Die Tage zogen ins Land und Hermine hatte immer mehr das Gefühl, hier hinzugehören. Es war fast so, als wäre sie schon immer hier gewesen. Ihre Freunde machten es ihr aber auch einfach, sie gaben ihr ein Gefühl, als würde sie bereits ewig dazu gehören. Sie war nicht mehr 'die Neue'.

Sie fühlte sich so wohl, dass sie manchmal sogar vergaß, dass es nicht ihre Zeit war. Und zu den unpassendsten Zeitpunkten kam es ihr in den Sinn. Einmal, als sie mit Sirius auf dem Sofa gesessen hatte, musste sie plötzlich an Ron denken und stellte sich vor, was er sagen würde, wenn er sie so sehen könnte. Wie enttäuscht er davon wäre, dass sie nicht mal versucht hatte, für ihre Beziehung zu kämpfen. Dass es ihn vielleicht sogar anekeln würde bei der Vorstellung, dass sie Harrys Paten küsste.

Sie selbst hatte Schwierigkeiten dabei, sich Sirius als den Paten ihres besten Freundes vorzustellen. Obwohl es ein und dieselbe Person war, waren sie doch so unterschiedlich. Wenn sie an ihn dachte, dann war er einfach nur Sirius. Dann war er kein Pate, dann war er nicht zwanzig Jahre älter als sie, dann hatte er nie in Askaban gesessen, dann war er nicht tot.

Sie hatte einmal versucht, sich bewusst zu machen, dass sie Sirius nie wieder sehen würde, aber vergeblich. Die Gefühle, die sie dann überschwemmt hatten, hatte sie ganz schnell wieder von sich geschoben. Sie wollte das nicht fühlen, sie wusste, es würde sie noch früh genug einholen.

Und sie fragte sich häufig, wie sie jemals hatte glauben können, in Ron verliebt zu sein. Das, was sie gerade mit Sirius erlebte, die ganzen Gefühle, die er ihn ihr auslösen konnte – es war so viel mehr und so viel besser, als sie es sich jemals hätte vorstellen können. Wenn Sirius sie anlächelte, dann lief ihr Herz vor Wärme über. Wenn er sie berührte, dann lief eine Gänsehaut über ihren ganzen Körper. Wenn er sie nur ansah, dann kribbelte es in ihrem Bauch. Und wenn er sie küsste, dann vergaß sie alles um sich herum und verbrannte von innen heraus. Und das Kuriose daran war, nur er konnte es lindern.

Ron hatte nichts davon in ihr auslösen können und es wäre vielleicht auch gut gegangen, aber jetzt hatte sie festgestellt, dass es auch anders sein konnte, dass es so viel besser sein konnte. Sie hatte immer geglaubt, dass die kitschigen Romane, die ihre Mutter gelesen hatte, absolut übertrieben waren, aber Sirius hatte sie tatsächlich eines Besseren belehrt. Was sie fühlte, wenn sie an ihn dachte, war kaum in Worte zu fassen.


An diesem Samstag war das Quidditchspiel Gryffindor gegen Ravenclaw. James hatte sich schon früh von seinen Freunden verabschiedet, weil die Mannschaft sich noch aufwärmen wollte, bevor das Spiel beginnen würde. Die anderen saßen noch beim Frühstück in der Großen Halle.

»Warum spielst du eigentlich nicht?«, fragte Hermine Sirius.

»Ich habe kleine Lust, ständig zu den Trainings zu müssen.« Er rümpfte die Nase und schüttelte sich.

Hermine nickte grinsend. »Ich versteh schon, nur so viel Anstrengung wie grade nötig.«

»Hey! Sagst du etwa, dass ich faul bin?«, fragte er empört und wollte sich auf sie stürzen.

»Quatsch! Du bist doch nicht faul! Du… ähm…« Hermine wich vor ihm zurück.

»Ja? Was bin ich?«, fragte er lauernd.

Alice, Lily, Remus und Peter verkniffen sich das Lachen, als Hermine sie hilfesuchend ansah.

»Also… ähm… energiesparend?«, fragte sie.

Sirius sah sie verdattert an. »Was ist denn energiesparend?« Dabei vergaß er ganz, dass er Hermine kitzeln wollte.

»Tja, hättest du Muggelkunde belegt, wüsstest du es«, giggelte Alice.

»Es bedeutet soviel wie, dass du deine Energie effizient einsetzt«, erklärte Remus.

»Nicht wirklich…«, murmelte Lily. »Es wird nur weniger Energie verbraucht.«

»Also auch nicht nett«, sagte Sirius und beugte sich immer mehr in Hermines Richtung.

Als er seine Hände an ihre Taille gelegt hatte, rief sie: »Nicht! Es bedeutet, dass du deine Energie gut einteilst!«

Sirius zog eine Augenbraue hoch. »Wirklich?«

»Ja! Nicht kitzeln, bitte!«, quietsche sie und wandte sich aus seinen Händen.

»Ihr zwei seid bekloppt, wirklich. Die ganze Halle schaut schon zu«, sagte Lily kopfschüttelnd.

Hermine und Sirius sahen sich um. An jedem Tisch schauten Schüler zu ihnen. Manche grinsten, andere wirkten genervt. Sirius setzte sich wieder gerade hin und tat so, als wäre überhaupt nichts gewesen. Hermine atmete erleichtert auf. Er hatte wirklich schnell herausgefunden, dass sie unheimlich kitzlig war, und das nutzte er zu ihrem Leidwesen sehr gerne aus.

»Was meint ihr, wie das Spiel heute ausgeht?«, fragte Peter.

»Gryffindor gewinnt natürlich!«, sagte Sirius im Brustton der Überzeugung.

»Ravenclaw ist dieses Jahr aber auch nicht schlecht aufgestellt«, warf Alice ein.

»Quatsch«, hielt Sirius dagegen. »Unser Team ist besser.«

»Ich habe ja auch nur gesagt, dass die Ravenclaws dieses Jahr nicht schlecht sind«, verteidigte Alice sich.

»Dieses Jahr holen wir den Pokal«, behauptete Sirius.

»Lasst uns mal losgehen. Sonst bekommen wir keine vernünftigen Plätze mehr«, schlug Remus vor. Daraufhin machte sich die Gruppe auf den Weg zum Quidditchfeld.

»Gab es an deiner alten Schule auch Quidditch?«, fragte Sirius Hermine. Er ging neben ihr her und hielt ihre Hand.

»Ja. Aber frag mich nicht, wer gewonnen hat«, antwortete sie und lächelte zurückhaltend.

»Aber du kannst schon den Quaffel vom Schnatz unterscheiden, oder?«, feixte Alice.

»Also das bekomme ich grade so noch hin.« Hermine lachte und grinste Alice an.

»Ach, aus dir machen wir schon noch einen Quidditchfan.« Sirius legte ihr den Arm um die Schulter und küsste sie auf die Schläfe.

»Ich bin mir jetzt nicht sicher, ob ich dir dabei viel Erfolg wünschen soll«, sagte Hermine bang. »Das haben schon andere versucht und sich die Zähne daran ausgebissen.«

Die Gruppe stieg die Gryffindortribüne hinauf und suchte sich Plätze, von denen sie gut sehen konnten.

»Also, es gibt Treiber, Jäger, Hüter und den Sucher«, fing Sirius an.

»Ich habe die letzten Jahre nicht hinter dem Mond gelebt, Sirius«, sagte Hermine und verdrehte die Augen. »Ich kenn die Regeln, ich interessiere mich nur nicht dafür. Das ist ein Unterschied.«

»Wie viel Punkte gibt der Schnatz?«, fragte Alice.

»Oh Leute… hundertfünfzig. Soll ich euch auch noch sagen, was der Wronski-Bluff ist?« Sie pokerte, es war das einzige Flugmanöver, das sie kannte und erkennen konnte.

»Okay, okay. Du kennst die Regeln.« Sirius hob beide Hände zum Frieden. Dann legte er sie an ihr Gesicht und küsse sie.

»Wenn ihr jetzt anfangt zu knutschen, dann verpasst ihr das Spiel«, meckerte Alice.

»Sie ist nur neidisch«, flüsterte Sirius gegen Hermines Lippen und zog sie näher zu sich.

»Nehmt euch ein Zimmer!«

Sirius achtete nicht darauf, sondern küsste das Mädchen in seinen Armen, als wäre es das letzte Mal. Hermine bekam von allem, was um sie herum geschah, nichts mit. Alle ihre Sinne waren auf Sirius konzentriert und sie war in ihre eigene kleine Welt versunken.

»Würgende Wasserspeier!«, mokierte Alice.

»Je mehr du dich aufregst, desto länger machen sie weiter. Beachte sie doch einfach gar nicht«, sagte Remus und seufzte.

»Sie haben halt Feuer unterm Kessel«, sagte Lily lächelnd. Sie freute sich für ihre Freundin.

»Aber müssen die das so zur Schau stellen?«, jammerte Alice.

»Lass sie doch einfach, guck, da kommen die Mannschaften.« Remus zeigte auf das Spielfeld.

Sirius gab Hermine noch zwei-drei kleinere Küsse, dann legte er seine Stirn an ihre. »Das Spiel geht los.« Er drehte sich zum Spielfeld und legte den Arm wieder um Hermine. Sie musste sich für ein paar Sekunden orientieren, bevor sie begriff, wo sie war.

Die Spieler beider Mannschaften flogen über das Feld und der Schiedsrichter eröffnete das Spiel. Es ging gleich rasant los und die Jäger beider Teams schenkten sich nichts. Als James das erste Tor für Gryffindor schoss, brach frenetischer Jubel auf der Tribüne aus. Die Gryffindors sprangen auf und feuerten ihr Team an. Die Sucher kreisten hoch über dem Stadion, auf der Suche nach dem goldenen Schnatz.

Lilys Blick klebte förmlich auf James, der rasant über das Spielfeld flog. Hermine ließ sich von der herrschenden Stimmung anstecken. Sie fieberte genauso mit wie alle anderen. Sie krallte sich an Sirius Arm, als der Sucher an Tempo zulegte und über das Spielfeld schoss.

Das Spiel dauerte mehrere Stunden und am Ende stand Gryffindor als Sieger fest.

»Bei Merlins Unterhosen, war das spannend!« Alice grinste bis über beide Ohren, als sie die Tribüne verließen und vor dem Stadion auf James und den Rest der Mannschaft warteten.

»Selbst Jean hat richtig mitgefiebert. Ich habe morgen bestimmt einen ganz blauen Arm« Sirius rieb sich grinsend über den Arm.

»Bist du eine Memme?«, fragte Hermine und stupste ihn mit der Schulter an.

»Nein, du darfst mich misshandeln«, feixte er.

Hermine blieb abrupt stehen und sah ihn mit großen Augen an. »Misshandeln?«, rief sie empört und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Ich mach doch nur Spaß«, säuselte Sirius versöhnlich und schlich auf sie zu.

»Ooh, nein. Komm mir nicht zu nah.« Hermine wich spielerisch vor ihm zurück. »Nicht, dass du mir noch mal Misshandlung vorwirfst!«

»Jean, komm her.« Sirius blieb stehen und breitete die Arme aus. »Ich kann doch nicht mehr ohne dich!«

»Üargs«, würgte Alice.

Hermine sah sie teuflisch grinsend an und zwinkerte ihr zu. »Ach Sirius! Ich kann doch auch nicht ohne dich.« Sie rannte auf ihn zu und warf sich in seine Arme. Sirius hob sie hoch und wirbelte sie durch die Luft. Alice gab weiter würgende Geräusche von sich.

»Du bist das Licht in meiner Dunkelheit«, säuselte Sirius.

»Du bist der hellste Stern meines Universums.« Hermine grinste ihn an.

»Du bist der Hauptpreis meines Lebens!«

»Meine ganze Welt dreht sich nur um dich!«

»Einzeln sind wir Worte, zusammen ein Gedicht!«

»Du bist für mich, wie die Luft –«

»Es ist gut jetzt!«, rief Alice und hielt sich die Ohren zu. Sirius und Hermine brachen in schallendes Gelächter aus.

»Du forderst es aber auch immer heraus«, sagte Lily kopfschüttelnd.

Alice verdrehte die Augen und drehte Sirius und Hermine demonstrativ den Rücken zu. Das Paar grinste sich an und schlich dann zu Alice. Sie küssten sie rechts und links auf die Wange. »Es macht einfach Spaß dich zu ärgern.« Sirius legte ihr einen Arm um die Schultern.

»Das ist aber nicht nett.« Alice seufzte übertrieben laut. »Könnt ihr nicht ein bisschen Rücksicht auf mein zartes Gemüt nehmen?«

»Dein zartes Gemüt?«, kam es ungläubig von einer Stimme hinter ihnen. Die drei drehten sich um und sahen James, der eine lachende Lily im Arm hatte. »Wenn du ein zartes Gemüt hast, dann bin ich der Zaubereiminister.«

»Wenn du so weiter machst, gratuliere ich dir nicht zu eurem Sieg!«, frotzelte Alice.

»James!« Sirius sprang auf seinen Kumpel zu. Er umarmte ihn beherzt und schlug ihm auf die Schulter. »Glückwunsch, Mann!«

»Glückwunsch zum Sieg!«, stimmten die anderen Freunde mit ein.

»Beste Voraussetzungen, um den Pokal zu gewinnen«, grinste Alice.

»Gut gemacht.« Lily küsste ihren Freund hingebungsvoll, was dieser in vollen Zügen genoss.

»Oh, ihr nicht auch noch! Bitte!«, maulte Alice theatralisch.

Hermine und Sirius lachten und steckten die anderen damit an. Gut gelaunt machten sie sich auf den Weg in ihren Turm. Die Jungs flachsten herum und jagten sich gegenseitig über die Wiese, wobei Sirius sich ab und zu einen Kuss von Hermine stahl. Lachend sahen die Mädchen ihnen dabei zu. Alice hatte sich bei Hermine und Lily untergehakt. Langsam gingen sie den Jungs hinterher. Hermine fühlte sich ausgelassen und gelöst.

Plötzlich hielten die Jungs an. Sie standen einem schwarzhaarigen Jungen aus Slytherin gegenüber. »Na, Schniefelus. Wo willst du denn hin?«, fragte Sirius gehässig.

»Hau ab, Black!«, sagte Snape und wollte an den Rumtreibern vorbeigehen.

»Aber, aber, Schniefelus! Warum so unhöflich? Müssen wir dir erst Manieren beibringen?«, fragte James und zog seinen Zauberstab.

Die Mädchen schlossen langsam zu den Jungs auf. Hermine wusste, dass die Rumtreiber Snape ständig gehänselt hatten. Aber sie hatte eigentlich gedacht, dass sie damit im letzten Schuljahr aufgehört hatten. Sie fühlte sich schlecht dabei, es jetzt mitzuerleben.

Snape versuchte es zu ignorieren und den Jungs zu entkommen.

Als auch Sirius seinen Zauberstab zog, platzte Hermine der Kragen. »Sag mal, spinnt ihr?«

Die Jungs sahen sie überrascht an. Lily und Alice guckten beschämt zur Seite, als würde es sie überhaupt nichts angehen. Remus und Peter standen etwas abseits, als wollten sie sich aus allem heraus halten.

»Das verstehst du nicht«, sagte James und wollte sich wieder Snape zuwenden.

»Du hast recht, ich verstehe es nicht. Er ist hier doch einfach nur lang gegangen. Warum pöbelt ihr und zieht auch noch eure Zauberstäbe? Hat euch irgendwas das Hirn vernebelt?«

»Jean, das –« Sirius wollte etwas sagen, kam aber nicht dazu.

»Das ist einfach scheiße!« Hermine wollte nicht sehen, was als Nächstes passierte. Sie machte sich von Alice los und ging auf das Eingangsportal des Schlosses zu. Seit sie von Harry erfahren hatte, wie James und Sirius von Anfang an mit Snape umgegangen waren, hatte sie Mitleid mit ihrem ehemaligen Zaubertränkelehrer gehabt. Sie hatte es noch nie ausstehen können, wenn Schwächere auch noch schlecht behandelt wurden.

»Warte! Jean!«, rief Sirius und eilte ihr hinterher. Hermine dachte aber gar nicht daran stehen zu bleiben. Sie hörte, dass der Rest ihr ebenfalls folgte. Sirius griff irgendwann nach ihrer Schulter und zwang sie so sich umzudrehen. »Was ist los?«

»Du fragst mich allen Ernstes, was los ist?«, fragte sie wütend.

Sirius rang nach Worten und sah kurz zu James. »Du verstehst das nicht. Wir hassen ihn.«

»Ihr hasst ihn? Was hat er euch denn getan?« Hermine klang ziemlich schnippisch.

»Ich hasse seine bloße Existenz«, sagte James angewidert.

»Oh, wow. Na herzlichen Glückwunsch. Damit bist du nicht besser als ein To-« Sie brach noch rechtzeitig ab, bevor sie etwas Falsches sagte, sie wusste nicht, ob die Todesser jetzt schon so aktiv waren oder noch nicht. Sie räusperte sich. »Damit bist du nicht besser als manche Reinblüter, die Muggelgeborene allein wegen deren Existenz hassen.«

»Das kannst du doch nicht vergleichen«, sagte Sirius.

»Doch. Und du solltest das am besten wissen 'Black'! Was würdest du sagen, wenn man auf mich losgeht, nur weil ich existiere? Weil ich die falschen Eltern habe?«, fragte sie.

Sirius stutzte kurz, als sie auf seine Familie anspielte. »Snape interessiert sich für schwarze Magie«, versuchte er sein Verhalten zu verteidigen.

»Und das macht ihn automatisch zu deinem Feind?«, fragte sie.

»Jeder, der sich für schwarze Magie interessiert, ist ein potenzieller Feind«, sagte James.

»Und wenn ich dir sage, dass ich mich auch damit beschäftigt habe?«, fragte Hermine provokant.

Eine gespenstische Stille machte sich zwischen allen breit. Und alle sahen sich gegenseitig betreten an.

»Ich bin der Meinung, du kannst dich nur gegen etwas verteidigen, das du auch kennst«, sagte Hermine. Die anderen brauchten nicht zu wissen, dass sie übertrieb. Sie hatte zwar das eine oder andere schwarzmagische Buch auf ihrer Flucht dabei gehabt, aber interessiert hatte sie sich nicht dafür. »Und jemanden nur für seine Existenz zu hassen, ist für mich das Allerletzte.« Mit diesen Worten ließ sie die anderen stehen und ging in den Gryffindorturm.

Es dauerte etwa eine Viertelstunde, bis die anderen ebenfalls eintrafen. Sirius setzte sich neben sie und stupste vorsichtig gegen ihre Schulter. Müde sah Hermine ihn an.

»Interessierst du dich wirklich für dunkle Magie?«, fragte er.

Hermine seufzte. »Nein. Aber ihr könnt doch nicht einfach jemanden, nur dafür, dass er existiert, hänseln und demütigen.«

»Hast du das erlebt, weil du muggelgeboren bist?«, fragte Remus.

»Ja. Und es sind ja nicht nur Muggelgeborene… auch andere mit 'unreinem Blut'«, erklärte sie bedeutungsvoll und sah, wie James und Sirius Remus einen Blick zuwarfen.

»Das mit Snape ist aber anders«, sagte Sirius leise.

»Im Kern hat Jean aber recht«, murmelte Lily.

James und Sirius sahen sie erstaunt an.

»Was guckt ihr so… Ich habe früher auch versucht, ihn zu verteidigen. Er war als Kind mein bester Freund. Ich habe nie so wirklich verstanden, woher euer Hass auf ihn kommt; nur weil er in Slytherin einsortiert wurde? Erst als er mich ein – als er mich beleidigt hat, wurde es mir egal. Vorher habe ich immer versucht, dass er nicht von seinen Todesserfreunden eingelullt wird, weil er mir wichtig war«, erklärte die Rothaarige. »Ich habe versucht, ihn von der schwarzen Magie abzulenken.«

»Alle Todesser waren in Slytherin«, warf James ein.

»Nein, sie kommen aus allen Häusern«, murmelte Hermine unbedacht und hoffe in nächsten Moment, dass niemand sie verstanden hatte.

»Woher willst du das denn wissen?«, fragte Sirius.

Hermine zuckte mit den Schultern. »Könntest du es beschwören, dass sich kein Gryffindor du-weißt-schon-wem anschließen würde? Ich nicht. Wenn das Angebot stimmt, dann lässt sich vielleicht auch jemand, den du als Freund bezeichnest, von dieser Ideologie einlullen.«

»Was redest du für einen Quatsch?«, fragte James.

»Die Eltern eines Freundes wurden von einem ihrer besten Freunde verraten. Sie kannten ihn jahrelang und dann hat er sie verraten. Einfach so…«, sagte sie leise und verfluchte sich im selben Augenblick dafür. Sie musste jetzt ihre Klappe halten! Sonst würde sie den Lauf der Geschichte definitiv verändern und sie hatte keine Ahnung, wo das hinführen würde. Dabei wollte sie in diesem Augenblick so sehr davon erzählen – ihre Freunde warnen. Es war so schwer es nicht zu tun; jetzt, wo sie die erste Andeutung gemacht hatte.

»Was? Aber du-weißt-schon-wer ist doch nur hier aktiv?«, fragte James skeptisch.

»Das bedeutet aber nicht, dass er der einzige dunkle Zauberer weltweit ist«, sagte Hermine und hoffte, dass sie aus dieser Nummer heile wieder heraus kam. Warum hatte sie sich bloß eingemischt? Nur weil sie Mitleid mit Snape hatte? Weil er später aus Liebe zu Lily die Seiten wechseln würde und so zu ihrer größten Hilfe wurde? »Können wir das Thema wechseln? Ich will nicht darüber sprechen.« Es fiel ihr unglaublich schwer, diesen Satz zu sagen, am liebsten hätte sie ihnen die Wahrheit ins Gesicht geschrien.

»Bist du uns denn noch böse?«, fragte Sirius nach einigen Minuten Stille und sah sie leidend an.

»Nein, denkt nur ein bisschen nach, bevor ihr jemanden verurteilt«, bat sie leise. Ihr war zum Heulen zumute.

Sirius nickte leicht und nahm sie in den Arm. Hermine lehnte sich an ihn und schloss die Augen. Hätte sie doch bloß nichts gesagt. Aber irgendwie hatte sie sich dazu verpflichtet gefühlt. Seit Harry ihr davon erzählt hatte, ging ihr Snapes Schicksal nah.

——————————————————

Nächstes Kapitel:

Dir tut es leid?