Kapitel 141

Grauen

Furcht, Entsetzen vor etwas Unheimlichem, Drohendem

Hermione hatte ein mulmiges Gefühl als sich das gewaltige Eisentor vor ihr entwirrte und den Weg zu einem imposanten Herrenhaus freigab. Draco trat ohne zu zögern über die Schwelle und sie musste ihm unweigerlich folgen, da er sie an der Hand hielt.

Über einen, mit hohen Eibenhecken gesäumten, Weg kamen sie dem Gebäude immer näher und irgendwie hatte Hermione ein seltsames Gefühl, als sie das ganze Herrenhaus überblicken konnte. Es schien ihr so wahnsinnig vertraut, dabei war sie sicher Malfoy Manor noch nie betreten zu haben.

Die strahlende Junisonne hüllte das Haus in einen warmen Glanz und als Hermione einen Blick in den Garten erhaschte, blieb sie abrupt stehen. Jetzt wusste sie, wo sie Malfoy Manor schonmal gesehen hatte.

„Was ist?", wollte Draco irritiert wissen. Er musste an ihren Gefühlen merken, dass sie etwas beschäftigte.

„Ich habe dieses Haus schonmal gesehen", teilte Hermione ihm mit. „Im Himalaja, als ich unter dem Einfluss der Wesen stand, die dort leben. Ich habe gesehen wie ich hier mit dir im Garten sitze und Hyperion war auch da und meine Eltern und deine Eltern. Mein Vater hat am Klavier gespielt. Chopin Opus 9 Nr. 2."

Draco runzelte nachdenklich die Stirn und sah von Hermione zum Haus.

„Du weißt, dass das eine Illusion war? Es war nicht Real."

Hermione nickte zustimmend. „Es ist jedoch seltsam, dass ich diesen Ort hier gesehen habe und auch Hyperion. Den ich damals noch gar nicht kannte. Draco, habt ihr im Garten einen weißen Brunnen mit einem großen Hippogreif auf dem ein Zauberer reitet."

Draco musterte sie nachdenklich. „Das ist einer meiner Vorfahren, Brutus Malfoy. Er war ein begnadeter Hippogreifzüchter und hat diesen Brunnen bauen lassen."

Hermione nickte. Sie hatte es fast erwartet. Was immer das für Wesen waren, die im Himalaja lebten. Was immer sie gesehen hatte. Es war mehr gewesen als nur eine Wunschvorstellung ihrerseits gewesen. Und auch wenn sie eigentlich nicht an Wahrsagen und Prophezeiungen glaubte, hoffte sie einen Moment, dass es vielleicht einfach die Zukunft war.

„Lass und weitergehen", riss Draco sie aus den Gedanken. „Wir haben gerade andere Prioritäten."

Hermione nickte und atmete tief durch. Zusammen mit Draco erklomm sie die Marmorstufen, die zum großen Eingangsportal führten. Die Tür schwang lautlos auf und gab den Weg in eine luxuriöse Eingangshalle frei. Ein dicker Teppich verschluckte ihre Schritte und Hermione fasste Dracos Hand fester, als er schnurstracks auf eine massive Holztür zuging. An den Wänden hingen Porträts und Hermione glaubte fast sie flüstern zu hören, als eine laute Stimme sie zusammenschrecken ließ.

„Draco!" Hermione zuckte unwillkürlich zusammen, als sie die Stimme von Narzissa Malfoy hörte. Sie musste gerade erst aus der Winkelgasse wiedergekommen sein.

„Hallo, Mutter", grüßte Draco und Hermione war sich nicht sicher, ob seine Stimme seiner Mutter gegenüber schon immer so abweisend geklungen hatte, jedoch schien Narzissa es nicht zu bemerken.

„Das du hier bist bedeutet, dass du es geschafft hast?", wollte sie wissen.

„Ja, es ist gelungen. Das Verschwindekabinett ist repariert. Ich bin hier, weil ich mit dem Dunklen Lord sprechen muss. Es ist von höchster Dringlichkeit."

„Die Zeit-", begann seine Mutter, doch Draco hob die Hand und würgte sie damit ab.

„Die Zeit ist eine fortlaufende Größe und nicht anders solltest du dich verhalten", sagte Draco und Narzissa schien augenblicklich zu verstehen. Denn sie wechselte das Thema.

„Der Dunkle Lord ist nicht hier", informierte sie ihn und Draco nickte.

„Ich werde ihn rufen, Mutter. Du solltest nicht dabei sein. Ich weiß nicht, wie er reagiert. Aber es ist äußerst wichtig."

Narzissa nickte ernst und jetzt traf ihr musternder Blick Hermione. Sie trug einen langen schwarzen Mantel und ihre Schuluniform. Das auffälligste an ihr war wohl der goldene Metallreif mit dem kleinen Ring daran, der um ihren Hals lag und eindeutig magisch war.

Hermione bemerkte wie Narzissa Malfoy ihn einen Moment zu lange anstarrte und sich ihre Augen erschrocken weiteten. Sie konnte nicht einschätzen, wie Dracos Mutter darauf reagieren würde, dass ihr Sohn ein Mädchen als Sexsklavin benutzte. Insgeheim hatte Hermione gehofft Narzissa würde nicht erkennen, was das Halsband bedeutete, aber so viel Glück schien sie nicht zu haben.

„Draco", begann seine Mutter empört, doch Draco schnitt ihr abermals das Wort ab.

„Vertrau mir, Mutter", sagte er und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Ich habe einen kleinen Wissensvorsprung. Dies hier hat alles einen Grund. Ich kann dir nicht alles erklären. Aber du kannst mir vertrauen."

Einen Moment fühlte Draco die schale Lüge auf der Zunge. Er würde versuchen seine Mutter zu retten, wenn er konnte. Aber er hatte andere Prioritäten, die wichtiger waren.

„Natürlich vertraue ich dir, Draco", bekräftigte sie liebevoll und er nickte ihr aufmunternd zu. Bevor er groß darüber nachdenken konnte, drückte er sie an sich und er hoffte einfach, dass ihr Vertrauen in ihn nicht umsonst war. Sie war seine Mutter, sie war immer für ihn da gewesen und auch wenn er manche Dinge anders sah als sie. Er konnte sie nicht einfach dem Tod überlassen.

Draco spürte, wie sie ihn sanft festhielt. Ihre Große graziöse Gestalt die er nie so zerbrechlich wahrgenommen hatte wie jetzt. Er würde niemals ihren Zusammenbruch im Ferienhaus der Grangers vergessen. Dieser Krieg zerstörte sie. Er hatte sie bereits gezeichnet und diese Wunden würden wahrscheinlich nie wieder ganz verheilen.

Als Draco sich löste war er sich so sicher wie selten, dass er die richtige Entscheidung traf. Auch wenn seine Mutter es vielleicht nicht nachvollziehen konnte. Selbst wenn sie ihn dafür hassen würde, er war sich sicher. Der Dunkle Lord war nicht ihre Zukunft.

„Geh in die Bibliothek, Mutter. Leiste Tante Bella Gesellschaft und sorge dafür, dass sie nicht in den Salon kommt. Ich werde den Dunklen Lord rufen und mach dir keine Gedanken um die Anwesenheit des Schlammblutmädchens. Es hat alles seine Richtigkeit."

Seine Mutter nickte. Draco sah ihr an, dass ihr die Situation nicht gefiel. Aber sie beugte sich seiner Entscheidung und das sollte reichen.

„Sei vorsichtig", bat sie, bevor sie sich zum Gegen wandte.

„Immer, Mutter", versprach er und wartete bis sie die Treppe nach oben gestiegen war, bevor er die Tür zum Salon öffnete.

Einst hatten in diesem Raum kleine Tische und Sofas gestanden, die zum Verweilen einluden. Er hatte hier oft mit seinem Bruder gespielt, während sein Vater Zeitung las oder mit seinem Großvater diskutierte. Jetzt waren die bequemen Sofas einem großen langen Tisch gewichen an dem die Todessertreffen stadtfanden. Auf dem Fenstersims in der Mittagssonne lag Voldemorts gewaltige Schlange Nagini und sonnte sich.

Wenigstens wussten sie ziemlich sicher, wo sich dieser Horkrux befand. Nagini blähte die Nüstern, als sie eintraten. Draco warf ihr einen prüfenden Blick zu, bevor er an den Tisch trat und eine flache, reich verzierte Schatulle darauf abstellte.

Dann entblößte er seinen Arm und starrte auf das Dunkle Mal. Ihm widerstrebte es zutiefst das zu tun. Aber es musste sein. Hermione hatte sich wortlos neben ihn gestellt und er spürte ihre Nervosität fast körperlich. Es machte die Situation nicht viel besser.

„Dann mal los", sagte er mehr zu sich selbst und berührte das Dunkle Mal auf seinem Arm. Schmerz durchzuckte ihn, aber nicht so stark, als dass er zusammengesunken wäre.

Draco versuchte ruhig zu atmen und sich zu sammeln. Er hatte den Dunklen Lord immer gefürchtet, denn für ihn war er mehr als ein Mensch gewesen. Etwas Grausames, Mächtiges, Unbesiegbares… Aber wenn er dieses Spiel gewinnen wollte, dann musste er diesen Gedanken hinter sich lassen.

Lord Voldemort war nur ein Mann. Ein Psychopath der kein Gewissen und keine Empathie besaß. Er selbst konnte mit dieser Grausamkeit und diesem Wahnsinn nicht mithalten. Aber das musste er auch nicht, denn er brauchte die Gunst dieses Mannes nicht. Dieser Mann war sein Feind und jetzt würde er seinen Feind dazu bringen ihm das zu geben, was er wollte.

Draco bemerkte eine Bewegung am Fenster neben Nagini und als er auf die Knie sank, spürte er eine unerwartete Ruhe in sich. Er war Lord Voldemort gerade überlegen und es war das erste Mal in seinem Leben, das er diesen Gedanken hegte.

„Draco, ich hoffe du hast einen guten Grund mich in dieses Haus zu rufen", erklang die kalte Stimme des Dunklen Lords.

„Mein Herr", erwiderte Draco untertänigst. „Ich habe wie versprochen das Verschwindekabinett repariert und bin jetzt jederzeit in der Lage Hogwarts zu infiltrieren und Dumbledore in einen Hinterhalt zu locken."

„Also hast du deine Aufgabe bereits erledigt?", wollte Voldemort wissen.

„Dumbledore befindet sich gegenwärtig nicht auf Hogwarts. Meinen Informationen nach wird er am Sonntagabend zurückkehren. Dann wird er sterben. Doch zwischenzeitlich bin ich an wichtige Informationen gelangt, die keinen Aufschub dulden."

„Tatsächlich", erwiderte Voldemort geringschätzig.

„Mir ist es gelungen Harry Potters beste Freundin auf unsere Seite zu bringen. Sie hält mich über Dumbledores Aufenthaltsort auf dem Laufenden. Heute konnte sie einen Gegenstand bergen nach dem Potter und Dumbledore lange gesucht haben. Sie hat ihn abgefangen, bevor er in Dumbledores Hände gelangen konnte."

Draco stand auf und nahm die kleine Schatulle vom Tisch. Mit einer tiefen Verbeugung reichte er sie seinem noch Herren. Aus Sorge Voldemort könnte es als respektlos empfinden blickte er weiterhin unterwürfig auf den Boden, dabei hätte er nur zu gerne Voldemorts Gesicht gesehen.

Draco hörte den Verschluss schnappen, dann Stille und bevor er noch etwas anderes tun konnte, zuckte ein verzehrender Schmerz durch seinen Körper. Schreiend fiel er zu Boden.

Hermione war im ersten Moment so erschrocken, dass sie nicht wusste, was sie tun sollte.

Draco hatte ihr gesagt, dass das passieren konnte. Das Voldemort wütend werden würde und ihn vielleicht sogar dafür tötete. Aber es zu erleben war ein Schock. Dracos schreie hallten in ihren Ohren wider und erinnerten sie an diesen Mittag im Ferienhaus, als Bellatrix ihn gefoltert hatte.

Bevor Hermione darüber nachdenken konnte stürzte sie von ihrer knieenden Position nach vorne an Dracos Seite.

„Bitte hört auf. Draco kann nichts dafür, bitte." Hermione hielt Dracos in ihren Armen, sein ganzer Körper stand unter Spannung. Seine Adern standen durch seine helle Haut hervor. Hermione versuchte sein Schreien zu übertönen. „Ich habe den Horkrux von Harry Potter gestohlen! Bitte lasst von Draco ab."

Hermione war sich nicht sicher, ob es eine Gute, oder eine schlechte Reaktion war, aber zumindest hörte Draco auf zu schreien. Sie spürte seinen Schweiß unter ihren Fingern und das Blut rauschte ihr in den Ohren vor Panik, aber es war vorbei und das zählte.

„Berichte! Was ist vorgefallen!", befahl ihr der Dunkle Lord und seine gewaltige Schlange zog zischelnd einen Kreis um sie. Hermione versuchte sie zu ignorieren und sah zu Voldemort auf, vor dessen Füßen sie kniete.

„Ich bin mit Harry Potter befreundet. In Hogwarts. Er vertraut mir. Er hat mir erzählt, dass Dumbledore ihn in seine Geheimnisse einweiht. Dumbledore hat ihm erzählt, dass ihr sieben Horkruxe besitzt, die Harry vernichten muss. Harry hat in Hogwarts nach einem Horkrux gesucht und als er das Diadem von Rowena Ravenclaw fand, war er sich sicher, dass es einer ist."

Hermione versuchte immer schneller zu reden. So schnell wie möglich alles zu erzählen.

„Ich habe es Draco gesagt und er befahl mir das Diadem zu holen und brachte mich hierher, damit wir euch warnen können."

„Ah, warnen wollt ihr mich also. Welche Horkruxe hat Dumbledore bereits gefunden? Sprich!", wollte Voldemort mit vor Zorn verengten Augen wissen.

„Das Buch, Tom Riddles Tagebuch. Es ist zerstört. Harry Potter hat es vor Jahren zerstört, als es den Weg nach Hogwarts fand. Und Dumbledore hat den Ring der Gaunts zerstört der in Little Hangelton versteckt war."

„Avada Kedavra!", donnerte Voldemort und Hermione zuckte zusammen, kauerte sich über Draco zusammen, doch der Fluch jagte über sie hinweg und als sie zur Tür blickte, sah sie eine massige Gestalt zusammenbrechen. Das war Amycus Carrow der sie noch vor zwei Zyklen durch Hogwarts gejagt hatte und jetzt tot in der offenen Salontür lag. Seine Schwester Alecto kreischte erschrocken auf und rannte davon. Voldemort zischte etwas auf Parsel und die Schlange, Nagini, hörte auf sie zu umkreisen und schlängelte sich Richtung Eingangstür. Wahrscheinlich um die Carrow Schwester zu verfolgen.

„Also hat Dumbledore tatsächlich einen in die Finger bekommen", sagte Voldemort und ließ sich am Kopfende des großen Tisches nieder, der im Salon stand. Draco unter ihr rappelte sich ebenfalls auf und schüttelte ihre Hände ab.

„Verzeiht die schlechten Nachrichten, Herr", murmelte er ergeben.

„Setz dich zu mir, Draco", verlangte Voldemort milde und deutete auf den Stuhl zu seiner linken. Hermione war sich nicht ganz schlüssig, was sie tun sollte, also blieb sie auf dem Boden sitzen. Froh Voldemorts Aufmerksamkeit entkommen zu sein.

„Du hast gut daran getan mich zu informieren."

Draco versuchte möglichst aufrecht zu sitzen. Sich nicht anmerken zu lassen, dass ihm noch immer alles wehtat. Er hasste diesen verdammten Fluch. Aber wahrscheinlich war es sein Glück, dass jetzt die Carrows unter Voldemorts Wut starben und nicht er und Hermione.

„Immer, Herr", sagte Draco ergeben.

„Berichte", verlange Voldemort und Draco bemerkte, wie seine langen dünnen Finger zärtlich über das Diadem von Rowena Ravenclaw fuhren.

„Dumbledore liegt im Sterben, Herr. Als er den Ring der Gaunts zerstörte, wurde er mit einem starken Fluch belegt, der ihn langsam, aber sicher dahinrafft. Wenn wir Hogwarts infiltrieren, wird es ein einfaches sein ihn zu töten. Ganz wie ihr befohlen habt, Herr. Ich habe alles bereits vorbereitet. Aber eines bereitet mir Sorgen. Ich konnte dieses Diadem von Rowena Ravenclaw gerade noch in Sicherheit bringen. Aber soweit ich weiß, ist Dumbledore kurz davor einen weiteren Horkrux zu finden. Er sucht nach dem Kelch von Helga Hufflepuff und dem Medaillon von Salazar Slytherin. Ich weiß nicht, welchem er nah ist, Herr. Die Zeit eilt, deshalb habe ich euch gerufen. Mir erschien es dringlich genug, Herr."

Draco spürte Voldemorts prüfenden Blick auf sich.

„Woher weißt du, dass den Informationen des Mädchens zu trauen ist?", wollte Voldemort wissen und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Sein brennender Blick bohrte sich fast in seine Haut, aber Draco versuchte ruhig zu bleiben. Er hatte diese Frage erwartet.

„Ich bin in ihrem Verstand, Herr. Es ist unmöglich für sie irgendetwas vor mir zu verbergen."

„Sie beherrscht zumindest ansatzweise Okklumentik, hast du sie getestet?", wollte Voldemort wissen und Draco spürte, wie er ruhiger wurde. Es tat gut, dass dieses Gespräch irgendwie nach Plan lief.

„Sie ist mein Eigentum. Ich habe mir mit einem Ritual Zugang zu ihrem Verstand geschafft und sie hat dem freiwillig zugestimmt. Es ist ihr nicht möglich etwas vor mir zu verbergen. Egal wie gut ihre Okklumentik ist. Ich bin mir sicher, dass dies keine Falle ist, Herr."

Der Dunkle Lord musterte ihn und blickte dann zu Hermione die noch immer an der Stelle auf dem Boden kniete, an der er gelegen hatte, als er gefoltert worden war. Er musterte ihre Gestalt und Draco spürte Hermiones Nervosität, wie sie ihre Haare etwas zur Seite strich und das goldene Halsband besser sichtbar wurde, dass sich in ihre Haut gebrannt hatte.

Plötzlich begann Voldemort amüsiert zu glucksen. Es war ein hoher bedrohlicher laut und Draco brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass es ein Lachen war.

„Sehr gut Draco. Ein hübsches Sexspielzeug hast du dir gesucht. Und so nützlich."

Draco konnte nicht verhindern, dass sich ein Grinsen auf seine Züge schlich. Voldemort schien es ihm nicht übel zu nehmen.

„Ich versuche immer nützliches und angenehmes zu verbinden, Herr. Sie wird Harry Potter für uns ausspionieren so lange ich es möchte."

„Ganz ein Malfoy", stellte Voldemort noch immer belustigt fest. „Abraxas hatte dieses Faible für Frauen ebenso. Aber jetzt geh und hole Bellatrix für uns", befahl er. Draco nickte und beeilte sich aufzustehen.

„Ja, Herr."

Er machte ein Zeichen in Richtung Hermione ihm zu folgen, doch Voldemort dem diese Geste wohl nicht entgangen war, hob gebieterisch die Hand.

„Lass das Mädchen bei mir. Ich habe Fragen, solange du unterwegs bist. Trödle nicht."

Dracos Herz setzte einen Moment aus und er spürte wie ihm unwillkürlich heiß wurde. Er wünschte sich er hätte seine Körperreaktionen bei Stress besser unter Kontrolle. Dazu spürte er Hermiones Angst und das machte die Situation kein bisschen besser

„Natürlich, Herr", sagte Draco jedoch mit einer tiefen Verbeugung und eilte aus dem Raum. Er würde keine Sekunde trödeln. Jede Sekunde die Hermione allein mit Voldemort war, war eine Sekunde zu viel.

Draco stieg über den toten Amycus Carrow, der noch immer in der Tür lag und eilte den Weg in die Bibliothek nach oben. Dabei entdeckte er Nagini, die wohl mittlerweile auch Alecto erwischt hatte. Denn diese lag auf dem Boden mit einer hässlichen Bisswunde im Bein und wimmerte vor sich hin. Draco schenkte ihr keine weitere Aufmerksamkeit. Er spürte Hermiones Angst und er wünschte sich es wäre vermeidbar gewesen.

Hermione atmete tief durch und versuchte gegen ihre Angst anzukämpfen. Sie hatte sich das hier ausgesucht. Sie hatte immer gewusst, dass Draco nicht die ganze Zeit bei ihr sein konnte. Trotzdem konnte sie die Angst nicht ganz bekämpfen. Es war nicht die Angst vor Voldemort selbst, sondern vor der Rolle, die sie einnahm. Sie würde sich nicht verteidigen dürfen. Nicht aufbegehren und sich wehren. Sie hatte Voldemort zu gehorchen und dieser Gedanke ängstigte sie am Meisten.

„Steh auf, Mädchen", riss Voldemort sie aus ihren Gedanken. Sie holte einmal tief Luft und erhob sich, den Blick starr auf den Boden gerichtet. Sie kannte ihre Rolle. Jetzt musste sie Voldemort nur noch davon überzeugen, dass es die Wahrheit war.

„Komm näher", befahl er ihr und sie nahm all ihren Mut zusammen, trat näher, bis sie direkt vor ihm stand. Mit einer Geste bedeutete er ihr, dass sie Niederknien durfte und es erleichterte sie fast, als sie vor Voldemort auf die Knie sank.

Plötzlich spürte sie eine kalte Hand an ihrem Hals und zuckte unwillkürlich zurück. Doch Voldemort griff unbeirrt nach ihrem Kinn und zwang sie ihn anzusehen.

„Sag mir Mädchen. Warum verrätst du deinen Freund, Harry Potter?"

Hermione spürte, wie ihr das Herz bis zum Hals schlug.

„Dumbledore stirbt", sagte sie schließlich. „Harry wird diesen Krieg verlieren. Er hat keine Chance."

„Warum bist du dann nicht direkt zu mir gekommen? Ich hätte dich nicht fortgeschickt", sagte Voldemort milde und Hermione presste die Lippen zusammen.

„Ich bin nicht würdig euch zu dienen, Herr. Ich bin ein Schlammblut. Aber trotzdem will ich leben und Draco hat mir einen Ausweg gezeigt."

Voldemort musterte sie eindringlich und sie spürte ihn in ihrem Verstand, versuchte ihm nur das zu zeigen, was ihre Geschichte unterstrich.

„Ist das alles?", wollte er wissen und Hermione sah vor sich eine Szene im Raum der Wünsche. Wie Draco sie quälte und sie sich vor Lust nach ihm verzehrte und sie ließ den Gedanken zu. Ließ zu, dass Voldemort in diesem intimen Moment verweilte.

„Ich liebe ihn", wisperte sie kaum hörbar und sie hatte nie vorgehabt dies Voldemort zu offenbaren. Aber sie vermochte es nicht zu verbergen. Denn es war zu offensichtlich, zu unverkennbar, dass sie Draco vollkommen verfallen war.

„Ja, das tust du, dummes kleines Schlammblutmädchen", sagte Voldemort und ließ verächtlich ihr Kinn los. Hermione sank augenblicklich zusammen. Ihre Haut kribbelte unangenehm, wo Voldemort sie gepackt hatte.

„Dumbledores so heiß verteidigte Liebe. Welch eine Ironie, dass es ausgerechnet sie ist, die dich zu mir bringt."

Hermione presste ihre Lippen zusammen und versuchte nichts dazu zu sagen. Sich nicht anmerken zu lassen wie erleichtert sie war, nicht aufgeflogen zu sein.

„Aber wenn du dich als nützlich herausstellst", fuhr Voldemort fort und seine langen dürren Finger strichen über ihre Haare „werde ich Draco gestatten dich zu behalten."

„Ich danke euch, Herr", brachte sie atemlos hervor und heftete ihren Blick auf den Marmorboden.

Voldemort stieß ein lautes Zischen aus und Hermione bemerkte, wie die Leiche von Amycos Carrow durch die Luft wirbelte und wohl auf dem Tisch aufschlug.

Hermione sah nicht was geschah, da sie weiterhin auf den Boden blickte, aber ein weiteres Zischen war zu hören und Hermione bemerkte Nagini die in den Salon zurückkehrte, bevor sie sich ebenfalls auf den Tisch schlängelte.

„Sieh hin", befahl Voldemort ihr und als Hermione aufstand, packte sie das Grauen. Der große Mann war aufgeschlitzt worden überall war Blut und tropfte jetzt auf den Marmorboden. Ein grauenvolles Schmatzen war zu hören, als ein Körperteil abgetrennt wurde und zu Hermiones entsetzten verfütterte Voldemort ein großes Bein an seine Schlange. Hermione spürte das Blut in ihren Ohren rauschen. Hitze und Panik flossen durch ihren Körper. Der Geruch von Blut trat ihr in die Nase und ihr Magen rebellierte. Ein weiterer Arm wurde ausgerissen, die Leiche Kippe etwas zur Seite und ein paar Gedärme platschten auf den Tisch. Der Blutgeruch mischte sich mit etwas anderem und Hermione stolperte ein paar Schritte nach hinten. Ihr Magen rebellierte bei dem Anblick wie die gewaltige Schlange begann den Zauberer zu verschlingen. Schmatzen war zu hören als der menschliche Körper sich zur Seite neigte und weiter von Voldemorts zaubern zerrissen wurde. Hermione spürte einen Klos in ihrem Hals und ohne sich dagegen erwehren zu können erbrach sie sich auf den Marmorboden. Hinter sich hörte sie die Schritte mehrerer Personen

Draco rümpfte angewidert die Nase, als er mit Bellatrix zurück in den Salon trat. Während er seine Tante geholt und sie im gemütlichen Gespräch mit seiner Mutter angetroffen hatte, hatte Voldemort begonnen Amycus Carrow zu zerteilen und ihn an seine Schlange zu verfüttern. Der beleibte Zauberer war wohl zu groß, als das Nagini ihn am Stück hätte verschlingen können. Ein Massaker aus Gedärmen und Blut war über den Tisch verteilt und Hermione kauerte an einer Wand und zitterte am ganzen Leib. Er hatte ihr entsetzen gespürt und jetzt wurde ihm auch der Grund dafür bewusst.

„Myonie", sagte er, ohne weiter darüber nachgedacht zu haben. Sie sah zu ihm hoch, die Augen vor Entsetzen geweitet und wischte sich mit zittrigen Fingern über das Gesicht. Sie musste sich erbrochen habe. Das alles schien sie komplett aus der Bahn zu werfen.

Aber wahrscheinlich war es auch nicht normal beim Anblick einer zerteilten Leiche ruhig zu bleiben. Draco schnippte einmal mit dem Finger und deutete zu seinen Füßen. Ohne die Reaktion des Dunklen Lords abzuwarten, stand Hermione auf und lief an Bellatrix vorbei um vor ihm auf die Knie zu fallen. Sie drückte sich etwas an sein Bein und er bemerkte, wie sie noch immer zitterte. Beruhigend legte er ihr eine Hand auf den Kopf und spürte gleich wie sie sich etwas entspannte. Am liebsten hätte er sie jetzt in den Arm genommen, sie gehalten, aber das war kein Verhalten, dass er sich vor Voldemort erlauben durfte. Sie zu sich zu befehlen hatte weit mehr über seine Gefühle für sie ausgesagt als er wollte.

„Mein Herr. Willkommen zurück", hauchte Bellatrix verzückt als sie hinter ihm in den Raum trat und die Tür schloss. Sie hatte keinen Blick für Hermione übrig, sondern trat sofort auf den Dunklen Lord zu. Verbeugte sich tief und ehrerbietend.

„Was kann ich für euch tun Herr?", wollte sie wissen.

„Ich habe einen Auftrag für dich, Bellatrix meine treueste Todesserin", sagte Voldemort mit heller klarer Stimme. Und Draco bemerkte nur zu gut das freudige Lächeln auf Bellatrix Gesicht bei dem Lob.

„Was immer ihr Wünscht, mein Lord."

„Vor Jahren, vertraute ich dir einen wichtigen Gegenstand an. Einen goldenen Kelch mit einem Dachs darauf. Liegt er noch immer wie befohlen in deinem Verlies in Gringotts?", verlangte Voldemort zu wissen und Draco wagte es nicht seinen Ohren zu trauen. Gab Voldemort so einfach sein Versteck preis? Es erschien ihm fast schon zu einfach.

„Natürlich Herr, niemand ist an mein Verlies gegangen. Als ich in Askaban einsaß, hat meine Schwester Narzissa gut darüber gewacht", sagte Bellatrix mit einer tiefen Verbeugung.

Voldemort nickte nachdenklich.

„Wir können dennoch kein Risiko eingehen. Schicke deine Schwester den Kelch aus Gringotts zu holen. Bringe ihn so schnell wie möglich in deinen Besitz und informiere mich, sobald du ihn hast. Ich werde einen anderen, sicheren Ort dafür finden."

„Natürlich Herr", sagte Bellatrix und wandte sich nach einer entlassenden Geste seitens Voldemort ab, um so schnell wie möglich aus dem Raum zu eilen.

„Draco", wandte sich Voldemort an ihn und Draco neigte das Haupt.

„Ja, Herr?"

„Bleib mit deinem kleinen Schlammblut im Herrenhaus, bis ich wieder zurück bin. Ich habe noch Fragen." Voldemort erhob sich und fügte hinzu. „Sorge dafür, dass ihr nichts geschieht. Es wäre eine Schande, wenn sie Thorfinn oder Grayback in die Hände fällt und danach nichtmehr zu gebrauchen ist."

„Natürlich Herr", antwortete Draco mit einer tiefen Verbeugung und als er aufsah, war Voldemort verschwunden. Zurück blieb nur Nagini die den zerstückelten Amycus Carrow verschlang. Draco verzog angewidert das Gesicht.

„Komm, Myonie", sagte er sanft und half ihr hoch. Sie zitterte noch immer und war ziemlich aufgewühlt.

„Wir gehen in den Westflügel. Da sind meine Zimmer", teilte er ihr mit. Hermione holte tief Luft, um sich zu beruhigen und nickte.