Dobbys Warnung

Snape blinzelte. Nach dem gestrigen Abend, kam ihm sein Haus merkwürdig entvölkert vor. Daran änderte auch das schrille Pfeifen des Wasserkessels nichts. Träge goss er seinen Tee auf.
Es war spät geworden.
Am östlichen Horizont kündete bereits ein schmaler, rötlicher Streifen den Sonnenaufgang an, als er endlich nach Hause kam. Bei Snapes Nachbarn brannte Licht, aber es war totenstill.
Er hörte sein eigenes Atmen. Merkwürdig.
Vor ihm auf dem Küchentisch lag das Pergament, das er gestern erhalten hatte. Gedankenverloren strich er über die Adresse, mit fein verschnörkelter Schrift und grüner Tinte geschrieben.

Severus Snape
Ein Muggelgarten
London

Lucius feierte also Geburtstag. Am achtzehnten Juli. Snape rechnete kurz nach. Der November schien ein produktiver Monat zu sein. Mit einem Feixen strich Severus das Pergament glatt, streckte sich und nippte am Tee.
Er würde sich nicht drücken können. Albus hatte ihm eindringlich nahegelegt, dass es sehr unklug wäre, es sich mit den Malfoys zu verscherzen.
Jedes Fernbleiben ohne das Beilegen einer notariell beglaubigten Sterbeurkunde, würde garantiert als Affront gegen das altehrwürdige Geschlecht der Malfoys im Allgemeinen und gegen Lucius im Speziellen aufgefasst werden und seit Lucius Malfoy nun Mitglied des Schulrates war, fasste Albus Dumbledore solche Auftritte als Arbeitseinsatz auf.
Severus fand die Aussicht auf einen langweiligen Abend, inmitten von lauter Prominenz — sogar der Zaubereiminister war eingeladen — erschreckend. Und das war noch milde ausgedrückt.

Gesellschaftliche Anlässe widerten ihn an. Man vergeudete seine Zeit mit Hohlköpfen, schlürfte Elfenwein und musste noch gute Miene zum miesen Spiel machen. Konversation, hieß das Zauberwort und jeder Satz konnte später gegen einen verwendet werden.
Dass Lucius ihn überhaupt einlud. Severus schüttelte den Kopf. Mit wem sollte er sich da unterhalten? Ein ehemaliger Todesser ...
Auch Lucius war ein Todesser gewesen, aber das war natürlich etwas anderes. Lucius hatte Beziehungen, sodass nie eine Anklage vorm Zauberergamot formuliert wurde.
Ein Lächeln flog über Snapes Züge. Auch seine eigene Straffreiheit hatte er Beziehungen zu verdanken. Albus Dumbledore hatte schützend die Hand über ihn gehalten. Überhaupt hatte er dem Direktor viel zu verdanken. Verdammt viel! Da konnte er auch eine sinnlose Feier besuchen, er würde den Abend schon irgendwie hinter sich bringen.

Mit einem tiefem Seufzen betrat er sein Arbeitszimmer und nahm wahllos eins der vielen Pergamente in die Hand. Wenn er ehrlich mit sich selbst war, dann kam er hiermit auch nicht richtig weiter. Es war schon ein gewaltiger Unterschied, ob man nur einen einzelnen Artikel für eine Fachzeitschrift, oder ein komplettes Lehrbuch zu schreiben hatte. Es musste so vieles bedacht werden. Allein schon die Dummheit des Lesers, von der unbedingt auszugehen war, stellte eine echte Herausforderung dar. Wo sollte man beginnen? Bei der Erfindung des Rades? Oder vielleicht ein paar Jahrtausende vorher.

Versonnen griff Snape einmal mehr nach seinem Entscheiddichflott und strich fast zärtlich über die glatte, kühle Glasoberfläche.
Teufelchen reckte sich und gähnte. Engelchen schien ein Buch zu lesen.
Was ist jetzt schon wieder?, blaffte Teufelchen unvermittelt.
Langweilt er sich schon wieder?, fragte Engelchen abwesend.
Prrrffffttttt!, machte Teufelchen und drehte Snape den Rücken zu. Dieser musste beinahe lächeln. Ob dieses Entscheiddichflott so funktionierte wie es sollte, wagte er nicht, zu beurteilen. Ihm kam es so vor als würde es Einiges an Eigenleben entwickeln.

Er würde Lucius ein Geschenk mitbringen müssen. Da ging es schon weiter.
Entnervt warf Severus den Glastropfen auf den Schreibtisch und sah gerade noch wie Teufelchen die Faust nach ihm schüttelte.
Frische Luft, ein Spaziergang, das würde ihm guttun. Er warf sich den Gehrock, den er auch am gestrigen Abend getragen hatte, über und trat hinaus auf die menschenleere Straße.

Nur einen Tag später war es noch immer brüllend heiß. Die ersehnten Gewitter waren ausgeblieben, Abkühlung nicht in Sicht.
Severus hatte die leidige Geschenke-Frage mit einer Flasche erlesenen Feuerwhisky gelöst, die er sich für sich selbst niemals leisten würde, die aber trotz Allem nicht unbedingt den Ausbund an Kreativität darstellte. Egal. Severus bezweifelte, dass Lucius überhaupt einen Blick darauf werfen würde. Aber mit leeren Händen auflaufen kam selbstverständlich auch nicht in Frage.

Die Schwierigkeiten waren aber mit dem Geschenk noch nicht gemeistert.
Was anziehen? Ein Blick in den Kleiderschrank zeigte Severus nicht nur, dass er kein Problem mit gewagten Farbkombinationen haben würde, sondern leider auch, dass er nicht eine einzige Robe besaß, die als wirklich gesellschaftsfähig im malfoyschem Sinne, durchgehen konnte. Die mit den abgestoßenen Ärmeln hatte er gleich aussortiert, aber es fand sich wirklich nicht eine, bei der sich noch nicht irgendwo zumindest ein kleines bisschen ätzender Zaubertrank durch den Stoff gebrutzelt hatte.

Irgendwann hatte Severus einfach beschlossen, dass ihn schon niemand so genau angucken würde, hatte die dunkelschwarze Robe mit dem winzigen Brandloch im linken Ärmel angezogen und war in Richtung Malfoy Manor disappariert.
Das alte Anwesen ragte ehrfurchtgebietend gegen den strahlend blauen Himmel auf. Heller Sandstein. Der Apparierplatz war schon innerhalb der wuchtigen Mauern gelegen, der Rasen saftig grün, trotz der anhaltenden Trockenheit, frisch gestutzt und garantiert gnomfrei, von schmalen, strahlend weißen Kieswegen durchzogen.

Severus atmete tief durch, die Luft war angenehm frisch und nicht so drückend und abgestanden wie daheim in Spinner's End. Lucius hatte doch nicht etwa einen Kühlezauber über das gesamte Anwesen gelegt. Zuzutrauen war es ihm.
Vor dem Eingangsportal standen schon Gäste in kleinen Grüppchen zusammen. Ein Gewirr von Stimmen, gedämpftes Klaviergeklimper, Gelächter wehte herüber. Mehrere Hauselfen schleppten Tabletts mit Gläsern hin und her.
Severus hatte nicht übel Lust, gleich wieder zu disapparieren.
Zwei weiße Pfauen stolzierten vor einem marmornen Springbrunnen umher. Einer schlug ein Rad.

Snape erkannte Lucius dort in der Menge. Das weißblonde Haar leuchtete in der Sonne, seine silberne Robe sah selbst auf die Entfernung teuer aus. Er unterhielt sich angeregt mit einem Mann, den Severus nicht kannte, oder nicht erkennen konnte. Er kniff die Augen zusammen. Die sorgfältig in Seidenpapier verpackte Flasche fühlte sich kühl an und schwer.
Snapes Zunge klebte am Gaumen, es war doch warm — irgendwie.

Vermutlich würde es niemandem auffallen, wenn er einfach wieder verschwand. Gut, der Einladung eines Malfoy war Folge zu leisten, wenn man sich nicht unbeliebt machen wollte. Aber wenn Severus ehrlich mit sich selber war, dann scherte es ihn reichlich wenig, was Lucius von ihm dachte. Er sah an sich hinab und hier im grellen Sonnenlicht war das Brandloch im Ärmel gut zu erkennen. Er seufzte.
Er war kein Feigling.

Entschlossen straffte er die Schultern und setzte sich in Bewegung, der feine Kies knirschte unter seinen Schuhen. Keine zweihundert Meter bis zum Haus. Kaum die Hälfte hatte er hinter sich gebracht, da merkte Lucius plötzlich auf, ließ den Mann, mit dem er sich unterhalten hatte, einfach stehen und kam eilig und mit ausgebreiteten Armen auf ihn zu. Severus unterdrückte gewaltsam den Impuls, sich umzudrehen, um nachzusehen, ob noch jemand angekommen war. Nur noch wenige Schritte trennten die beiden Männer.
"Mein lieber Severus! Was für eine Freude!"
Severus zog eine Augenbraue hoch. Was sollte er auch sonst tun, außer Glückwünsche hervorwürgen vielleicht noch?

Einen kurzen, panischen Moment lang glaubte Severus, der Andere wollte ihn in eine Umarmung ziehen, aber zu seiner grenzenlosen Erleichterung blieb es bei einem knappen Handschlag. Ein Hauself wie aus dem Nichts erschienen, nahm Severus die Flasche ab und brachte sie weg, ohne dass Lucius auch nur einen Blick darauf geworfen hätte. Sekunden später hatte Severus schon ein Glas Elfenwein in der Hand, ohne zu wissen, wo es herkam.

Nun hatte Lucius sich doch bei Severus untergehakt. Letzterer war wie erstarrt, sein Herz raste. Er nahm nicht wirklich wahr, was Lucius ihm alles erzählte, wen er ihm alles vorstellte. Er würde die Gesichter nicht wiedererkennen, sich an die Namen nicht erinnern können.
"Es wird Zeit, ins Haus zu gehen", flötete Lucius und zerrte ihn weiter. Die riesige Eingangshalle des Manors entpuppte sich als der Ursprung des Klaviergeklimpers und auch hier drängten sich Menschen, Gläser in Händen haltend, redend, scherzend, lachend.
Severus spürte die Blicke, die ihn streiften. Neugierig, abschätzig.

Er erkannte Narcissa, die sich mit einem kleinen, korpulenten Mann in unmöglich grellbunter Kleidung unterhielt.
Severus spürte einen unbändigen Impuls, die Flucht zu ergreifen, aber Lucius hielt seinen Arm wie in einem Schraubstock. Es war unausweichlich.
Als Narcissa ihn erblickte, verzog sich ihr Gesicht beinahe unmerklich, aber eben nur beinahe. Auf ihrer Nasenwurzel erschienen so ganz feine Runzeln als hätte sie etwas besonders Übelriechendes geortet.
"Fühl dich wie zu Hause", sagte Lucius als sie schon in Hörweite waren und auf Narcissas Stirn erschienen die neongrünen Buchstaben UNTERSTEH DICH.
Severus zwang sich zu einem Lächeln, das grauenhaft gekünstelt wirken musste und bedachte Narcissa mit einem Handkuss, der distanzierter nicht hätte ausfallen können.
Den Mann, mit dem Narcissa sich unterhalten hatte, bedachte Severus mit einer knappen Verbeugung und trat gleichzeitig einen halben Schritt zurück.
"Herr Minister", grüßte Severus knapp.
"Ohh, ihr kennt euch? Wie schön!", frohlockte Lucius und Severus kam das Verhalten des anderen Mannes merkwürdig und übertrieben vor.

Natürlich kannte Severus den Minister für Zauberei, der sich nun mit den Händen durch das eh schon zerwühlte, graue Haar fuhr. Es war nicht selbstverständlich, dass ein ehemaliger Todesser an der Hogwarts Schule für Zauberei und Hexerei, unterrichten durfte.
Er hatte Befragungen und Prüfungen über sich ergehen lassen müssen, obwohl Albus für ihn gebürgt hatte und Cornelius Fudge hatte seine Akte sozusagen zur Chefsache gemacht.

Wie hatte Severus den Anblick des limonengrünen Bowlers gehasst. Immer, wenn man ihn besonders wenig brauchen konnte. Immer dieselben Fragen. Immer derselbe ungläubige Blick, wenn Albus einmal mehr bestätigte: "Ich vertraue ihm ganz und gar."
Mehrere Jahre schon war Severus von diesen Besuchen verschont geblieben, aber ihm war die Enttäuschung nicht verborgen geblieben, mit der Cornelius Fudge einsehen musste, dass ihm nichts anderes übrig blieb als einen ehemaligen Todesser zu akzeptieren, an dieser Schule. Gegen Albus Dumbledore kam er nicht an.

Natürlich war die Schule auch sogleich das Thema. Lucius ließ keinen Zweifel daran, dass ihm die gründliche und gute Ausbildung seines Sohnes über Alles ging.
"Unsere Kinder sind doch unsere Zukunft", schwadronierte Lucius weiter.
Wenn Severus so an seine Schüler dachte, Draco eingeschlossen, obwohl dem noch ein gewisses Talent und auch ein Mindestmaß an Interesse nachzusagen war, dann war Severus einigermaßen froh, dass dieser, von Lucius hingeworfene Satz für ihn nicht galt. Eben nochmal Glück gehabt.
"Ich bin ja nicht immer im Konsens mit den anderen Schulräten", bemerkte Lucius. "Für meinen Geschmack wird die Schule zu lax geführt."
Cornelius machte einen leicht verschreckten Eindruck und Lucius lachte gekünstelt.
"Keine Sorge, mein lieber Cornelius. Das laste ich ja nicht Ihnen an. Es ist eben die allgemeine politische Stimmung. Das muss man akzeptieren ..."

Severus war leicht übel. Er starrte auf sein Weinglas, von dem er noch nicht genippt hatte und es schüttelte ihn.
Lucius schien irgendwas wie einen neuen Brunnen für das Ministerium gestiftet zu haben und zu weniger guter Letzt rutschte Severus noch heraus, dass er an einem neuen Lehrbuch arbeitete.
("Wie entzückend!")
Erst als Narcissa sich verschwörerisch zu ihm herüberbeugte und ihm ins Ohr flüsterte: "Du hast da ein Loch im Ärmel", ergriff er endlich die Flucht nach draußen.

Draußen hatte Severus wieder mehr Luft zum Atmen. Zielstrebig entfernte er sich vom wuchtigen Sandsteinbau des Manors. Das Stimmgewirr und das Klaviergeklimper wurde leiser. Seinen Elfenwein schüttete er in einen Buchsbaum, der in die Form eines Drachens gestutzt worden war. Ein leises, unwilliges Schnauben ertönte und Severus unterdrückte den Impuls, auch das Glas auf ähnliche Weise zu entsorgen.

Bald war er an der Hecke angelangt, die das Anwesen nach außen begrenzte und neugierige Blicke abhielt. Er seufzte, streckte sich und fasste sich in den schmerzenden Rücken. Die tagelange Schreibarbeit tat ihm nicht gut und er hätte sich ohrfeigen können, dass ihm in Lucius' Beisein etwas darüber herausgerutscht war.
Er hatte seine Okklumentik-Übungen sträflich vernachlässigt. Mit leichtem Grusel dachte er daran, dass Charity merken würde, wenn er nicht geübt hatte. Hoffnung, dass ihm die Beschäftigung mit diesem leidigen Thema erspart bliebe, hatte er nicht. Wenn Albus mal eine Idee hatte, die ihm selbst gut gefiel, hatten Andere kaum eine Chance.

Jählings zuckte Severus zusammen. Gedankenverloren hatte er auf die Hecke gestarrt — und die Hecke starrte zurück. Zwei riesige grüne Augen waren zwischen den Blättern aufgetaucht.
Abermals seufzend umfasste Severus sein Glas fester.
"Nein danke, nichts trinken", schnappte er als das kleine Geschöpf mit den großen, fledermausähnlichen Ohren und hervorquellenden grünen Augäpfeln, so groß wie Tennisbälle, aus der Hecke auftauchte und sich gleich so tief verbeugte, dass die lange schmale Nase den frisch gestutzten Rasen berührte.

"Severus Snape", sagte das Geschöpf mit so durchdringender Piepsstimme, dass Severus ganz sicher war, man würde sie drüben im Haus hören. "Dobby hat so lange darauf gewartet, Sie zu treffen, Sir ... Welche Ehre ..."
Snapes Augenbrauen wanderten hoch, zum Haaransatz. Hauselfen waren oft ein wenig merkwürdig, aber dieser hier benahm sich extrem auffällig. Severus verschränkte die Arme vor der Brust.
"Ach — wirklich?", setzte er eisig hinzu.
"Oh ja, Sir", sagte Dobby mit ernster Miene. "Dobby ist hier, Sir, um Ihnen zu sagen ... Es ist schwierig, Sir ... Dobby weiß nicht, wo er anfangen soll ..."

Severus war mittlerweile erheblich genervt. Er konnte diese Elfen nicht besonders leiden, obwohl sie zweifelsohne praktisch waren.
"Ach Sir", stöhnte der Hauself und tupfte sich mit der Ecke seines schmuddeligen Kissenbezugs das Gesicht. "Dobby ist Ihnen nachgegangen, um zu schützen, um zu warnen, selbst wenn er dafür die Ohren in die Herdklappe klemmen muss … Harry Potter darf nicht nach Hogwarts zurückkehren."
Stille trat ein, nur unterbrochen von vereinzeltem Gelächter, das herüberwehte vom Haus wie ein Windstoß.
"Es gibt eine Verschwörung, Sir. Eine Verschwörung, mit dem Ziel, dieses Jahr in der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei die schrecklichsten Dinge geschehen zu lassen", flüsterte Dobby und zitterte plötzlich am ganzen Leib. "Dobby weiß es schon seit Monaten, Sir. Harry Potter darf sich nicht in Gefahr bringen. Er ist zu wichtig, Sir!"
"Was für schreckliche Dinge?", fragte Snape sofort nach. "Wer steckt dahinter?"
Dobby gab ein seltsam würgendes Geräusch von sich und schlug dann wie von Sinnen den Kopf auf den Boden.
"Na schön", rief Snape und packte den Elfen am Arm. "Was hat das mit mir zu tun?"

Dobby stierte ihn an. Dieser Hauself hatte definitiv nicht alle Kessel im Regal.
"Sir, Sie müssen Harry Potter warnen! Sie müssen verhindern, dass er zurück auf die Schule geht ..."
"Lass den Blödsinn", bellte Snape, obwohl die Aussicht auf ein Hogwarts ohne Harry Potter durchaus seine reizvollen Seiten hatte. "Du hast wohl zu wenig zu tun! Wie, bei Merlin, kommt ein Elf nur auf solche komischen Ideen?"
Erbost wandte er sich um.
"SIR", plärrte der Hauself ihm hinterher.
Snape hielt kurz inne und schaute zurück. Der Elf ließ die Ohren hängen und schniefte.
"Sir haben da auch ein Loch in der Robe, das sollte geflickt werden", piepste er.
Snape verdrehte die Augen. Die Umgangsformen von Lucius' Personal ließ erheblich zu wünschen übrig.
"Warn ihn doch selber", keifte Snape und mit einem sardonischen Grinsen rauschte er zurück zum Haus. Er hatte Hunger.

Zurück bei der Geburtstagsgesellschaft, es wurden mittlerweile Häppchen gereicht, hatte Severus den impertinenten Hauselfen schon beinahe wieder vergessen. Da Alle, außer Severus, dem Elfenwein ausgiebig zugesprochen hatten, war die Stimmung erstaunlich aufgelockert.
Es ging noch immer um Hogwarts. Severus konnte es kaum glauben. Lucius schien ehrlich engagiert.
"Dieser neue Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste, ist ja wirklich eine Zumutung!", konstatierte Lucius.
Einige der Damen gaben erstickte Laute von sich, aber Severus musste Lucius aus tiefstem Herzen zustimmen.
"Gegen das Erscheinungsbild will ich ja gar nichts sagen. Da hatten wir schon Schlimmeres ..."
Severus' Blick hängte sich unwillkürlich am Brandloch in seinem Ärmel fest. Lucius lachte gekünstelt.
"Mein Geschmack ist er nicht, aber das muss er ja auch nicht sein."
Mit einer Handbewegung beendete er das hysterische Kichern, das auf diese Bemerkung hin, eingesetzt hatte.

Severus wagte nicht, den Blick zu heben. Dieses Brandloch war ziemlich interessant.
"Aber die Einstellungen, bitteschön, Zeitgeist, da hat ja auch niemand was gegen, aber ich frage hier: Muss man das öffentlich machen?"
Betretenes Schweigen machte sich breit. Severus grübelte, welche der unglaublichen Geschichten, die diese lila Lachnummer namens Lockhart, schon veröffentlicht hatte, wohl hier gemeint war. Er hatte keins der Bücher wirklich gelesen.
Trips mit Trollen, zum Beispiel, hatte Severus täglich. Schließlich war er Lehrer. Da musste er kein Geld ausgeben um ein unglaubwürdiges Traktat ...

"Was sind das denn für Zeiten, in denen die echten Zauberer und Hexen so gar nichts mehr wert sind?"
Lucius machte eine Kunstpause. Cornelius Fudge scharrte mit den Füßen und kämpfte mit einem widerspenstigem Krakelfischhäppchen, das sich panisch an der Gabel festklammerte und augenscheinlich nicht im Magen des Zaubereiministers landen wollte.
Lucius nahm noch einen großen Schluck Elfenwein. Narcissa guckte leicht missgünstig und Severus überlegte, dass er mittlerweile auch was vertragen könnte.
"Im Tagespropheten hat er das verkündet! Sein schönstes Geburtstagsgeschenk. Die Harmonie von magischen und nichtmagischen Geschöpfen. Ich meine, was soll das sein? Man nimmt sich doch auch kein Tier mit ins Bett ..."
"Meine Frau hat einen Minimuff", verkündete der Minister, der den Kampf mit der Delikatesse aufgegeben hatte.
Der Rest der Gesellschaft brach in brüllendes Gelächter aus und Severus nahm das zum Anlass, endlich den geselligen Teil des Abends für beendet zu erklären und nach Spinner's End zurückzukehren. Er hatte nichts verloren bei diesen hochwohlgeborenen Malfoys.

Vertraut empfing ihn der modrige Geruch der Armut als er neben dem schwarzen Fluss, nicht weit von seinem Haus wie aus dem Nichts erschien.