Ich hab gesagt, dass ich Archivarin werden wollte. Was ist mit euch allen?" fragte Liskaya. Aayla lachte auf. "Keine Ahnung! Als Twi'lek hat man es generell nicht leicht. In irgendeinem Lokal würde ich schon was finden, falls es keine andere Option gibt." "Das hättest du gerne?" "Naja, nein, aber es wäre eine Option. Mein Traumleben sähe da ganz anders aus. Auf jedem Fall auf keinem Wasserplaneten. Also, falls ich nichts mit einem Nautolianer anfangen würde. Ich hasse Wasser nämlich." Avar spürte, wie Aaylas Gedanken umschlugen. Ein Blick auf Satele genügte, um ihre Vermutung zu bestätigen. Die Großmeisterin hatte die Augenbrauen hochgezogen. Offenbar hatte Aayla da sehr wohl einen Nautolianer im Kopf...
"Ich würde etwas mit Musik machen. Das auf jeden Fall. Vielleicht Musiklehrerin. Oder in einem Orchester.", sagte Avar lächelnd. "Spielt Ihr ein Instrument?", fragte Liskaya. "Einige, ja." "Nun, das nenne ich eine Vorstellung. Und wo würdet Ihr gerne leben?" "Naboo. Auf der Künstlerinsel Varykino", sagte sie etwas zu verträumt.Sie war sich sicher, dass Satele ihr Schmunzeln kaum verbergen konnte. Das war der Nachteil an Gedanken lesen.
"Mit Elzar. Und vielleicht auch Stellan. Wir würden den Sonnenuntergang beobachten, uralte Erlebnisse auspacken und uns an den Händen halten.", dachte sie lächelnd. "Bei der Macht. Ich vermisse euch beide so sehr." Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass Stellan und Elzar gerade das Gleiche spürten.
