Ich hab es schon wieder getan, mich mit einer Tasse heißen Tee hingesetzt und geschrieben :)


Die Rückkehr mit dem Liebesbrief.


"Hallo, Charles", Elsie rollte sanft das R in seinem Namen. Sie wusste, sie bräuchte ihren eigenen nicht nennen, schottischer Akzent und Stimme würde er zuordnen können.

Charles stand vor seinem Schreibtisch. Seit Elsies Verschwinden, war er voller Sorge, voller Ärger, voller Verständnis und voller Unverständnis. All das war zu einem verworrenen Knödel in seiner Brust verknotet. Unmöglich erschien es ihm, einen richtigen - DEN richtigen - Gefühlsstrang so plötzlich für ein Gespräch mit ihr herausziehen zu können. Ihr Anruf überrumpelte ihn, er hatte nicht damit gerechnet. Der selbstbewusste Tonfall seiner Begrüßung war verschwunden.

"Wo bist du, Elsie?", fragte Charles unsicher. Zwar hatte ihm Mrs. Patmore bestätigt, Elsie ginge es gut, aber mehr Informationen behielt die Köchin für sich. Es war schwer für ihn, so im Ungewissen zu sein, vor allem, wenn es um Elsie ging.

Sie antwortete ihm knapp auf seine Frage. Nicht, weil sie kurz angebunden sein wollte, sondern weil sie wusste, dass Charles für das Dinner eingespannt sein müsse, und daher nicht zu ausschweifend sein wollte.

Charles hörte bei Elsie im Hintergrund einigen Tumult durch das Telefon, das beunruhigte ihn: "Geht es dir gut? Von wo aus rufst du an?", fragte er weiter.
Elsie erklärte ihm, dass es ihr besser ginge, als in den letzten Tagen und, dass sie noch in einem gutbesuchten Pub wäre, um eben anzurufen. In der Pension, in der sie übernachtete, wurde kein Abendessen angeboten und so konnte sie Telefonat und Essen gleich miteinander verbinden. Charles gefiel der Gedanke nicht, dass Elsie alleine in einem Pub sitzt, in einer ungewohnten Umgebung, mit vielen fremden Menschen (Männern insbesondere). Er machte sich Sorgen um sie, er wollte nicht, dass ihr etwas zustößt (sich jemand zu ihr setzte). Er wusste, die Arbeit drängt, aber er konnte sich nicht von ihrer Stimme lösen.

"Elsie?", fragte er vorsichtig wie ein kleiner Junge.

"Ja, Charles?", Elsie merkte seine Unsicherheit und schenkte ihm daher diese Gegenfrage voller Verständnis und Ruhe.
Schweigend stand er da. Seine Frage, die seit gestern Früh so dringend nach einer Antwort verlangte, die in jeder seiner Zellen zu brennen schien, wollte einfach nicht an die Oberfläche kommen. Er fürchtete ihre Antwort zu sehr.
Er presste die Frage dann aber doch nach einigen Sekunden irgendwie aus sich heraus, nuschelte dabei so gewaltig ins Telefon, dass Elsie nachfragen musste.

Er wiederholte seine Worte. Jedoch um mehr Klarheit und Ruhe bemüht: "Kommst du wieder?"

"Ja, Charles, ich komme wieder.", dieses Mal hielt sie ihre Antwort knapp, um Charles durch die wenigen und eindeutigen Worte zu beruhigen.

"Du fehlst hier.", sagte er und ergänzte verbessernd nach einem Räuspern: "Mir. Du fehlst: Mir."

Elsie merkte, wie bedacht Charles vorging. Sie wollte gerne "Du mir auch." auf seine Worte erwidern, merkte aber, dass sie nicht konnte, ohne sich dazu zwingen zu müssen, sie merkte, dass sie noch nicht bereit dazu war. Es ging ihr zwar besser und sie stand endlich wieder auf zwei Beinen, aber wie lange es noch dauerte, bis sie auf Charles zugehen konnte, wusste sie nicht. Daher gab sie eine weitumfassende Antwort: "Ich freue mich auch wieder, wenn ich zuhause bin. Charles, würdest du Mrs. Patmore bitte kurz ans Telefon holen?"

Charles' Herz bemerkte das Umgehen seiner Worte und füllte sich daraufhin mit Schwere. Wenn sie ihm nur endlich wieder verzeihen könnte. Er vermisst sie so sehr. Er vermisst das Gefühl so sehr, von ihr gemocht zu werden. Er vermisste das Rasseln, er vermisste ihr Lachen, er vermisste sein halbes ich. Zudem wuchs die Angst in ihm immer mehr, dass sie ihm gar nicht mehr verzeihen würde.

"Charles?", Elsie holte ihn aus seinen Gedanken zurück.

"Oh ja ... natürlich. Ich hole sie ... Elsie?"

"Ja?"

"Ich liebe dich.", Charles ging davon aus, dass er keine Antwort bekäme, wollte Elsie aber dennoch unbedingt wissen lassen, wie er empfand. Als er nach einer kurzen Pause nichts Erwiderndes hörte - wie vermutet - löste er sich vom Telefon und machte sich auf in die Küche um Mrs. Patmore zu holen.

_C&E_

Beryl informierte Elsie darüber, dass ihre Ladyschaft sehr besorgt um sie sei und es für eine gute Idee gehalten hat, Becky aufzusuchen. Der Halt der Familie sei nicht zu unterschätzen. Sie bräuchte sich keine Sorgen um ihre Arbeitsstelle machen. Aber beim nächsten Mal, würde Lady Grantham gerne vorher in Kenntnis über eine Abreise eines Bediensteten gesetzt werden.

Nachdem das Telefonat beendet war, bestellte sich Elsie eine Kleinigkeit zum Abendessen. Daraufhin saß sie noch kurze Zeit an ihrem Tisch und lauschte den Gesprächen um sich herum. Sie genoss es, für heute Abend ein Teil der Menschheit zu sein, die nicht in Diensten standen. Morgen um diese Uhrzeit würde sie wieder von all dem unterhaltsamen Trubel des Lebens abgeschottet in den Mauern von Downton Abbey sein.

_C&E_

Als Elsie am nächsten Morgen aufwachte, so gegen 06:00 Uhr, lag sie noch für einige Minuten im Bett. Sie begann zu überlegen, wie ihr heutiger Tag wohl verlaufen würde. Ob sie mit fragenden Blicken der Bediensteten verschlungen, oder wie sie von Lord und Lady Grantham letztendlich empfangen werden würde. Aber bereits nach nur kurzer Zeit war Elsie ihrem Gedankenkarussell überdrüssig und beendete diese Philosophiererei. Sich in Womöglichkeiten zu verheddern war noch nie eine Beschäftigung gewesen, der sie viel abgewinnen konnte. Es kommt eben so, wie es kommt. Sie stieg aus dem Bett, in dem sie sehr gut geschlafen hatte, und begann sich so gut wie möglich für ihre Heimreise herzurichten.

Elsie hatte bis auf ihre Handtasche kein weiteres Gepäck mit. Ihre Abreise mitten in der Nacht war so ungeplant und fluchtartig gewesen, dass sie keine Zeit für Gedanken daran hatte. Erst am späteren Weg zum Bahnhof hin, fiel ihr ein, dass sie einige Sachen zum Übernachten mit gebraucht hätte.
Elsie war aber selbstständig und selbstbewusst genug, um für eine Nacht improvisieren zu können. So wusch sie vor dem Zubettgehen ihre Unterwäsche im Waschbecken und nutzte eine Ecke eines angefeuchteten Handtuches, um sich damit bestmöglich die Zähne zu schrubben.
Der fehlende Koffer der Reisenden war jedoch lange Mittelpunkt des Gesprächs beim Check In der Pension. Die Besitzerin war sehr skeptisch, als eine unangemeldete Frau, ohne Reisegepäck für eine Nacht bleiben wollte. Gemeinsam mit ihrem Mann beäugte sie Mrs. Hughes von oben bis unten mehr als skeptisch. Nach minutenlangem Getuschel hinter der Rezeption, konnte der Besitzer seine Frau jedoch davon überzeugen, dass es sich seiner Meinung nach um eine vertrauensvolle Dame halten würde. Hände, Haare, Kleidung und Aussprache waren in seinen Augen Indizien dafür, dass sie eine respektable Frau sein müsse (und da hatte er vollkommen Recht!).
Zugegebenermaßen fiel Elsie ihre Nervosität ab, sobald sie die Zimmerschlüssel hatte und sich ins Gästebuch eintragen durfte, sie hatte nur den Besuch bei Becky im Sinn, und wollte so kurz vor ihrem Ziel nicht scheitern.

Bevor sie ein letztes Mal aus dem Pensionszimmer ging, nahm sie zuvor noch Beckys Zeichnung vom Nachttisch, faltete sie und steckte sie in ihre Manteltasche. Danach sah sie sich noch einmal in dem netten Raum um und schloss hinter sich die Tür.
Am Gang roch es schon herrlich nach Kaffee und frischem Gebäck. Ein kleines Frühstück ginge sich vor der Abreise noch aus.

_C&E_

Die ganze Zugfahrt über, hatte Elsie ihre Hand in ihrer Manteltasche. Es schmerzte ein wenig, zu wissen, dass sie jetzt wieder so weit von ihrer kleinen Schwester entfernt sein würde. Die Freude auf ihr Zuhause, mit all ihren Kollegen und Freunden (und Charles?) ließ sie aber positiv gestimmt heimkehren. Kurz bevor der Zug in den Bahnhof einfuhr, erhob sich Elsie von Ihrem Sitz und machte sich auf zur Tür, ihre Hand ruhte nach wie vor in der Manteltasche um den kostbaren Inhalt sicher verwahrt zu wissen.
Sie freute sich, dass sie wieder zuhause war. Sie freute sich, dass der Besuch bei ihrer Schwester so vieles in ihr wieder zurechtgerückt hatte und drückte, von ihr unbemerkt, Beckys Zeichnung.

Der Zug hielt quietschend, der Dampf der Lok entwich mit lautem Getöse, nach und nach wurden die Türen der Waggons geöffnet.

Als Elsie heraus trat, atmete sie befreit ein und aus. Sie war wieder da.
Während der Zugfahrt hatte sie ab und an überlegt, ob Charles sie vielleicht vom Bahnhof abholen würde, sie hat Mrs. Patmore gestern ihre Ankunftszeit verraten. Sie blieb kurze Zeit stehen und beobachtete die anderen Reisenden, die entweder gerade mir ihr ankamen oder in den Zug einstiegen. Die meisten wurden freudig empfangen oder schmerzlich verabschiedet. Auf sie wartete keiner, also begab sie sich auf den Weg nach Downton Abbey.
Als sie durch die vertraute Dorfmitte schlenderte und die ihr bekannte Umgebung genoss, hielt sie kurz vor "Mrs. Dotts" Blumenladen inne und betrat ihn dann. Heraus kam sie mit einem kleinen Bündel Kornblumen, aufgelockert mit weißen Blümchen und feinem Blattwerk. Sie wusste, sie käme noch an dem Denkmal vorbei und wollte dort einige Minuten an den lieben, jungen Burschen William gedenken, bevor sie sich weiter auf den Weg machte.

Nach einiger Zeit erreichte Elsie das Gelände der Granthams und machte sich gleich auf zum Dienstboteneingang, die Hand hatte sie den ganzen Weg in ihrer Manteltasche behalten.
Sie war nicht lange weg, verspürte aber etwas Vorfreude auf die lieben Leute, die hier arbeiteten und wohnten. Und auch Vorfreude darauf, wieder arbeiten zu können. Das war ein Empfinden, dass sie die Tage vor ihrer Abreise nicht vermutet hätte, je wieder zu spüren. Zu dumpf und taub war sie. Sie war endlich wieder entspannt genug, um sich den vielen verschiedenen Aufgaben und Personen zu widmen, und zwar vom Herzen heraus.

Von der Dienstboteneingangstür ging sie den Steinboden entlang und kam an Charles Büro vorbei. Im Vorbeigehen lugte sie hinein, es war leer. Das vermutete sie aber bereits, da es mittlerweile Nachmittag war und Charles höchstwahrscheinlich oben bei seiner Lordschaft in der Bibliothek wäre. Auch der Aufenthaltsraum der Dienstboten war verlassen, einzig und alleine Geschepper und Lärm war von der Küche aus zu hören. Mrs. Patmore war engagiert wie eh und jäh. Daraufhin beschloss sie der Köchin von Downton Abbey hallo zu sagen und drehte sich, um in die Küche zu gelangen. Bevor sie dies jedoch tun konnte, wurde sie überraschend von hinten von Anna freudig am Oberarm gedrückt.

"Hallo Mrs. Hughes. Schön, Sie wieder zu sehen! Wie geht es Ihnen?", Annas Frohmütigkeit erleichterte Elsie. Unsichere Gesichter konnte sie nicht gebrauchen.

"Danke, Anna, es geht mit gut.", grinsend beantwortete Elsie ihre Frage, "Ich würde gerne heute Abend wieder anfangen zu arbeiten. Beziehungsweise sobald ich mich waschen und bürsten konnte, ich fühle mich wie eine Baustelle.", Elsie lachte als sie sich zur Schau stellte, woraufhin Anna mit einstimmte.

"Wir freuen uns alle (alle!), dass Sie wieder hier sind!", sprach Anna, bevor sie von Mrs. Hughes abließ und in der Schuhkammer verschwand. Und nun war er doch noch da gewesen - der Blick von Anna, der Mitleid versprach. Elsie wusste, warum sie "alle" so merkwürdig betonte. Sie wusste, wer in "alle" inkludiert wäre.

Elsie nahm ihren Gang in die Küche wieder auf und fand eine gestresste Köchin und eine eher entspannt wirkende Daisy vor.

"Oh, hallo Mrs. Hughes! Wie schön, dass Sie wieder da sind.", begrüßte die junge Beiköchin Mrs. Hughes, während sie in einer großen Schüssel eine rosafarbene Creme rührte.
"Mrs. Patmore, sehen Sie doch nur! Mrs. Hughes ist wieder hier!"

"Jah jah, sehr schön ...!", Beryl war so in das Suchen eines bestimmten Topfes vertieft, dass sie der Meinung wäre, es gäbe momentan nichts Wichtiges, dass sie vom Wühlen in den Schränken abhalten könnte.

"Wo waren Sie denn? Wir haben uns Sorgen um Sie gemacht, so plötzlich wie sie verschwunden waren ... nicht wahr, Mrs. Patmore.", wollte Daisy Bestärkung von Mrs. Patmore einholen.

"Jah, natürlich.", Mrs. Patmore übertrieb etwas mit ihrem gespielten Tonfall.

"Nun, Daisy, ich war in Lytham St. Anne. Dort habe ich den gestrigen Tag verbracht.", Daisy bemerkte, dass für Mrs. Hughes die Frage zu genüge beantwortet wurde und fragte nicht genauer nach.

"Wir freuen uns alle (alle!), dass Sie wieder hier sind!", auch bei Daisys Worten viel ihr das betonte "alle" auf.

"Danke, Daisy! Beryl, ich störe Sie nur ungerne. Aber ich bräuchte meine Chatelaine, die ich ihnen gestern Früh hier gelassen habe.", versuchte Elsie höflich die Aufmerksamkeit der Köchin für sich zu gewinnen.

Doch dann kam Andy hereingeplatzt und freute sich so sehr, dass Mrs. Hughes wieder hier war, dass er kurz neben ihr stehen blieb und ihr versicherte, dass sie hier allen (allen!) gefehlt habe.

Mrs. Hughes bedankte sich bei Andy für die freundlichen Worte, wandte sich aber sogleich wieder Mrs. Patmore zu.

"Mrs. Patmore ... meine Schlüssel ... ich brauche sie bitte wieder.", sprach Elsie nun etwas energischer. Selbst überrascht von ihrem in Ungeduld getränkten Tonfall, lächelte Mrs. Hughes unsicher Daisy an und rollte etwas entschuldigend die Augen.

"Die sind in meinem Zimmer, in der oberen Schublade meiner Kommode.", unbeeindruckt antwortete Beryl, ohne dabei aufzusehen, mittlerweile war nur noch die halbe Köchin zu sehen, der Rest war knieend im Schrank verschwunden. "Sie können sie ruhig holen."

Mrs. Hughes nickte Daisy verabschiedend zu, verließ erleichtert die Küche und ging in ihr Dienstzimmer, um einen schnellen Blick auf Recht und Ordnung zu werfen, bevor sie nach oben ging. Alles war, wie sie es verlassen hatte, alles war, wie es zu sein gehörte. Der Anblick ihres Schreibtisches, der einladend auf sie wartete, verschaffte Elsie Entspannung.

Ein Klopfen an der geöffneten Tür.

"Guten Tag, Mrs. Hughes! Wir freuen uns ... ", doch ehe er seinen Satz beenden konnte, wirbelte sie herum und fiel Mr. Molesley ungeduldig ins Wort.
"... alle, dass Sie wieder da sind. Ich weiß, Mr. Molesley, ich weiß."

"Aber was haben Sie denn? Ich wollte doch nur ... Habe ich etwas falsches gesagt?", hinterfragte er stotternd bei Mrs. Hughes, als er ihren genervten Unterton bemerkte.

"Kommen Sie, Mr. Molesley, die Schuhe putzen sich nicht von selber.", warf Miss Bexter ein, die an seiner Seite war, und begleitete ihn in die Schuhkammer. "Mrs. Hughes wird müde von der Anreise sein.", beruhigte ihn Miss Bexter.

Nach einem kurzen Schnaufer und erneutem Rundumblick in ihr Büro, verließ Elsie den Raum und machte sich auf in Mrs. Patmores Zimmer, um ihre Schlüssel zu holen. Anschließend ging sie in ihr Schlafzimmer, um sich dort frisch für den restlichen Tag zu machen.
Als Elsie zu guter Letzt noch ihre Chatelaine an ihrem Kleid anlegte, bemerkte sie, wie wohl sie sich in der Rolle der Oberen Hausdame fühlte. Sie verließ selbstbewusst ihr Zimmer.

_C&E_

Es war ungefähr 17 Uhr. In zwei Stunden würden die Granthams ihr Dinner einnehmen.
Mr. Carson saß beim Umfüllen von Wein aus Weinflaschen in passende Glaskaraffen bei seinem Schreibtisch, als er abrupt innehielt. Seine Ohren begannen zu kitzeln.
War das etwa ... ? Er horchte genauer hin. Sind das ... ? Er kniff die Augen zusammen, um seinem Gehörsinn sämtliche Konzentration zu ermöglichen, dabei legte er seinen Kopf leicht schräg, die Lippen presste er angestrengt zusammen.
In der Tat. Er hörte es erneut: Ein leises, feines Rasseln in der Ferne.

Mr. Carson befand sich nun in einer verzwickten Situation. Sein innerer Drang aufzuspringen, um Elsie zu sehen war immens stark, aber er wusste nur zu gut, dass Elsie den Zeitpunkt bestimmen wollen würde, wann sie sich über den Weg liefen. Er wollte sich so wenig wie möglich aufdrängen. Dabei wollte er es aber so gern. Er zwang seine Aufmerksamkeit sich erneut dem Umfüllen zu widmen.

_C&E_

Das erste Mal begegneten sie sich im Vorübergehen. Er wusste, dass sich ihre Wege demnächst kreuzen würden, da er das Rasseln ihrer Schlüssel gut orten und einschätzen konnte. Es machte ihn nervös, dass er wusste, dass es gleich geschehen würde. Er bemühte sich kontrolliert, einen Fuß nach dem anderen zu setzen.

Charles war auf dem Weg in die Küche, da er nachsehen wollte, wieso es zu einer kleinen Verzögerung bei den Abläufen des Dinners kam.
Elsie war auf dem Weg in die Wäschekammer, um ein neues Laken für Master George zu holen. Nanny meinte, es sei ein Hoppla geschehen.

Als es dann so weit war und sie sich beide bemerkten, blieben sie stehen. Sie sahen sich an. Keiner wusste, was zu sagen war, die Zeit war so knapp, jeder hatte einen Weg.
In der Mitte ihres dunklen Kleides bemerkte Charles etwas weißes hervorblitzen, wodurch seine Augen an ihrer Hüfte verharrten, woraufhin sie seinem Blick verdutzt folgte. Elsie bemerkte, dass Beckys Zeichnung etwas aus ihrer Rocktasche herauslugte. Sie nestelte prompt mit ihren Fingern in der Tasche herum, um das gefaltete Papier wieder zur Gänze darin zu verstauen. Elsie strich ihren Rock glatt und blickte Charles wieder an.

"Hallo, Mr. Carson.", ein sanftmütiges Lächeln bildete sich in ihrem Gesicht. Sie fragte sich bis jetzt, wie es wohl wäre, wenn sie Charles sehen würde. Elsie bemerkte, dass es ein schönes Gefühl in ihr auslöste. Ein kleines, zaghaftes Gefühl. Aber ein schönes.

Charles räusperte sich. "Guten Abend, Mrs. Hughes. Ich freue mich, dass Sie wieder da sind."

Elsie musste etwas kichern, da sie den Satz nun endlich aus seinem Munde hörte und ging weiter in die Wäschekammer, als er weiter zur Küche ging. Es war jetzt einfach keine Zeit.

Das nächste Mal, trafen sie sich beim Dinner für die Bediensteten. Sie saßen wie gewöhnlich nebeneinander, unterhielten sich aber nicht miteinander. Ihre Kollegen waren höflich darauf bedacht, sie nicht allzu sehr anzustarren, was ihnen aber schwer fiel, da sie ziemlich neugierig darauf waren, wie nun der Stand der Dinge zwischen Mrs. Hughes und Mr. Carson war.

Um der Normalität unter die Arme zu greifen, und um nicht ganz zu einer Zielscheibe erstarrt dazusitzen während sie durch die Blicke der anderen durchbohrt zu werden schien, überwand sich Elsie dazu, Miss Bexter ein wenig von dem kleinen Cottage zu erzählen, in dem sie wenige Nächte verbringen durfte. Unterdessen konzentrierte sich Mr. Carson schweigsam auf sein Mahl. Elsie sah ab und an verstohlen zu Charles hinüber als sie einen Schluck Wasser nahm, in der Absicht ein paar Worte mit ihm wechseln zu können, aber sie bemerkte, wie er mutlos und tapfer zugleich (also durcheinander), sein Essen aß und beschloss daher, ihn nicht anzureden.
Charles empfand jedes Wort, das er über das Cottage hörte, wie einen schmerzhaften Stich ins Herz (verursacht durch einen hölzernen Kochlöffel) und wäre daher gar nicht in der Lage gewesen, eine belanglose Unterhaltung mit Elsie zu führen.

Das nächste und letzte Mal als sie sich für diesen Abend trafen, war in Elsies Dienstzimmer.
Charles ging gerade bei ihrer geöffneten Bürotür vorbei, als er sie in mitten des Zimmers stehen sah, während sie einen Zettel in Händen hielt.
Er blieb stehen und überlegte, ob er eintreten und mit ihr ein Gespräch beginnen solle. Als sie jedoch seine Gegenwart bemerkte, faltete sie hastig den Zettel zusammen und verbarg ihn wieder in ihrer Rocktasche. Und erneut strich sie daraufhin ihren Rock glatt.

"Was ist das?", fragte Charles voller Neugier, aber reserviert genug, um nicht unhöflich zu wirken.

"Ach, nur ein Stück Papier.", antwortete Elsie mit einer abtuenden Handbewegung.

Er merkte, dass Elsie ihm nicht mehr über den Zettel verraten wollte, das stimmte ihn traurig und ließ zudem seine Hoffnungslosigkeit wachsen. Charles war nicht mehr in der Verfassung, weiter zu reden. Sein Körper war müde von den letzten Tagen, sein Herz nicht weniger erschöpft. Er schenkte ihr ein ausdrucksloses Grinsen und nickte wissentlich mit dem Kopf. Danach ging er wieder weiter und ließ Elsie inmitten ihres Dienstzimmers stehen. Als Charles weg war, bemerkte Elsie, dass sie gerne noch länger in seiner Gegenwart gewesen wäre.

_C&E_

Einige Zeit später hing Mrs. Patmore das letzte Tuch zum Trocknen an die Leine, löschte das Licht in der Küche und verließ den Raum, um schlafen zu gehen.
Sie sah noch einen einzigen Lichtstrahl im Untergeschoss, dieser fiel aus Mr. Carsons Büro auf den Steinboden am Gang. Mrs. Patmore blieb stehen. Das Haus war mucksmäuschenstill. Die kleine Köchin gab sich einen Ruck und ging, so wie letzte Nacht auch, noch zu ihm. Er saß über seinem Notizbuch und schrieb darin, sie konnte die Feder am Papier kratzen hören. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, wie er damals für sie da war, als es um den vermeintlichen Verlust ihrer Sehkraft ging. Nie wird sie seine Güte und Sanftheit in dem Moment vergessen, mir der er ihre Hand nahm und ihr beruhigend Zuspruch schenkte, nachdem er ein Feuer gemacht hatte. Er benötigte jetzt ebenfalls Zuspruch, und den wollte sie ihm geben.

Mrs. Patmore klopfte gegen die geöffnete Tür, um auf sich aufmerksam zu machen. Der Butler sah müde auf.

"Mrs. Patmore, was kann ich zu so später Stunde noch für Sie tun?", fragte Mr. Carson neugierig, erhob sich und bat sie mit einer ausladenden Handbewegung herein. Sie beäugte den Mann mit gepressten Lippen. Es machte sie traurig, den sonst so robusten Mann, in solch einer Situation zu sehen, in der er bemüht war, seinen Kummer und seine Müdigkeit so gut es ging zu verbergen.

"Nichts, können Sie für mich tun. Danke.", antwortete sie ruhig, betrat das Zimmer und fügte mit sanfter Stimme hinzu: "Konnten Sie vielleicht schon Zeit finden, um mit Mrs. Hughes zu reden?"

"Nein ... also doch, ja ... aber nur kurz. Wir hatten heute beide viel zu tun."

"Wieso sind Sie denn nicht nach der Arbeit zu ihr gegangen und haben ein paar Worte vor dem Zubettgehen mir ihr gewechselt?", Mrs. Patmore bemerkte ein schweres Laster auf Mr. Carsons Schultern, als er statt zu antworten einfach nur dastand und ihr mit traurigen Augen in ihr rundes Gesicht sah, die Augenbrauen hingen ihm seitlich hinab. "Was ist los?", hakte sie nach.

"Ich habe vorhin bemerkt, wie Mrs. Hughes einen Brief vor mir versteckt. Sie hat jemanden anderen kennengelernt.", Mr. Carson schluckte schwer.

"Ach so ein Quatsch! Sie war doch nur einen Tag fort.", quietschte Mrs. Patmore.

"Aber sehen Sie nicht, was für eine einzigartige, begehrenswerte Frau sie ist? Nicht jeder braucht so lange wie ich, um sie darauf aufmerksam zu machen. Es gibt Männer, die sind viel subtiler.
Sie war gestern Abend in einem Pub. Da wird es passiert sein. Ihr Gesichtsausdruck, als sie den Brief in ihren Händen hielt, verriet mir sofort, dass der Inhalt ihr Herz in einen Bann gezogen hat. Sie hat ihn mit einem so sanftmütigen, warmen und zugleich schmerzenden Ausdruck angesehen, dass es sich nur um einen Brief voller Liebe handeln kann."

"Mr. Carson, ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Mrs. Hughes so schnell über Sie und die ganze Situation mit Ihnen hinweggekommen ist. Immerhin wollte sie Sie heiraten, vergessen Sie das nicht!"

"Nein, das vergesse ich nicht. Das ist das einzige, dass mir bleiben wird, Mrs. Patmore ... die Erinnerung daran, dass ich sie fast geheiratet hätte. Es bleiben nur meine Träumereien, sie werden mich ewig an meine Schmerzen binden. Ich habe es vergeigt."

"Nun stecken Sie doch nicht gleich den Kopf in den Sand."

"Ich liebe sie, Mrs. Patmore, das habe ich Ihnen vor Kurzem erst gesagt. Anstatt einer vollständigen, richtigen, wahrhaftigen Ehe bekomme ich jetzt doch nur warmherzige Kameradschaft von ihr ... und das auch nur, wenn ich Glück habe.
Oh, Mrs. Patmore, ich ertrage es nicht, sie in anderen Händen zu wissen. Eng verbunden wollte ich mit ihr sein, so eng wie es nur erdenklich wäre.
", Charles griff sich mit seiner rechten Hand auf seine Brust, "Meine Gedanken hindern mich zu atmen, wenn ich an den Brief denke, den sie vor mir geheim halten möchte. Mir bleibt die Luft weg, alles ist so eingeschnürt.", Charles fummelte nervös an seiner Fliege herum, um seinem Kehlkopf etwas mehr Platz zu machen, "Ich verliere sie, Mrs. Patmore ... sie entgleitet mir wie Wasser durch meine gespreizten Finger. Tropfen für Tropfen möchte ich bewahren, aber ich kann es nicht halten. Ich kann sie nicht halten."

Die Verzweiflung in Mr. Carsons Stimme lies letztendlich auch in Mrs. Patmore Betrübtheit aufsteigen. Sie war bis jetzt immer der Überzeugung, Mrs. Hughes und Mr. Carson würden wieder zusammenfinden. Wenn sie aber den Worten von Mr. Carson lauschte, dann war sie sich da nicht mehr so sicher.

"Morgen sehen wir zwei Hübschen nach, ob wir eine Schüssel für ihr Schöpfproblem finden können ... Mr. Carson, es war ein langer Tag, ich denke, es täte Ihnen gut, wenn Sie zu Bett gehen würden.", schlug die Köchin in Sorge vor, "Und jetzt ko..."

"Mrs. Patmore hat recht, Charles, du solltest ins Bett gehen.", wurde die Köchin unterbrochen.

Überrascht blickten der Butler und die Köchin zur Tür, und beobachteten, wie Elsie, mit ihren verstummten Schlüsseln in Händen haltend, das Zimmer betrat. Sie stand schon kurze Zeit nachdem Mrs. Patmore Charles Zimmer eintrat, unbemerkt vor der Tür und lauschte.

Als Elsie ihre gefüllte Hand öffnete, sausten die Schlüssel an ihren Ketten hinab und baumelten lautstark rasselnd hin und her.

"Aber zunächst, lass dir noch von meinem Liebesbrief erzählen."


Ihr Lieben, ich liebe englische Chelsie-Stories. Hätte jemand Interesse, meine ins Englische zu übersetzen? Ich würde sie sooo gerne in Englisch lesen, fühle mich aber zu unsicher, als dass ich sie selbst übersetzen könnte. Hat wer Lust dazu? Ich würde so gerne mit ihrem (noch kommenden erotischen) schottischen Akzent spielen, aber leider wurde Mrs. Hughes im Deutschen kein Akzent gegeben (sie spricht aktenzfrei) :-( :-(

Ich freue mich soooo soooo sehr über eure Reviews. Jede einzelne bedeutet mir sehr viel. DANKE :-) Sie vertreiben Unsicherheiten (die mich oft plagen) und bringen viel Freude. Ich hoffe auch hier wieder, dass es euch das Kapitel gefallen hat. Es war das bislang längste Kapitel :-)

Ganz liebe grüße aus Österreich an die lieben Chelsie Liebhaber auf der ganze Welt. CHELSIE LOVE ON! :-*