Schatten der Vergangenheit!

Fran Fine wusste nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. In einer Woche würde sie ihre große Liebe Maxwell Sheffield heiraten und die Vorbereitungen nahmen kein Ende.

Sie saß mit ihre besten Freundin Val und den beiden Sheffield Töchtern im Wohnzimmer und besprach die nächsten Schritte. Fran hielt ein Klemmbrett in der Hand und las vor, was noch zu tun war. Niles musste die Ringe abholen und durfte nicht vergessen die Gravur zu überprüfen, die Tischkarten mussten abgeholt werden, im Hotel galt es nochmal anzurufen, ob alles mit den Reservierungen der auswärtigen Gäste in Ordnung war und … plötzlich wurde Fran das Klemmbrett aus der Hand gerissen, jemand beugte sich über sie und flüsterte ihr halblaut zu.

"Und du darfst nicht vergessen vorm Altar laut und deutlich mir dein Jawort zu geben!"

Fran blickte hoch und sah in das grinsende Gesicht ihres Verlobten.

"Maaaax gib mir meine Notizen wieder, sofort!"

Sie versuchte ihn streng an zu funkeln. Maxwell hielt das Brett mit einer Hand noch höher und verlangte erst einen Kuss. Fran zog seinen Kopf zu sich nach unten, küsste ihn stürmisch und begann ihn zu kitzeln. Dies ließ sich Maxwell natürlich nicht ohne weiteres gefallen. Er warf das Brett aufs Sofa und kitzelte Fran erbarmungslos zurück, die daraufhin anfing fürchterlich zu quietschen. Val und die beiden Mädels traten den Rückzug an und schlenderten in Richtung Küche. Grace und Maggie verzogen die Gesichter. So sehr sie Fran auch liebten und sich auf die Hochzeit freuten, dieses Geturtel war echt zu viel. Maxwell rief plötzlich.

"Oh schon so spät. Ich muss dringend los."Fran sah ihn fragend an.

"Nigel kommt doch heute aus Paris".

Er schnappte sich seine Jacke, warf Fran einen Handkuss zu und war schon zur Tür raus.

Soso Nigel kommt heute, den habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen, dachte Fran. Plötzlich blieb sie schlagartig stehen. Ihr wurde heiß und kalt zugleich. Die Panik stieg in ihr hoch. Nigel, das Schiff, die Verlobung und Maxwell hatte keine Ahnung.

Sie stürmte in die Küche, die Mädchen waren nicht mehr da. Sie ging auf Val zu und versuchte so unbefangen wie möglich zu klingen.

"Komm Val du wolltest mir doch helfen den Schmuck auszusuchen."

Sie zog Val mit sich nach oben. Val war verblüfft. Die Schmuckfrage war doch längst geklärt. Fran schob sie in ihr Zimmer und plapperte gleich los.

"Val die Katastrophe ist da. Nigel kommt heute und Maxwell hat keinen blassen Schimmer, was damals war. Was mach ich jetzt?"

Nach einigem Überlegen begriff Val was Fran meinte.

"Du hast es ihm nie erzählt?!"

"Nein zuerst dachte ich, wozu sollte ich es ihm sagen.

Wir waren schließlich nicht zusammen, dann habe ich mich nicht mehr getraut und irgendwann habe ich es einfach vergessen. Ich habe schon ewig nicht mehr an Nigel gedacht." Fran rannte nervös herum, kaute an ihren Nägeln und zitterte. "Und wenn du weiterhin schweigst und Nigel bittest den Mund zu halten." schlug Val vor.

"Nein!" sagte Fran entschieden. "Wir werden heiraten da kann ich doch nicht den Rest meines Lebens mit seinem eigenen Bruder ein solches Geheimnis haben. Ich muss es ihm irgendwie erklären. Hoffentlich hat Nigel nicht schon längst alles ausgeplaudert."

Kurze Zeit später kamen Maxwell und Nigel heim. Fran stellte erleichtert fest, dass Nigel bisher wohl nicht geplappert hatte. Fran ging auf Nigel zu, der sie stürmisch in die Arme nahm und in der Luft herumwirbelte.

„Na Darling, wie geht's denn meiner Lieblingsschwägerin in spe?"

Fran war Nigels innige Umarmung unangenehm, sie ging auf Distanz und meinte nur beiläufig.

"Könnte nicht besser sein!"

Während sie sprach, schmiegte sie sich an Maxwell, der sofort einen Arm um ihre Taille legte. Er bat Niles die Koffer seines Bruders ins Gästezimmer zu tragen und fragte, ob das Abendessen bereit wäre. Niles nickte und begab sich mit dem Gepäck ins obere Stockwerk. Maxwell küsste Fran.

"Geht schon mal vor, ich muss nur noch ein kurzes Gespräch mit CC führen."

Fran wartete bis er in Richtung Büro verschwunden war, dann zischte sie Nigel zu.

"Hör zu, Maxwell weiß nicht, was damals zwischen uns gewesen ist und ich möchte es ihm selbst sagen, also bitte ich dich stillzuhalten!"

Nigel schlenderte lässig in Richtung Esszimmer, setzte sich an den Tisch und zuckte gleichgültig mit den Achseln.

"Kein Stress Herzchen. Maxwell und ich haben uns noch nie gegenseitig von unseren Mädels Geschichten erzählt, wobei Maxwell im Gegensatz zu mir, nicht viel zu erzählen hätte." Fran setzte sich auf ihren Platz und blickte mit Abscheu ihren zukünftigen Schwager an. Sein Verhalten ging ihr nur noch auf die Nerven. Sie verstand überhaupt nicht mehr, was sie damals so attraktiv an ihm gefunden hatte.

Obwohl die Atmosphäre während dem Essen ausgelassen war und Niles sich mal wieder selbst übertroffen hatte, war für Fran die Mahlzeit eine einzige Tortur. Sie saß wie auf Kohlen und wartete darauf mit Maxwell allein sein zu können. Gleichzeitig hatte sie furchtbare Angst vor diesem Moment. Würde er verstehen, was damals in ihr vorgegangen war? Würde er ihr glauben, dass diese Episode heute keinerlei Bedeutung mehr für sie hatte?

Nach dem Abendessen verzogen die Kinder sich jeweils in ihre Zimmer und auch Nigel zog sich zurück, da er den Jetlag spürte. Maxwell holt eine Flasche Wein aus dem Keller und Fran und er setzten sich wie schon so viele Abende davor, auf die Terrasse vor seinem Büro. Fran saß auf seinem Schoß, beide nippten hin und wieder an ihrem Wein und sie genossen die Stille des Abends. Maxwell liebkoste und kitzelte mit seiner Nase ihren Nacken, bevor er anfing kleine Küsschen darauf zu verteilen. Fran genoss seine Zärtlichkeiten, jedoch hämmerte in ihrem Kopf immer wieder der eine Gedanke.

"Du musst es ihm sagen!" "Du musst es ihm sagen!"

Aber sie brachte es einfach nicht über sich diesen wunderbaren Moment mit einer Beichte möglicherweise zu zerstören. Sie drehte ihren Kopf zu ihm.

"Ich liebe dich!" flüsterte sie kaum hörbar. Sie küsste ihn und ihre Finger spielten mit seinen Haaren. Noch eine Weile tauschten sie Zärtlichkeiten aus und genossen ihre Verliebtheit. Schließlich begaben sie sich für die Nachtruhe in ihre Zimmer, als Fran ihre Zimmertür hinter sich schloss, ging sie zu ihrem Schminktisch und betrachtete sich im Spiegel. "Du bist ein jämmerlicher Feigling, Fran Fine!"

Sie machte sich fertig fürs Bett und beschwor sich selbst, morgen endlich mit der Wahrheit herauszurücken.

Am nächsten Morgen wachte Fran früh auf. Sie hatte fürchterlich geschlafen, war immer wieder aufgewacht. Sie zog sich einen Bademantel über, kämmte und frisierte kurz ihre Haare und machte sich auf den Weg nach unten. Sie hoffte Maxwell würde schon wach sein und sie könnte endlich mit ihm reden. In der Küche war Niles gerade mit dem Frühstück beschäftigt, als Fran die Treppe hinunterkam. Er sprach sie sofort an, Maxwell musste sehr früh ins Theater, offensichtlich gab es noch einiges vorzubereiten wegen seiner Zeit in den Flitterwochen. Er hatte ihr jedoch einen guten Morgen Gruß dagelassen. Er zeigte auf den Küchentisch, dort stand in einer Vase ein wunderschöner Blumenstrauß und eine Karte war an die Vase gelehnt. Fran freute sich und als sie die Karte las, empfand sie eine unheimliche Zärtlichkeit und gleichzeitig nagte mehr denn je das schlechte Gewissen an ihr.

Den ganzen Tag wartete sie ungeduldig darauf, dass Maxwell endlich aus dem Theater kommen würde.

Am frühen Abend saß sie im Wohnzimmer, als Nigel und Niles in ihren besten Anzügen die Treppe herunterkamen. Auf Frans Frage, ob sie sich zu zweit einen schönen Männerabend machen wollten, lachten beide laut auf und meinten.

"Nicht zu zweit, wir werden Maxwell jetzt aus dem Theater abholen und ihn zu einem Junggesellenabschied entführen, ob er will oder nicht."

Fran starrte beide entsetzt an, Nigel strich ihr über die Wange.

"Keine Sorge Baby, wir bringen ihn dir schon wieder heil zurück."

Fran schnaubte verächtlich und zog ihr Gesicht weg.

Dann muss die Wahrheit eben noch bis morgen warten. Sie verbrachten den Abend mit Gracie, sie schauten sich Videos an, bis Gracie einschlief. Fran verließ leise das Zimmer ging über die Hintertreppe in die Küche, um sich einen Kakao zu machen.

Plötzlich hörte sie, wie die Haustür heftig zugeschlagen wurde und stürmische Schritte in Richtung Büro eilten. Sofort überkam sie ein ungutes Gefühl in der Magengegend. Sie sah auf die Uhr und stellte fest, es war eigentlich noch zu früh, als dass einer der Männer schon von der Party zurück sein konnte. Mit unsicheren Schritten ging sie langsam in Richtung Büro, die Tür war nur angelehnt und durch den Spalt konnte sie Maxwell im Mantel und Abendgarderobe in seinem Bürostuhl sitzen sehen. Er hielt ein Foto in der Hand, sie überlegte einen Moment, ob sie nicht doch noch versuchen, sollte sich heimlich davon zu schleichen, schließlich siegte ihr Gewissen und sie trat zaghaft, mit kleinen Schritten ins Büro.

Maxwell sah auf und sein Blick verriet ihr sofort, er wusste Bescheid und Maxwell sah an ihrem Blick, ihr war klar, dass er Bescheid wusste.

Maxwell starrte Fran an, als würde er sie zum ersten Mal sehen. Seit Nigel sich verplappert hatte und ihm rausgerutscht war, wie er Fran einen Antrag gemacht hatte und sie mit aufs Schiff nehmen wollte, fuhren seine Gedanken Achterbahn. Der Gedanke, Fran könnte jetzt möglicherweise seine Schwägerin sein, war ihm unerträglich. Er schüttelte sich als vor seinem innerem Auge Bilder auftauchten wie Nigel und Fran sich küssten oder vielleicht noch mehr. Fran setzte sich auf das grüne Sofa und bat kaum hörbar.

"Bitte Maxwell, komm her und setz dich zu mir, bitte!"

Maxwell schaute sie an. Tränen standen ihr in den Augen. Schließlich zog er seinen Mantel aus und setzte sich neben sie, starrte jedoch geradeaus und blieb ganz steif, als sie ihm die Hand um seine Schulter legte.

Fran begriff, dies war der Moment, wo sie offen die Karten auf den Tisch legen musste. Sie nahm all ihren Mut zusammen und fing an zu reden.

"Ich liebe dich Maxwell. Das musst du mir glauben. Ich weiß ich hätte dir die ganze Geschichte schon längst erzählen müssen. Ich war einfach feige und ich hatte Angst vor deiner Reaktion."

Maxwell sah sie an, er sah die Angst und Unsicherheit aber auch ihre Liebe in ihren Augen. Er gab seine starre Haltung auf, drehte sich zu ihr und nahm ihre Hände in seine. Fran sah dies als gutes Zeichen und fuhr etwas ruhiger fort.

"Weißt du, damals als Nigel hier auftauchte, war ich in einer Art Lebenskrise. Ich hatte das Gefühl festzustecken und Nigel brachte mich wieder zum Lachen, alles war so einfach, unbeschwert. Als Nigel mir dann diesen Antrag machte, ich war verwirrt und habe mich von seiner Art anstecken lassen. Tief in mir drin war eine Stimme, die wusste, dass dies alles falsch war, aber ich dachte es wäre meine Chance nochmal neu anzufangen. Und dann ging auch alles so schnell. Ich bin eigentlich erst wieder zu mir gekommen als ich an der Pier stand und das Schiff weg fuhren sah. Es war, als würde ich aus einem Traum aufwachen..."

"Ich kann mich noch daran erinnern wie traurig du damals warst als ich abends heim kam. Ich habe irgendwie gespürt dass mit dir etwas nicht stimmte, aber ich konnte mich nicht überwinden dich darauf an zusprechen."Maxwell griff noch fester nach ihrer Hand.

"Irgendwie kann ich verstehen, warum du mit ihm gehen wolltest. Nigel verstand es schon immer das Leben zu genießen und alle in seinen Bann zu ziehen und ich bin dir auch nicht böse aber der Gedanke, dass du einfach aus meinem Leben verschwunden wärst und die Kinder und ich allein dagestanden hätten. Der tut weh, unglaublich weh. Seit Nigel sich verplappert hat, habe ich die Bilder im Kopf wie du und er…".

"Schhhhhhhh sei still."

In einer hastigen Bewegung hielt Fran ihm den Mund zu. Sie warf sich in seine Arme und schluchzte.

"Es tut mir sooo leid. Ich bin so glücklich hier bei dir zu sein und den Kindern. Ihr seid meine Familie. Ich will nieeeeeeeee wieder weg."

Sie sah ihn Tränenüberströmt an und küsste wild sein Gesicht. Maxwell nahm sie fest in die Arme.

"Ich gebe dich auch nie wieder her. Ich lass dich nicht mehr aus meinen Augen."

Sie lagen sich lange in den Armen, küssten sich und hielten sich fest. Sie spürten beide eine unglaubliche Erleichterung, bis die Erschöpfung und Müdigkeit sie überfiel. Sie waren gerade im Begriff aufzustehen und nach oben zu gehen als Fran Maxwell zurückhielt und ihm tief in Augen blickte.

"Was du mh… da gerade gesagt hast..mit Nigel also ähm ich meine .. was ich sagen will, wir haben nie miteinander...also du weißt schon. Ich gebe zu, wir haben uns geküsst, aber mehr auch nicht. Und ich hatte mit ihm nie das Gefühl wie bei dir."

Verlegen blickte sie ihn an Er küsste sie nahm sie in seine Arme und spürte, wie der letzte Kloß in seinem Hals sich löste.

Später als Fran in ihrem Bett lag, fühlte sie eine unendlich große Erleichterung und sie überkam eine unheimliche Sehnsucht. Sie stieg aus dem Bett schlich aus dem Zimmer zu Maxwells Schlafzimmer. Eigentlich war verabredet, während der Verlobungszeit in getrennten Zimmern zu schlafen aber Fran spürte, heute Nacht würde sie nur schlafen können, wenn sie in seinen Armen lag. Vorsichtig öffnete sie die Tür und huschte hinein. Maxwell war noch wach. Er saß aufrecht im Bett und las. Fran trippelte zum Bett auf die unbenutzte Seite und kuschelte sich unter die Decke.

"Was wird das denn, ein Überfall?" grinste Maxwell sie an.

"Sozusagen" erwiderte Fran. "Wenn ich heute nicht in deinen Armen einschlafen darf, mach ich die ganze Nacht kein Auge zu."

Während sie sprach, rückte sie immer näher an ihn heran und legte ihren Kopf auf seine Schultern.

"Umso besser", sagte Maxwell im gespielt ernsten Ton, "Dann hast du ja heute Nacht jede Menge Zeit alle Punkte auf deinem Klemmbrett abzuarbeiten."

"Maaaax, du bist unmöglich."

Sie fing an mit einem der Kissen nach ihm zu schlagen. Er nahm ihr lachend das Kissen weg.

"Und du bist ziemlich frech. Aber wir können darüber reden, ob ich mein schönes großes Bett mit dir teile." Er sah sie an.

"Wie wäre es mit einem Frühstücksservice morgen früh, ans Bett!"Fran tat so als müsse sie ernsthaft nachdenken.

„Einverstanden" grinste sie und kuschelte sich eng an sie schon fast eingeschlafen war, murmelte sie.

"Aber in den Flitterwochen ist das deine Aufgabe!"