Leia ließ ihren Bruder abrupt wieder los, um sich mit beiden Fäusten die Vorboten einer ganzen Flut von zornigen Tränen aus den Augen zu wischen.
„Dass du mir DAS antun konntest ..." stieß sie mit halb erstickter Stimme heraus.
„Was habe ich dir angetan? Was hab ich denn gemacht?" fragte Luke bestürzt.
„Und jetzt tut er auch noch so scheinheilig ... Heuchler! Lügner! Falsche, hinterhältige, erbärmliche kleine Ratte!"
„Leia, ich habe wirklich keine Ahnung, was ..."
„Streit es bloß nicht ab! Leugnen ist völlig zwecklos. Ich habe alles gehört. Und ich ... ich hasse dich dafür! Ja, genau. Ich hasse dich dafür und ... und ich werde dich ewig hassen! EWIG!" schluchzte Leia.
Doch Luke hatte jetzt allmählich genug. Ohrfeigen, Beschimpfungen, Hasstiraden – womit hatte er das nur verdient?
„Was hast du gehört? Was soll der ganze Quatsch?" sagte er scharf.
„Du ... du warst bei IHM. Und du hast ihm alles erzählt, obwohl du mir hoch und heilig versprochen hast, den Mund zu halten ..."
Und Luke ging endlich ein Licht auf – na ja, besser spät als nie.
„Du glaubst, dass ich dich verpetzt habe? Aber Leia! Du solltest mich eigentlich besser kennen."
Seine Schwester starrte ihn an, Skepsis und Hoffnung stritten sich auf ihrem ungläubigen Gesicht, ihre trotzig vorgeschobene Unterlippe zitterte vor Unentschiedenheit.
„Aber du warst doch gerade bei ihm. Und ihr habt euch gestritten, ich hab es ganz genau gehört. Und ihr streitet euch sonst nie. Ihr seid doch immer ein Herz und eine Seele, du und er. Und da habe ich natürlich gedacht ... Ich habe wirklich geglaubt ..."
Sie konnte den Satz nicht einmal zu Ende bringen, aber das war auch gar nicht nötig. Luke verstand auch so, was sie sich unweigerlich eingeredet hatte. Und plötzlich fühlte er eine tiefe Zärtlichkeit für Leia und einen Schmerz, der so tief ging, dass er ihn nicht einmal ausloten konnte oder wollte. Dass sie ihm so etwas zugetraut hatte...
Wie hatte es nur so weit kommen können, dass sie einen Außenseiter wie Bail Organa für vertrauenswürdig hielt, während sie ihrem eigenen Bruder so viel Argwohn entgegenbrachte? Und was konnte Luke tun, um diesen Riss zwischen ihnen wieder zu kitten?
Er trat einen Schritt auf sie zu und legte den Arm um sie und er tat es mit gebührender Vorsicht, denn dieses törichte Mädchen konnte seine friedlichen Absichten ja missverstehen und ihm buchstäblich an die Kehle springen. Heute war einfach alles möglich. Wirklich alles.
„Jetzt hör mir mal ganz ruhig zu, du kleiner Dummkopf. Ich habe Dad nichts davon erzählt! Und ich werde ihm auch nichts davon erzählen, okay? Nicht ein Wort!"
Leia schmiegte sofort ihre Stirn gegen seine Schulter und wisperte: "Tut mir Leid, dass ich dich geschlagen habe. Irgendwie war ich ... Ach, ich weiß auch nicht, was mit mir los war."
Doch in Wirklichkeit wusste sie es nur zu genau, aber das konnte sie natürlich nicht zugeben. Denn in diesem Fall hätte sie ihrem Bruder erklären müssen, warum das geisterhafte Echo von Siris "Du kannst niemandem vertrauen, Liebes. Absolut niemandem!" seit gestern Nacht durch ihren Kopf und durch die ganze Vader-Residenz zu hallen schien wie das trostlose Stöhnen und Kettenrasseln eines herumspukenden Schlossgespenstes.
Luke wusste beim besten Willen nicht, was er dazu sagen sollte, also begnügte er sich damit, Leia im Arm zu halten und ein wenig unbeholfen ihren schmalen Rücken zu tätscheln, was sich ungefähr so anfühlte, als würde er ein nervöses Wildpferd streicheln, ein völlig unberechenbares Geschöpf, das jeden Moment scheuen und auf und davon galoppieren konnte – und das möglicherweise erst nach einem kräftigen Huftritt in seine Richtung.
"Ist ja gut ... ist ja alles wieder gut", murmelte er in einem beruhigenden Singsang.
Und vielleicht wäre tatsächlich alles wieder gut gewesen, wenn Luke nicht ausgerechnet in diesem heiklen Augenblick an Mar Shelmerdee hätte denken müssen, der garantiert nie von irgendjemandem im Arm gehalten und getröstet wurde, obwohl er es dringend nötig gehabt hätte, der arme Kerl.
Und dank einer ausgesprochen unheilvollen Gedankenverknüpfung kam Luke Vader plötzlich eine geniale Idee – zumindest kam sie ihm genial vor. Hatte seine Schwester nicht ausdrücklich behauptet, dass Bail Organa nur zu gerne den Retter in der Not spielte? Na bitte, dann war das ja eine hervorragende Gelegenheit, um zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, nämlich Mar zu helfen und gleichzeitig diesem alderaanischen Menschenfreund und Überzeugungs-Wohltäter mal gründlich auf den Zahn zu fühlen.
Luke war ganz entzückt von seiner eigenen Cleverness. Und weil er zu spontanen Entschlüssen neigte oder generell nie viel nachdachte, bevor er den Mund aufmachte, sprudelte seine Eingebung sofort aus ihm heraus.
"Sag mal, Schwesterherz, kann dein Freund vielleicht auch irgendetwas für meinen Freund tun?"
Leia riss sich so heftig aus seiner Umarmung los, dass sie das Gleichgewicht verlor und beinahe gestürzt wäre. Aber erst als sie ihre Balance wiedergefunden hatte und einen Blick voller flammender Verachtung auf ihren Bruder abschoss wie einen tödlichen Giftpfeil, wurde Luke klar, dass sein reichlich plump formuliertes Hilfsgesuch auch eine andere Interpretation zuließ. Eine ausgesprochen unerfreuliche Interpretation ...
„ERPRESSER! MIESER, GEMEINER ERPRESSER!"
"So habe ich es doch gar nicht gemeint", rief Luke und duckte sich unwillkürlich, weil er mit einer neuen Ohrfeige rechnete. Stattdessen erntete er genau den temperamentvollen Wildpferd-Tritt, den er mehr oder weniger vorausgesehen hatte.
"AUTSCH!"
Aber die entfesselte junge Furie, mit der er rein zufällig verwandt war, wirbelte herum und stürmte einfach davon, ohne sich um die Klagelaute ihres Opfers zu kümmern.
Luke betastete unter Grimassen sein schmerzendes Schienbein, verfluchte vorsorglich gleich alle streitsüchtigen und gewalttätigen weiblichen Wesen der Galaxis gleichzeitig und humpelte anschließend schimpfend hinter dem einzelnen Wesen her, das ihm zurzeit das Leben unnötig schwer machte.
Er fing die flüchtende Übeltäterin gerade noch ein, bevor sie sich in einer Gästesuite im dritten Stock verbarrikadieren konnte, die raffinierte kleine Hexe.
"Wirst du wohl hier bleiben!"
Er hielt sie energisch fest und presste sie an sich, was schwierig war, weil Leia sich in seiner Umklammerung wand wie ein wütender Seestern und darüber hinaus biss und kratzte, was das Zeug hielt, ein Kampfstil, den Luke für ausgesprochen unsportlich hielt. (Typisch Mädchen!)
Aber er selbst hatte auf Carida schließlich nicht nur Astro-Mathematik gelernt und er wusste heutzutage haargenau, wie man einen echten Boo-Shido-Hebelgriff wirkungsvoll einsetzte, wenn es denn unbedingt sein musste.
"Biest!" fauchte seine Schwester atemlos, als sie feststellte, dass sie sich nicht befreien konnte, ohne dabei Gefahr zu laufen, sich beide Arme auszukugeln.
"Selber Biest!" schnappte Luke, der den schon leicht bläulich verfärbten Zahnabdruck an seinem rechten Unterarm noch schmerzhafter fand als sein malträtiertes Schienbein. "Und hör endlich mit diesem blöden Gezappel auf! Du tust dir nur selber weh."
Das hatte Leia inzwischen auch gemerkt, aber sie hätte sich lieber hängen, rädern und vierteilen lassen als nachzugeben. Es war eine Frage der Ehre. Also verrenkte sie sich beinahe den Hals, um ihren unausstehlichen Bruder noch einmal zu beißen und zwar mit aller Kraft. Dieses Mal rief Lukes unüberhörbares Aufjaulen ein paar neugierige Wachen auf den Plan und leider auch Padmé, was die Dinge schlagartig komplizierte.
"Was ist denn hier los?"
Luke und Leia glitten so schnell auseinander wie zwei gleich gepolte Magneten, die sich gegenseitig abstießen. Bemerkenswerterweise waren sie trotz aller vorausgegangener Feindseligkeiten instinktiv sofort wieder im Gleichklang oder taten wenigstens so als ob. (Wenn es nicht gerade um Vader höchstpersönlich ging, machten sie grundsätzlich Front gegen einen gemeinsamen Widersacher. Bei Padmé geschah dies natürlich aus gänzlich unterschiedlichen Motiven: Luke wollte seine Mutter um keinen Preis der Welt beunruhigen. Und Leia wollte den größtmöglichen Sicherheitsabstand zu dieser aufdringlichen Frau einhalten, die sich ständig überall einmischte. Daher heuchelten die Zwillinge in Situationen wie diesen automatisch eine nicht wirklich überzeugende Friede-Freude-Eierkuchen-Stimmung – sogar dann, wenn Padmé sie praktisch schon auf dem Boden vorfand, ineinander verkrallt wie zwei Straßenkater in einem Revierkampf auf Leben und Tod und entsprechend verschrammt und verstimmt.)
"Gar nichts", behaupteten sie mit gut gespielter Einmütigkeit.
Padmé musterte ihren Sohn und ihre Tochter, die mit geröteten Gesichtern und blitzenden Augen vor ihr standen. Zwischen den beiden sprühten förmlich die Funken, selbst die Luft schien vor Spannung zu knistern. Sogar ein Blinder hätte sofort erkannt, dass irgendetwas im Busch war ...
"Streitet ihr euch etwa schon wieder?"
"Neiiin!" klang es erneut einstimmig zurück. Und Luke zwang sich jetzt zu einem etwas schiefen, aber dafür ausgesprochen sonnigen Grinsen, um seine herzlichen Gefühle gegenüber seiner Schwester zu demonstrieren.
Doch Padmé war nicht ganz so leicht hinters Licht zu führen, wie ihre Sprösslinge glaubten.
"Müsst ihr euch eigentlich ständig zanken?"
"Aber wir zanken uns doch gar nicht. Wir ... wir diskutieren nur", erwiderte Leia und produzierte mit großer Mühe ein säuerliches kleines Lächeln, das frische Milch im Handumdrehen zum Gerinnen gebracht hätte.
Und Padmé begriff, dass sie hier vollkommen überflüssig war. Was auch immer die Gemüter ihrer beiden Hitzköpfe wieder mal in Wallung gebracht hatte, sie wollten es offensichtlich unter sich ausmachen, allein und ungestört von einer mütterlichen Friedensdelegation ...
"Ihr beiden seid wirklich unmöglich! Na schön, dann rauft eben weiter, wenn es euch Spaß macht. So lange dabei nicht die ganze Einrichtung zu Bruch geht", sagte sie resigniert und räumte das Schlachtfeld, nachdem sie den Wachen mit einem kurzen Wink signalisiert hatte, das Gleiche zu tun.
Wieder unter vier Augen in ihrer ganz privaten Arena ließen die Zwillinge sofort alle Vorspiegelungen geschwisterlicher Eintracht fallen und maßen einander mit finsteren Blicken.
"Zimtzicke!" knurrte Luke.
"Vollpfosten!" zischte Leia.
Nachdem das geklärt war, sanken sie wie auf Stichwort auf ein gemütliches Zweisitzersofa, das neben der Tür zur Gästesuite stand, um sich im Schutz dieser neutralen Zone ein klein wenig zu erholen, bevor sie ihr kräftezehrendes Gefecht fortsetzten.
Für die nächsten paar Minuten herrschte frostiges Schweigen, während die beiden mit großer Konzentration die fantastische Aussicht durch das gigantische Panoramafenster auf der anderen Seite des Korridors studierten. Die Skyline von Imperial City war zu jeder Tageszeit und bei jeder Wetterlage eindrucksvoll, aber vor dem feuervergoldeten Hintergrund eines sommerlichen Sonnenuntergangs war der Anblick einfach atemberaubend. Vielleicht lag es daran, dass niemand ein Wort herausbrachte. Vielleicht aber auch nicht.
"Ich hab es wirklich nicht so gemeint", brummte Luke nach einer Weile. (Irgendjemand musste schließlich den Anfang machen, oder?) „Eigentlich hab ich es nur gut gemeint."
„Ach ja. Mit wem denn?" fragte Leia spitz. Nicht mit ihr, so viel stand fest! Und dass ihr eigener Bruder sie so unter Druck setzte – wegen irgendeinem unbekannten Freund, von dem sie noch nie gehört hatte! –, das machte die Sache ihrer Meinung nach eher schlimmer als besser.
Luke fiel natürlich prompt auf ihre Fangfrage herein und sagte arglos: „Mit Mar Shelmerdee – so heißt er nämlich. Du kennst ihn natürlich nicht – noch nicht. Aber wenn du ihn erstmal kennen gelernt hast, wirst du ihn einfach lieben. Er ist toll."
Leider zeigte der verschlossene Gesichtsausdruck seiner Schwester ganz deutlich, dass sie gerade jetzt nicht den allergeringsten Wunsch verspürte, Mar Shelmerdee jemals kennen zu lernen, egal, wie toll er war. Und Luke fiel plötzlich ein, dass Leia sich vielleicht ein klein wenig ausgenutzt vorkommen mochte, weil sie ja so rein gar nichts von Mar und all seinen Nöten wusste. Das musste natürlich umgehend geändert werden.
Und so wurde Leia im Eiltempo über Leben und Leiden des allerbesten Freundes ihres Bruders aufgeklärt.
„Du siehst also: Mar ist ein echtes Opfer ... ja ... ein Opfer des Systems!" erklärte Luke mit Feuereifer, denn wenn irgendetwas seine politikbesessene Schwester aus der Reserve locken konnte, dann eine Anspielung auf irgendein soziales oder gesellschaftliches Defizit des Imperiums.
Leia zog sofort einen viel sagenden Flunsch. Grundsätzlich sah sie in jedem Kadetten einer imperialen Militärakademie ein Opfer des Systems, ob er nun freiwillig oder ausdrücklich gegen seinen Willen auf Carida oder sonst wo zum perfekten Untertan und Befehlsempfänger gedrillt wurde. Und dass gewisse familiäre Hintergründe einem jungen Menschen die bloße Existenz zur Hölle auf Erden machen konnten, das wusste schließlich niemand besser als sie selbst.
Aber auch wenn sie schon aufgrund eigener Erfahrungen auf diesem Gebiet eine gewisse Sympathie für Lukes hoffnungslos versklavten Busenfreund empfand, so änderte dies doch nichts an der Tatsache, dass ihr Bruder eindeutig versucht hatte, sie zu manipulieren. Na schön, vielleicht hatte Luke sie nicht direkt erpresst, vielleicht hatte sie einfach nur ein bisschen überreagiert, aber irgendwie ... Ja, irgendwie ging ihr die ganze Angelegenheit trotzdem gewaltig gegen den Strich.
Und überhaupt: Was würde Bail Organa von all dem halten? Luke hatte sich dem Senator gegenüber bei ihrer ersten und einzigen Begegnung unmöglich aufgeführt und jetzt erwartete er von ihm allen Ernstes ... Ja, was denn eigentlich? Sie hatte den stillen Verdacht, dass ihr Bruder im Grunde selbst nicht wusste, was er für Mar Shelmerdee erreichen wollte.
„Nehmen wir mal an, Senator Organa ist tatsächlich dazu bereit, etwas für dein armes misshandeltes Waisenkind zu tun. Was genau soll er überhaupt tun?"
Es war genau so, wie Leia befürchtet hatte: Lukes verdutztes Gesicht sprach Bände!
Nachdem sein Versuch, Mar sozusagen als Adoptivbruder in den schützenden Kokon rund um die Vaders hineinzuziehen, geradezu spektakulär gescheitert war, war ihm nur klar gewesen, dass er jetzt so schnell wie möglich einen Plan B ausbrüten musste. Sein unerwarteter Zusammenstoß mit Leia hatte ihn praktisch mit der Nase auf die einzige noch offene Möglichkeit gestoßen, aber natürlich hatte er noch gar keine Gelegenheit gehabt, über die Details von Plan Bail ... nein ... B nachzudenken.
„Ähm ... Keine Ahnung", sagte er zögernd.
„Wie wahr!" erwiderte seine Schwester nicht ohne Sarkasmus. „Du hast wirklich keine Ahnung! Du hast nicht einmal einen blassen Schimmer von den Realitäten des Lebens, oder? Nach allem, was du mir erzählt hast, sind diese grässlichen Leute die legalen Vormünder von deinem Mar Shelmerdee. Mit anderen Worten: Sie können mit ihm machen, was sie wollen ... wenn sie ihn nicht gerade verhungern lassen oder irgendwas in dieser Art. Dagegen gibt es natürlich Gesetze.
Aber es ist nicht gegen das Gesetz, das eigene Mündel auf die Militärakademie zu schicken und ihm auch sonst das Leben zur Hölle zu machen. Nein, auf legale Weise geht da gar nichts, so lange er noch minderjährig ist.
Also was soll Bail Organa deiner Meinung nach machen? Soll er Mar vielleicht in einer Nacht-und-Nebel-Aktion entführen und ihn einfach spurlos verschwinden lassen?"
Auch das war sarkastisch gemeint, aber Lukes Augen leuchteten trotzdem sofort auf. In seiner Fantasie sah er Mar nämlich bereits als blinden Passagier im Frachtraum eines schnittigen alderaanischen Kreuzers und an der Schwelle zu einer ganzen Serie von aufregenden Abenteuern und einer ungewissen, aber bestimmt glanzvollen Zukunft als berühmter Rockstar ... oder was auch immer seinem musikalischen Freund eben so vorschwebte, wenn er stundenlang auf seiner Geige herumkratzte. Aber auf jeden Fall würde es wie ein zum Leben erwachter Jugendroman sein ... und bestimmt viel attraktiver als das nächste öde Semester auf Carida.
„Kann er das?" fragte er aufgeregt.
„Natürlich nicht! Sei kein Idiot!" schnappte Leia.
In Wirklichkeit hatte der gute Senator sehr wohl Erfahrung mit Nacht-und-Nebel-Aktionen und darüber hinaus ein gewisses Talent, wenn es darum ging, Leute spurlos verschwinden zu lassen. (Wofür Siri ja das beste Beispiel war!) Doch bei diesen Leuten handelte es sich für gewöhnlich eben nicht um unglückliche Schuljungen auf der Flucht vor unerfreulichen Verwandten oder um kaltgestellte Lehrerinnen mit einem rachsüchtigen Ex-Arbeitgeber im Hintergrund, sondern um Rebellensympathisanten und ähnlich verzweifelte Zeitgenossen, die dringend von der Bildfläche verschwinden mussten, wenn sie nicht im Gefängnis oder gleich auf dem Friedhof enden wollten. Doch das konnte sie ihrem Bruder gegenüber wohl kaum zugeben ...
Luke wurde sofort wieder ernst.
„Aber irgendjemand muss doch irgendetwas für Mar tun können. Kannst du Organa nicht wenigstens fragen? Vielleicht hat er ja eine Idee, auf die wir noch gar nicht gekommen sind."
„Er ist ein so viel beschäftigter Mann", murmelte Leia vage. „Ich weiß wirklich nicht, ob man ihm so etwas zumuten kann."
„Bitte frag ihn wenigstens. Mehr will ich doch gar nicht von dir. Du sollst ihn einfach nur fragen. Ich habe dich noch nie um einen Gefallen gebeten. Bitte, Leia! Bitte, bitte!"
Leia seufzte. „Also gut", sagte sie widerwillig. „Ich werde es versuchen. Aber ich kann dir nichts versprechen, hörst du?"
„Du bist doch die Allerallerbeste!" schwor Luke und bedeckte ihr Gesicht mit schmatzenden und entschieden zu feuchten Küssen.
„Iiihhh! Das reicht. ICH SAGE DAS REICHT!"
Luke ging schnell wieder auf Abstand.
„Mecker, mecker! Dir kann man es aber auch nie Recht machen", sagte er vorwurfsvoll. „Trotzdem danke. Tausendmal danke", fügte er hastig hinzu, als das wetterwendische kleine Koboldgesicht vor seiner Nase sich wieder verdächtig verfinsterte.
Der Kobold rang mit sich und seinem Temperament und gewann gerade noch die Oberhand.
„Schon gut", sagte Leia hoheitsvoll. „Ich weiß ja, von wem du das hast. Es ist wahrscheinlich einfach stärker als du."
Und nach diesem Partherpfeil schwebte sie mit leicht zerzaustem, aber hoch erhobenem Köpfchen auf und davon.
Luke starrte ihr hinterher.
„Eben typisch Mädchen!" brummte er kopfschüttelnd vor sich hin.
Fortsetzung folgt ...© 2012 by Nangijala
10
