Als sie am Abend in der Großen Halle zum Essen waren, war Sirius' Enttäuschung schon wieder verflogen. Als sie mit den anderen zusammen in den Drei Besen angekommen waren, hatte er schon wieder damit angefangen, mit Hermine zu flirten. Mehrmals hatte er sie vor den anderen in Verlegenheit gebracht und schien mächtig Spaß dabei zu haben. Hermine hatte es ihm nicht wirklich übel genommen, da sie ein schlechtes Gewissen hatte, weil sie ihn erneut zurückgewiesen hatte.

Beim Essen trafen sie auch wieder auf James und Lily. Und bei der Rothaarigen schien es endlich gefunkt zu haben. Auf Alice' Frage, wie der Tag gewesen sei, wurde Lily puterrot und James hatte sich grinsend zu ihr gebeugt und sie kurz auf die Lippen geküsst. Alice war daraufhin in Begeisterungsstürme ausgebrochen und James und Lily wurden von allen Seiten beglückwünscht.

Sirius hatte seinem Kumpel kräftig auf die Schulter geschlagen. »Endlich!«

Die Stimmung am Tisch war ausgelassen und hielt an, als sie später in den Gemeinschaftsraum gingen. Hermine freute sich für Lily und James. Sie wünschte den beiden von Herzen, dass sie so glücklich wie möglich sein würden.

»Was habt ihr heute gemacht?«, fragte Lily, als sie gemütlich vor dem Kamin saßen.

»Wir waren auch in Hogsmeade, ein bisschen was einkaufen«, sagte Alice.

»Oh, schön. Wie gefällt dir das Dorf, Jean?«, fragte Lily.

»Es ist ganz süß. Der Ausflug hat Spaß gemacht«, sagte sie nichtssagend.

»Hatten deine Eltern dir vorher schon was von Hogsmeade erzählt?«, fragte Lily weiter.

»Nein, wie auch. Sie sind doch Muggel.« Sie bemerkte ihren Patzer, in dem Moment, als sie es ausgesprochen hatte. Sie hoffte, dass die Rothaarige sich nicht mehr an ihr erstes Gespräch erinnerte. Hermine selbst hatte es ja auch fast vergessen.

Lily zog die Augenbrauen zusammen. »Hast du nicht gesagt, dass sie hier zur Schule gegangen sind?«

»Wie? Das musst du falsch verstanden haben«, versuchte Hermine sich herauszureden. »Die Eltern einer Freundin sind hier zur Schule gegangen.« Sie betete, dass Lily ihr das abkaufen würde.

»Hm… dann hab ich das wohl verwechselt«, sagte Lily nachdenklich und sah sie forschend an.

»Du bist also die erste Hexe in deiner Familie?«, fragte Sirius.

»Ja…«

»Na, da hab ich ja wirklich Glück!« Er zwinkerte ihr zu und strich ihr mit der Hand über den Arm.

»Du bist ein wahrer Glückspilz.« Neckend grinste Hermine ihn an.

»Schön, dass du das auch so siehst.« Er stieß knuffend mit seiner Schulter gegen ihre. Lächelnd sah Hermine ihn an und legte dann ihren Kopf auf seine Schulter. Sie hörte den Gesprächen nur noch nebenbei zu. Es wurde zu einem summenden Hintergrundrauschen. Sie fühlte sich wohl. Sie hatte hier so tolle Freunde gefunden. Keiner von ihnen hatte sein Schicksal verdient. Am liebsten würde sie sie warnen und führte einen ständigen Kampf mit sich selbst, es nicht zu tun.

Wenn sie wieder in ihrer eigenen Zeit wäre, dann würde sie keinen von ihnen wiedersehen. Aber sie schwor sich wenigstens Alice irgendwann im Sankt Mungos zu besuchen. Sie würde die Einzige sein, die zumindest noch irgendwie lebte. Auch wenn sie sie nicht erkennen würde, wollte Hermine sie wiedersehen. Aber mit keinem von ihnen würde sie die Chance haben, wieder solche Gespräche zu führen, wie sie es jetzt tat. Und vielleicht, versuchte sie sich einzureden, war es auch besser so.

Sie stellte sich vor, wie es wäre, wenn Harrys Eltern noch lebten und sie wieder käme und anfing, mit James und Lily Witze zu machen. Selbst mit dem Wissen im gleichen Alter zu sein, war es eine absurde Vorstellung. Sie kam sich schon allein bei den Gedanken daran so vor, als würde sie ihren besten Freund plötzlich verraten und durch seine Eltern ersetzen. Nein, vermutlich war es wirklich besser so.

Sie schloss die Augen. Sie würde sie vermissen, wenn sie wieder zu Hause wäre. Aber sie würde diese Zeit hier immer in guter Erinnerung behalten. Sie wolle die Zeit, die ihr hier noch blieb, genießen und Harry dann alles von seinen Eltern erzählen, was sie mit ihnen erlebt hatte. Sie wollte Neville von seiner Mutter erzählen. Sie würde das Beste daraus machen. Das Beste für ihre Zeit, ohne sie zu verändern. Sie hatte sich zwar irgendwie damit abgefunden, nichts verändern zu dürfen, auch wenn es schwer war, denn manchmal wurde der Drang doch übermächtig und sie wollte am liebsten alles hinausschreien. Dann erinnerte sie sich daran, dass Voldemort in ihrer Zeit inzwischen tot war und versuchte sich klar zu machen, dass sie diese Tatsache verändern könnte, wenn sie die anderen vor ihrem Schicksal warnte. Sie wollte nicht in eine Zeit zurückkehren, in der Voldemort vielleicht an der Macht war.

»Hey Jean«, flüsterte Sirius und hatte sich zu ihr herunter gebeugt.

»Hm?«, machte sie und ließ die Augen geschlossen. Sie kuschelte sich an seine Schulter.

»Wenn du jetzt einschläfst, kann ich dich leider nicht in dein Bett tragen«, sagte er bedauernd. »Dann muss ich dich wecken.« Er strich ihr eine verirrte Locke aus der Stirn.

»Ich schlafe nicht«, murmelte sie. »Ich denke nach.«

»Und worüber?«

»Dass ihr wirklich tolle Freunde seid«, flüsterte sie abwesend. Das waren sie wirklich. Auch wenn sie ihre eigenen Freunde vermisste, dies hier war anders. Harry, Ron und Ginny würde sie wiedersehen. Diese Menschen nicht und sie bedauerte es zutiefst.

Sirius beugte sich noch etwas weiter zu ihr. »Du bist auch toll«, murmelte er in ihr Haar.


Die nächsten Wochen zogen ins Land. Und sie spürten schon jetzt, dass sie bald ihren Abschluss machen würden. Die Hausaufgaben häuften sich und das Projekt in Zaubertränke nahm einen Großteil ihrer Zeit in Anspruch. Sie kamen kaum noch dazu, ihre Abende scherzend und quatschend im Gemeinschaftsraum zu verbringen, weil sie viel zu müde dazu waren. Lily, Remus und Hermine saßen häufig abends noch in der Bibliothek und arbeiteten an Aufsätzen. Ab und zu gesellte sich tatsächlich auch Sirius dazu.

An einem Samstagabend Ende Oktober saßen sie wieder in der Bibliothek und Hermine sagte neckend: »Du verbrennst ja doch nicht.«

»Das liegt bestimmt nur daran, dass du auch da bist«, antwortete er. Als Hermine nur die Augenbraue hochgezogen hatte, setzte er flüsternd hinzu: »In Deiner Gegenwart verbrenne ich eh schon.«

Hermine hatte lächelnd die Augen verdreht und sich wieder ihren Aufgaben gewidmet. Er konnte manchmal so schmalzig sein und bei jedem anderen hätte sie es als peinlich empfunden, aber nicht bei ihm.

Dass Lily und Remus sich ein Grinsen zugeworfen hatten, hatten beide nicht bemerkt.

Als Madame Pince sie hinaus schmiss, weil es schon spät war, schlenderten sie gemütlich in den Gemeinschaftsraum und setzten sich zu James, Peter und Alice.

Sirius und James beschwerten sich kurze Zeit später darüber, dass das Halloween Festessen in diesem Jahr auf einem Montag sein würde und man danach ja gar nicht mehr richtig feiern könnte. Die beiden hatten die Köpfe zusammen gesteckt, waren dann plötzlich aufgesprungen und aus dem Gemeinschaftsraum gerannt.

Lily sah ihnen zweifelnd hinterher. »Was haben die jetzt schon wieder vor?«

»Sie meinten, dass sie dann heute schon feiern wollen«, sagte Remus achselzuckend.

»Das sollte uns Sorgen machen, oder?«, fragte sie und sah besorgt zum Eingang des Gemeinschaftsraumes.

»Ich glaube, sie sind nur in die Küche, um was zu essen zu holen.« Remus schien sich überhaupt nicht über das Verhalten seiner Freunde zu wundern.

Es dauerte eine halbe Stunde, bis die beiden Rumtreiber wieder im Gemeinschaftsraum ankamen. Sie waren voll beladen mit allem möglichen Zeug. Zu aller Erstaunen hatten sie einen ganzen Korb voll mit geschrumpften Alkoholflaschen dabei.

»Wo um alles in der Welt habt ihr das her?«, fragte Lily entgeistert.

»Aus der Küche.«

»Klar, die Hauselfen geben euch Alkohol mit…«, sagte die Rothaarige. Mit zusammengekniffenen Augen sah sie auf die Körbe.

»Was habt ihr denn alles da drin?«, fragte Alice und wühlte neugierig in dem Korb. »Butterbier und Feuerwhisky.« Sie hielt zwei der entsprechenden Flaschen hoch.

»Halloweenparty!«, brüllte James durch den ganzen Raum und Johlen antwortete ihm aus allen Ecken. Einige Mitschüler stürmten zu den Rumtreibern, während andere es nur belustigt beobachteten.

»Das geht nicht! Du kannst doch keinen Alkohol hier her bringen! Was ist, wenn ein Erstklässler das Zeug trinkt?!« Lily sah sich hektisch um, als ihre Mitschüler in den Korb griffen.

»Dann müssen wir das schnell austrinken«, sagte ihr Freund und warf der Schulsprecherin eine Flasche Butterbier zu.

Reflexartig fing Lily die Flasche auf. »Wir haben eine Vorbildfunktion!«

Sirius hatte inzwischen mehrere Tische frei geräumt und das Essen darauf gestellt. »Remus, holst du dein magisches Radio runter?«, fragte er seinen Kumpel.

»Holt aber wenigstens noch Kürbissaft für die Jüngeren!«, sagte der Angesprochene mit Blick auf Lily und verschwand in seinem Schlafraum.

»Haben wir doch alles dabei«, sagte James, der einen dritten Korb auspackte und alles wieder auf seine ursprüngliche Größe hexte. »Sogar heiße Schokolade!«

Sirius und Alice räumten ein paar Tische und Sessel zur Seite, und als Remus das Radio aufgestellt hatte, drehten sie die Musik laut.

Hermine saß immer noch auf einem Sofa und hatte dem ganzen stumm zugesehen. Es wirkte ganz so, als wäre es nicht die erste Party, die die Gryffindors feierten. Mary und Marlene schnappten sich grinsend zwei Butterbier und stießen laut lachend mit den anderen an.

Gute Stimmung machte sich zwischen allen Gryffindors breit und die ersten fingen schon an zu der Musik zu tanzen.

Sirius stand plötzlich neben ihr. »Eine heiße Schokolade für dich«, sagte er und hielt Hermine einen dampfenden Becher hin.

Lily hatte inzwischen ihr Butterbier geöffnet, sah aber immer noch skeptisch aus.

»Danke«, sagte Hermine und nippte an ihrem Getränk. Sie verschluckte sich, als sie den Alkohol schmeckte. »Ist da Feuerwhisky drin?« Entsetzt schaute sie zu ihm hoch, als sie aufgehört hatte zu husten.

»Magst du nicht?«, wollte der Schwarzhaarige wissen.

»Das habe ich nicht gesagt. Eine Vorwarnung wäre aber schön gewesen.«

»Beim nächsten Mal.« Er setzte sich neben sie und stieß mit seinem Becher gegen ihren.

Hermine beobachtete das Treiben, das immer ausgelassener wurde. Lily entspannte sich auch etwas, als Remus einen Alterszauber über den Korb mit Alkohol sprach. Es war der einzige Korb, den sie nicht auf die Tische geräumt hatten. Nur Sechst- und Siebtklässler würden sich dort etwas raus nehmen können. Die Rothaarige ließ sich dann auch nur zu gerne von James zum Tanzen auffordern.

Hermine sah ihnen lächelnd dabei zu und trank zwischendurch von ihrer Schokolade. »Sie passen gut zusammen«, sagte sie. James schaffte es, dass Lily etwas lockerer wurde, während sie dafür sorgte, dass er etwas bedachter handelte. Es war eine gute Mischung und sie holten gegenseitig das beste aus sich heraus.

»Ihr auch«, rief Alice und steckte den Kopf zwischen Hermine und Sirius hindurch.

»Wir sind nicht –«, wollte Hermine einwenden, wurde aber unterbrochen.

»Ich kenn die Leier«, sagte Alice, verdrehte die Augen, schlug ihnen auf die Schultern und verschwand wieder. Das alles tat sie innerhalb von wenigen Sekunden.

Sirius grinste Hermine an. »Noch eine heiße Schokolade?«

Sie zog eine Augenbraue hoch. »Willst du mich betrunken machen?«

»Quatsch«, sagte Sirius. »Die gibt's auch ohne Alkohol. Es gibt noch Butterbier oder Kürbissaft. Du hast die Wahl.«

»Dann ein Butterbier«, antwortete Hermine und drückte ihm ihre leere Tasse in die Hand.

»Kommt sofort.« Er sprang auf und holte ihr das Gewünschte, für sich selbst brachte er auch eine Flasche mit. Er hielt sie hoch und verkündete: »Ein Butterbier. Da drin ist Bier und … Butter? Was ist in Butterbier drin?« Er ließ sich wieder auf das Sofa fallen und gab ihr eine der geöffneten Flaschen.

»Ich weiß es nicht.« Hermine lachte und stieß mit ihm an. Sie fand es süß, wie naiv er mit ihrem Wunsch nach einer Vorwarnung umging.

Sirius legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie ein bisschen zu sich. Sie lehnte sich an ihn und nippte an ihrem Getränk.

Lily und James kamen wieder zu ihnen und die Rothaarige setzte sich auf James Schoß. »Das mit der Party war vielleicht doch keine so schlechte Idee«, sagte sie angeheitert.

»Wir haben nur gute Ideen«, sagte Sirius stolz und grinste Lily an.

»Nein. Aber diese hier war gut.« Lily kuschelte sich an James und lächelte versonnen vor sich hin.

»Sie verträgt nicht viel Alkohol, oder?«, fragte Hermine leise.

»Keine Ahnung. Jedes Mal, wenn wir eine Party gefeiert haben, ist sie im Schlafsaal verschwunden«, flüsterte Sirius.

»Ich finds schön, dass sie sich jetzt gefunden haben«, sagte Hermine.

Sirius brummte nur unbestimmt. Dann fing er an, mit seiner Hand kleine Kreise auf ihre Schulter zu malen. Es löste bei Hermine eine Gänsehaut aus.

»Wollt ihr da ernsthaft die ganze Zeit nur rumsitzen?«, fragte Alice und schmiss sich in einen Sessel.

»Ist gemütlich.« Hermine lächelte leicht.

»Das kann ich sehen.« Alice wackelte mit den Augenbrauen. »Wer trinkt mit mir einen Feuerwhisky?«

»Ich!«, rief Lily und alle anderen sahen sie entgeistert an.

»Warst du nicht eben noch diejenige, die gemeckert hat, weil wir Alkohol mitgebracht haben?!«, fragte Sirius und sah sie verdattert an.

»Remus hat einen Alterszauber drüber gelegt«, sagte Lily achselzuckend.

»Dann eine Runde Feuerwhisky für alle!« Alice sprang wieder von ihrem Sessel auf und besorgte eine Flasche und mehrere kleine Gläser.

»Verratet ihr mir jetzt, wo ihr den Alkohol her habt?«, fragte Lily und setzte sich etwas gerader hin.

»James ist kurz nach Hogsmeade runter.«

»Was?«

»Es gibt einen Geheimgang im Schloss, der im Honigtopf endet«, erklärte der Schulsprecher.

»Ernsthaft?«

»Jop. Gibt mehrere, die aus dem Schloss raus führen. Es hat halt doch Vorteile, das Schloss so gut zu kennen wie wir«, sagte Sirius grinsend.

Als Alice zurückkam, verteilte sie die gefüllten Gläser. »Auf unser Abschlussjahr!« Die anderen stimmten mit ein und tranken dann einen Schluck aus ihrem Glas. Hermine schüttelte sich, als der Alkohol brennend ihre Kehle hinunter rann.

»Was haltet ihr von Flaschendrehen?«, fragte Alice und schwenkte die halb leere Whiskyflasche in der Hand.

»Nein!«, rief Hermine und setzte sich ruckartig auf. Sirius' Arm rutschte dabei von ihrer Schulter und sie fühlte sich, als hätte sie etwas verloren. Aber sie wollte auf gar keinen Fall mit Alice Flaschendrehen spielen. Die führte damit doch nur etwas im Schilde. Das würde kein gutes Ende nehmen.

»Warum nicht?«, fragte Alice und setzte dabei einen viel zu unschuldigen Blick auf.

»Viel zu auffällig, Alice!«, murmelte James.

Hermine sah zwischen ihr und James hin und her und kniff die Augen zusammen. »Ich spiele kein Flaschendrehen.« Dann stand sie auf und ging zu dem Tisch, auf dem die Snacks aufgebaut waren.

»Ich will das auch nicht spielen«, nuschelte Peter auf dem anderen Sofa.

»Schade…«, murmelte Alice und stellte die Flasche wieder beiseite.

»Du kannst doch nicht so vorpreschen. War doch klar, dass sie kein Flaschendrehen spielen will«, erklärte James.

»Aber irgendwie müssen wir ihr doch auf die Sprünge helfen… sonst wird das nie was.«

»Vielen Dank für eure Schützenhilfe«, sagte Sirius, der nun auch endlich verstanden hatte, worum es ging. »Aber ich bekomme das schon alleine hin.«

»Das sieht man. Eure Turteleien sind ja kaum noch auszuhalten. Aber ihr seid ja nur Freunde«, sagte Alice und verdrehte die Augen.

»Sie braucht einfach nur noch Zeit, das wird schon irgendwann von alleine.« Lily wollte nicht, dass ihre Freundin sich in die Ecke gedrängt fühlte. Wenn sie bereit dazu war, dann würde sie sich ihre Gefühle schon eingestehen, glaubte die Rothaarige.

»Ich geh mal zu ihr. Und mischt euch nicht ein!«, sagte Sirius und ging zu Hermine, die sich gerade ein paar Weintrauben in den Mund schob und so tat, als wäre sie eben nicht fluchtartig aufgesprungen.

»Na, was suchst du hier?«, fragte sie.

»Hm… was Süßes zum Vernaschen?«, gab er neckend zurück.

»Weintraube?«, fragte sie spielerisch und hielt ihm eine mit zwei Fingern vor die Nase.

»Klingt gut.« Er kam noch einen Schritt auf sie zu und nahm ihr die Weintraube mit dem Mund aus den Fingern. »Aber eigentlich hatte ich dir doch an deinem ersten Tag versprochen, dich zu füttern, nicht umgekehrt«, flüsterte er, nachdem er gekaut hatte.

»Tja, so kanns gehen.« Grinsend sah sie ihn an und ihre Augen funkelten übermütig.

»Tanzt du mit mir?«, fragte er und hielt ihr die Hand hin.

Hermine sah ihn überlegend an.

»Na komm schon, gib dir einen Ruck.« Er wackelte auffordernd mit den Fingern.

»Aber du hältst mir Alice vom Leib, wenn sie wieder anfängt zu sticheln.«

»Abgemacht.« Sirius freute sich und griff nach ihrer Hand. Er zog sie an sich und legte seine Arme um ihre Taille.

Hermine verschränkte die Hände in seinem Nacken. Sie bewegten sich sanft zum Takt der Musik. Hermine fühlte sich gut und leicht. Es machte Spaß, sich mit ihm zur Musik zu bewegen. Er hatte ein gutes Gefühl für Rhythmus.

Sirius sah ihr in die Augen. Irgendwann würde sie ihn noch um den Verstand bringen. Sie fühlte sich so gut in seinen Armen an. »Ich will dich küssen, Jean. Darf ich?«, murmelte er leise und legte seine Stirn an ihre. Er spürte direkt, wie sie sich in seinen Armen versteifte. Aber sie stieß ihn nicht von sich weg. Das gab ihm ein kleines bisschen Hoffnung.

Hermine zögerte. Es fiel ihr schwer, abzulehnen. Er machte es ihr wirklich schwer. Aber es durfte nicht sein. Sie durfte nicht. Er durfte nicht. »Nein«, sagte sie nach einer Weile leise.

Sirius seufzte tief und zog sie dicht an sich. Er legte seine Arme fest um sie. »Warum?«, fragte er an ihrem Ohr und fuhr mit der Nase über ihre Ohrmuschel. »Nein, sag es nicht. Ich weiß es«, beantwortete er murmelnd seine eigene Frage selbst.

Hermine legte ihren Kopf auf seine Schulter. Es fühlte sich so gut an ihn zu umarmen, von ihm gehalten zu werden. Warum konnte er nicht anders sein, damit es ihr nicht so schwer fiel? Warum war es nur so kompliziert? Sie wusste, sie müsste jetzt eigentlich wieder Abstand zwischen sich und ihn bringen.

Sie konnte seinen Puls unter der Haut an seinem Hals schlagen sehen. Er ging kräftig und schnell. Es war faszinierend, dabei zuzusehen. Wenn sie den Kopf bewegte, konnte sie mit der Nase über seine warme Haut streichen. Einem Impuls folgend, küsste sie die Stelle.

»Jean.« Ihr Name aus seinem Mund glich beinahe einem Stöhnen. »Warum tust du das?« Er drehte sein Gesicht in ihre Haare und atmete tief ein. Er lockerte seinen Griff um sie, weil seine Arme vor Anspannung beinahe zitterten.

»Ich weiß es nicht«, murmelte sie.

»Tu das nicht«, flüsterte er und zog sie wieder dichter in seine Arme.

»Es tut mir leid.«

»Ich will dich so unbedingt küssen.«

»Das geht nicht…«, flüsterte sie so leise, dass er sie kaum verstand.

»Ich weiß.« Er seufzte. »Verlass ihn.«

»Ich kann nicht«, antwortete sie leise.

»Warum?«, wollte er wissen und strich mit seinen Händen über ihren Rücken.

»Das ist nicht so einfach«, antwortete Hermine und seufzte.

Sirius hob den Kopf und sah sie an. »Warum?«

Hermine hob ebenfalls den Kopf und sah ihm in die Augen. »Das gehört zu den Dingen, über die ich nicht reden möchte.«

»Bist du etwa schon ver–«

»Nein! Nein. Er ist nur mein Freund«, sagte sie bestimmt und sah ihn weiterhin an.

»Was willst du, Jean? Warum sagst du mir nicht, dass ich dich in Ruhe lassen soll?« Er wartete vergeblich auf eine Antwort. Sie schwieg einfach nur. »Liebst du ihn?«, flüsterte er so leise, dass sie ihn diesmal beinahe nicht verstand.

Hermine schloss die Augen. Sie konnte ihn nicht mehr ansehen. »Ich weiß es nicht«, hauchte sie und biss sich auf die Lippen. Sie fragte sich im gleichen Moment, warum sie es nicht bejaht hatte. Sie liebte Ron doch, oder?

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Nächstes Kapitel:

Knutsch doch endlich mit ihm