Der Mann mit den zwei Gesichtern

Die letzte Gruft, tief unten in den Eingeweiden der Schule, ein schwarzes Kreuzgewölbe, notdürftig von wenigen Fackeln erhellt. Kalt und feucht.
In einer Nische stand der Spiegel, davor lag die verkohlte Leiche des Lehrers für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Seine Arme standen in groteskem Winkel vom Körper ab. Der lächerliche Turban war verschwunden und ohne ihn sah Qirrells Kopf merkwürdig klein aus. In seinem Gesicht spiegelte sich Qual und Entsetzen.
Langsam, bedächtig ging Severus um den toten Mann herum. Kein Geräusch von sich gebend, als wäre der Schrecken wieder zu erwecken.
Dort, wo man einen Hinterkopf erwartet, da sah man nur ein klaffendes Loch. Ein feines Rinnsal von Blut benetzte den Boden, was Severus erstaunte. Er hätte mehr Blut erwartet.
Quirrell war nicht der erste Tote den Severus sah, natürlich nicht und dennoch war ihm merkwürdig zumute. Sie alle hatten den Kollegen verlacht und nicht ernst genommen. Die Vorstellung, dass dort am Lehrertisch nicht nur der verhuschte Quirinius Quirrell gesessen hatte, sondern auch der mächtigste, der gefürchtetste Schwarzmagier aller Zeiten, das war unfassbar.

"Wir waren alle so blind", sagte Snape leise.
Charity zuckte mit den Schultern.
"Man sieht nur, was man sehen will."
"Als junger Mann hat er Den-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf getroffen und geglaubt, dass er es mit ihm allein aufnehmen könnte. Er hat sich maßlos überschätzt und den Preis bezahlt. Hätte er den Stein der Weisen bekommen, nicht auszudenken ..."
Minerva versagte die Stimme.
Severus kniete sich neben den Toten. Ein brandiger Geruch ging von ihm aus und immer noch ein wenig Knoblauch.
"Angst vor Vampiren ... bei Merlin ... aber wie ..."
Minerva hatte die Arme vor der Brust verschränkt, ihr Mund war ein schmaler Strich, wie so oft.
"Harry, Ron und Hermine waren sich sicher, dass du den Stein für Du-weißt-schon-wen stehlen wolltest, also haben sie versucht, dir zuvorzukommen. Neville Longbottom wollte sie aufhalten. Natürlich ohne Erfolg. Die kleine Granger hat ihm eine Ganzkörperklammer verpasst."
Gegen seinen Willen musste Snape grinsen.
"Sie haben tatsächlich alle Aufgaben auf dem Weg hierher gelöst, aber Quirrell war schon hier. Harry scheint es allein mit ihm aufgenommen zu haben. Quirrell, oder Der-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf wollte ihn natürlich umbringen, aber er konnte ihn nicht berühren. Die Liebe, die Harry von seiner Mutter erfahren hat, scheint ihn geschützt zu haben. Das ist jedenfalls die Meinung von Albus. Er hat den Jungen auf die Krankenstation gebracht. Er ist erschöpft aber so gut wie unverletzt."

Ja, der Junge. Luft holen war schwierig. Severus strich sich fahrig die Haare aus dem Gesicht. Er sollte auf ihn aufpassen. Das hatte ja schon mal hervorragend funktioniert. Kaum war das Kind auf Hogwarts, war er auch schon fast tot.
Mit wie viel Vehemenz hatte Severus darauf bestanden, dass der Dunkle Lord nicht mehr war und nun das. Und ein ganzes Jahr hatte er nicht geahnt, was sich da unter diesem Turban versteckte . Niemand hatte es geahnt. Oder?
Ganz egal. Zumindest war Albus rechtzeitig da gewesen um Potter nicht sterben zu lassen. Snapes Daseinsberechtigung. Den Jungen schützen. Er schüttelte sich. Gut, er würde Acht geben in Zukunft. Denn der Dunkle Lord würde es wieder versuchen und wieder und wieder, aber wenn man ihm immer aufs Neue entgegenträte, dann würde er vielleicht nie wieder Macht erhalten. Dann würde er nie mehr Angst und Schrecken verbreiten.

Jemand musste sich um Quirrells Leiche kümmern. Er musste begraben werden. Soweit Severus wusste, hatte Quirrell weder Verwandte noch Freunde.
"Filch bereitet alles vor", sagte Minerva als hätte sie Snapes Gedanken erraten.

Noch immer kniend blickte Snape zur Seite und er sah genau in den Spiegel Nerhegeb. Wieder sah er das Sonnenblumenfeld und die merkwürdige Gestalt mit dem Kapuzenumhang. Diesmal aber stand er, sich auf die Sense stützend, ein wenig abseits und sprach mit einer weiteren Person, die Snape nicht erkannte. Groß gewachsen, schlank. Ein Farbiger mit Glatze und einer goldenen Kreole im Ohr, nicht viel älter als Snape selber. Er trug eine strahlend blaue Robe. Elegant und teuer aussehend.
Der Mann unterhielt sich angeregt mit der Kapuzengestalt. Sie schienen zu scherzen und zu lachen.
Irgendwo hatte Snape den Mann schon gesehen, aber er konnte sich nicht erinnern, wo.

Dann kroch etwas wie schwarzer Nebel über die Szene und man erkannte einen der weitläufigen Gänge von Hogwarts und dann sah er sich selber. Älter, bleich, verhärmt, in seinen üblichen schwarzen Umhang gehüllt, vor einer Rüstung stehend, den Zauberstab in der Hand und er stand Minerva gegenüber, die den ihren ebenfalls gezückt hatte.
Sie schwang ihren Zauberstab zu einer Fackel an der Wand, die aus ihrer Halterung flog. Flammen schossen herab und wurden zu einem Feuerring, der den Korridor erfüllte und wie ein Lasso auf Snape zuflog —
Dann war es nicht länger Feuer, sondern eine große, schwarze Schlange, die Minerva zu Rauch zersprengte, der sich in Sekundenschnelle umformte und verdichtete und zu einer Horde angriffslustiger Dolche wurde: Snape entging ihnen nur, indem er die Rüstung vor seinen Körper riss, und gespenstisch lautlos landete ein Dolch nach dem anderen in deren Brust —

Dann wieder der Nebel und kurz der lachende Kapuzenmann, der nun wieder begonnen hatte, die Sonnenblumen zu mähen. Und die schwarzhaarige Frau, die Snape schon vormals im Spiegel gesehen hatte, sie stand in der Kneipe und spülte Gläser. Ein warmes Gefühl machte sich in Snape breit und dann hatte er die Ahnung als würde er angesprochen, aber das war unwichtig. Er wollte nichts hören. Er wollte in den Spiegel schauen und der merkwürdigen Fremden zusehen. Es war so friedlich, so ruhig, so ...

Ganz plötzlich war das Bild verschwunden und Snape kam wieder zu sich. Charity hatte ihren Umhang über den Spiegel gehängt. Unmut wallte auf in Snape. Noch mehr als der brandige Geruch von Blut und Tod wieder in seine Nase drang und ihn fast würgen ließ.
"Was für ein Teufelsding Albus hier angeschleppt hat. Nicht zu glauben. Und das an einer Schule."
Entschlossen zog Charity ihren Umhang zurecht, sodass kein Eckchen des schrecklichen Spiegels mehr sichtbar war.
Severus erhaschte noch einen kurzen Blick auf Minerva, die ihn mitleidig ansah, was er so hasste. Dann barg er das Gesicht in Händen. Einen kurzen Moment nur, bis er sich wieder völlig im Griff hatte.
"Wir sollten gehen", sagte er leise und die beiden Frauen nickten ihm zu.

Severus war in den folgenden Tagen einige Male auf der Krankenstation gewesen. Der Junge schlief tief und fest. Unglaublich, das genaue Abbild seines Vaters. Madam Pomphrey warf Severus komische Blicke zu, was er ignorierte. Er hatte keinen Gesprächsbedarf.
Nach drei Tagen stand Severus wieder am Bett des Jungen, die Arme vor der Brust verschränkt, dabei einen Zeigefinger an die Lippen gelegt, als Albus zu ihm trat.
"Sie sollten gehen, er wird gleich aufwachen."
Diese sanfte Stimme. Snape hätte schreien mögen.
"Warten Sie draußen auf mich. Ich möchte noch etwas mit Ihnen besprechen."
Severus folgte, wie ein dummer Schüler, den man vor die Tür komplimentiert.

Ruhelos tigerte Snape vor der Tür zum Krankenflügel auf und ab. Albus war lange dort drin, was er dem Jungen wohl erzählte. Nervös grummelte sein Magen. Er würde doch nicht ...
Nein, Albus hatte Snape sein Wort gegeben, nicht zu verraten, warum Severus an dieser Schule unterrichtete. Er war ein merkwürdiger Mensch, dieser Dumbledore, aber er würde sein Wort nicht brechen.

Nach einer Ewigkeit kam Albus mit angewidertem Gesicht aus dem Krankenzimmer.
"Ohrenschmalz", stöhnte er.
"Wie bitte?"
"Ich habe eine von Bertie Botts Bohnen mit Ohrenschmalzgeschmack erwischt. Ich wusste schon, warum ich die Dinger meide. In meiner Jugend hatte ich mal das Pech, auf eine zu stoßen, die nach Erbrochenem schmeckte. Begleiten Sie mich doch bitte auf ein Wort in mein Büro."
Severus folgte. Was blieb ihm auch weiter, aber dennoch musste er grinsen. Bertie Botts Bohnen. Das sah dem Direktor ähnlich!

Die goldene Sommersonne schien in Albus' Büro. Es sah hell aus und freundlich und ein wenig von Snapes ungutem Gefühl, wann immer er herbeordert wurde, schwand. Sie saßen sich gegenüber. Severus hatte den Eindruck, er würde von hellblauen Augen geröntgt.
"Nun, was wollten Sie mit mir besprechen?", fragte Albus und Snape war leicht irritiert.
"Sie haben mich her zitiert", brachte Severus schwach hervor. Albus lächelte.

Nach einem langen Schweigen war es doch Snape der begann.
"Sie wollten, dass er es tut, nicht wahr? Der Tarnumhang und alles. Sie wussten dass der Dunkle Lord hinter all dem steckte und Sie wollten, dass der Junge es tut. Warum?"
Albus legte den Kopf schief.
"Sie interpretieren da zu viel hinein. Der Umhang ist ein Erbstück von seinem Vater ..."
"Er hätte sterben können!"
"Wir alle können sterben. Jeden Tag und Sie wissen doch: Für den gut vorbereiteten Geist ist der Tod nur das nächste große Abenteuer. Der Stein der Weisen ist übrigens zerstört."
Snape nickte steif.
"Nicolas und Perenelle werden sterben, aber Tom Riddle wird sich einen anderen Weg suchen müssen."
"Er wird tatsächlich zurückkehren, nicht wahr?"
Albus nickte.

Das war es also. Der Dunkle Lord. Snape wollte nicht darüber nachdenken. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Es war unfassbar und schrecklich.

"Fühlen Sie sich eigentlich in Ihren Kerkern noch wohl?", holte Albus ihn aus seinen Gedanken. Severus schaute verwirrt auf.
"So ganz ohne Tageslicht?", setzte Albus hinterher.
"Ich hab doch das verzauberte Fenster", konterte Snape.
"Eine Illusion?"
Albus zog die Augenbrauen hoch.
"Na, immerhin", sagte Snape.

Die Jahresabschlussfeier stand an und das erste Mal, seit Severus Lehrer war, bedauerte er es, dass das Schuljahr zu Ende war. Es war viel passiert, in den vergangenen Monaten.
In Hemd und Hose saß er vor seinem kalten Kamin auf dem Sofa, das Charity angeschleppt hatte und hatte bereits zum dritten Mal dieselbe Seite seines Buches gelesen, ohne zu wissen, was dort nun stand. Mit einem Seufzen legte er es zur Seite. Es war das Buch, das er zu Beginn des Jahres in der Muggelbuchhandlung gekauft hatte.
Charity war total begeistert davon, er weniger. Wenn er ehrlich war, dann verstand er es nicht.

So langsam musste er sich ankleiden um auf der Feier zu erscheinen. Er hatte keine Lust. Er mochte diese gesellschaftlichen Dinge nicht besonders, aber wenn er ehrlich war, dann hatte er hauptsächlich keine Lust auf knappe drei Monate Einsamkeit. Gut, auf die Schüler konnte er zur Not verzichten, aber ...
Slytherin hatte den Hauspokal gewonnen, aber er kannte den Schulleiter zu gut, um sich jetzt schon darüber zu freuen. Niemand würde den Typen aus den Kerkern vermissen, wenn er nicht erschiene.
Träge holte er sein Entscheiddichflott hervor. Lange betrachtete er den bunten Glastropfen.
Wenn er nun einfach in seinen Räumen bliebe?
Das ist ja wohl keine ernsthafte Frage!, blaffte Engelchen.
Prrrrfffffttt, sagte Teufelchen.

Seufzend erhob Severus sich. Schlich ins Schlafzimmer. Aus einem Stapel schwarzer Roben, wählte er eine schwarze aus.
Die Große Halle war schon voller Schüler. Sie war in den Farben der Slytherins, Grün und Silber, ausgeschmückt, denn sie hatten den Hauspokal nun das siebte Jahr in Folge gewonnen. Ein riesiges Transparent mit der Slytherin-Schlange bedeckte die Wand hinter dem Hohen Tisch.
Severus saß wie immer, zwischen Minerva und Charity. Obwohl er ihn nicht vermisste, war es doch merkwürdig, dass der Platz von Quirrell, ihm gegenüber, unbesetzt blieb. Als Dumbledore hereinkam erstarb das Geplapper.

"Wieder ein Jahr vorbei!", rief Dumbledore ausgelassen.
"Und bevor wir die Zähne in unser köstliches Festessen versenken, muss ich euch mit dem schwefligem Geschwafel eines alten Mannes belästigen. Was für ein Jahr! Hoffentlich sind eure Köpfe ein wenig voller als zuvor ... ihr habt jetzt den ganzen Sommer vor euch, um sie wieder hübsch leer zu räumen, bevor das nächste Schuljahr anfängt ...
Nun, wie ich es verstehe, muss jetzt der Hauspokal überreicht werden, und auf der Tabelle sieht es wie folgt aus: an vierter Stelle Gryffindor mit dreihundertundzwölf Punkten; an dritter Hufflepuff mit dreihundertzweiundfünfzig; Ravenclaw hat vierhundertundsechsundzwanzig und Slytherin vierhundertundzweiundsiebzig Punkte."
Vom Tisch der Slytherins brach ein Sturm aus Jubelrufen und Fußgetrappel los.
"Ja, ja, gut gemacht, Slytherin", sagte Dumbledore. "Allerdings müssen auch die jüngsten Ereignisse berücksichtigt werden."
In der Halle wurde es sehr leise. Das Lächeln auf den Gesichtern der Slytherins verblasste.

Und Severus fügte sich ergeben in das, was kommen musste.

"Ähem", sagte Dumbledore. "Ich habe noch ein paar letzte Punkte zu vergeben. Schaun wir mal. Ja ...
Zuerst — an Mr. Ronald Weasley, für die beste Schachpartie, die in Hogwarts seit vielen Jahren gespielt wurde, verleihe ich Gryffindor fünfzig Punkte."
Fast hoben die Jubelschreie der Gryffindors die verzauberte Decke noch höher in die Lüfte; die Sterne über ihren Köpfen schienen zu erzittern.

"Ein paar weniger hätten es auch getan", knurrte Snape.
Minerva tätschelte ihm beruhigend den Unterarm, sah dabei aber aus wie eine Katze, die in einen Topf Sahne gefallen war.

"Zweitens — Miss Hermine Granger ... für den Einsatz kühler Logik im Angesicht des Feuers verleihe ich Gryffindor fünfzig Punkte."
Severus stöhnte leise. Die Gryffindors waren völlig aus dem Häuschen.
"Ich frage mich, in welchem Buch sie die Lösung für mein schönes Rätsel gefunden hat."
"Dein Rätsel?", fragte Charity mit hochgezogenen Augenbrauen.
Severus schnaubte ungehalten.

"Drittens — Mr. Harry Potter ...", sagte Dumbledore. In der Halle wurde es totenstill. "... für seine Unerschrockenheit und seinen überragenden Mut verleihe ich Gryffindor sechzig Punkte."
Ein ohrenbetäubendes Tosen brach los. Wer noch rechnen konnte, während er sich heiser schrie wusste, dass Gryffindor jetzt vierhundertundzweiundsiebzig Punkte hatte — genauso viel wie Slytherin. Sie hatten im Kampf um den Hauspokal Gleichstand erreicht.

"Dass er unerlaubt nachts in der Schule herumgegeistert ist, interessiert also niemanden", maulte Snape.
"Nö", bestätigte Minerva. Charity schüttelte den Kopf.
Das Leben war schon ein verdammt unfairer Sport, befand Severus und er wartete nur darauf, dass Albus noch einen drauf setzte. Er musste nicht sehr lange warten.

"Es gibt viele Arten von Mut", sagte Dumbledore lächelnd. "Es verlangt einiges an Mut, sich seinen Feinden entgegenzustellen, doch genauso viel, den eigenen Freunden in den Weg zu treten. Deshalb vergebe ich zehn Punkte an Mr. Longbottom."
Jemand draußen vor der Großen Halle wäre vielleicht auf die Idee gekommen, dass eine Explosion stattgefunden hätte, so ohrenbetäubend war der Lärm, der am Tisch der Gryffindors losbrach.

Severus feixte. Das erklärte natürlich auch, warum der kleine, dicke Junge, der gerade unter einem Haufen Leute begraben wurde, in jeder Zaubertrankstunde probierte, den gesamten Kurs in die Luft zu jagen. Von der Warte aus hatte er es noch gar nicht betrachtet.

Dumbledore klatschte in die Hände. Im Nu waren die grünen Girlanden scharlachrot und das Silber hatte sich in Gold verwandelt; die riesige Schlange der Slytherins verschwand und ein gewaltiger Gryffindor-Löwe trat an ihre Stelle.
Severus schüttelte Minerva die Hand und in Anbetracht der Umstände hätte er das Lächeln, das er sich ab rang als strahlend bezeichnet. Er riskierte einen kurzen Blick auf Potter und musste einsehen, dass sich seine Gefühle, dem Jungen gegenüber nicht um ein Jota geändert hatten. Besorgt war er deshalb nicht. Er würde nächstes Jahr ein wachsames Auge auf ihn haben und alles war gut. So würde das Leben nächstes Jahr ganz normal weitergehen, so normal jedenfalls, wie es in Hogwarts eben sein konnte.

Der Abend wurde trotzdem ganz nett. Ohne Quirrell am Tisch war die Laune ausgelassen. Filius gab seine uralten Witze zum Besten. Hagrid war ein wenig beschwipst und Sibyll sagte ihnen allen ein ausgesprochen schmerzhaftes Ende voraus.

Dann kam schon der nächste Morgen und es hieß, Abschied nehmen. Charity fuhr mit dem Hogwarts-Express nach London um die langen Ferien mit ihrem Mann zu verbringen.
"Grüß Jonathan von mir", sagte Minerva.
"Kommt uns doch einfach mal besuchen, in London", schlug Charity vor.
Das war gar keine üble Idee, auch wenn Minerva nicht sehr begeistert aus der Wäsche schaute. Sie mochte London nicht besonders.
Severus hatte ein merkwürdiges Gefühl in der Brust. Es war das erste Mal, dass er sich von irgendwem in die Ferien verabschiedete. Sie mussten sich beeilen, denn Hagrid stand bereit, um die Schüler zur Bootsflotte hinunterzuführen, mit der er sie über den See fuhren.
Die beiden Frauen umarmten sich innig. Snape stand daneben mit vor der Brust verschränkten Armen. Das nützte ihm wenig, denn auch mit einem flotten Schritt rückwärts konnte er sich der Kollegin nicht erwehren.
Zu seiner Erleichterung war wenigstens kein Schüler in Sichtweite.
Minerva lachte und ein bisschen hatte Severus das Gefühl, dass sie ihn auslachte.
"Snape", nickte Minerva knapp, nachdem Charity um die Ecke verschwunden war.
"McGonagall", erwiderte Severus den Gruß mit steifem Nicken und einem Zucken um die Mundwinkel.

Unten in seinen Kerkern angekommen, las er noch die letzte Seite aus seinem Muggelbuch, dann machte er sich auf den Weg nach Spinner's End.

Stellen Sie sich eine große, dunkle Gestalt vor, umgeben von Kornfeldern ...
NEIN, DU KANNST NICHT AUF EINER KATZE REITEN. WO HAT MAN SOWAS SCHON GEHÖRT, DASS DER RATTENTOD AUF EINER KATZE REITET? DER RATTENTOD WÜRDE AUF EINEM HUND REITEN.
Stellen Sie sich noch mehr Felder vor, ein großes, den Horizont umspannendes Geflecht aus Feldern, die sanft im Wind wogen.
WAS FRAGST DU MICH? DAS WEISS ICH AUCH NICHT. VIELLEICHT EIN TERRIER.
... Kornfelder, lebende Halme, die in der Brise wispern ...
IN ORDNUNG, UND DER FLOHTOD KANN AUCH DRAUF REITEN. DANN HABT IHR ZWEI FLIEGEN MIT EINER KLAPPE GESCHLAGEN.
... und das Uhrwerk der Jahreszeiten erwarten.
METAPHORISCH GESPROCHEN.

Und am Ende aller Geschichten dachte Azrael, der das Geheimnis kannte: ICH ERINNERE MICH AN EINE ZEIT IN DER ALL DAS WIEDER SEIN WIRD.

ENDE [*1]

A/N

[*1] Zitat aus Terry Pratchett: Alles Sense
Alle anderen Zitate aus dem Stein der Weisen und den Heiligtümern des Todes

So, ihr Lieben - das war nun diese Geschichte. Ihr wollt sicher wissen wie es weiter geht ...

Irgendwann im August wird die Kammer des Schreckens beginnen. Habt bis dahin eine gute Zeit!