Wie. Könnt. Ihr. Es. Wagen."

Leliana schrie nicht. Die Worte zischten aus ihrem Mund wie aufs stärkste gespannte Pfeile und wären es wirklich eben solche gewesen, dann steckten sie jetzt zentimetertief in der Brust des Inquisitors. Die Augen der Meisterspionin fixierten sie mit einem eiskalten und verabscheuenden Blick.

„Die Wächter Kommandantin, meine Verbindung zu ihr. Ich gab Euch diese Informationen im Vertrauen darauf, dass ihr sie niemals gegen mich verwenden würdet..." Jegliche Vorsicht war aus den Worten der Nachtigall verschwunden. Es schien sie nicht zu stören, dass sie hier und jetzt, ihre gut geschützte Fassung verlor und die Beteiligten einen großen Einblick davon erhielten, was sich hinter der kühlen und distanzierten Fassade verbirgte.

„Leliana, Inquisitor Lavellan versuchte lediglich..."

„Hört auf für sie zu sprechen, Cassandra. Ich kann nur hoffen Ihr wusstet nicht auch von diesem Vorhaben. Ansonsten ist heute der Tag, an dem mich nicht nur eine, sondern zwei Freundinnen verraten haben!" Ihre Stimme schwoll zum Ende des Satzes hin an und Zorn ließ sie beben.

Sie wandte sich ab und lehnte sich mit beiden Armen auf das Turmgeländer, mit dem Rücken zu den anderen beiden.

Die sonst so unerschütterliche Kriegerin sah ratlos, fast schon hilfesuchend zu der zierlichen Elfin, die bis zu diesem Zeitpunkt kein Wort gesagt hatte. Amelia drückte kurz, aber bestimmt die Hand der Sucherin, lächelte sie an und gab ihr zu verstehen, dass sie dieses Gespräch alleine fortsetzen musste. Diese kurze, aber vertraute Geste, erfüllte Cassandra mit einem warmen, neuartigen Gefühl. Und trotzdem, das Unbehagen darüber, ihre Anführerin, die für sie mittlerweile so viel mehr geworden war als nur das, in dieser schwierigen Situation allein zu lassen, war groß. Doch sie vertraute auf die Einschätzung Lavellans und mit einem Kopfnicken verließ sie leise die obere Etage.

„Einen wunderbaren Einfluss habt Ihr auf sie", zischte Leliana, „macht so weiter, Inquisitor, und schon bald bekommt Ihr sie dazu, mit dem Bullen in Herolds Rast die Nächte durch zu machen oder mit Dorian auf Männerjagd zu gehen."

„Mir wäre es lieber, sie würde sich Tipps von Sera, statt von Dorian geben lassen", sagte Amelia offen und mit einem leichten Lächeln. Leliana schien nicht überrascht zu sein, und falls doch, ließ sie es sich nicht anmerken. Sie schwieg. Die Elfin nutzte ihre Chance, um die Wogen etwas weiter zu glätten.

„Cassandra wusste nichts von meinem Vorhaben. Ich habe sie bewusst nicht eingeweiht, denn sie hätte mich davon abgehalten, die Heldin von Ferelden zu kontaktieren-."

„Natürlich hätte sie das. Sucherin Penthagast ist sich sehr wohl im Klaren darüber, dass man sich nicht in die persönlichen Angelegenheiten anderer mischt." Leliana musste es nicht erst formulieren. Das unausgesprochene „im Gegensatz zu Euch" hing auch so in der Luft. Die Stimme der Meisterspionin war eiskalt und schneidend.

Obwohl ihre Position in der Inquisition es sie anders gelehrt und in der Vergangenheit schon oft von ihr verlangt hatte, blieb Lavellan sich ihrer Fähigkeit offen und wahrheitsgemäß zu sprechen, treu.

„Ich habe Angst meine Freundin zu verlieren", flüsterte Amelia leise.

„Freunde". Leliana sagte das Wort so, als wäre es etwas Widerwärtiges in ihrem Mund. Sie drehte sich nun wieder zu der Elfin um und ihre Augen verengten sich zu Schlitzen.

„Freundinnen würden sich so etwas aneinander nie antun. Freundinnen achten die Privatsphäre der anderen. Eine Freundin würde meine Geliebte niemals von Ihrer lebensnotwendigen Mission abbringen, nur um sie etwas wieder gut machen zu lassen, woran sie weder Schuld noch Beteiligung trägt!" Nun hatte die Meisterspionin doch angefangen zu schreien. Einige ihrer Raben, die sich hier oben zu Haufen tummelten, krächzten empört und manche flogen aufgeschreckt durch die offenen Fenster davon. Lavellan hatte Leliana noch nie so außer sich erlebt. Nicht einmal in der düsteren Vergangenheit, in der sie und Dorian für eine kurze Zeit gefangen gewesen waren, hatte die linke Hand der Göttlichen nicht mal im Angesicht des Todes die Fassung und ihre Haltung verloren. Doch dieses Mal war anders. Dieses Mal ging es nicht um eine Entscheidung, die die Meisterspionin selbst getroffen hatte, oder einen weiteren Auftrag der Inquisition, der es sich mit aller Professionalität zu widmen galt.

Dieses Mal ging es um ihre Geliebte. Und bei diesem Thema kannte Leliana weder Rücksicht noch Zurückhaltung.

„Ich habe es Euch erklärt. Ihr wisst auf was für einer Mission sie ist. Es geht nicht nur einfach darum den nächsten Hohen Drachen zu töten oder einen weiteren lächerlichen Außenposten zu erschließen. Sie kämpft Um. Ihr. Leben! Wir haben es hingenommen, dass sich unsere Wege trennten, haben es hingenommen, dass wir nicht zusammen sein können und unsere Kommunikation lediglich durch Briefe aufrecht erhalten wird. Für sie, dafür, dass sie eine Chance hat weiterzuleben. Weil sie immer noch hofft, ein Heilmittel gegen den Ruf der Wächter zu finden, und ich an sie glaube." Lelianas Augen füllten sich mit Tränen. Amelia streckte unwillkürlich ihre Hand nach ihr aus, doch diese wurde abgewehrt.

„Leliana..."

„Sie stirbt. Sie stirbt jeden Tag ein kleines bisschen mehr. Der Mensch, der dafür gesorgt hat, dass ich meinen Verstand nicht verloren habe in all diesen Jahren. Und jetzt bricht sie ihre Mission ab, nur weil ich die Entscheidung getroffen habe Euch zu vertrauen." Die Meisterspionin wandte sich von Lavellan ab und verließ den Turm durch eine Tür nach draußen zu einem der zahlreichen Wehrgänge. Sie ließ die Elfin ratlos zurück.

Freue mich sehr über jeden Leser und noch mehr würde ich mich freuen, wenn ihr mir eine Rezension da lassen würdet!

Schönen Tag noch :)