Als sie am Mittwochmorgen aufgewacht war, hatte Lily sie angegrinst und gefragt, ob sie was Nettes geträumt hätte.

Hermine, deren Körper immer noch summte, die immer noch das Gefühl hatte, Sirius' Lippen tatsächlich auf ihren spüren zu können, hatte peinlich berührt gesagt: »Nein, wie kommst du darauf?«

»Och, du hast nur mehrmals Sirius' Namen gemurmelt.« Lily hatte mit den Augenbrauen gewackelt und war dann im Badezimmer verschwunden.

Hermine hatte danach frustriert aufgestöhnt und sich ihr Kissen über den Kopf gezogen. Das durfte doch nicht wahr sein! Da setzte Sirius ihr diesen blöden Floh ins Ohr und sie hatte auch noch davon geträumt. Und nicht nur das, es war ein Traum gewesen, der sie nicht kalt gelassen hatte. Als ob das nicht eigentlich schon gereicht hätte, nein, sogar Lily hatte es mitbekommen, weil sie anscheinend im Schlaf gesprochen hatte! Wie peinlich konnte es noch werden?

Als Lily aus dem Badezimmer zurück gekommen war, hatte sie wohl bemerkt, dass es Hermine sehr unangenehm war und ihr versprochen, nicht einmal Alice davon zu erzählen und sie nicht damit aufzuziehen.

Abgesehen von diesem peinlichen Aufwachen war der Mittwoch ziemlich ruhig vergangen. Sirius hatte ihr das eine oder andere Kompliment gemacht, hatte sie immerzu verschmitzt angelächelt, aber sie nicht noch einmal gefragt, ob er damit aufhören sollte.

Als sie dann am Donnerstag beim Frühstück saß, kam Professor McGonagall an den Tisch und richtete Hermine aus, dass Professor Dumbledore sie sprechen wolle, sie solle nach Zauberkunst bei ihm im Büro erscheinen. Sie reichte Hermine noch einen Zettel, auf dem das Passwort für den Wasserspeier stand. Als sie den Tisch in Richtung der Lehrerempore verlassen hatte, begannen die andern zu spekulieren, warum Dumbledore Hermine sprechen wollte.

»Ich weiß es nicht«, sagte sie und zuckte mit den Schultern. »Vielleicht gibt es ein Problem mit meinen Unterlagen aus Amerika.« Sie gab sich wesentlich gelassenerer, als sie sich fühlte.

»Was sollte es denn da für ein Problem geben?«

»Oh, hast du vielleicht deine Noten gefälscht?«, fragte James scherzhaft.

Hermine verdrehte die Augen. »Das habe ich nicht nötig«, sagte sie arrogant. Alle fingen an zu lachen. »Keine Ahnung, vielleicht sind nicht alle Unterlagen angekommen, oder so… Ich werd's schon noch erfahren.« Sie versuchte neutral zu wirken und sich ihre Anspannung nicht anmerken zu lassen.

Sie war jetzt eine Woche hier. Hatte der Schulleiter schon mit seinen Bekannten gesprochen und wusste vielleicht sogar, wie man ihr helfen konnte? Gab es einen Ausweg für sie? Sie konnte es kaum abwarten und wäre am liebsten sofort zu ihm gegangen. Stattdessen ging sie mit ihren Mitschülern zu Zauberkunst. Sie konnte sich kaum auf den Unterricht konzentrieren. Sie überlegte, was Dumbledore ihr gleich wohl sagen würde. Sie hoffte so sehr, dass er gute Neuigkeiten für sie hatte. Sie konnte nicht still sitzen und irgendwann fiel es Sirius auf.

»Bist du nervös, weil du zu Dumbledore musst? Das wird bestimmt nichts Schlimmes sein. Es fehlen bestimmt nur Unterlagen, das hast du doch selbst gesagt. Die kann man doch noch mal neu anfordern.«

»Ja, bestimmt ist es nur das«, murmelte sie und zwang sich dann, den Rest der Stunde ruhig zu sitzen.

Nachdem die Stunde beendet war, stopfte sie ihre Sachen schnell in die Tasche und verließ den Raum. Auf dem Flur wünschten die anderen ihr viel Glück und Lily versprach in Verwandlung für sie mitzuschreiben.


Als Hermine vor Dumbledores Büro ankam, war ihr ziemlich mulmig zumute. Sie befürchtete, dass es keine guten Neuigkeiten geben würde. Ihre ganzen positiven Gedanken waren wie weggewischt. Sie murmelte das Passwort, das sie von Professor McGonagall erhalten hatte und ließ sich von der Treppe nach oben tragen. Nachdem sie angeklopft hatte und hereingebeten worden war, betrat sie das Büro.

»Ah, Miss Grant, bitte setzen Sie sich.« Dumbledore saß hinter seinem Schreibtisch und lächelte sie an. Es standen diesmal zwei Stühle vor dem Schreibtisch.

»Guten Tag«, sagte sie und setzte sich auf den freien Stuhl. Auf dem anderen saß ein grauhaariger Mann, der sie interessiert musterte.

»Dies ist Professor Saul Croaker«, sagte Dumbledore und wies auf den Mann neben ihr. »Er arbeitet im Ministerium und kennt sich recht gut mit Zeitreisen aus.«

»Es freut mich Sie kennenzulernen, Miss Grant«, sagte der Mann und lächelte sie freundlich an.

»Die Freude ist ganz meinerseits, Professor Croaker«, erwiderte Hermine. Der Mann musste in der Mysteriumsabteilung arbeiten, wenn er die Zeit erforschte. Sie erinnerte sich an den Raum voller Uhren, in dem in der Mitte diese Glasglocke mit dem Ei und dem Kolibri war. Sie hatte später erfahren, dass es der Raum der Zeit war.

»Ich habe Saul hergebeten, weil, wie Sie wissen, Ihre Situation nicht ganz einfach ist. Es wäre zu kompliziert, darüber nur per Eule zu korrespondieren«, erklärte Dumbledore.

»Miss Grant, Albus sagte mir, dass Sie versehentlich einen Zeitdreher bekommen haben, mit dem man Jahre reisen kann und Sie dadurch hier gelandet sind.«

»Das ist richtig, Sir.«

»Uns ist offiziell kein Weg bekannt, nach vorne durch die Zeit zu reisen«, sagte Professor Croaker direkt und Hermine fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen, es dauerte einen Moment, bis sie begriffen hatte, was er gesagt hatte, aber da redete er schon weiter. »Es besteht allerdings die Möglichkeit, jemanden zurückzuholen.«

Hermine merkte hoffnungsvoll auf und sah Professor Croaker erwartungsvoll an.

»Wem ist Ihre Nutzung des Zeitumkehrers bekannt?«

»Der Schulleitung und dem Ministerium. Ich habe den Zeitumkehrer bewilligt bekommen, weil sich einige Schulstunden überschneiden und ich so an allen Unterrichtsfächern teilnehmen kann. In meinem dritten Jahr war das schon einmal der Fall, Sir.«

»Eine Schulstunde beträgt aber keine einundzwanzig Stunden.«

»Nein, Sir.«

»Wer weiß von Ihrem Vorhaben, einundzwanzig Stunden zurück zu reisen? Ich gehe davon aus, dass das nicht bewilligt war.«

»Nein, Sir«, sagte Hermine zerknirscht. »Und es weiß niemand davon.«

»Während meiner Forschungen über die Zeit habe ich herausgefunden, dass eine Reise von maximal fünf Stunden wenig bis keine Auswirkungen auf den Reisenden oder die Zeit selbst hat. Alles, was darüber hinaus geht, kann fatale Folgen haben. Dass Albus Sie hier als Schülerin zugelassen hat, war ein riesengroßer Fehler. Sie könnten damit die ganze Zeitachse durcheinander bringen.« Er warf dem Schulleiter einen vorwurfsvollen Blick zu.

Der weißhaarige Zauberer schob sich ein Zitronenbonbon in den Mund und zeigte keine Reaktion auf die Anklage seines Bekannten. Er lächelte nur stumm vor sich hin.

»Sie sind von viel zu vielen Menschen gesehen worden«, fuhr Professor Croaker fort. »Wir hatten einmal einen Fall, dass eine Hexe von 1899 ins Jahr 1405 reiste. Sie verblieb dort fünf Tage, bevor sie zurückgeholt werden konnte. Diese fünf Tage veränderten das Leben der Menschen, denen sie begegnete, so nachhaltig, dass mindestens fünfundzwanzig ihrer Nachkommen verschwanden, weil sie ungeboren waren. Und nachdem die Hexe wieder in ihrer Zeit war, alterte sie um die fünf Jahrhunderte, die sie in der Zeit gereist war. Kurze Zeit später verstarb sie im Sankt Mungos.«

»Oh Merlin!« Hermine schlug sich die Hände vor den Mund.

»Wir müssen also schleunigst zusehen, dass Sie hier verschwinden. Ich werde veranlassen, dass Sie zurückgeholt werden. Allerdings werden wir Ihnen diese einundzwanzig Jahre nicht zurückgeben können, Miss Grant.«

Hermine sah die beiden Männer mit großen Augen erschrocken an. Sie würde also neununddreißig Jahre alt sein, wenn man sie zurückholte. Das war eine Katastrophe! Sie zwang die Tränen, die sie aufsteigen spürte, zurück und atmete mehrmals tief ein und aus. Ihre Hände presste sie dann auf ihren Mund. Durch einen dummen Zufall hatte sie ein Sechstel ihrer Lebenszeit verloren. Was hatte sie verbrochen, dass sie so bestraft wurde?

Dann fiel ihr ihre eigene Theorie wieder ein. Sie nahm die Hände runter. Sie hatte hier die Chance, vielleicht doch eine Antwort zu bekommen, die wollte sie auf keinen Fall verstreichen lassen. »Professor, ist es vielleicht auch möglich, dass diese Zeitreise geschehen musste, um den Lauf der Geschichte zu wahren?«

»Nein, das ist ausgeschlossen«, sagte Professor Croaker sofort. Dann hielt er kurz inne und sah Dumbledore und Hermine an. »Aber wie kommen Sie darauf?«

Hermine bemerkte, dass sich auch Dumbledore aufmerksamer hinsetzte. »Nun, Professor Dumbledore hat es Ihnen vielleicht gesagt, 'Grant' ist nicht mein richtiger Name. Und zu meiner Zeit unterrichtet ebenfalls Professor Binns Geschichte der Zauberei. Vielleicht ist es nur Zufall, aber er vergaß meinen Namen ständig. Und irgendwann nannte er mich 'Miss Grant'.«

Professor Croaker sah sie lange Zeit nachdenklich an, dann fragte er: »Sind Ihnen noch mehr solcher Gegebenheiten bekannt?«

»Ich habe darüber nachgedacht. Aber seit ich diese Theorie habe, bin ich mir nicht mehr sicher, ob ich jetzt nicht zu viel in bestimmte Situationen hinein interpretiere.«

»Vorherbestimmte Reisen sollten nicht möglich sein, da es in der Zeit eigentlich nicht vorgesehen ist, hin und her zu springen. Deswegen ist es so gefährlich. Sie könnten diesen Namen unterbewusst gewählt haben, weil sie ihn schon einmal gehört hatten.«

»Ich… ich wollte erst meinen richtigen Namen sagen. Habe mich dann aber mittendrin umentschieden«, sagte Hermine vorsichtig.

»Nun… ich werde darüber nachdenken müssen.« Croakers Blick wurde abwesend und er begann, vor sich hin zu murmeln. »Was wäre, wenn es möglich ist? Vermutlich dürfte man sie dann nicht zurückholen, bis sie ihren vorherbestimmten Zweck erfüllt hätte. Und die nächste Frage: Wäre es dann überhaupt nötig, sie zurückzuholen, oder reist sie dann eigenständig vorwärts? Aber sie ist ja auch nicht eigenständig zurück gereist. Sie hatte einen Zeitdreher. Oder… kann das möglich sein?« Der Professor starrte einen unbestimmten Punkt an der Wand an und sprach zu sich selbst.

Hermine und Professor Dumbledore blickten gebannt zu ihm. Hermine sah zwischen ihm und Dumbledore hin und her, aber der Schulleiter wartete einfach nur gespannt ab.

Croaker fokussierte sich wieder auf seine Gesprächspartner. »Das, was ich nun erzähle, darf ich Ihnen, Miss Grant, und dir, Albus, eigentlich nicht erzählen. Aber wir forschen seit einiger Zeit daran, auch vorwärts reisen zu können. Wenn Ihre Theorie stimmt, Miss Grant, dann muss Ihr Hiersein einen Zweck haben. Vielleicht hängt dieser Zweck mit unseren Forschungen zusammen. Unsere Tests bezogen sich bislang auf zehn Minuten vor und zurück. Ich muss dringend darüber nachdenken. Ich schlage vor, wir beenden dieses Gespräch vorerst hier. Wir werden Sie solange nicht zurückholen, bis wir Ihre Theorie sicher ausschließen können. Vermutlich wäre ein Abbruch Ihrer Reise, wenn sie vorherbestimmt war und ihr Zweck noch nicht erfüllt ist, genauso schlimm wie eine normale Reise, die zu lange andauert.« Er erhob sich fahrig und war in seine Gedanken versunken, als er sich verabschiedete. »Ich schicke eine Eule, wenn ich mehr weiß. Dann treffen wir uns wieder.« Er verließ das Büro und achtete nicht mehr auf Hermine oder Professor Dumbledore.

Hermine sah den Schulleiter fragend an.

»Ich bin in diesem Punkt nicht schlauer als Sie, Miss Grant. Wir werden abwarten müssen. Ich schlage vor, Sie gehen jetzt wieder in Ihren Unterricht und verhalten sich ganz normal. Ich bestelle Sie wieder her, wenn ich von Saul gehört habe.«

»O-okay… vielen Dank, Professor.« Hermine erhob sich und verließ in Gedanken versunken das Büro. Was bedeutete das jetzt für sie? Auch wenn Professor Croaker es ausschloss, dass ihre Reise vorherbestimmt war, wollte er darüber nachdenken. Sie hatte sich eigentlich Antworten erhofft, aber es waren noch mehr Fragen aufgetaucht. Wann war ihr Leben so kompliziert geworden? Das Einzige, dessen sie sich jetzt sicher war, sie würde zwanzig Jahre älter sein, egal wann sie wieder in ihrer Zeit ankommen würde.

Durch einen Fehler des Ministeriums hatte sie gute zwanzig Lebensjahre verloren. Dort hatte man ihr einen falschen Zeitumkehrer ausgehändigt.

Als sie alleine und ein bisschen verloren auf dem Gang stand, konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Erst kullerte nur eine über ihre Wange und dann wurden es mehr. Sie lief den Flur hinunter und stürzte schluchzend in die Mädchentoilette. Sie stützte sich an einem Waschbecken ab und versuchte sich zu beruhigen.

Dann konzentrierte sie sich darauf, rational die neuen Informationen zu sortieren. Ihre Lebenszeit war verloren und man musste sie zurückholen. Sie würde noch nicht einmal hier bleiben dürfen, um diese zwanzig Jahre zu verleben.

Ihre Theorie war wohl sehr unwahrscheinlich, aber Professor Croaker wollte trotzdem genauer darüber nachdenken. Warum? Wenn er es doch für ausgeschlossen hielt? Er hatte gesagt, es könne eventuell mit der Forschung zusammenhängen. Aber wie? Konnte es sein, dass man ihr diesen falschen Zeitumkehrer bewusst ausgehändigt hatte? Dieser Gedanke war so ungeheuerlich wie abscheulich. War es tatsächlich möglich, dass man sie benutzte, um die Forschung voranzutreiben? Aber musste diese Forschung in ihrer Zeit nicht schon beendet sein? Und wenn nicht, betrachtete man ihr Leben als so wenig wert, dass man im Ministerium ihre Lebenszeit opferte? Ohne sie um ihre Zustimmung zu bitten?! Nein! Dieser Gedanke war so abwegig, dass es ein himmelschreiender Skandal wäre, wenn sie wieder in ihrer Zeit sein würde. Denn niemand würde vertuschen können, dass sie plötzlich fast vierzig Jahre alt war!

Hermine begann zu zittern. Das war unmöglich! Unmöglich! Sie steigerte sich jetzt bestimmt nur in ihre Gedanken hinein, weil sie viel zu aufgewühlt war. So etwas würde niemand im Ministerium tun! Niemand würde mit ihrem Leben herumexperimentieren. Die Unsäglichen würden diese Experimente doch selbst machen und keinen Unschuldigen da mit hinein ziehen! Oder? Was wusste sie schon über die Mysteriumsabteilung? Vielleicht waren die Unsäglichen so abgebrüht, dass sie das Leben einer muggelgeborenen Schülerin als nichts wert erachteten?

'Stop! Niemand würde so skrupellos mit deinem Leben sein, Hermine!', rief sie sich selbst zur Ordnung. 'Vergiss diese Gedanken wieder!' Wenn es wirklich so wäre, wie sie es sich ausmalte, dann hätte doch irgendwer in dieser Zeit irgendwie darüber Bescheid wissen müssen. Und niemand hatte wissen können, dass sie den Zeitumkehrer für mehr als nur eine Stunde nutzen würde. Man würde nicht leichtsinnig mit dem Leben einer Unschuldigen spielen. Punkt.

Sie schüttelte den Kopf, um ihren Geist zu klären. Dann spritzte sie sich kaltes Wasser ins Gesicht, um die Tränenspuren zu verwischen. Als sie sich wieder für vorzeigbar hielt, verließ sie die Toilette und machte sich auf den Weg zu Verwandlung.

Ihre Gedanken drängte sie ganz weit nach hinten und überlegte sich stattdessen, was sie den anderen erzählen würde, warum Dumbledore sie hatte sprechen wollen. Die Sache mit den fehlenden Unterlagen klang eigentlich ziemlich plausibel. Sie würde einfach sagen, dass sie mit ihrer Vermutung recht gehabt hatte und eine Eule zu ihren Eltern geschickt hatte, damit diese die fehlenden Unterlagen besorgen würden.


Sie klopfte an die Tür des Klassenzimmers und betrat nach Aufforderung leise den Raum.

»Ah, Miss Grant. Setzen Sie sich. Die Klasse ist gerade damit beschäftigt, die Kapitel vier und fünf im Lehrbuch zu bearbeiten«, informierte Professor McGonagall sie.

Hermine setzte sich schnell auf ihren Platz zwischen Sirius und Lily und schlug ihr Buch auf.

»Und?«, wisperte Sirius.

»Später«, murmelte Hermine und schielte zu McGonagall, die mit einem Pergament an ihrem Schreibtisch beschäftigt war.

»Fehlten Unterlagen?«, fragte Sirius zwischen seinen Zähnen hindurch.

»Ja.« Danach arbeiteten sie still weiter. Hermine schaffte es nicht ganz, ihren Rückstand bis zum Ende der Stunde aufzuholen. Das bedeutete, zusätzlich zur Hausaufgabe würde sie die Kapitel auch noch beenden müssen.

Auf dem Gang bestürmte James sie auch gleich. »Und, was hast du ausgefressen?«

»Gar nichts. Es fehlten tatsächlich einige Unterlagen aus meiner alten Schule. Ich habe schon eine Eule an meine Eltern geschickt, damit sie die Unterlagen noch besorgen.«

»Siehst du, alles halb so wild. Du hättest gar nicht so nervös sein brauchen«, sagte Sirius und legte ihr einen Arm um die Schultern.

[style type="italic"]'Wenn du wüsstest… es ist der Horror!'/style, dachte sie, behielt diesen Kommentar jedoch für sich.

»Dann lasst uns Mittagessen gehen«, sage Lily und die Gruppe machte sich auf den Weg.

Sirius ließ seinen Arm auf ihren Schultern liegen und zog sie mit sich. Er ließ sich etwas von der Gruppe zurückfallen. »Dir geht's jetzt besser?«, fragte er.

»Ja, ich hätte mich wirklich nicht so verrückt machen brauchen«, antwortete sie fröhlicher als sie sich fühlte.

»Stimmt, und hättest du mir von deinen Gedanken erzählt, hätte ich dich eher beruhigen können.« Er zwinkerte ihr schelmisch grinsend zu.

»Vielleicht…«, murmelte sie wage.

»Nicht 'vielleicht', ganz bestimmt sogar. Und wenn nicht, dann hätte ich dich davon abgelenkt«, versicherte er ihr und drückte ihre Schulter.

»Na los, ihr Turteltäubchen! Nicht trödeln, das Essen wartet!«, rief James ihnen zu.

Hermine spürte mal wieder, dass sie rot wurde. Ertappt schob sie Sirius' Arm von ihren Schultern.

»Du brauchst doch nicht rot werden«, flüsterte Sirius, »nur weil James uns als Turteltäubchen bezeichnet. Ich finde es toll, dass sie uns so sehen.«

»Wenn du nicht immer darauf herumreiten würdest, wäre es auch hab so schlimm«, antwortete Hermine schnippisch und war inzwischen glühend rot im Gesicht.

»Ich finds aber auch nach wie vor entzückend.«

»Das macht es keineswegs besser.« Sie setzte eine ernste Miene auf und versuchte ihn empört anzusehen, aber er machte ihr einen Strich durch die Rechnung.

»Bist du mir böse?«, fragte er und hatte dabei einen so treuherzigen Blick aufgesetzt, dass sie nicht anders konnte, als zu schmunzeln.

»Nein, bin ich nicht. Wie könnte ich, wenn du mich so ansiehst?«, rutschte es ihr unbedacht heraus.

»Gut zu wissen«, sagte er und küsste sie auf die Wange. »Los, komm, bevor James eine Suchmeldung heraus gibt.«

Den Kopf schüttelnd eilte sie ihm nach, als er die Große Halle betrat.

»Na, musstet ihr erst noch ein bisschen knutschen?«, wurden sie von James begrüßt.

»Wir haben nicht geknutscht!«, sagte Hermine verstimmt.

»Stimmt. Aber geküsst habe ich dich trotzdem«, sagte Sirius breit grinsend und goss damit mehr Öl ins Feuer. Jetzt lag alle Aufmerksamkeit auf den beiden Nachzüglern.

»Wirklich?«, fragte Alice erstaunt. »Erzähl mir mehr.« Sensationslüstern beugte sie sich vor.

»Auf die Wange! Nur auf die Wange!«, schoss Hermine schnell ab und schlug Sirius gegen die Schulter. Gleichzeitig fragte sie sich, ob sie jemals wieder eine normale Gesichtsfarbe haben würde.

»Ich hätte auch nichts dagegen, dich noch anders zu küssen«, flüsterte er so, dass die anderen es nicht hörten.

»Sirius…«, nuschelte sie warnend und versuchte sich so zu verhalten, als wäre alles völlig normal.

James feixte. »Sie tuscheln ja sogar schon.«

Hermine warf ihm einen bösen Blick zu und Sirius merkte, dass sie so langsam die Geduld verlor. »Klar tun wir das, wie weit bist du denn schon bei Lily gekommen?« Er stichelte neugierig das Thema wechselnd. Diesmal wurde Lily rot und stocherte verbissen in ihrem Essen herum.

»Touché.« James winkte ab.

»Was ist los, Lily? Wusstest du noch nicht, dass er in dich verliebt ist? Es freut ihn riesig, dass du jetzt öfter bei uns sitzt.«

»Lass das, Tatze«, murmelte James.

»Wieso? Wenn du Jean in Verlegenheit bringst, kann ich doch wohl dich in Verlegenheit bringen«, sagte Sirius lieblich.

Lily sah aus, als würde sie sich am liebsten ein Loch im Boden wünschen und Alice kicherte leise vor sich hin. »Okay, wenn ihr euch jetzt alle gegenseitig in Verlegenheit gebracht habt, dann können wir ja jetzt in Ruhe weiter essen«, sagte sie kurze Zeit später.

Hermine war froh, dass sie als nächstes eine Freistunde hatte. Das gab ihr eine Pause von Sirius und James und die Möglichkeit, diese unangenehme Mittagspause hinter sich zu lassen.

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Nächstes Kapitel:

Ich gehe nicht mit dir aus