Kapitel 2

Er wurde von einem Klatscher getroffen.

Aber der Klatscher war so groß wie Hagrids Riesenkürbisse.

Und schwarz.

Und das hier war kein verdammtes Quidditchspiel!

Bleib unten!, befahl sein älteres Ich, als Severus versuchte, wieder auf die Beine zu kommen, und sich auf etwas abzustütze, das sich wie Äste anfühlte. Glatte, hohle Äste. Gelbliche, glatte, hohle Äste.

„Heilige Sch…"

Bleib – unten!, wurde ihm erneut befohlen und Severus sackte zurück in den Knochenhaufen, in den er geworfen worden war. Das Geklapper hallte von den Wänden einer Steinhöhle wider, die von dem bläulichen Schimmer, den er ausstrahlte, erhellt wurde, genau wie die Stalaktiten und …

… der Ur-Dementor.

Bei Salazar!

Er war riesig! Schwebte über ihm, der zerrissene schwarze Mantel wabernd, als wären sie unter Wasser. Immer wieder versuchte er, sich auf ihn zu stürzen, aber er scheute vor dem Patronus-Licht zurück als wäre es Feuer.

Los, sagte sein älteres Ich nach einigen Minuten, in denen Severus starr dagelegen hatte, und er rappelte sich auf, kletterte über Rippen und Schädel von Menschen, die längst tot waren, sein Blick auf das gerichtet, was sein auch Tod gewesen wäre, hätte er nicht diesen Trank genommen.

Niemals hätte er schnell genug einen Patronus heraufbeschwören können!

Ein Patronus hätte auch nicht gereicht …

Woher weißt du das alles?, fragte Severus, während er sich vorsichtig aufrichtete, die Augen auf den Dementor gerichtet, der über ihm zischte und in einem tiefen Ton heulte, wie er noch nie einen Dementor hatte heulen hören. Woher wusstest du überhaupt, dass dieses Ding hier sein würde?

Ich habe den Schleier erforscht, versucht, seine Geschichte zusammenzusetzen und -

Er wurde von einem weiteren Vorstoß des Dementors unterbrochen.

Vergiss es! Du musst los!

Langsam senkte Severus seine Arme, die er zur Verteidigung hochgerissen hatte, und dachte: Er wird mir folgen, nicht wahr?

Bedauerlicherweise.

Natürlich wird er das …

Wie könnte er auch nicht, nachdem es jahrelang keine Seele zum Aussaugen gegeben hatte?

Seine Augen von dem Dementor loszureißen, war allerdings schwieriger, als er erwartet hatte. Er hatte gelernt, diese Viecher zu fürchten, und von der buchstäblichen Mutter aller Dementoren verfolgt zu werden, brachte eine Menge dunkler Erinnerungen zurück. Nicht unerwartet, aber trotzdem …

Die Knochen klapperten unter seinen Füßen, als er aus dem Haufen stolperte, der wahrscheinlich auch Blacks Überreste enthielt, aber selbst als er sie hinter sich gelassen hatte, wurde der Boden nicht ebener.

Er befand sich in etwas, das wie eine natürliche Höhle aussah. Übersät mit Stalagmiten und Felsbrocken verschiedenster Größe, die etwa zwanzig Meter vor ihm in der Dunkelheit verschwanden. Wenn er nicht wie ein verdammter Geist geglüht hätte, hätte er sich mit dem wenigen Licht begnügen müssen, das sein Zauberstab hätte bieten können. Jetzt aber ließ jede seiner Bewegungen Schatten über die Wände tanzen, die ihn immer wieder herumwirbeln ließen, weil er dachte, der Dementor würde ihn wieder angreifen.

Er wird dich nicht angreifen. Und selbst wenn er es versucht, wird er dich nicht erwischen. Hör auf, über ihn nachzudenken.

Leichter gesagt als getan. Seinen Zauberstab fest umklammert, suchte Severus nach einem Weg durch all die Hindernisse, die ihm den Weg versperrten, duckte sich unter mächtigen Stalaktiten und zwängte sich absichtlich durch winzige Lücken, durch die der Dementor ihm nicht hätte folgen können sollen – und doch tat er es, es war unglaublich.

Du musst nach rechts gehen, riss sein zukünftiges Ich ihn aus seinen Grübeleien, als sich der niedrige Gang vor ihm teilte.

Severus blieb stehen und suchte nach einem Weg um einen riesigen Trümmerhaufen herum – und beschloss, über ihn zu fliegen. Er kollidierte jedoch fast mit einem Stalaktiten und glitt vorsichtig zurück auf den Boden. Diese Umgebung war nicht zum Fliegen geeignet.

In der nächsten Höhle, begann sein älteres Ich, als Severus sich wieder in Bewegung setzte, musst du dich um die Feenlichter kümmern.

Feenlichter?, wiederholte er.

So habe ich sie in meinen Notizen genannt. Ich weiß nicht, was sie sind, ich habe sie in keinem Buch gefunden. Aber sie scheinen eine Art Wesen zu sein, das in der Luft hängt und glüht, harmlos, solange du sie in Ruhe lässt. Wenn du ihnen zu nahe kommst, werden sie dich allerdings stechen. Und wenn sie dich stechen, fängst du an zu halluzinieren.

Reizend …

Keuchend kletterte Severus weiter, umgeben von dem Patronus-Licht und dem schwachen Geräusch von tropfendem Wasser hinter dem Klappern der Steinen unter seinen Füßen, und wurde hin und wieder von einem weiteren Zischen des Dementors hinter ihm aufgeschreckt. Jetzt, da der anfängliche Adrenalinstoß nachließ, kroch das dumpfe Gefühl, aller guten Dinge beraubt worden zu sein, langsam in seinen Körper. Wie ein Gift, das seine vernichtenden Ranken in jede einzelne Zelle streckte. Er begann zu okkludieren, so wie er es immer getan hatte – so wie er gehofft hatte, es nie wieder tun zu müssen.

Sein zukünftiges Ich sagte nichts dazu, während Severus sich langsam durch den Tunnel arbeitete. Schweißperlen blühten auf seiner Stirn und seine Hände waren bald mit kleinen Schnitten und Kratzern übersät. Du hättest mir sagen können, dass ich Diptam mitnehmen soll …

Habe ich vergessen, tut mir leid.

Hm.

Dann erreichte er die nächste Höhle und ja, was auch immer es war, das da träge in die Luft hing, Feenlichter beschrieb es ziemlich gut. Winzige glühende Punkte von irgendetwas, eine Schicht aus grünem Licht, die die Höhle in ein Darüber und ein Darunter teilte.

Du musst unter ihnen hindurchkriechen.

Was du nicht sagst …, erwiderte Severus mit einem Schnalzen und schob seinen Zauberstab in den Hemdsärmel, bevor er sich hinhockte und begann, die Höhle zu durchqueren. Wie viele dieser Höhlen gibt es?

Vier.

Seine Augenbrauen zuckten. Was kommt da noch?

Ich werde es dir sagen, wenn du dort bist.

Er schnaubte. Angst, ich könnte umdrehen und wieder gehen? Aber er bekam keine Antwort auf diese Frage. War das ein Ja oder bloß ein Gedanke, den sein älteres Ich für so abwegig hielt, dass er ihn nicht mit einer Antwort würdigen wollte?

Was auch immer es war, Severus atmete erleichtert auf, als die Feenlichter hinter ihm lagen. Er kräuselte jedoch die Oberlippe, als er den Dementor durch sie hindurchwalzen sah, gerade so als würden sie nicht existieren. Sein schwarzer Umhang schob sie rücksichtslos aus dem Weg und erst als er etwa einen Meter vor Severus innehielt, bemerkte der die Unruhe, die diese Ignoranz unter den winzigen Kreaturen auslöste. Sie begannen heller zu leuchten, schwirrten um den Dementor herum, rotteten sich um ihn zusammen wie ein Bienenschwarm und versuchten ihn zu stechen, griffen ihn regelrecht an. Aber der Dementor blieb unbeeindruckt.

Weiter, erinnerte ihn sein älteres Ich und Severus riss sich los von dem Anblick, um den nächsten Tunnel zu betreten.

Absolute Dunkelheit.

Es war beunruhigend, darauf zuzugehen, wie Severus nach ein paar Minuten feststellte. Als er sich der Höhle hinter ihm genähert hatte, hatte es bereits einen fernen Schimmer von … nun, nicht gerade Licht gegeben, aber es war auch keine absolute Dunkelheit gewesen. Er hatte die Silhouetten einiger Stalaktiten und Stalagmiten ausmachen können, er hatte eine gewisse Zuversicht gehabt, dass da tatsächlich etwas vor ihm war.

Jetzt aber könnte er genauso gut direkt auf einen Abgrund zugehen und er würde ihn wahrscheinlich erst bemerken, wenn er sich vor ihm auftat.

Es gibt keinen Abgrund, sagte sein älteres Ich beinahe sanft, gerade so, als würde er verstehen, was Severus meinte.

Und vielleicht tat er das auch. Immerhin war er diesen Weg schon vor ihm gegangen.

Nun, technisch gesehen nach ihm, aber …

Ugh, Zeitmagie.

Er erhielt ein Grunzen als Antwort.

Wie lange bin ich schon hier?, fragte Severus, als er glaubte, die Öffnung zur nächsten Höhle vor sich erkennen zu können.

Etwa fünfundzwanzig Minuten.

Verdammt.

Die Feenlichter hatten ihn viel Zeit gekostet, also beschleunigte er seine Schritte.

Sei vorsichtig, meldete sich schließlich die Stimme in seinem Kopf, als er sich dem Eingang näherte, die nächste Höhle wird zu vibrieren beginnen, wenn du sie betrittst. Behalte die Stalaktiten im Auge.

Severus seufzte. Mache ich, murmelte er und ging weiter. Bevor er jedoch den ersten Schritt in die Höhle tat, griff er nach einem Stalagnat, der säulenartigen Variante eines miteinander verschmolzenen Stalagmiten und Stalaktiten, und suchte nach Halt, bis er ein Gefühl dafür bekam, wie stark die Höhle vibrieren würde.

Und er war froh, dass er das getan hatte.

„Heilige Scheiße", murmelte er, als der Boden zu wackeln begann. Als wäre er direkt in ein Erdbeben hineingestolpert.

Ich habe dir gesagt, du sollst die Stalaktiten im Auge behalten …

Klugscheißer.

Jetzt noch abgelenkter durch die sich bewegenden Schatten an den Höhlenwänden, schlängelte Severus sich langsam von einem Stalagmiten zu einem Felsbrocken zu einem besonders großen Stalaktiten – der allerdings so heftig vibrierte, dass er die Spitze schnell wieder losließ und versuchte, sich mit weit ausgebreiteten Armen auszubalancieren.

Er zuckte zusammen, als es hinter ihm krachte.

Und wich vor dem Dementor zurück, der wie das Echo einer miesen Entscheidung hinter ihm schwebte, blickte an seiner schwarzen Gestalt vorbei und versuchte zu erkennen, was geschehen war.

Du hast keine Zeit dafür!

Aber ich muss hier auch irgendwie wieder rauskommen!

Darum kümmern wir uns, wenn es so weit ist. Beeile dich!

Severus grollte, aber vermutlich hatte sein älteres Ich recht. Er warf einen letzten Blick auf die schattige Kapuze des Dementors und wankte weiter, wobei er versuchte, seine Augen auf den Ausgang der Höhle zu richten. Er würde nicht sterben, indem er sich auf einen Stalagmiten aufspießte, er würde nicht sterben, indem er sich auf einen Stalagmiten aufspießte, er würde – nicht – hier – sterben!

Und so war es. Aber in dem Moment, in dem er den Fuß wieder auf ruhigen Boden setzte, atmete er erleichtert auf.

Trotzdem kam ihm das alles zu leicht vor, wenn man bedachte, welche Macht das Buch hatte, das er zu finden hoffte. Zugegeben, ohne den flüssigen Patronus wäre er in dem Moment tot gewesen, in dem er durch den Schleier getreten war, aber abgesehen davon … Er wurde das Gefühl nicht los, dass noch mehr auf ihn zukommen würde, während er den nächsten Tunnel durchquerte. Und er hatte Angst, dass es noch mehr sein könnte, als selbst sein älteres Ich wusste. Immerhin hatte er nicht versucht, dieses Höhlensystem mit dem Buch zu verlassen …

Geh nach links, sagte die Stimme in seinem Kopf, noch bevor Severus die Weggabelung erkennen konnte, und ignorierte völlig, worüber der nachgedacht hatte. Dabei waren seine Gedanken deutlich genug gewesen, dass er sie gehört haben musste.

Aber für sein älteres Ich stand eine Menge auf dem Spiel und Severus kannte sich; er neigte dazu, den Preis einer Mission zu ignorieren, wenn der Einsatz hoch genug war. Und obwohl er derjenige sein könnte, der diesen Preis zu zahlen hatte, fand er Trost in der Tatsache, dass er sich offenbar nicht völlig verändert hatte.

Was kommt als Nächstes?, fragte er ein paar Minuten später.

Ein Labyrinth. Du kannst darüber fliegen, aber pass auf -

- die Stalaktiten auf, ich weiß.

Zu einfach, das alles, genau wie er gesagt hatte.

Wir werden uns um mögliche Probleme kümmern, wenn wir damit konfrontiert sind, sagte sein älteres Ich wieder.

Sicher …

Danach schaltete Severus seinen Verstand aus, griff auf etwas Okklumentik zurück, um das ungute Gefühl in seiner Magengrube in Schach zu halten, und tat, was ihm gesagt wurde.

Das Labyrinth füllte eine riesige Höhle, die größte, die er bisher durchquert hatte, und glücklicherweise auch die höchste. Er hatte tatsächlich genug Platz, um darüber zu fliegen, ohne Gefahr zu laufen, den Stalaktiten in die Quere zu kommen, und so konnte er etwas Zeit aufholen.

Er eilte durch den nächsten Tunnel und konnte den Dementor hinter sich, die zuckenden Schatten an den Wänden und das Echo der Steine, die unter ihm über den Boden klapperten, mehr und mehr ignorieren. Er begann sogar, ein klein wenig optimistischer zu sein – bis …

Achtung, in der nächste Höhle ist -

Ist das ein DRACHE?!

Das wollte ich gerade sagen.

Severus erstarrte, schwerer atmend als üblich, und ließ seinen Blick über das riesige Geschöpf schweifen, das sich vor dem nächsten Durchgang zusammengerollt hatte. Es war eine Rasse, die er nicht kannte; soweit er wusste, gab es auf der anderen Seite des Schleiers keine so große Drachenrasse wie diese. Und er war nicht nur riesig, sondern seine Schuppen schienen auch keine Farbe zu haben, zumindest im bläulichen Licht des Flüssigen Patronus.

Meine Damen und Herren, das Zaubereiministerium! Missbraucht Drachen seit dem Mittelalter.

Trotz der Bitterkeit dieser Situation, schnaubte sein älteres Ich.

Severus schüttelte den Kopf, unfähig, den Blick von der mächtigen Kreatur abzuwenden. Er wollte wirklich nicht gegen diese Bestie kämpfen müssen. Gut, dass sie schlief.

Er ist vermutlich nur hier, um den Dementor daran zu hindern, das Buch zu kriegen, sagte die Stimme in seinem Kopf, Dementoren haben genug Bewusstsein, um es zu benutzen, und da es das Buch allen Wissens ist -

- könnte er es benutzen, um den Schleier zu durchqueren.

Exakt. Als der Dementor mir hierher gefolgt ist, ist er zurückgeblieben, als er den Drachen bemerkt hat. Er scheint Angst vor ihm zu haben.

Severus sah sich um, aber der Dementor war immer noch etwa drei Meter hinter ihm. Er hatte die Höhle allerdings noch nicht betreten, also möglicherweise hatte sein älteres Ich recht. Warum bist du so sicher, dass der Drache nicht auch hier ist, um das Buch vor mir zu schützen?

Weil er nicht aufgewacht ist, als ich über ihn geklettert bin.

Nun, es gab kein Buch mehr zu beschützen …

Touché, murmelte sein älteres Ich. Sei vorsichtig.

Worauf du wetten kannst. Er war auch nicht scharf darauf, im Maul eines Drachens zu sterben.

Severus nutzte erneut seine Fähigkeit zu fliegen und schwebte näher heran, ohne ein Geräusch zu verursachen. Aber der Spalt, den der gekrümmte Rücken des Drachens offen ließ, um in den Gang dahinter zu gelangen, war zu klein, als dass er ihn im Flug hätte nehmen können. Er würde sich hindurchzwängen müssen. Ich hoffe, er hält mich für einen Käfer …

Sein älteres Ich antwortete nicht. Severus atmete langsam aus und bereitete sich im Geiste darauf vor, so nah wie möglich an der Lücke zu landen.

Doch bevor er das tat, sah er sich noch einmal nach dem Dementor um – und konnte ihn tatsächlich nicht mehr sehen. Er verschmolz völlig mit der Dunkelheit hinter Severus. Ich wusste nicht, dass sie Angst vor Drachen haben …

Ich auch nicht. Geh jetzt!

Die Schuppen des Drachens waren hart unter Severus' Füßen, fast so, als würde er auf einen uneben gefliesten Boden treten. Die Hörner, die den Rücken des Drachen hinunterliefen, waren ihm glücklicherweise nicht im Weg, aber der Körper, der sich mit jedem Atemzug des schlafenden Riesen langsam hob und senkte, blockierte regelmäßig den Spalt. Er würde zerquetscht werden, wenn er nicht schnell genug durchkam.

Severus kräuselte seine Oberlippe. Er hatte ungefähr … Er stand still und hielt seinen eigenen Atem an, während er die Sekunden zählte, die der Drache für einen vollen Atemzyklus brauchte.

Zehn Sekunden.

„Verdammt …", murmelte er.

Wir haben schon schlechtere Chancen gehabt.

Solange du nicht derjenige bist, der es zu tun hat, halt den Mund!

Überraschenderweise folge sein älteres Ich diesem Befehl und Severus schnalzte mit der Zunge, bevor er darauf wartete, dass der Drache ausatmete, und …

… schon mit den Füßen voran in den Spalt schlüpfte, bevor er fertig war damit, um sich noch ein oder zwei Sekunden mehr zu stehlen.

Als der erste Schwung seiner Bewegung nachließ, begannen die Schuppen jedoch an seiner Kleidung zu zerren. „Schlechtes Timing", keuchte Severus, als sein Hemd an einer hängenblieb. Er war schon halb durch den Spalt und die Wölbung des Tunneleingangs lag direkt an seinem Brustkorb an.

Er zappelte und wand sich, griff mit den Händen in den Tunnel und zog sich weiter hindurch, als er spürte, wie der Drache wieder einzuatmen begann und den Spalt augenblicklich verengte. „Fuck, fuck, fuck", flüsterte er. Sein Herz trommelte gegen die Rippen, die bald zerquetscht und in seine Lungen getrieben werden würden wenn nicht -

Da! Der rettende Riss.

Severus schrie auf, als er plötzlich frei kam und auf der anderen Seite des Drachens abrutschte, sich das Gesicht an der Decke des Tunnels aufschürfte und etwa fünf Meter in die Tiefe stürzte.

Wenn er es nicht geschafft hätte, sich rechtzeitig im Flug abzufangen, wäre er doch auf einem verdammten Stalagmiten gelandet!

„Scheiße!", rief er und betastete die verletzte Seite seines Gesichts, die schmerzte, als hätte man ihm die Haut vom Schädel gerissen. Aber obwohl seine Hand blutig war, als er sie ins Licht hielt, schien er nicht gefährlich verletzt zu sein.

Er stöhnte, glitt vorsichtig zurück auf den Boden und drehte sich um, um zu Atem zu kommen.

Ich hasse dich, dachte er.

Aber er bekam keine Antwort.

Nach etwa einer Minute, die er brauchte, um sich wieder zu sammeln, blickte er zurück zum Drachen. Er hatte nicht einmal gezuckt, geschweige denn sich bewegt. Offenbar hatte er nichts von dem bemerkt, was Severus getan hatte.

Ich habe dir gesagt, dass er nicht deinetwegen hier ist.

Ja, knirschte Severus, jetzt ist er es nicht! Ich will nicht sehen, was es macht, wenn ich das Buch habe.

Bevor sein älteres Ich ihn noch einmal daran erinnern konnte, dass sie sich um diese Probleme kümmern würden, falls dazu kommen sollte, lief Severus wieder los und bahnte sich einen Weg durch Felsen verschiedenster Formen und Größen, immer noch mit seinem schmerzenden Gesicht und dem Blut, das an seinem Kinn heruntertropfte, beschäftigt, als er bemerkte, dass sich etwas veränderte.

Er erstarrte. Die Stille … war keine Stille mehr. Und er meinte nicht das Tropfen des Wassers, das ihn verfolgte, seit er dieses Höhlensystem betreten hatte, sondern …

Es ist der Wirbelsturm.

Der was?!

Sein älteres Ich seufzte. Das Buch liegt auf einer Art Altar, der von einem Wirbelsturm geschützt wird. Der Altar befindet sich in der Mitte, direkt im Auge des Sturms.

Severus schloss kurz die Augen, dann griff er sich an die Nasenwurzel (und zischte, als er die Wunden berührte), atmete langsam aus. Ich … hasse dich, dachte er wieder.

Aber jetzt war er zu weit gekommen, um aufzugeben, oder?

Außerdem würde er es sich nie verzeihen, wenn er älter wurde und in den Schuhen seines älteren Ichs steckte.

Ich danke dir.

Halt die Klappe.

Je näher er der offenbar letzten Höhle kam, desto mehr verließ ihn jedoch der Mut. Das anfängliche Rauschen wuchs zu einem donnernden Dröhnen an, das durch das Echo an den Höhlenwänden noch verstärkt wurde. Es gab keine Stalaktiten oder Stalagmiten mehr, er vermutete sogar, dass die Höhle selbst seit der Installation des Wirbelsturms gewachsen und ausgehöhlt worden war. Sie war jetzt groß genug, um das gesamte Schloss Hogwarts darin unterzubringen.

Was er abschätzen konnte, weil sie von Blitzen erhellt wurde, die in rascher Folge durch den wilden Sturm zuckten.

„Heiliger Hippogreif …", murmelte Severus und hob den Arm, um seine Augen vor dem feinen Sand zu schützen, der in seine Richtung gewirbelt wurde. Der Sand stach jedoch in seinen Wunden und so beschwor er einen Schildzauber herauf. Irgendwelche Tipps, Mr Klugscheißer?

Ich habe Incarcerus benutzt, um ein Seil um den Altar zu wickeln. Du musst es nur packen, bevor es im Wirbelsturm verschwindet.

Klingt besser als alles, das mir einfällt … Was nichts war.

Also näherte sich Severus vorsichtig dem Sturm, geschützt durch den Schildzauber, der ihn hoffentlich auch vor den Blitzen und den Steinchen schützen würde, die der Sturm wie Gewehrkugeln umherschleuderte. Aber wenn man bedachte, dass sich Magie nicht so sehr von Elektrizität unterschied, war das vielleicht sein geringstes Problem.

Als die Wucht des Windes so stark wurde, dass er sich dagegenstemmen musste, hielt Severus an. Das muss ein sehr langes Seil sein, stellte er fest. Mindestens zwanzig Meter trennten ihn vom Sturm und dieses Ungetüm schien einen Durchmesser von etwa fünfzig weiteren Metern zu haben. Aber da sein älteres Ich den gleichen Weg gewählt hatte, musste es wohl irgendwie funktionieren.

Incarcerus!", brüllte Severus, immer noch unhörbar gegen das Dröhnen des Sturms, und ein Seil schoss aus der Spitze seines Zauberstabs. Er starrte es an, die linke Hand bereit, es zu ergreifen, sobald es abriss, aber bevor es dazu kam, sah er, dass das Seil in den Wirbelsturm gezogen wurde und verschwand.

Versuch es näher am Boden.

Er kräuselte die Lippen, dann hockte er sich hin und schätzte grob das Zentrum des Sturms ab, um hoffentlich den Altar zu treffen, der sich in der Mitte befinden sollte. „Incarcerus!", murmelte er erneut, ohne sich nochmal die Mühe zu machen, seine Stimme zu erheben. Das Seil schoss heraus, flog direkt in den Sturm – und wurde wieder weggerissen. „Verdammt noch mal."

Der Sturm scheint sich in den letzten Jahren abgeschwächt zu haben, so schwer war es für mich nicht …

Das hilft mir nicht!

Severus schnaubte bitter. Was für eine dumme, dumme Idee, hierher zu kommen! Nur wegen -

Er beendete den Gedanken mit einem scharfen Atemstoß durch seine Nase und erinnerte sich daran, dass er sofort dasselbe getan hätte, wenn es darum gegangen wäre, Lily zu retten.

Und wer auch immer es war, die er schließlich heiraten würde, sie würde ihm wahrscheinlich genauso wichtig sein, wie Lily es gewesen war.

Ich brauche einen anderen Ansatz, entschied er schließlich und stemmte die Hände in die Hüften. Er musste näher heran, damit das Seil einen stärkeren Impuls nach vorne bekam, wenn es auf den Sturm traf.

Also legte er sich hin und kroch näher an den Sturm heran, hielt erst inne, als der Wind ihn herumzuwirbeln und gegen die Höhlenwand zu schleudern drohte. Er blickte auf seine Füße zurück, zog die Beine so dicht wie möglich an seinen Körper und fixierte sie mit einem Haftzauber am Boden, bevor er die winzige Distanz, die ihm das Ausstrecken seiner Beine verschaffte, näher an den Sturm heran rutschte. Er musste einen weiteren Haftzauber auf seinen Oberkörper anwenden, um mit seinem Zauberstab hantieren zu können.

Als er sich endlich in seiner endgültigen Position befand, keuchte er, sowohl von der Anstrengung als auch vom Wind, der ihm den Atem raubte und die Luft so heftig in die Nase drückte, dass er das Gefühl hatte, zu ersticken.

Kopfblasen-Zauber, erinnerte sein älteres Ich ihn, ein beruhigend klarer Klang in dieser ohrenbetäubenden Umgebung.

Und eine Stimme der Vernunft, denn an den hatte Severus tatsächlich nicht gedacht. Er atmete erleichtert auf, als er wieder in der Lage war, es zu tun.

Okay, nächster Versuch ..., dachte er und richtete seinen Zauberstab in die tosende Luft, die mit so viel Staub und Sand gefüllt war, dass er den Altar im Auge des Sturms immer noch nicht ausmachen konnte. „Incarcerus!"

Das Seil schoss aus der Spitze seines Zauberstabs und diesmal schien das Momentum auszureichen, um es durch die Wand aus Zorn zu tragen. Severus starrte es an, seine freie Hand schwebte etwa einen halben Zentimeter darüber, bereit, es zu greifen.

Und es funktionierte tatsächlich!

Das Seil glitt zwar an seinen Fingern entlang und schürfte seine Haut auf, bevor er es zu fassen bekam, aber dann zog es sich straff und Severus konnte es einmal um seine Hand wickeln und festhalten, um es magisch am Boden zu fixieren.

Jetzt hätte er einen dieser blöden Stalagmiten gebrauchen können …

Bleib unten, riet sein älteres Ich, als das Seil befestigt war.

Und ich wollte gerade aufstehen … Severus stöhnte und packte das Seil, bevor er die Haftzauber aufhob, die ihn am Boden festhielten.

Der Sturm riss seinen Körper augenblicklich zur Seite, Severus hatte gerade noch genug Zeit, seinen Zauberstab wegzustecken. Dann hielt er sich auch mit der anderen Hand fest und bahnte sich langsam seinen Weg am Seil entlang, hoffend – und betend! – dass alle seine Zauber an Ort und Stelle bleiben würden, bis er das Auge des Sturms erreicht hatte.

Die Kräfte, die an seinem Körper zerrten, waren unbeschreiblich. Wie körperlich gewordene Wut. Überall um ihn herum zuckten Blitze, die zwar von seinem Schildzauber reflektiert wurden, aber ohne den Kopfblasen-Zauber wäre er innerhalb einer Minute tot gewesen. Sand und Staub wurden in den Kragen seines Hemdes geweht, sammelten sich an seinem Hosenbund, juckten und sickerten langsam in seine Hose, das Heulen schmerzte in seinen Ohren und es fühlte sich endlos an, durch diese Wand aus Wut zu kommen.

Seine Hände waren steif, als er endlich auf der anderen Seite ankam. Er blieb auf dem Boden liegen, schwitzend und keuchend.

Sieh nach dem Buch!

Gib mir eine Minute … Severus kräuselte die Lippen und hörte das Grunzen der Frustration, das durch zehn bis zwölf Jahre Zeit zu ihm hallte.

Dann gab er sich einen mentalen Ruck und kroch aus der unmittelbaren Nähe des Sturms weg, bis er es wagte, das Seil loszulassen und aufzustehen.

Und da war er. Der Altar.

Und auf ihm ein uralt aussehendes Buch.

Oh, Merlin sei Dank! Die Stimme seines älteren Ichs klang beinahe wie ein Schluchzen in seinem Kopf.

Severus schnaufte erschöpft, sein zerrissenes Hemd flatterte in der Zugluft. Vorsichtig näherte er sich dem Buch, strich zögernd mit dem Finger über den blutroten Einband – und als nichts geschah, als das Buch nicht nach ihm schnappte, die Höhle nicht zusammenzubrechen begann und der Sturm unbeirrt weiterheulte, öffnete er es.

Was tust du?, fragte sein älteres Ich misstrauisch.

Ich teste das Ding. Wenn es wirklich das Buch allen Wissens ist, wird es mir einen Weg zeigen, diesen verdammten Sturm abzuschalten, denn ich werde dieses Scheißding nicht noch einmal durchqueren!

Er glaubte, sein älteres Ich stöhnen zu hören, aber es widersprach nicht, also machte Severus weiter.

Er blätterte durch die ersten Seiten – nur um festzustellen, dass sie leer waren. „Was zum …" Doch dann schlug er das Buch ganz auf, legte seine freie Hand auf das gelblichen Papier und … plötzlich erblühte Schrift auf der ganzen Seite. „Das ist es, was ich sehen wollte …"

Du kannst den Sturm also abschalten?

Er überflog den Text, sein Blick sprang von einem Schlagwort zum anderen. Und wie ich das kann!, stellte er schließlich selbstgefällig fest.

Mit einem zufriedenen Feixen auf dem Gesicht zog Severus seinen Zauberstab aus der Tasche und begann, den Anweisungen des Buches zu folgen. Er hatte noch nie von so komplexer und alter Magie gehört und es fühlte sich seltsam an, sie zu nutzen, als wäre sein Körper nicht an die Art von Macht gewöhnt, die der Zauber ansprach. Aber es funktionierte. Der Wind ließ nach, der Wirbel wurde langsamer und schließlich kehrte Stille in der Höhle ein.

Wow, murmelte sein älteres Ich.

„In der Tat …" Severus sah sich um, konnte aber nicht viel erkennen, jetzt, da die Blitze verschwunden waren. Nachdem er eine gefühlte Ewigkeit in dieser donnernden Umgebung verbracht hatte -

Es waren nur zwanzig Minuten, hör auf zu übertreiben.

- fühlte sich die plötzliche Stille unheimlich und falsch an. Als ob eine einzige Bewegung ausreichen würde, dass die Hölle ausbrach.

Aber als er das Buch in die Hand nahm und dann seinen ersten Schritt tat, brach nichts aus.

Merlin sei Dank wusste der dunkle Lord nichts von diesem Ding …

Das kannst du laut sagen, kommentierte sein älteres Ich. Los! Die Zeit rennt.

Severus kehrte zum Ausgang der Höhle zurück und war zum ersten Mal, seit er hierher gekommen war, in der Lage zu laufen. Dort blieb er jedoch stehen und schlug das Buch wieder auf.

Was jetzt?!

Ich muss meine Hände heilen, du Idiot! Er kannte keinen wirksamen Zauber, um Wunden zu heilen. Wunden reinigen, ja, aber zum Heilen brauchte man immer entweder Diptam- oder Murtlap-Essenz. Nun jedoch hielt er eine Art Wunderlampe in genau den Händen, die er heilen wollte, und anscheinend hatte es einmal einen Zauberspruch gegeben – denn das Buch kannte ihn. „Faszinierend …", murmelte Severus, als er den Zauber auf seiner linken Hand anwandte und die Schnitte und Kratzer fast vollständig verschwanden. Es war nicht perfekt, aber eine enorme Verbesserung, also wiederholte er den Vorgang zuerst mit seiner rechten Hand und schließlich mit seinem Gesicht.

Bist du jetzt fertig?!

Beruhige dich! Damit wird es ein Kinderspiel sein, hier herauszukommen.

Ach, wird es das?

Oh, sei still!, murmelte Severus, der im Moment einfach zu enthusiastisch war, um an sein vorheriges mieses Gefühl denken zu wollen. Er brauchte nur diesen einen Moment, in dem er wirklich glauben konnte, dass er das hier tatsächlich überleben würde. Wie viel Zeit habe ich noch?

Etwa fünfzig Minuten. Du solltest dich besser beeilen.

Dem konnte er nicht widersprechen.

Doch bevor er die letzte Höhle hinter sich ließ, hörte Severus ein Flüstern, das ihn dazu veranlasste, sich umzudrehen. Für den Bruchteil einer Sekunde war er überzeugt, dass nun doch noch die Hölle ausbrechen würde.

Aber nein. Das Flüstern war ein winziger Luftzug, der den Ring aus Staub aufwirbelte, den der Wirbelsturm hinterlassen hatte und in dem seine Fußspuren vom Altar weg, aber nicht zu ihm hin führten. Jetzt begannen winzige Staubkörnchen, glitzernd im sanften Patronus-Licht, wieder durch die Luft zu tanzen.

Der Wirbelsturm beruhigt sich nicht, bis ich herkomme, stellte sein älteres Ich erstaunt fest, er hat sich noch nicht wieder vollständig aufgebaut, nachdem du ihn abgeschaltet hast.

Severus zuckte mit den Augenbrauen. Gern geschehen. Dann ging er los.