Disclaimer: Die Charaktere in der folgenden Geschichte gehören nicht mir. Sie gehören Roman Polanski und dem Stage Management... Die benutzten Zitate stammen alle aus dem Libretto von Tanz der Vampire von Michael Kunze. Betroffen davon sind immer der Titel der Geschichte und die Titel der Kapitel.
Notes:
Kurze Warnung zum Anfang: Inhaltlich findet ihr in dieser Geschichte vielleicht Situationskomik, aber nicht mehr. Einen Breda gibt es bei mir nicht. Ich habe mich für Victor entschieden – lateinisch für ‚der Sieger', gerade Weil es etwas sehr ironisches hat. Da rumänisch zu den romanischen Sprachen gehört, findet man dort auch heute noch lateinische Namen.
Ich orientiere mich stark am Musical, ziehe aber auch den Film hinzu als Ergänzung. Des weiteren stütze ich mich auf die Arbeiten von Anne Rice - der meines Erachtens glaubwürdigsten Vampirdarstellung überhaupt. Ich verarbeite Motive aus der ,,Nosferatu" Folklore und Details dazu aus Bram Stolkers ,,Dracula". Aber ich habe gründlich ausgesiebt, was meiner Meinung nach passt und was nicht. Einzige Ausnahme bleibt dabei das fehlende Spiegelbild von Vampiren. Und auch nur, weil sich Film und Musical ausnahmsweise einmal einig sind.
Abgesehen davon versuche ich ein realistisches Bild von einem Vampir zu zeichnen – wenn es diese denn geben würde.
Es gibt in dieser Geschichte zwei weitere Quellen, die ich bei Detailfragen hinzu gezogen habe (und wir sprechen hier von Kleinigkeiten, die euch beim Lesen vielleicht gar nicht auffallen werden).
Die wichtigerer davon ist ''Forever Knight'', (Serie) bei der zweiten handelt es sich um "The Southern Vampire Mysteries", von Charlain Harris (die Bücher, nicht die darauf basierende Serie!).
Der Rest ist sehr viel Herzblut und langes Nachdenken über das Libretto von Tanz der Vampire – und auch seiner Entsprechungen aus anderen Sprachen.
Da ich schon kritische Nachrichten bekommen habe: es wird hier immer mal wieder leicht kirchenfeindliche Kommentare und Gedanken geben – angehörigen der römisch-katholischen Kirche gegenüber, beiläufig in Umgangssprache. Ich beziehe mich hier auf den Jahrhunderte andauernden Streit und Konflikt zwischen der römisch-katholischen und der östlich-orthodoxen Kirche.
Dazu würde ich gerne Wikipedia zitieren:
Papist ist eine von dem Wort Papst abgeleitete Bezeichnung für Katholiken, die im Protestantismus der Reformationszeit im 16. Jahrhundert aufkam und in der Zeit der Kontroverstheologie als ein zumeist abwertend gebrauchter Kampfbegriff geläufig war.[...]
Der Ausdruck reduziert den Katholizismus bewusst auf das Papsttum, das als herausragendes Abgrenzungsmerkmal betrachtet wird. Aus protestantischer Sicht wurde damit kämpferisch-kritisch auf die totale Unterordnung und Unterwerfung der römischen Katholiken unter den Papst als uneingeschränktes Kirchenoberhaupt verwiesen.
Wen das stört möge einfach nicht weiter lesen. Ich berufe mich auf historische Fakten und werde das P.-Wort definitiv nicht streichen!
Desweiteren möchte ich gerne zwei Autorinnen Danken. Pik Dame und ihrem Karpatengrafen. Beide begleiten mich schon lange Jahre. Danke dafür, das du mir immer ein Vorbild warst, dafür, dass es möglich ist, den Grafen vor eine erfolgreich beendete Hintergrundgeschichte zu stellen. Ich bereite mich gerade auf den steilsten Teil des Aufstiegs vor. Aber der Tag wird kommen, an dem ich auf dem Bergkamm angekommen bin und auch sagen darf, "Ich habe es geschafft!"
Und danke an Montreat11. Danke für "Moments" und vor allem für "The Dark One Chronicles." Von dir habe ich gelernt, wie gute Charakterentwicklung auf höchstem Niveau aussieht!
(Siehe Ende des Kapitels für die ,,Author's Note")
Zum ewigen Leben verflucht
- Die wahre Geschichte des Grafen von Krolock -
von Alarda
Kapitel 1: Sie warnten dich vor Sünde und Gefahr
Transsylvanien im Jahre des Herrn 1617.
Eine einzelne, in schwarz gekleidete Gestalt ritt über die verlassene Landstraße der kleinen Provinz. Es war niemand anderes als Graf Victor von Krolock, der Herr dieser abgelegenen Grafschaft.
Als jüngstes Kind und einziger Sohn in einer Schar von Mädchen, war er nach dem Tod seines Vaters schon sehr früh Graf geworden. Die Verantwortung für diesen Landstrich lag nun schon seit mehr als 25 Jahren auf seinen Schultern.
Victor von Krolock war ein gut aussehender Mann in mittleren Jahren, groß und schlank, mit ungewöhnlich eisblauen Augen. Das lange Haar, das ihm weit über den Rücken floss, war ebenso rabenschwarz wie das Fell seines edlen Pferdes und noch genauso voll und dicht wie in seiner Jugend – aber bereits großzügig durchsetzt mit silbergrauen Fäden und Strähnen.
Das einfache Volk liebte Seine Exzellenz. Seit er den Titel geerbt hatte, war er zwar streng, doch stets gerecht und gutherzig gewesen. In all den Jahren hatte er nie die ihm zustehenden Privilegien von seinen Leibeigenen gefordert, wie es noch sein Vater mit allergrößter Vorliebe getan hatte. Graf von Krolock musste sie nicht durch Zwang davon abhalten, von seinen Ländereien abzuwandern. Stattdessen gestand er seinen Untergebenen Rechte zu, die ihnen kein anderer Herr je gewähren würde. So mussten sie ihn beispielsweise nicht um Erlaubnis bitten, um zu heiraten. Und der Graf hatte unmissverständlich klar gemacht, dass er niemals Hand an die Frau eines anderen Mannes legen würde. Die Abgaben, die Seine Exzellenz als Steuern verlangte, waren geringer als in allen umliegenden Grafschaften und er erlaubte ihnen somit genügend Lebensmittel für sich zu behalten, um ein ordentliches, wenn auch bescheidenes Leben zu führen.
Graf von Krolock war stets bereit eine Audienz zu gewähren oder gar selbst zu kommen, wenn es Probleme gab, die seiner persönlichen Aufmerksamkeit bedurften. Boten aus den Dörfern der Provinz wurden im Schoß stets vorgelassen und von niemand anderem als von Victor von Krolock selbst angehört.
Diese Art hatte ihm den Respekt und die Liebe seiner Untertanen erworben. So manches Mädchen hatte ihr Herz an den Grafen verloren. An sein charmantes Lächeln, an seine klaren Augen mit ihrer für diese Gegend so untypischen Färbung und die ebenmäßigen Gesichtszüge. Und noch immer beflügelte er die Fantasien vieler Frauen, gleich welchen Alters. Aber sehr zum Leidwesen vieler hoffnungsvoller Verehrerinnen hatte der Graf mit 21 doch recht spät geheiratet. Nun gehörte er seit mehr als zwei Jahrzehnten einer einzigen Frau. Nur Gräfin von Krolock hielt sein Herz fest im Griff, ihr allein gehörte seine Liebe. Das war allgemein bekannt und nie würde er auch nur im Traum daran denken, ihr untreu zu werden. Es hatte zu keiner Zeit Mätressen in ihrer Ehe gegeben, noch hatte sie, anders als so manche hochgestellte Dame, je die Demütigung ertragen müssen, einen Pflegestelle für einen Bastard ihres Mannes finden zu müssen. Allein für diese absolute Treue ihres Gatten wurde die schöne Gräfin von vielen Frauen der Provinz beneidet, die sich wünschten, ihre Männer würden es mit der ehelichen Treue genauso halten wie der Herr Graf.
Seine Exzellenz hatte jedoch nicht standesgemäß geheiratet. Und noch heute war der Skandal, den seine Verkündung, nicht aus den üblichen Konventionen, sondern nur aus Liebe heiraten zu wollen, ausgelöst hatte, ein beliebtes Gesprächsthema. Wenn es schon sonst nichts zu tratschen gab, dann wenigstens über seine Exzellenz. Dabei war es nicht so sehr dieser exzentrische Entschluss gewesen, sondern das Mädchen selbst, mit dem er sich wenig später verlobt und als seine Gräfin ausgewählt hatte, welches Anlass zu derlei Gesprächen gab.
Es war durchaus nicht unüblich, wenn weniger wichtige Kinder einer nicht sehr bedeutenden Adelsfamilie außerhalb ihres Standes heirateten und damit noch eine halbwegs akzeptable Partie machten. Aber vom Erben einer angesehenen Grafschaft wurde allgemein erwartet, das er standesgemäß ein adeliges Fräulein aus guter Familie ehelichte.
Ein Aufschrei ging durch Land und Familie, als seine Exzellenz ein Mädchen aus einer verarmten Bürgerfamilie auf das Schloss holte, mit dem festen Vorsatz, sie zum Altar zu führen und mit ihr alt zu werden.
Er wies sämtliche Ratschläge auf eine bessere, standesgemäße Partie zurück. Außerdem drohte der Graf jedem sofort aus der Familie verstoßen zu werden, der das Wort 'Mesalliance' erwähnte oder ihm ein weiteres Mal vorschlug, eine andere Frau zu heiraten und seine Verlobte stattdessen als Mätresse im Schloss zu behalten. Immer wenn Graf Victor von Krolock auf seine Frau angesprochen wurde, erntete der Betreffende nur einen unmissverständlichen harten Blick, der besagte: „Ich dulde kein Wort mehr davon!"
Damit hatte er allerdings den meisten seiner Verwandten sehr vor den Kopf gestoßen und verärgert, sei es durch seine harten Worte, oder ob des Skandals, dem sich kein Mitglied der Familie von Krolock entziehen konnte. Zahlreiche Familien aus den besseren Kreisen fühlten sich ebenfalls gekränkt ob seiner Wahl, hatten sie sich doch selbst Chancen darauf erhofft, dass eine ihrer Töchter die Glückliche sein und die neue Gräfin von Krolock werden würde. Außerdem befürchteten so manche, er könne gar zum Exzentriker werden, und sich diesen Städtern annähern, die sich etwas auf ihre Freiheit einbildeten.
Victor von Krolock war dies alles jedoch gleichgültig. Ihn scherten die hochgezogenen Augenbrauen, scheelen Blicke und das Getuschel nicht. Er holte seine Auserwählte auf sein Schloss und sorgte dafür, dass sie lernte, was von ihr als Gräfin verlangt wurde. Und nur wenige Monate später heiratete er sie in einer bescheidenen Zeremonie in der Kapelle seines Wohnsitzes, zu der nur der engste Familienkreis eingeladen war.
Es hatte damals viele böse Zungen gegeben, die über die Motive seiner Exzellenz und des Mädchens, die zu dieser Heirat geführt haben mochten, spekulierten. Doch das Paar strafte sie alle Lügen. Ihre Ehe war vorbildlich und ihre gegenseitige Zuneigung unübersehbar. Über die Jahre hinweg empfand man allmählich eine tiefe Ehrfurcht vor dem starken, unerschütterlichen Band, das der Graf und die Gräfin miteinander teilten.
Mit der ungeduldigen Eile, die das junge Paar von Anfang an inne hatte, ließ auch ihr erstes Kind nicht allzu lange auf sich warten. Bereits ein halbes Jahr nach ihrer Heirat wurde es deutlich das sich der Bauch der Gräfin deutlich rundete. Seine Exzellenz war sehr stolz und erfreut. Wie üblich stellte sich der Graf gegen die herrschenden Konventionen und betonte immer wieder, dass es ihm gleichgültig sei, ob sein erstgeborenes Kind ein Junge wurde oder ein Mädchen. In erster Linie war dieses Kind ein lebendiger Beweis der Zuneigung von Graf und Gräfin von Krolock – das letzte Detail, das ihr gemeinsames Glück vollkommen machte. Ob es ein Stammhalter war oder nicht, das war für sie nebensächlich. Victor von Krolock war selbst das jüngste Kind gewesen, der Gedanke das sich dieses Schicksal bei seinen eigenen Nachkommen wiederholen könnte, belastete ihn nicht. Sowohl er als auch Elisabeth waren mit einer großen Anzahl Geschwistern aufgewachsen und beide wünschten sich eine eigene kleine Kinderschar, die das altehrwürdige Schloss mit Leben erfüllen sollte.
Und allen Wünschen, die viele verschmähte Verehrerinnen in ihren gekränkten Herzen bewegten zum Trotz, war das erste Kind der beiden ein Sohn. Die Freude des Paares kannte keine Grenzen. Der Graf und seine Frau wurden es nicht überdrüssig, ihrem kleinen Sohn in die großen Augen zu schauen, ihn zu liebkosen und den Duft seiner zarten Haut oder des weichen Haares zu atmen. Der Herr und die Herrin von Krolock ließen ihr Kind nicht, wie sonst üblich, von einer Amme betreuen. Sie umsorgten ihn gemeinsam, ließen ihn bei sich schlafen und verbrachten so viel Zeit, wie nur möglich mit dem Kind zusammen. Sehr oft schlief der Junge auf dem Bauch seiner Mutter und beide Eltern bewachten selbstvergessen dessen Schlaf. So vergingen die ersten Wochen wie im Traum.
Manche begannen zu munkeln, der Graf sei nicht der Vater des Kindes, denn der Knabe war im Gegensatz zu seiner Exzellenz hellhaarig, mit großen grün-grauen Augen die denen seiner Mutter sehr ähnlich waren. Doch die Tatsache, das der kleine Junge dem Herrn Grafen ansonsten auffallend ähnlich sah, strafte die Schwätzer lügen.
Die Taufe wurde festlich begangen und auch die Untertanen seiner Exzellenz hatten ihren Anteil daran. Der Name des Kindes lautete fürderhin Herbert von Krolock. Der Junge wuchs und gedieh zur Freude seiner Eltern prächtig. Aber diese ungewöhnliche, fast märchenhafte Geschichte sollte nicht ohne ein Drama bleiben.
Schon bald kündigte sich das zweite Kind des Paares an. Doch was als eine weitere freudige Begebenheit in ihrem Leben begann, nahm eine düstere Wendung. Die Geburt des zweiten Kindes nahm einen sehr schweren Verlauf. Trotz der Anwesenheit der Hebamme, einer überaus erfahrenen und weisen Frau, die vielen Kindern ins Licht der Welt geholfen hatte, quälte sich die Herrin viele Stunden in den Wehen. Das Kind hatte nicht die Richtige Lage eingenommen, und verschiedene Versuche dies noch zu ändern waren fehlgeschlagen. Der Arzt Seiner Exzellenz wurde aufgrund der bedrohlichen Situation, ganz gegen sonstige Gewohnheiten, hinzugezogen.
Mit vereinten Kräften war es ihnen möglich die Mutter zu retten, doch nicht das kleine Mädchen.
Geschwächt und am Boden zerstört erkrankte die Gräfin zudem am Kindbettfieber und ihr Überleben war äußerst ungewiss.
Böse Zungen behaupteten, dies sei die Strafe des Grafen, für seine exzentrische Art und seinen Trotz gegen alte Traditionen. Mit angehaltenem Atem wartete die gesamte Grafschaft darauf, was ihr Lehnsherr nun tun würde. Ein einziger Erbe war zu wenig. Zu häufig rafften harte Winter und Krankheiten die Kinder dahin, ehe sie herangewachsen waren. Es war das gute Recht des Grafen seine Frau zu verstoßen und sich eine andere zu nehmen, die im Stande war, der Grafschaft Erben zu gebären – sollte jenes Weib denn überleben. Es war fast so etwas wie seine Pflicht sich ihrer zu entledigen und viele begannen darauf zu hoffen, doch noch eine gute Partie zu machen.
Aber der Graf verstieß seine Frau nicht. Er wollte nichts davon hören, gegen alle Vernunft. Er weigerte sich nach allem auch noch zum Verräter an ihr zu werden. Der Tod des Kindes hatte ihn schwer getroffen und er litt zunehmend unter der Krankheit seiner Frau und der Sorge um sie. Der Gedanke sie zu verlieren oder sie verstoßen und eine andere heiraten zu müssen, war ihm schier unerträglich.
Im Egoismus seines Kummers überwarf er sich mit vielen weiteren Verwandten, die ihn drängten endlich von dieser Torheit abzulassen und eine passende und angemessene Frau zu finden. Doch, wie zuvor wollte er nichts davon hören. Er verstieß drei seiner Schwestern mit samt ihren Familien und trat damit seinen Verwandten wiederholt auf die Zehen. In den folgenden Wochen kämpfte er, wie ein in die Enge getriebener Wolf darum, seine Frau an seiner Seite halten zu können. Einige der besten Ärzte des Landes trugen Sorge für die Gräfin.
In den langen Wochen, in denen es ungewiss war, ob Gräfin Elisabeth überleben würde, sah man den Herrn Grafen nur selten. Tag und Nacht wachte er am Krankenbett seiner Frau und verließ es nur in den dringendsten Notfällen. Ansonsten schickte er einen Schreiber und einen alten Berater, wo er sich unter anderen Umständen selbst bemüht hätte. Er wirkte als würde auch er krank werden. Er war wie ein Schatten seiner selbst. Er war blass und hatte anscheinend einiges an Gewicht verloren, die Wangen begannen langsam einzufallen und unter seinen Augen lagen dunkle Ringe. Wenn man ihn einmal zu Gesicht bekam wirkte er gequält und gebrochen als sei der lebensfrohe und charmante Mann, der er vor der Krankheit der Gräfin gewesen war, niemals wirklich gewesen.
Das einfache Volk, das seinen herzensguten, starrsinnigen und bisweilen törichten jungen Grafen in den vergangenen Jahren sehr ins Herz geschlossen hatte, begann zu fürchten, dass er, sollte die Gräfin nicht überleben, seiner Frau in ein allzu frühes Grab folgen würde – zusammen mit seinem gerade einem Jahr alten Sohn. Denn sollten sowohl Ihre als auch Seine Exzellenz sterben, würde der wahre Erbe der Grafschaft, der kleine Herbert von Krolock, nicht lang genug leben, um erwachsen zu werden und den Titel seines Vaters zu tragen. Dafür würden zahlreiche Verwandte schon sorgen.
Als die Herrin sich schließlich, wie durch ein Wunder, erholte, war es bereits gewiss, das er sie niemals aufgeben oder zur Mätresse degradieren würde. Selbst als der Leibarzt des Grafen in Absprache mit seinen Amtsgenossen verlauten ließ, die Gräfin würde Seiner Exzellenz keine weiteren Kinder mehr schenken können. Er liebte seine Frau mehr als alles auf der Welt, jenseits aller Vernunft. Er würde für sie barfuß durch die Hölle gehen, wenn es sein müsste.
Victor von Krolock nahm es in Kauf, dass sein kleiner Sohn ihr einziges Kind bleiben würde. Er ging das große Wagnis ein, seinen Titel und die Grafschaft vielleicht an den Sohn einer seiner Schwestern zu verlieren, wenn der Junge nicht überleben sollte, um eines Tages die Nachfolge seines Vaters anzutreten. Ein Schicksal, das vielen Adligen drohte, die nur einen einzigen Erben hatten.
Aber der blasse, hellhaarige Sohn des Grafen überlebte und wurde erwachsen. Allerdings zeigte Herbert von Krolock wenig Interesse für seine zukünftigen Pflichten, und das Volk munkelte, dass er in mehr als nur dieser Angelegenheit seltsam war. Er war eine große Sorge für seinen Vater. So sehr sich Graf von Krolock auch bemühte, Herbert in die Pflichten einzubeziehen, die irgendwann einmal die seinigen sein würden, sein Sohn zeigte mehr Interesse an anderen Dingen, als an dem, was er eigentlich tun sollte.
Er war durchaus kein schlechter Sohn. Herbert war für gewöhnlich durchaus bereit, sich von seinem Vater in diese oder jene Pflicht einweisen zu lassen, oder sie unter dessen wachsamen Augen selbst zu verrichten. Aber sollte er diese dann alleine übernehmen, geschah dies meist sehr leidlich und Graf von Krolock musste oft genug selbst letzte Hand anlegen, um die Unachtsamkeit seines Sohnes wieder gut zu machen. Dies hatte schon so manches harte Wort des Grafen gegen seinen Sohn ausgelöst und auch manchen Streit, denn der jüngere Adlige sah seine Fehler oft nicht ein, oder war schlicht zu stolz dazu.
Graf von Krolock befürchtete, dass Herbert es erst lernen würde, wenn er selbst eines Tages den Platz seines Vaters einnehmen musste. Wie schon unter seinem Großvater würden die einfachen Leute unter der Nachlässigkeit und der Halsstarrigkeit ihres zukünftigen Grafen zu leiden haben – das fürchtete Graf Victor zumindest.
Für gewöhnlich nahm er seinen eigenwilligen Sohn so oft es ging mit, wenn es Probleme gab, um die sich der Graf kümmern musste, um ihn auf die Sorgen und Nöte der kleinen Leute aufmerksam werden zu lassen, um ihm klar zu machen das sie einmal seine Verantwortung sein würden.
Aber an diesem Morgen war er allein aufgebrochen und hatte seinen Sohn – mit diversen Aufgaben, die er bis zur Rückkehr seines Vaters erledigen sollte, im Schloss zurückgelassen. Es war kurz vor Tagesanbruch gewesen, als der Graf sich von seiner Frau verabschiedete und nun war es fast dunkel geworden. Das Schloss war noch etwa zwei Meilen entfernt und vor ihm lag das letzte kleine Bauerndorf auf dem Weg zum gräflichen Schloss.
Vor dem örtlichen Gasthaus, direkt neben der Durchgangsstraße, die ihn weiter in Richtung Schloss führen würde, hatten sich etliche Dorfbewohner nachdem sie ihr Tagewerk vollbrachten zum Schwatzen und Trinken versammelt.
Sie sahen von ihren Gesprächen auf, als das müde Pferd des Grafen vorbei trottete.
Der Graf grüßte kurz. Er hatte nicht vor sich aufzuhalten um mit seinen Untertanen zu plaudern, wie er das zuweilen zu tun pflegte. Ein langer Tag lag hinter ihm und er sehnte sich nach seiner Frau und einem heißen Bad, um den Staub der Landstraßen loszuwerden.
„Seid ebenfalls gegrüßt, Herr Graf. Wollt Ihr Euch nicht zu uns gesellen? Ich bin sicher, ein bequemes Zimmer und ein ordentliches Bad könnten sich für Euch arrangieren lassen. Und ich habe gerade das richtige Tröpfchen für den Gaumen Eurer Exzellenz da."
Graf von Krolock zügelte sein Pferd und wandte sich im Sattel um. Er war nicht überrascht den alten, fast zahnlosen Wirt verschmitzt zu sich herüber grinsen zu sehen, der gerade mit einem verbeulten, durchs Alter befleckten Holztablett Humpen verteilte.
„Danke, heute Abend nicht, Meister Tempea. Ich weiß die hervorragende Küche Eurer Frau und Euer vorzügliches Haus natürlich zu schätzen."
Mit einem charmanten Lächeln nickte er der rundlichen Wirtin zu, die augenblicklich bis an die fettigen Haarwurzeln errötete und strich sich eine Strähne aus der Stirn, die sich aus seinem, für die Dauer der Reis zurück gebundenen Haar gelöst hatte.
„..aber ich muss Euer großzügiges Angebot leider ausschlagen."
Das schalkhafte Lächeln verschwand aus den hellen Augen und der Graf wurde wieder ernst.
„Meine Frau erwartet mich."
Sein Blick wandte sich in die Richtung des entfernten Schlosses, das jenseits des Waldes von hier aus noch nicht zu sehen war. „Es ist gefährlich des Nachts allein unterwegs zu sein, Exzellenz", warf ein Bauer ein. „Ihr solltet lieber heute Nacht hier bleiben, wo Ihr sicher seid." Der Graf schüttelte bestimmt den Kopf, sein Blick noch immer in die Ferne gerichtet. „Es ist zu spät, um einen Boten zu senden und meine Frau erwartet meine Rückkehr. Habt ihr auch nur die geringste Vorstellung davon, was eure Gräfin mit mir anstellen wird, wenn ich ohne ein Wort ausbleibe und die Nacht hier verbringe? Sie wird mich gewiss schelten! Und mein Sohn... Wer weiß was er diesmal wieder anrichtet, wenn ich unerwartet über Nacht fort bleibe."
Schallendes Gelächter erklang reihum und wieder blitzte das schalkhafte Lächeln des Grafen auf.
„Und wir dachten alle, Ihr wäret besser dran als wir alle hier, Herr Graf", sagte der alte Wirt zwinkernd.
Natürlich wussten alle, dass Seine Exzellenz all das nicht ernst meinte. Es war nur ein Scherz, ein Spiel. Allen war bewusst, dass es einfach die Sehnsucht war, die ihn weiter trieb. Er wollte zurück in die Arme seiner Frau. Selbst nach mehr als zwanzig Ehejahren vermochte sie es noch ihn derart an sich zu fesseln, und viele Frauen beneideten sie um diese Gabe.
„Nun, auch ich bin nur ein verheirateter Mann und geplagter Vater, nicht wahr?", erwiderte er schließlich mit einem schmalen Lächeln in die Runde. Dann wurde er jedoch wieder ernst.
„Nein, diesmal nicht. Ich reite weiter, es ist noch hell genug. Außerdem ist die Zeit der Wölfe noch nicht gekommen. Nur in harten Wintern greifen sie Menschen an."
Schweigen begleitete sein Worte und plötzlich sah er in argwöhnische Gesichter.
Graf von Krolock runzelte irritiert die Stirn. „Ihr... ihr glaubt doch wohl nicht an diesen Unsinn?"
'Dieser Unsinn', das waren die Gerüchte die sich häuften; dass es in den Wäldern des Landes bei Nacht nicht mehr geheuer sei. Es war von Geistern und Dämonen die Rede, manchmal auch von besonders wilden Wölfen, einem Feind, mit dem man seit jeher zu rechnen hatte. Aber Graf von Krolock glaubte nicht daran. Er hielt alles für albernen Aberglauben und dummes Gerede. Ammenmärchen, nicht mehr. Es hatte seit jeher geheißen, in diesem Teil der Welt gingen des Nachts seltsame Dinge um. Was war jetzt anders als es dies gewesen war, als er hier seine Kindheit und Jugend verbracht hatte?
Diese Leute fürchteten sich vor ihrem eigenen Schatten. Die wenigsten waren jemals mit Bildung in Berührung gekommen, geschweige denn jemals weiter als in das nächste oder übernächste Dorf. Was außerhalb Transsylvaniens geschah kümmerte sie nicht, es sei denn es hatte unmittelbare Auswirkungen auf sie – wie beispielsweise ein Krieg. Und es würde sie nur befremdet haben, wenn man versucht hätte, ihnen von den Fortschritten, die überall gemacht wurden, zu erzählen.
Der Graf selbst galt bei seinen Untertanen bereits als Sonderling. Für einen Adligen, der in den Südkarpaten lebte – eine Gegend, in der Fortschritt wenn überhaupt, nur selten kam – war der Herr Graf hoch gebildet. Er beschäftigte sich viel mit den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und sogar ein wenig mit Philosophie. Wenn er es einrichten konnte, brachte er Stunden in seiner privaten Bibliothek zu.
Obgleich Christ, weigerte er sich in mysteriösen und seltsamen Geschehnissen das zu sehen, was sie waren: Strafen oder Prüfungen Gottes. Stattdessen suchte er nach einer 'wissenschaftlichen' oder 'logischen Erklärung'.
Man sah ihm diese Eigenart, wie viele andere, nach. Es gab sonst sehr wenig an ihm auszusetzen.
„Schon gut, schon gut", lenkte Graf von Krolock schließlich seufzend ein. „Ihr habt eure Ansichten und ich habe meine. Aber ich werde weiter reiten. Ich glaube nicht an Geister und Dämonen. Es gab nichts in meinem Leben, dass mich davon überzeugt hätte, dass sie wirklich existieren. Wenn ich heute Nacht nicht zurück komme, wird meine Frau dafür sorgen, das sie im Schloss jeden Stein nach mir umdrehen. Eure Herrin würde sich deshalb große Sorgen machen. Sie wird sich ohnehin schon sorgen, weil ich noch nicht zurück bin. Ich war länger unterwegs als ich dachte, ich wurde mehrmals aufgehalten. Nein, diese Aufregung werde ich ihr ersparen. Ich kenne diesen Weg besser als die meisten. Mir würde es auffallen, wenn etwas anders wäre als gewöhnlich. Ich kehre nach Hause zurück. In einer Stunde kann ich dort sein, wenn mich nicht wieder etwas aufhält. Wie ich schon sagte: meine Frau erwartet mich!"
Der Graf strich sich einige verirrte Strähnen hinter das Ohr zurück und nahm die Zügel wieder auf, die er auf den Hals des Rappen hatte fallen lassen.
„Es wird der Herrin nichts nützen, wenn Ihr niemals ankommt und sie zur Witwe macht, Herr Graf", ließ sich die dünne Stimme einer Frau vernehmen.
Graf von Krolock seufzte ungeduldig. Was als kleiner Scherz begonnen hatte, begann ihn nun zu ermüden und die ganze Angelegenheit wurde ihm äußerst lästig. Kostete es ihn doch noch mehr Zeit und verzögerte so seine Heimkehr noch weiter.
„Ich habe nicht vor, sie zur Witwe zu machen! Genauso wenig, wie ich beabsichtige noch länger hier herum zu trödeln!" Ganz gegen seine Gewohnheit waren seine Worte scharf und ungeduldig. „Mir wird nichts geschehen! Es besteht kein Grund zur Sorge, um meine Sicherheit. Das ist mein letztes Wort!"
Mit diesem Satz drückte er seinem Pferd die Fersen in die Flanken und machte sich wieder auf den Weg. Allmählich verschmolz die Gestalt des Grafen mit den Schatten auf der anderen Seite des Dorfplatzes, der von der kleinen Straße aus fest getretenem Staub durchschnitten wurde. Noch lange starrten die Dorfbewohner in die tiefer werdende Dunkelheit, in die der Graf verschwunden war.
„Gib Gott, dass wir seine Exzellenz wohlbehalten wiedersehen", ließ sich die Wirtin schließlich mit dumpfer Stimme vernehmen.
Während der Graf einige Zeit später durch den Wald ritt, beleuchteten nur die Sterne seinen Weg. Aber Pferd und Reiter kannten die verschlungenen Pfade sehr gut, hatte der Rappe seinen Herrn doch schon unzählige Male auf ihnen in die eine oder andere Richtung getragen.
Für gewöhnlich legte Seine Exzellenz dieses Stück des Weges schnell zurück. Mit Ausnahme der Leute, die im Schloss lebten, war sehr selten jemand hier unterwegs, da das gräfliche Schloss tief im Wald lag. Ein exzentrischer Vorfahre hatte seinen Wohnsitz dort errichtet. Sicher, der dichte Wald, der es umgab und bis auf eine viertel Meile zu den Schlossmauern heran reichte, erleichterte es das Schloss zu verteidigen, aber es lag abseits der meisten Dörfer, Weiler und der kleinen Städte. Die Familie unterhielt zwar einige weitere Wohnsitze in einigen der größeren Städte, aber die meisten wurden von Schwestern seiner Exzellenz bewohnt, die einen ärmeren Landadligen oder gut betuchten Händlers Sohn geheiratet hatten. Ein einziger stand leer und diente seiner Exzellenz als Stadtresidenz. Doch er nur war selten dort. Bloß wenige Wochen im Jahr hielt er sich dort auf. Er zog die Ruhe des entlegenen Stammsitzes der Familie vor.
Die Strecke vom Schloss durch den Wald ließ seine Exzellenz Mircea für gewöhnlich im Galopp zurücklegen. Pferd und Reiter genossen diese kleinen Jagden durch den Wald, jedoch nicht an diesem Abend. Graf von Krolock ließ sein müdes Pferd abwechselnd im Trab und im Schritt laufen. Der lange Tag forderte von beiden seinen Tribut und sie kamen nur langsam voran. Der Mond war schon eine Hand breit weiter gewandert, und seine Exzellenz war noch immer nicht an dem letzten Meilenstein vor dem Schloss vorbeigekommen.
Tatsächlich war sich der Adlige nur halb des Weges und dessen bewusst, was er tat, denn er war tief in Gedanken versunken. Seine Müdigkeit führte ihm einmal mehr vor Augen, dass er allmählich alt wurde. Man sah es ihm noch nicht an, aber er selbst fühlte das nahende Alter, und sein Haar, das mit jedem vergehenden Jahr mehr ergraute, machte es nur allzu deutlich. Wie viel Zeit mochte ihm noch bleiben? Wie sollte es weitergehen, wenn sein Sohn nicht bald mehr Pflichtgefühl aufbrachte? Was sollte aus Land und Leuten werden?
Er fühlte den gierigen Blick seiner Schwestern im Nacken, die noch immer hofften, einer ihrer Söhne würde eines Tages den Titel und die Ländereien erben und der Graf erschauerte bei dieser Vorstellung. Die Versuche diverser Verwandter sich lieb Kind zu machen und in seiner Gunst zu steigen, hatte vor langen Jahren seine Entscheidung gefestigt, nicht in der Stadtresidenz zu bleiben, die sein Vater vorgezogen hatte, und sich stattdessen auf den abgelegenen Hauptsitz der Familie zurückzuziehen. Weitab von seinen Schwestern fühlte er sich wohler, selbst wenn es seine Arbeit erschwerte.
So in grüblerische Gedanken vertieft bemerkte er die flüchtige Bewegung in den Schatten jenseits des Weges nicht, wohl aber sein Pferd. Der Hengst blieb abrupt stehen und schnaubte unruhig. Damit riss er Seine Exzellenz aus seinen tiefen Gedanken.
Der Graf sah sich um. Die Kreuzung mit dem großen Meilenstein in der Mitte lag ruhig vor ihm. Er spähte einige Minuten in die Dunkelheit, aber in der Schwärze war nichts zu erkennen. Stattdessen beugte er sich im Sattel vor und klopfte dem Hengst den Hals.
„Ist schon gut, Mircea. Es ist nicht mehr weit jetzt. Bald sind wir zu Hause, mein Freund."
In der Nähe raschelte es im Gebüsch.
Der Graf fuhr im Sattel herum, doch sah er nichts, was dieses plötzliche Geräusch hervorgerufen haben könnte. Bis auf die Rufe der Käuze und Uhus und das Rauschen der Blätter im Wind war es ruhig. Nur die gewöhnlichen Geräusche eines Waldes bei Nacht. Es fiel ihm nicht auf, dass es in seiner direkten Umgebung stiller war als die Anwesenheit eines Reiters auf einem Pferd normalerweise auslösen würde. Die Rufe der Vögel, die er hörte drangen von viel weiter entfernt zu ihm her als er glaubte.
Graf von Krolock streichelte den Hals des Rappen. Seine Hand strich ruhig über das glatte Fell, während das Tier unter ihm unruhig auf der Stelle trat und schnaubte.
„Schon gut. Das war wahrscheinlich nur ein Fuchs, Mircea. Beruhige dich, alter Junge." Er ließ seine Finger noch einige Male über das weiche Fell gleiten, ehe er sich wieder in den Sattel zurücksinken ließ. Mit sanftem Druck seiner Schenkel gab er dem Pferd das Zeichen das es weitergehen sollte, aber stattdessen blieb das Tier stehen wo es war und weigerte sich, auch nur einen Schritt vorwärts zu gehen.
Graf von Krolock seufzte und glitt elegant aus dem Sattel. Er trat vor seinen Hengst, strich ihm einige Male sanft über die Nüstern und fasste die Zügel mit einer Hand.
„Ich weiß, du bist müde. Aber das bin ich auch, mein Freund. Ich mute mir nicht weniger zu als dir. Aber wenn du anfängst vor den harmlosesten Dingen zu erschrecken, bloß weil du erschöpft bist, dann kommen wir nur noch später nach Hause." Seine Hände tätschelten den langen schlanken Hals des Pferdes ehe er es eindringlich an sah. „Na, komm schon. Ich gehe ein Stück neben dir her."
Graf von Krolock ging einige Schritte und nachdem er zunächst seinen Hals so weit gestreckt hatte, wie er konnte, erlaubte Mircea es widerstrebend, dass er weitergeführt wurde und folgte zögernd. Er war es nicht gewohnt, seinem Herrn ungehorsam zu sein. Seine Exzellenz war erleichtert. Wenn es sein musste, würde er auch die restliche Meile zum Schloss neben dem Tier zu Fuß zurücklegen, wenn es die beiden nur endlich zum Schloss brachte. Er schlug den Weg nach Süden in Richtung Schloss ein und hinter ihm blieb Mircea erneut abrupt stehen und zerrte seinen Kopf in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
Allmählich wurde der Graf dieses Verhaltens überdrüssig. Er war den ganzen Tag unterwegs gewesen, von einem entlegenen Dorf zum nächsten geritten, hatte sich um Angelegenheiten streitender Nachbarn bis hin zu einer beschädigten Mühle kümmern müssen und war bereits vor Morgengrauen auf den Beinen gewesen. Jetzt wollte er endlich nach Hause – und er war versucht die restliche Strecke zu Fuß zurückzulegen und das störrische Pferd sich selbst zu überlassen. Während er sein unruhiges Tier schalt, bemerkte er den dunklen Schatten nicht, der sich ihm näherte.
„Verflucht seist du, Mircea! Es ist jetzt genug, hörst du?! Wenn du nicht..." Er sprach diesen Satz nie zu Ende.
Vor ihm legte das Reittier die Ohren an und bäumte sich auf. Graf von Krolock fuhr herum, doch er erkannte zu spät, auf was ihn sein treuer Begleiter die ganze Zeit versucht hatte aufmerksam zu machen.
Eine schattenhafte Gestalt mit rot glühenden Augen kam durch die Dunkelheit auf ihn zu. Es blieb ihm gerade noch Zeit seinen Dolch unter dem Umhang hervor zu ziehen, bevor der Schatten sich auf ihn stürzte. Mircea scheute und ergriff, von Panik getrieben, die Flucht.
Graf von Krolock stürzt zu Boden, sein Angreifer über ihm. Der Dolch wurde ihm entrissen und landete etliche Meter außerhalb seiner Reichweite.
Mit aller Kraft versuchte er sich von dem unbekannten Angreifer zu befreien, doch dieser schien um einiges mehr an Kraft zu haben als er selbst und es kostete ihn keine Mühe die Befreiungsversuche des Adligen zu überwinden.
Das Letzte was der Graf wahrnahm, war ein scharfer Schmerz an seiner Kehle, ehe sein Bewusstsein in der Dunkelheit versank.
Author's Note:
Wer glaubt das ich hier ein zu 'Heroisches' oder 'tugendhaftes' Bild von Krolock als Person darstellen
- nun zum einen muss ich ihn schon ein bisschen auf ein Podest stellen, das er es geschafft hat, erfolgreich
nach all diesen idealen zu streben und sie zu einem bestimmten Grad zu verwirklichen.
Aber ihr dürft nicht vergessen: wir reden hier von jemand, der Mark Aurel, Erasmus von Rotterdam, Platon und
Aristoteles gelesen hat. Ja, Machiavelli sicher auch. Aber bisher war er eher ein Kontrast zum anderen Extrem.
Die Tatsache das er sich in Tanz der Vampire offenkundig damit quält das er keinem Ideal entsprechen kann,
weder positiv noch negativ finde ich bezeichnend.
Aber hier sehen wir ihn als leuchtendes Vorbild, das auf den Spuren seiner Vorbilder denkt, auf dem Weg zum
aristotelischen Glück zu sein. Und sehen wir von seinen Alltagssorgen ab, scheint das Leben ihm doch Recht zu
geben. Vergesst nicht: Um zu Fallen muss er sich erst mal hoch gearbeitet haben. Sonst wäre es nicht so
bitter und schmerzhaft.
Mein Dank gilt hier den beiden Personen die dieses Kapitel Beta gelesen haben. Das Ergebnis wäre nicht das selbe ohne euch beide!
