Kapitel 6 – Ganz in viktorianischer Manier

Rückblick Fortsetzung:

„Hermione", Severus leckte sich nervös die Lippen. „Ich habe mich gefragt, ob Sie mich ... ob Sie in Erwägung ziehen würden … oh, zum Teufel." Ohne Vorwarnung umfasste Severus Hermiones Gesicht und küsste sie.

Einen Augenblick lang stand Hermione stocksteif, unsicher, was passierte. Als ihr klar wurde, was es war, ging sie voller Enthusiasmus darauf ein! Für einige Minuten (oder waren es Stunden?) ließ sich das Paar von seinen Emotionen überspülen, der Kuss wurde intensiver und zuversichtlicher. Hände fühlten Gesichter, kämmten durch Haar, drückten Schultern und legten sich schließlich um den anderen, um einander näher heranzuziehen. Als der Kuss schließlich vorüber war, zogen sie sich voneinander zurück, um sich mit einem scheuen Lächeln auf den Gesichtern anzusehen.

„Was wolltest du mich fragen, Severus?", fragte Hermione, während sie an Severus' zerknitterter Robe herumstrich.

„Ich habe mich gefragt, ob du mich dir den Hof machen lässt?"

Hermione hörte auf und sah zu dem Zauberer auf. „Du … du willst mir den Hof machen? Du meinst, wie in viktorianischer Zeit, als ein Mann üblicherweise einer Frau den Hof machte in der Absicht, sie letztlich …"

„Ja, Hermione, wenn du es mir erlaubst. Ich bin kein Mann, der die Dinge des Herzens leicht nimmt. Du weißt, mit welcher Tiefe ich jemanden lieben kann. Wenn ich dir den Hof mache, und du es erlaubst, habe ich vor, dies bis zum natürlichen Ende durchzuziehen."

„Sagst du, dass du mich liebst?" Im Mondlicht glitzerten Hermiones Augen.

„Ich sage, dass ich anfange, dich mehr als eine Freundin gern zu haben. Ich möchte dir den Hof machen in der Absicht, dass wir uns irgendwann … lieben."

Hermione dachte einen Moment nach und stellte sich dann auf die Zehen, um ihn erneut zu küssen. „Sir, Sie dürfen mir den Hof machen. Sie dürfen mir in Ihrer ganzen viktorianischen Art den Hof machen." Sie lächelte breit, als sie seine Augen aufblitzen und eine Lippe auf eine Weise zucken sah, die man als Lächeln hätte auslegen können.

„Sehr gut dann", sagte er und küsste sie auf den Scheitel. „Vielleicht sollten wir wieder auf der Party erscheinen, ehe die Weasleys und Potter einen Suchtrupp zusammenstellen, da sie sicher denken, dass ich dich inzwischen zu eingelegten Tränkezutaten verarbeitet habe."

Hermione stieß ein Kichern aus. „Wer's glaubt!", dann wurde sie ernst. „Severus, sagen wir es ihnen?"

„Das kannst du machen, wie du möchtest. Ich schäme mich nicht, auch wenn du weißt, dass ich ein zurückhaltender Mann bin, und ich würde es wahrscheinlich vorziehen, dass keine lautstarken Bekanntmachungen gemacht werden."

„Nun denn, lass uns ein wenig slytherin'sche Gerissenheit nehmen und sehen, wie lange alle brauchen, um es zu bemerken." Hermione grinste boshaft, dann streckte sie die Hand nach ihm aus. Hand in Hand ging das Paar zurück zum Fuchsbau.

Hermione und Glennis kicherten miteinander, als Hermione ihre Erzählung beendet hatte. Sie plauderten über die ersten Tage von Hermiones und Severus' Liebeswerben, während sie den Tee abräumten. Mit einem Kuss auf ihre Wange und dem Versprechen, am nächsten Tag vorbeizukommen, verließ Glennis ihre Urgroßmutter für den Abend.

Nicht lange danach machte Hermione sich bettfertig. Sie dachte an die Briefe, die sie Glennis am nächsten Tag zeigen wollte. Sie beschloss, ihr die Briefe aus dem Sommer zu zeigen, in dem ihr und Severus' Liebeswerben begonnen hatte, aber als sie sich erinnerte, was sie enthielten, errötete sie und entschied sich dagegen. Nein, ich glaube, diese Briefe behalte ich für mich selbst,dachte sie. Lächelnd glitt Hermione unter die Bettdecke. Sie nahm die Schachtel vom Nachttisch und blätterte sie durch, bis sie diejenigen fand, die von Anfang August 1999 stammten.

8. August 1999

Liebster Severus,

der Morgen dämmert, und ich sitze in der Küche Deines kleinen Hauses. Nach der letzten Nacht ist mir immer noch ein wenig schwindelig.

Ich hatte nie gedacht, dass mein erstes Mal so wundervoll wird. Du warst einfühlsam, liebevoll, zärtlich, und ich kann Dich höhnisch grinsen sehen, während ich dies schreibe! Ernsthaft, es war der großartigste Augenblick meines Lebens. Ich hoffe, es wird noch viele, viele solcher Augenblicke geben. Ich hoffe, dass Du mich lehren kannst, was Dir gefällt, und mir helfen kannst zu lernen, was mir gefällt. Siehst Du jetzt, weshalb ich so hartnäckig eine Wohnung in Glasgow haben wollte? Falls Du denkst, das ich Dich nicht in meinem Bett haben will, wenn ich zur Universität gehe, werde ich Dich bestimmt verhexen!

Ich denke an die Abschlussparty im Fuchsbau zurück, als die Zwillinge uns beim Küssen erwischt haben. Nie zuvor in meinem Leben habe ich so viel Prusten und Geschmunzel erlebt. Wer hätte gedacht, dass man ein Schmunzeln hören kann?

Es tut mir leid, dass es entgegen Deinem Wunsch, keine ‚lautstarken Bekanntmachungen' zu machen, heute Morgen trotzdem auf der Titelseite des Propheten steht. Woher hätten wir wissen sollen, dass Rita Skeeter in ihrer Animagusform ungebeten zur Party gekommen war? Man sollte meinen, Harry Potters Schulabschluss sei die größere Story. Es hat mir die ersten Tage im Fuchsbau gerettet, nachdem Du einfach weg warst. Alle hatten sich ausgerechnet, dass Ron und ich uns verloben würden, aber ernsthaft, wie konnten sie das denken? Ich hätte gedacht, das sich jeder daran erinnert, was an Weihnachten passiert ist, aber anscheinend nicht. Molly schaute mich die ganze Zeit böse an und Ron redete nicht mit mir. Arthur, der gute Kerl, sagte mir, er sei glücklich, dass Du und ich zusammen seien. Nach allem, was Du durchgemacht hast, verdientest Du, glücklich zu sein. Er sagte, dass Ron und ich nie Bestand gehabt hätten; ich brauche jemanden, der mit meinem überaktiven Hirn Schritt halten könne, und Ron wäre dazu nie passend in der Lage gewesen.

Ich höre, dass Du Dich rührst, mein Schatz, daher werde ich dies beenden und zu Dir kommen, damit Du nicht glaubst, Du hättest mich mit Deinen Aktivitäten letzte Nacht vor Angst verjagt … als ob!

In Liebe

Hermione

12. August 1999

Mein Liebstes,

diese letzten paar Tage, die ich damit verbracht habe, Dich nicht nur zu lieben, sondern Tag und Nacht mit Dir zu verbringen, haben mir mehr Freude bereitet, als ich mir je hätte vorstellen können. Dass Du noch immer hier in meinem Haus bist, verblüfft mich, dass Du gerade in meiner Badewanne liegst, begeistert mich. Ich habe vor, mich Dir gleich anzuschließen.

Würdest Du in Erwägung ziehen, den Rest des Sommers mit mir hier in Spinner's End zu verbringen? Ich weiß, dass das Haus niederschmetternd aussieht, aber wenn Du bleiben magst, können wir dieser klapprigen alten Bruchbude vielleicht etwas Leben einhauchen genau wie diesem müden, klapprigen alten Knacker.

Ich musste lachen über die Titelseite des Propheten wegen der Art und Weise, wie wir unsere Beziehung versehentlich bekannt gemacht haben. Was hast Du angestellt, um den Zorn von Ms Skeeter zu erregen? Was die Reaktion gewisser Mitglieder des Weasleyclans betrifft – pah! Ich wusste schon immer, dass Arthur intelligenter ist, als er aussieht. Ich muss eingestehen, dass ich auch einmal gedacht hatte, dass Du und der rotschöpfige Trottel zusammenkommt, und ich freue mich sehr darüber, dass Du auf den großen, dunklen Typ stehst.

Bitte denke über meine Einladung für den Rest des Sommers nach. Wir könnten ein paar Tagesausflüge machen und den Kontinent besuchen, wenn Du möchtest, aber ich wäre genauso damit zufrieden, einfach auf der Terrasse zu sitzen und über alles und jedes zu debattieren, das uns gefällt.

Immer Dein Severus

Hermione legte die Briefe zurück und schob die Schachtel auf die leere Seite des Bettes. Mit einem Seufzen machte sie das Licht aus und drehte sich herum, dabei zog sie Severus' Kissen an sich und drückte es an ihre Brust. Es roch immer noch nach ihm; sie hatte den Bezug noch nicht gewechselt. Auch wenn die Traurigkeit sie in diesem Moment überwältigte, war das Schicksal freundlich, und ihre emotionale Erschöpfung ließ sie schnell einschlafen.

Als Glennis am nächsten Morgen in Hermiones Haus ankam, saß Hermione mit einer Schachtel Briefe und einem Teetablett im Wohnzimmer für sie bereit.

„Hallo, Liebes", sagte Hermione. Als Poe die Stimme seiner Chefin hörte, hüpfte er von seiner Sitzstange auf ihre Schulter. Hermione streichelte seinen Kopf. „Idiotischer Vogel", murmelte sie leise.

„Morgen, Gran. Wie geht es dir?", fragte Glennis und beugte sich vor, um ihre Urgroßmutter auf die Wange zu küssen.

„Mir geht es gut. Setz dich, setz dich; ich habe noch ein paar Briefe, die ich dir zeigen will." Hermione klopfte auf das Sofa und bat Glennis, sich neben sie zu setzen.

„Was willst du mir heute zeigen?"

„Ein paar meiner Briefe aus dem Sommer, als unser Liebeswerben begann, und von der Universität. Dein Urgroßvater und ich bemühten uns sehr, uns so oft wie möglich zwischen meinen Studien und seinen Verpflichtungen in Hogwarts zu sehen. Zu dieser Zeit hatten wir einige Unstimmigkeiten bezüglich unseres Alters. Außerdem fand ich heraus, weshalb er nie wieder Schulleiter werden wollte, und wir feierten unser erstes Weihnachten zusammen."

„Aber wenn ihr im September 1998 anfingt, Briefe zu schreiben, hattet ihr euer erstes Weihnachten nicht schon gehabt?"

„Nun, ja, aber als Freunde. Dies war unser erstes offizielles Weihnachten als Paar."

21. September 1999

Ohne Dich bin ich einsam, liebster Severus.

Es ist ein Jahr her, dass ich Deinen ersten Brief erhalten habe. Es war ein wundervolles Jahr.

Ich habe mich endlich eingerichtet und die ersten paar Wochen Vorlesungen hinter mir. Ich bin jedoch nicht in der Lage, mich zu konzentrieren, und das ist voll und ganz Deine Schuld. Meine Gedanken schweifen in einen faulen August zurück, den ich mit Dir verbracht habe. Ich vermisse unsere Frühstücke bei Sonnenaufgang in Spinner's End. Unsere Debatten, zusammen zu brauen und unsere kleinen Ausflüge, die dazu dienten, dass ich Dich über die steinernen Mauern des Schlosses hinaus kennenlerne, um den Mann jenseits der Fassade des Lehrers zu sehen.

Wenn ich von unseren Debatten rede … Ich lache und lächle immer noch vor mich hin, wenn ich an den einen Abend denke, als wir die Eigenschaften der Mariendistel zum Gerauch in gedächtnisstärkenden Tränken diskutiert haben. Keinem von uns war klar, wie laut wir geworden waren, bis die Polizei kam. Dass die Polizei genau in dem Moment auftauchte, als Du die Schreibfeder, die Du hieltest, in die Distelpflanze verwandeltest, war schlechtes Timing, aber sein Gesichtsausdruck …; Es war jedoch nicht ganz so witzig, dem kurz danach aufgetauchten Auror zu erklären, weshalb Du besagten Polizisten oblivieren musstest.

Meine Vorlesungen laufen gut, und ich habe einige neue Freundschaften geschlossen. Meine Zimmergenossin erinnert mich an Lavender Brown. Alles, was sie will, ist nach dem Unterricht auszugehen, und sie ist sich sicher, dass sie genau den richtigen Kerl für mich kennt, ohne Rücksicht darauf, wie oft ich ihr gesagt habe, dass ich bereits mit jemandem ausgehe. Ein- oder zweimal bin ich einen Pub gegangen, aber es ist nicht dasselbe, wie mit Dir auszugehen, und ich bin nicht lange geblieben.

Ich habe einige Briefe von den Karbunkeln bekommen, die anscheinend ihr Aurorentraining genießen. Deine Briefe bedeuten mir jedoch mehr als jegliche von ihnen.

Liebster, würdest Du bald kommen und mich besuchen? Es tut mir leid, dass ich momentan im Studentenwohnheim lebe, und Du kannst nicht übernachten, aber vielleicht könnten wir einen Film sehen und zusammen zu Abend essen?

Bitte grüße Minerva und die anderen herzlich.

Ich liebe dich, Severus,

Deine Hermione

22. September 1999

Liebe Hermione,

Ms. Brown hatte die bedauerliche Angewohnheit, der Typ Mädchen zu sein, dann, wenn sie etwas mehr als andere wusste – und in ihrem Fall war es alles geistlos –, sich so zu verhalten, als sei sie gutwillig, indem sie gesagtes Wissen weitergab. Deine Zimmergenossin hört sich tatsächlich wie Ms. Brown an.

Dies bringt mich jedoch dazu, etwas zu erwähnen, das mir durch den Kopf gegangen ist und mich zugegebenermaßen für einige Nächte um den Schlaf gebracht hat. Da Du jetzt von Hogwarts weg bist, weg von den Kriegserinnerungen, weg von den Freunden, die Du seit sieben Jahren kennst, weg von mir, wirst Du erkennen, dass Du Dich an einen Mann gebunden hast, der nicht nur 20 Jahre älter ist als Du, sondern bei weitem nicht so attraktiv und sorglos wie die Männer, die Du an der Universität treffen wirst.

Glaubt Deine Zimmergenossen, weil Du kein physisches Zeichen Deiner Bindung trägst, dass Du sie deshalb einfach vergessen kannst? Stellst Du vielleicht fest, dass Du – ohne sonstige romantische Erfahrung, physisch wie emotional außer mit mir – diese Erfahrung jetzt machen möchtest?

Wenn dies der Fall ist, und dies ist, was Du möchtest, dann kläre mich bitte auf. Ich lasse mich nicht für dumm verkaufen, Hermione.

Severus

23. September 1999

Liebster Severus,

wo in meinem Brief hast Du gelesen, dass ich mit einem von den Männern, mit denen meine Zimmergenossin mich verkuppeln will, getanzt habe, ausgegangen oder intim geworden bin? Auch wenn es viele junge Männer hier am GI gibt, die gut aussehen und intelligent sind, sind sie nicht Du.

Ich sehe diese jungen Männer, die versuchen, ein Mädchen anzumachen, und es ist so lustig, dies zu beobachten. Sie fummeln und grapschen. Ich wünschte, ich hätte Dein ruhiges, gelassenes Selbst bei mir, um sie zu beschämen. Zum Beispiel, wenn Du mir ins Ohr flüsterst, um mir etwas Privates zu erzählen, wenn wir in der Öffentlichkeit sind, oder um mir einfach zu sagen, wie sehr Du mich liebst, bewegen Deine Lippen sich kaum, und wenn nicht Dein Atem über mein Ohr striche, wüsste man nicht, dass Du etwas gesagt hast. Dann leckst Du absichtlich so langsam über meine Ohrmuschel, dass ich vor Erwartung bebe. Ich habe beobachtet, wie diese tollpatschigen Idioten dasselbe versuchen, aber sie schreien praktisch ins Ohr des Mädchens, und ich bezweifle, dass da so viel Flüssigkeit involviert sein sollte.

Oh, sicher, diese Kerle sind schlau, und ich habe während einiger Lerneinheiten mit ihnen gesprochen, aber sie reden, ohne zu denken, wiederkäuen, was sie gelesen haben (eine schreckliche Angewohnheit, von der ich dankbar bin, dass Du mir geholfen hast, sie abzulegen). Du kennst mich gut genug, um genau zu wissen, was Du sagen musst, um mich dazu zu bringen, über das Schwarze und Weiße in einem Buch hinauszudenken. Wer sonst würde mit mir über Shakespeare und über Dichter streiten, die schon so lange tot sind, dass sie es nicht in den Unterricht über englisch Poetik schaffen?

Als Du mich um Erlaubnis gebeten hast, mir den Hof zu machen, habe ich verstanden, dass es exklusiv sein würde. Ich nehme meine Verpflichtungen nicht leicht, seien es meine Studien, meine Freundschaften oder meine Liebe.

Bitte beruhige Dich. Ich bin Dein, Severus, mit Leib und Seele. Zweifle nie daran.

Immer Deine Hermione

25. September 1999

Meine Liebste,

Bitte vergib mir; ich war ein Idiot und habe zugelassen, dass meine Gefühle mit mir durchgehen, als ich Deinen letzten Brief beantwortet habe. Ich weiß, dass Du mich liebst, aber der Gedanke, dass irgendein anderer Mann Deine Zeit in Beschlag nimmt, bringt mein Blut in Wallung.

Wann sehen wir uns wieder? Ich vermisse Deinen warmen Körper in meinem Bett und Dein verrücktes Haar am Morgen überall in meinem Gesicht. Ich könnte weiter alles auflisten, was ich im Zusammenhang mit Dir vermisse, aber es würde nichts an der Tatsache ändern, dass Du nicht hier bist bei mir, süßes Mädchen.

Immer Dein Severus

2. Oktober 1999

Mein liebster Severus,

nach einem wundervollen Wochenende, das ich bei Dir in Hogwarts verbracht habe, bin ich wieder zurück in meinem Wohnheimzimmer. Nichts zu tun, war solch ein Genuss, und es mir Dir zu tun noch mehr.

Ich habe über unsere Diskussion bezüglich Deiner Mitwirkung im Krieg nachgedacht. Ich weiß nicht, weshalb ich dies nicht während unseres Gesprächs gefragt habe, aber vielleicht ist es besser, Dich jetzt zu fragen, damit Du Zeit hast, über Deine Antwort nachzudenken, sozusagen ohne in Zugzwang zu geraten. Warum bist Du nicht wieder Schulleiter geworden? Hat man es Dir nicht angeboten? Ich würde verstehen, wenn Du es nicht wolltest; das Jahr war die Hölle für Dich. Außerdem: Weshalb hast Du Tränke statt Verteidigung gegen die Dunklen Künste gewählt? Du wolltest immer VgdDK.

Meine Zimmergenosin ist gerade hereingeplatzt und will jedes Detail über mein Wochenende unterwegs mit meinem mysteriösen Liebhaber wissen. Sie wird kein Jota mehr über das, was ich getan habe, erfahren als dass ich eine gute Zeit hatte. Und Du bist überhaupt kein Mysterium. Vielleicht hat sie die Ausgabe des Propheten verpasst, in der unsere Gesichter nach unserem Trip in die Winkelgasse Mitte August groß auf der Titelseite waren? Alles Hohlköpfe, wie Du sagen würdest.

Eine interessante kleine Neuigkeit hatte sie mitzuteilen. Hier am Glasgow Institut wird ein Weihnachtsball stattfinden. Er wird am 22. Dezember sein. Hättest Du Lust, mich zu begleiten? Ich weiß, dass in Hogwarts dann schon Ferien sind. Bitte lass es mich bald wissen, damit ich eine Übernachtung für Dich organisieren kann. Mir wurde gesagt, dass die hiesigen Hotels schnell ausgebucht sind, wenn in der Schule so eine große Veranstaltung stattfindet.

Ich habe noch eine weitere Frage an Dich (Überraschung!). Ich glaube, dass ich mich jetzt in der Glasgower Gegend genügend auskenne, dass ich gerne nach einer kleinen Wohnung schauen möchte. Mit dem Geld, das ich als Bestandteil des Merlinsordens bekommen habe, kann ich mir leicht etwas leisten. Magst Du mit mir nach Wohnungen suchen, oder vertraust Du mir genug, etwas Passendes zu finden?

Ich muss jetzt ein wenig Stoff wiederholen und mich auf die bevorstehende Woche vorbereiten. Bitte wisse, dass ich oft an Dich denke, meine großartige Kerkerfledermaus.

In Liebe

Hermione

15. Oktober 1999

Meine Liebste,

ich antworte erst jetzt auf Deinen Brief von Anfang Oktober, der sich um meine Gründe drehte, weshalb ich nicht als Schulleiter nach Hogwarts zurückgekehrt bin. Meine Antwort an Dich wurde dadurch stark verzögert, weil Du mich gezwungen hast, über Dinge nachzudenken, an die ich lieber nicht gedacht hätte, aber leider hast Du, meine tapfere kleine Gryffindor, eine Art, mich zu zwingen, mich mit Dingen auseinanderzusetzen, die nur dazu dienen, dass es mir elend geht. Was ist es an Dir, dass ich Dich nicht zurückweisen kann?

Du hast recht in Deiner Annahme, dass mein Jahr als Schulleiter unter den unglaublich wachsamen Augen der Carrows und des Dunklen Lords ein völliger Fehlschlag war. Wenn ich auf dieses Jahr zurückschaue, schäme ich mich vor mir selbst. Ich habe es versucht, Hermione, ich habe es wirklich versucht, die Schüler zu beschützen, so gut ich konnte, aber Miss Weasley, Miss Lovegood und Mr. Longbottom gaben ihr Äußerstes, es mir schwer zu machen, da sie den Eindruck hatten, ich sei ein Todesser, was so war – wie Du weißt –, wie es zu diesem Zeitpunkt sein sollte. Als Schulleiter war es meine heilige Pflicht, die Schüler zu schützen, und jedes Mal, wenn ich sie bestrafen musste, zerriss es mir wieder die Seele. Um mein überwältigendes Schuldgefühl abzufedern, versuchte ich, so oft ich konnte, ihnen Nachsitzen bei Hagrid zu geben, aber die Carrows schickten sie am liebsten zu Filch, der ganz in seinem Element war, da sie ihm freie Hand mit den Bestrafungen gaben.

Nachts konnte ich nicht schlafen. Ich konnte nicht essen. Der Dunkle Lord rief mich zu ungewöhnlichen Zeiten, um seinen Unmut darüber kundzutun, dass Ihr drei noch nicht gefangen wart. Dumbledores Portrait setzte mir ständig zu, Euch zu helfen, die Horkruxe aufzuspüren, ohne mich selbst währenddessen zu verraten. Die Erinnerungen an dieses Jahr verfolgen mich noch immer in meinen Träumen, aber sie sind nicht mehr so erdrückend wie früher. Longbottom kann ich immer noch nicht in die Augen sehen, und da er jetzt Sprouts Lehrling ist, muss ich ihm jeden Tag begegnen. Es ärgert mich, dass ich nicht Manns genug sein kann, mir selbst zu vergeben, obwohl er mir verziehen hat.

Der Posten des Schulleiters ist jetzt in den allerbesten Händen, und ich glaube wirklich nicht, dass er mir jemals wieder angeboten werden wird, zumindest nicht, solange die Erinnerungen daran, was ich als Schulleiter getan habe, noch so frisch in den Köpfen derer sind, die die Stelle anzubieten haben. Ich bin darüber nicht unglücklich, Liebes; die Erinnerungen sind auch für mich noch zu frisch. Nur die Zeit kann diese Wunden heilen, und ich bin nicht sicher, ob ich den Posten je wieder haben möchte.

Weshalb ich Tränke statt VgdDK gewählt habe: Du weißt aus meiner Vorgeschichte, dass ich mich danach gesehnt habe, VgdDK zu unterrichten. Ich wollte die Schüler lehren, sich selbst vor dem aufkommenden Sturm zu verteidigen. Ich wusste, dass der erste Sturz des Dunklen Lords nur vorübergehend sein würde, und wenn ich VgdDK lehren konnte, konnte ich dies als eine Art selbst auferlegter Strafe tun. Jedoch traute mir Dumbledore nur bis zu einem gewissen Grad, und er sagte mir, VgdDK zu lehren stünde außer Frage, und daher unterrichtete ich Tränke. Als der Krieg vorbei war, und Minerva mir die VgdDK-Stelle anbot, war ich von meiner eigenen Reaktion überrascht. Nach einigem Nachdenken lehnte ich die Stelle ab und kehrte zu den Tränken zurück. Ich liebe es sehr zu brauen. Zaubertränke bieten mir ein Entkommen vom Unterrichten. Dies mag Dich überraschen, mein Liebes, ich hasse es zu unterrichten! Nichts wäre mir lieber, aIs ein Geschäft in Hogsmeade zu kaufen, es mit einer großartigen Hexe zu eröffnen, der ich ziemlich zugetan bin, und an ihrer Seite ein einfaches Leben zu führen, in dem ich Tränke an die Massen verkaufe und nebenbei forsche.

Glaubst Du, dass Deine neuen Freunde bereit für mich sind? Ich frage das in Beantwortung Deiner Aufforderung zum Ball, meine süße Prinzessin. Ich würde sehr gerne mit Dir zum Ball gehen. Ich werde arrangieren, dass wir am Blythswood Square übernachten. Meine schöne Prinzessin verdient es, königlich untergebracht zu werdn, wenn sie am Ball teilnimmt, und dies ist das einzige Hotel, dessen Zimmer für Dich fein genug sind, meine Liebe. Bitte lass mich wissen, welche Farbe Dein Kleid haben wird, damit ich sicherstellen kann, dass meine Kleidung dazu passt.

Ich werde Dir gerne bei der Suche nach einer Wohnung helfen. Da ich in besagter Wohnung ebenfalls Zeit verbringen werde, würde ich bei der Auswahl gerne mitreden. Ich werde Dich außerdem gerne bei der Bezahlung der Miete unterstützen, damit wir bekommen, was wir wollen und uns nicht mit dem begnügen müssen, was Du Dir leisten kannst.

Ich vermisse Dich sehr, Hermione. Der Gedanke, dass Du mich willst und mich liebst, ist manchmal überwältigend; er lässt mich zu zweifeln anfangen, ob dies alles Realität ist. Bitte hab Geduld mit mir, Hermione. Du weißt, wie leicht mein Selbstwertgefühl zerstört werden kann. Ich weiß, dass Du mich liebst, aber gelegentlich macht die Distanz zwischen uns mich unsicher. Ich will immer mit Dir zusammen sein, aber leider stehen mein Job und Deine Ausbildung dem derzeit gerade im Wege. Ich muss mehr Geduld lernen! Ja, ich, derjenige, der so lange auf seine kleine Besserwisserin gewartet hat, braucht mehr Geduld!

Immer Dein Severus

17. Oktober 1999

Liebster Severus,

danke für Deine Ehrlichkeit bei der Beantwortung meiner Frage wegen der Stelle des Schulleiters und Deiner Wahl von Tränken gegenüber VgdDK. Wenn ich könnte, würde ich in der Zeit zurückgehen und alles so verändern, dass Du diese Erinnerungen nicht ertragen müsstest. Leider würde die Vergangenheit zu ändern bedeuten, die Zukunft zu verändern, und ich wäre jetzt nicht mit meinem lieben Severus zusammen. Wisse einfach, dass ich Deine Erinnerungen wegnehmen würde, wenn Du mich darum bätest. Du bist in meinem Herzen, und ich trauere wie Du.

Ich bereite mich darauf vor, den Stoff für meine Semesterabschlussprüfungen zu wiederholen. Sobald der Weihnachtsball vorbei ist, habe ich frei bis Mitte Januar. Das verschafft uns viel Zeit, eine Wohnung zu finden. Und ja, Hilfe bei der Bezahlung wäre mir willkommen. Das zusätzliche Geld dient für Möbel, die wir brauchen. Normalerweise bin ich in den Weihnachtsferien im Fuchsbau, aber darf ich stattdessen bei Dir in Spinner's End bleiben, damit wir unsere Besichtigungstermine planen können? Es würde mir sehr gefallen, Weihnachten nur mit Dir zu verbringen, unser erstes offizielles Weihnachten als Paar.

Für den Ball habe ich ein neues Kleid gekauft. Es ist aus champagnerfarbenem Satin. Zeitweise erscheint es dunkler, je nachdem, wie das Licht darauf fällt, daher nehme ich an, Du könntest etwas tragen, das dazu passt oder einen Ton dunkler angesichts Deines Hangs zu dunklen Farben. Du hättest keine Zimmer am Blythswood Square buchen müssen. Es gibt mehrere nette Frühstückspensionen in der Nähe des Campus, obgleich die Idee, wie eine echte Prinzessin behandelt zu werden, etwas für sich hat. Ich werde einen Weg finden müssen, meinem Prinz Charming zu danken.

Oh, danke, dass Du mir mit dem Problem bei meinen Tränken geholfen hast, die ich in meinem Brief vom 12. Oktober angesprochen hatte. Nachdem ich die Menge der Taubenleber geändert hatte, hat alles schnell funktioniert!

Ich vermisse Dich so, Severus; bitte komm am Wochenende zu mir. Ich weiß, dass Du keine Runden machen musst.

In Liebe

Hermione

„Wie war der Ball, Gran?"

„Er war ganz so, wie ich gehofft hatte", sagte Hermione und starrte wehmütig in die Ferne. „Meine Zimmergenossin und mehrere meiner anderen Freundinnen verliebten sich in Severus. Beim Ball sah er so attraktiv aus, der verkörperte Edward Rochester, und seine Stimme …. nun, du kanntest die Stimme deines Großvaters. Sie ist faszinierend."

Glennis kicherte mit Hermione. „Das stimmt. Ich glaube nicht, dass irgendeines von uns Kindern jemals als der Reihe tanzte, wenn er sprach! Wie war der Rest der Feiertage?"

„Nun, die Weasleys waren enttäuscht, dass ich nicht bei ihnen bleiben wollte, aber für deinen Urgroßvater und mich war es perfekt! Wir blieben in Spinner's End, und er ließ mich in seinem Wohnzimmer sogar ein Bäumchen aufstellen. Am Weihnachtsmorgen tauschten wir Geschenke aus und bereiteten dann zusammen das Essen zu. Am zweiten Feiertag gingen wir nach Hogwarts, um mit dem Kollegium zu essen und dort ein paar Geschenke zu überreichen. Den Rest der Ferien verbrachten wir damit, Wohnungen anzusehen, und unweit des GI fanden wir eine, die uns beiden gefiel. Wir hatten Spaß und ein paar kleine Streits, als wir sie einrichteten, aber sie war ein Zufluchtsort für uns, und als wir heirateten, fiel es uns schwer, sie zu verlassen."

„Gibt es noch mehr wichtige Briefe aus der Zeit, während du an der Uni warst?"

„Nicht wirklich. Die nächsten drei Jahre verbrachten wir mit Schreiben und Besuchen und damit, uns immer mehr aneinander zu gewöhnen. Während der Sommer reisten wir …" Hermione hielt inne und lachte.

„Was ist?"

„Ich dachte gerade daran, was passierte, das deinen Urgroßvater schließlich dazu brachte, mir einen Antrag zu machen." Hermione lächelte zärtlich. „Wir wussten, dass wir eines Tages heiraten würden; wir hatten sogar darüber gesprochen, was wir uns von einem Ehepartner wünschten. Ich hatte gehofft, er würde vor meinem Abschluss fragen; schließlich hatte er mir für drei Jahre den Hof gemacht! Wie du weißt, schloss ich meine Studien ein Jahr früher als üblich ab."

„Ja, du warst eine ziemliche Streberin, nicht wahr?"

Hermione gab Glennis einen leichten Klapps auf den Arm. „Stopp! Ich dachte, er würde mich auf sehr romantische Art fragen. Allgemein war er nicht für seinen Sinn für Romantik bekannt, aber für mich tat er kleine Dinge … ein Geschenk, wenn ich keines erwartete; solch kleine Dinge. An diesem Wochenende im Oktober, das wir während meines ersten Semesters an der Uni zusammen verbrachten, bat er mich, mir nie das Haar abzuschneiden. Er liebte es, es zu streicheln und mit den Fingern hindurchzustreichen, obwohl es während meiner Schülerzeit einst eines seiner Hauptärgernisse gewesen war. Ewig wies er mich wegen Haaren in meinen Tränken zurecht! Aber er liebte es wirklich, und deshalb bat er mich, es niemals abzuschneiden.

„Als es länger wurde, begann ich, es zu flechten, um es unter Kontrolle zu halten, und er gewöhnte es sich an, daran zu zupfen. Als ich ihn fragte, weshalb, sagte er, es sei einfach seine Art, mich wissen zu lassen, dass er sich meiner bewusst sei. Später wurde es seine Art, ‚ich liebe dich' zu sagen, wenn er es nicht laut aussprechen konnte. Aber ich hätte nie erwartet, dass sein Antrag das Ergebnis eines Streits sein würde, der davor dazu geführt hatte, uns zu trennen!"