Die gemeinsame Nacht!
Maxwell Sheffield räkelte sich im Schlaf. Mit einem Mal musste er furchtbar husten, wovon er wach wurde. Benommen blinzelte er in die Gegend und setzte sich im Bett auf. Er war immer noch furchtbar schläfrig, fühlte sich aber ansonsten schon um einiges besser, als wie er zu Bett gegangen war. Was auch immer eine abscheuliche Medizin Niles ihm gegeben hatte, offenbar hatte sie ihre Wirkung nicht verfehlt. Nur einen furchtbaren Durst hatte er. Mit seiner Hand tastete er sich zu seiner Nachttischlampe und schaltete das Licht an. Zunächst sah er auf die Uhr. Es war mitten in der Nacht. Maxwell wollte gerade aufstehen, um sich ein Glas Wasser zu holen, da beschlich ihn auf einmal ein seltsames Gefühl.
Er verspürte den Eindruck, dass er nicht alleine in seinem Bett lag. Verwirrt drehte er sich um und im gleichen Moment erschrak er fürchterlich. In den Kissen neben ihm lag niemand anderes als Fran Fine. Maxwell traute seinen Augen nicht. Zunächst dachte er, das sei nur ein merkwürdiger Fiebertraum. Aber egal, wie heftig er sich gegen die Wangen schlug, seine Augen rubbelte oder er sich in den Arm kneifte, die Gestalt lag weiterhin in seinem Bett und schnarchte selig vor sich hin. Vorsichtig näherte sich Maxwell ihr und zupfte zunächst an den Haaren. Diese fühlten sich verdammt echt an. Dann stupste er vorsichtig ihr Gesicht an. Dies war eindeutig kein Traum und keine Halluzination. Fran Fine lag wahrhaftig neben ihm in seinem Bett. Mit einem Mal schrie er, so laut er konnte und mit vollem Entsetzen.
"Miss Fine!"
Aber Fran schlief so fest, dass sie ihn offenbar nicht hörte. Sie grummelte nur etwas, drehte sich auf die andere Seite und schlief weiter. Egal, wie sehr Maxwell an ihr rüttelte und schüttelte, Fran war durch nichts wach zu bekommen. Maxwell begriff, dass vermutlich nicht mal ein Knallfrosch sie im Moment aufwecken könnte. Völlig ratlos stand er auf und schüttete sich zunächst ein Glas Wasser ein. Hektisch lief er hin und her und überlegte nun, was er tun sollte.
Diese Situation überforderte ihn eindeutig. Und er fragte sich pausenlos, wie es passierte, dass Miss Fine in seinem Bett gelandet war. Er ließ sich auf einen Sessel plumpsen. Dies war so eine typische Fran Fine Aktion. Seit sie Kindermädchen in seinem Hause war, musste er beinahe täglich mit einem solchen Chaos rechnen. Doch als er weiter darüber nachdachte, wie er jetzt am geschicktesten mit der Situation umgehen sollte, spürte er mit jeder Minute, wie die Müdigkeit ihn erneut übermannte. Schließlich beschloss er, das Problem auf morgen früh zu vertagen. Mit leichtem Unbehagen kletterte er wieder ins Bett und legte sich neben sie. Morgen würde er sie zur Rede stellen und er konnte nur für sie hoffen, dass sie eine gute Erklärung für all das hatte.
Fran streckte und reckte sich und schlug benommen die Augen auf. Ihr Kopf brummte fürchterlich und sie hatte einen ganz trockenen Mund. Fran fühlte sich miserabel. Sie hatte das Gefühl, dass eine ganze Katzenfamilie in ihrem Kopf miaute. Vorsichtig rappelte sie sich hoch. Es war bereits früher Morgen und im Zimmer wurde es allmählich dämmrig. Als Fran sich umsah, zuckte sie auf einmal nervös zusammen. Ihre Umgebung kam ihr gar nicht bekannt vor. Dies war auf keinen Fall ihr Zimmer bei den Sheffields. Da hörte sie auf einmal ein Schnarchen neben sich. Vorsichtig drehte sie den Kopf zur Seite und erschrak dermaßen, dass sie beinahe aus dem Bett gefallen wäre.
Neben ihr lag ihr Boss, Mr. Sheffield. Mit einem Satz sprang Fran aus dem Bett. Verzweifelt starrte sie immer weiter in die Gegend, in der Hoffnung, dass das alles nur ein Traum war und sie gleich in ihrem Zimmer aufwachen würde. Doch dann realisierte Fran, dass sie sich tatsächlich im Schlafzimmer von ihrem Boss befand. Angestrengt versuchte sie, sich an die letzten Stunden zurück zu erinnern und eine Erklärung dafür zu finden, wie sie in dieses Zimmer gelangt war.
Die Situation war eindeutig zu viel für ihren verkaterten Kopf. Sie war gestern mit Mona auf deren Abschiedsparty gewesen und sie hatte sich einen Pina Colada gegönnt. Oder waren es vielleicht zwei gewesen? Auf jeden Fall musste sie dann bei ihrer Rückkehr irgendwie die Zimmer verwechselt haben. Fran war die ganze Angelegenheit furchtbar peinlich und sie war heilfroh, dass sie vor Mr. Sheffield aufgewacht war. Er durfte von dieser ganzen Geschichte auf keinen Fall etwas mitbekommen. Fran konnte sich schon bildlich ausmalen, was für einen Tobsuchtsanfall er bekommen würde. Hektisch und so schnell sie konnte, sammelte sie ihre Anziehsachen zusammen und verließ dann so leise wie möglich das Zimmer. Sie schlich den Flur entlang zu ihrem eigenen Zimmer und war heilfroh, als sie die Tür hinter sich schloss. Sie setzte sich auf ihr Bett und atmete zunächst einige Male tief durch.
Beim Frühstück bemerkte Niles, wie sowohl Fran als auch Mr. Sheffield sich sehr sonderbar verhielten. Beide waren äußerst wortkarg und reagierten kaum auf Ansprache. Sie wirkten beide völlig geistesabwesend. Niles fragte sich, ob zwischen den beiden etwas vorgefallen war, was er nicht mitbekommen hatte. Irgendetwas lag jedenfalls eindeutig in der Luft, so viel war Niles klar.
Fran steuerte gerade bereits zum dritten Mal auf das Buffet zu und schaufelte sich den Teller voll. Es mochte Leute geben, die nach einer durchzechten Nacht keinen Bissen runter bekommen, aber Fran gehörte eindeutig nicht dazu. Gerade bei einem Kater verspürte sie einen enormen Appetit. Ansonsten jedoch fühlte sich Fran äußerst unwohl. Nicht nur, dass sie immer noch schreckliche Kopfschmerzen hatte, sie schielte auch immer wieder unruhig zu Mr. Sheffield hinüber. Ihr entging nicht, dass er sie immer wieder verstohlen und stirnrunzelnd von der Seite anstarrte. Diese Blicke machten Fran nervös. Sie fragte sich, ob er vielleicht doch mitbekommen hatte, dass sie die Nacht in seinem Bett verbracht hatte. Dieser Gedanke löste bei ihr schiere Panik aus. Sie hoffte inständig, dass sie sich irrte.
Maxwell hingegen war mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt. In der Tat konnte er es nicht lassen, immer wieder zu Miss Fine hinüber zu starren. Er war sehr verwirrt gewesen, als er morgens aufgewacht war und das Bett neben sich leer vorgefunden hatte. Maxwell grübelte erneut darüber nach, ob er sich die ganze Szene heute Nacht nur eingebildet hatte. War das doch alles nur ein höchst sonderbarer Traum gewesen? Diese Gedanken beschäftigten ihn so sehr, dass er kaum wahrnahm, was um ihn herum passierte.
Selbst als er wenig später in seinem Büro saß, konnte er sich nicht auf seine Arbeit konzentrieren. Die Sache ging ihm nicht mehr aus dem Kopf. Je intensiver er darüber nachdachte, wurde ihm jedoch immer klarer, dass er nicht geträumt hatte. Das war alles echt gewesen. Er wusste jetzt noch, wie er sie berührt und geschüttelt hatte. Das hatte er sich eindeutig nicht eingebildet.
Es konnte nur so gewesen sein, dass Fran vermutlich vor ihm aufgewacht war und die Flucht ergriffen hatte. Maxwell überlegte, vielleicht war das sogar die beste Lösung für sie beide, um elegant aus der Situation herauszukommen. Maxwell jedenfalls war sehr erleichtert, so musste er sie jedenfalls nicht darauf ansprechen, sondern konnte einfach so tun, als sei nichts gewesen. Er nahm sich vor, die Sache einfach abzuhaken. Und doch spukte das Bild von der schlafenden Fran in seinem Bett,den ganzen Tag in seinem Kopf herum. Dabei summte er die ganze Zeit das Lied 'Georgy Girl'.
Fran saß derweil mit Niles zusammen in der Küche. Er überreichte ihr gerade eines seiner Hausmittel gegen Kater. Fran nahm einige Schlucke und verzog angewidert das Gesicht. Igitt, war das ein fürchterliches Gebräu. Als ging ihr nicht schon scheußlich genug. Fran wollte sich mit einer ihrer Lieblingsbeschäftigungen ablenken, sie blätterte im 'People Magazin'. Nach einiger Zeit fiel ihr auf, dass Niles sie die ganze Zeit verstohlen und amüsiert beobachtete. Fran fragte ihn irritiert, was das soll.
"Entschuldigen Sie, Miss Fine, aber könnte es sein, dass Sie sich irgendwelche Flöhe eingefangen haben?"
"Niles, wie kommen Sie denn darauf?"
"Na, weil Sie sich die ganze Zeit am Ohr kratzen."
"Was? Das tue ich doch überhaupt nicht!" wiegelte Fran ab.
Doch im selben Moment fiel ihr selbst auf, wie sie sich heftig an einem Ohr kratzte. Ihre Ohren juckten schon den ganzen Morgen. Mit einem Mal wurde Fran knallrot im Gesicht. Hastig stammelte sie.
"Wissen Sie was, Niles?!" Ich glaube, ich lege mich noch etwas hin und ruhe mich aus, bevor die Kinder aus der Schule kommen."
Hastig eilt sie nach oben in ihr Zimmer. Die Kinder sind in der Schule. Fran betrachtete sich angespannt im Spiegel. Normalerweise juckten ihre Ohren immer nur aus einem ganz bestimmten Grund. Aber das konnte nicht sein. Das konnte definitiv nicht passiert sein. Fran schob die Idee weit von sich und gab sich die allergrößte Mühe, sich einzureden, dass alles in Ordnung war. Trotzdem kam sie nicht drum rum zu bemerken, dass ihre Ohren den ganzen Tag juckten.
