Die wahre Prophezeiung!
C.C Babcock sitzt im Arbeitszimmer und versucht sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren. Immer wieder kämpft sie gegen das Gähnen an. Sie ist immer noch müde von der Party gestern. Heute Morgen war sie unausgeschlafen und zudem mit einem massiven Kater aufgewacht. Ihre Laune hatte sich auch nicht dadurch verbessert, dass Maxwell den ganzen Morgen von Miss Fine und der gestrigen Party geschwärmt hatte. Wie toll Miss Fine alles organisiert hatte und wie sie alle Frauen der High Society mit ihrem Charme verzaubert hatte. Was für ein schöner Tag, die gestrige Party vor allem für Maggie gewesen ist. C.C. konnte es kaum noch länger mit anhören. War es nicht schon schlimm genug, dass diese schrecklichen Gören Miss Fine ständig nachliefen wie gut dressierte Hündchen? Offenbar war jetzt auch Maxwell von Nanny Fine verhext worden. Zudem hatte Niles schließlich auch noch mit seinen Kommentaren nicht gespart. C.C war regelrecht erleichtert als Maxwell schließlich sich auf den Weg ins Theater machte.
Sie reibt sich müde die Augen. Dabei starrt sie immer wieder auf ihre Hände. Seit der Party ging ihr die Begegnung mit der Wahrsagerin nicht mehr aus dem Kopf. Mehrfach hatte C.C sie angesprochen. Immer in der Hoffnung, die Wahrsagerin würde ihr eine Prophezeiung machen, die darauf deutet, dass Maxwell und sie eines Tages Mann und Frau sein werden. Doch so sehr sie auch nachgefragt hatte, die Wahrsagerin hatte ihr nichts diesbezüglich sagen können. Stattdessen hatten ihre Aussagen und ihre wahren Prophezeiungen C.C sehr verwirrt. Die Wahrsagerin hatte ihr vorausgesagt, dass sie eines Tages den Mann finden würde, der ihr Herz zum Klopfen bringt und ihr den Boden unter den Füßen wegzieht. Und dass sie mit ihm ein neues Leben beginnen würde. Als sie bezüglich diesem Mann nachgefragt hatte, hatte die Wahrsagerin ihr noch erklärt, dass sie die wahre Liebe in jemanden finden würde, von dem sie es niemals vermuten würde. Doch bevor sich ihre beiden Herzen finden, werden noch viele Jahre der gegenseitigen Neckereien, Streiche und Ärgern auf sie warten. C.C überlegt, wer dieser geheimnisvolle Mann sein könnte? Spontan kamen da einige in Frage. Sie kennt einige männlichen Bekannte mit denen sie oft im Klinsch liegt. Es ist schließlich nicht einfach sich als Frau in der Geschäftswelt zu behaupten. Wenn C.C es sich recht überlegt, könnte die Wahrsagerin vielleicht doch Maxwell gemeint haben. So oft wie sie sich in geschäftlichen Belangen stritten. Zwar hatte die Wahrsagerin von einem blonden Gentleman gesprochen mit hellen blau stechenden Augen. Aber wie verlässlich konnten die Aussagen einer Wahrsagerin schon sein, die von Nanny Fine engagiert worden war. Für C.C stand es fest, dass sie Maxwell heiraten wird.
Seit dem Zeitpunkt, als Maxwells Frau Sara gestorben war, hatte sie ihn als perfekten Mann auserkoren. Er war schließlich genauso wie sie vermögend und gebildet und er konnte ihr ein Leben im Wohlstand und Luxus bieten. Der einzige kleine Haken waren die Kinder, aber mit denen würde sie schon noch fertig werden. Außerdem waren die drei ja nicht mehr so klein und sie würde ihnen eine anständige Nanny besorgen.
Während C.C sich noch ihren Tagträumen hingibt, klopft es an der Tür und Niles kommt herein. C.C verdreht heimlich die Augen. Der hätte jetzt wirklich nicht zur Tür reinkommen dürfen.
Niles erscheint mit einem Tablett im Büro.
"Hier, Miss Babcock! Ich bringe Ihnen eine kleine Stärkung." C.C starrt ihn verwundert und gleichzeitig misstrauisch an.
"Nanu? Niles? Auf einmal so vorkommend? Sie sind doch wohl nicht etwa in die Butler-Schule gegangen und haben dort anständige Manieren gelernt. Das würde mich wirklich schockieren."
Niles' Lippen verziehen sich zu seinem üblichen hämischen Grinsen. C.C nimmt den Becher entgegen und schnuppert erst mal vorsichtig daran. Sie hat schließlich schon so einige Erfahrungen mit Niles gemacht. Aber sie vernimmt eindeutig den Duft von Kaffee Aroma. Genüsslich trinkt sie einen Schluck, spuckt das Getränk jedoch gleich wieder aus.
"Igitt Niles! Was ist das denn schon wieder für ein schreckliches Gebräu? Wollen Sie mich doch eines Tages vergiften?"
"Aber nicht doch, meine Liebe. Das würde mir doch nie in den Sinn kommen. Das ist Kaffee mit Zitrone drin. Ein allgemein bekanntes Hausmittel gegen Kater und sonstige Verstimmungen. Schließlich liegt mir ihr Wohlergehen sehr am Herzen."
C.C wirft ihm einen spöttischen Blick zu.
"Tun Sie mir einen Gefallen, Niles und ersparen Sie mir in Zukunft Ihr Mitgefühl. Und dieses Gebräu….das können Sie von mir aus selber zu sich nehmen. Aber vermutlich trinken Sie dieses Zeug sowieso schon literweise den ganzen Tag. Wie könnten Sie sonst den Zustand ertragen, dass unter Ihren Augen hier ein erfolgreiches Theater Imperium residiert, während Ihre einzige Aufgabe ist, Häppchen zuzubereiten und die Krümel wegzuwischen? Da muss Mann ja zu härteren Mitteln greifen. Und nun sind Sie so gut und bringen mir einen Tee, und zwar sofort."
Wortlos und mit starrer Miene nimmt Niles den Becher wieder an sich und macht sich daran, den Raum zu verlassen.
Niles macht die Tür etwas lauter zu als nötig. Auf dem Weg zur Küche entgleisen ihm seine sonst so entspannten Gesichtszüge. Auch wenn er es sich nie anmerken lässt, diese ständigen Anmerkungen über seine Position hier im Haus nagen an ihm und seinem Selbstbewusstsein. Er fragt sich, ob C.C. Babcock jemals etwas anderes in ihm sehen wird als nur den Diener. Er hatte schließlich so viel mehr zu bieten und so viele verborgene Talente schlummerten in ihm. Immerhin war er auch auf dem College gewesen und er hatte immer viel bessere Noten und Leistungen erbracht, wie zum Beispiel sein Boss Maxwell Sheffield. Traurig denkt Niles darüber nach, wie unfair das Leben manchmal sein konnte. Der einzige Grund, warum C.C. überhaupt ein Auge auf Maxwell Sheffield geworfen hat, ist die Tatsache, dass er aus einer wohlhabenden und vermögenden Familie stammt. Dabei war er Niles, doch selbst um einiges begabter und talentierter und ihm Gegensatz zu seinem Boss ein wahrer Mann. Ohne ihn würde hier im Haus doch alles im Chaos versinken. Zudem war er weise und ausgesprochen intelligent. Er hätte sicherlich eine erfolgreiche Karriere anstreben können, z.b. als Anwalt oder Richter. Aber er hatte sich an die Familientradition gebunden gefühlt und war schließlich Butler geworden.
Während er den Tee zubereitet, träumt er, mit welchen Augen C.C. Babcock ihn sehen würde, wenn er nicht als einfacher Butler, sondern als erfolgreicher Anwalt vor ihr stehen würde. Sie würde ihn sicherlich ganz anders wahrnehmen.
Niles erinnert sich in diesem Moment daran, was die Wahrsagerin ihm gestern vorausgesagt hatte. Sie hatte aus seiner Hand gelesen, dass noch viele Jahre der mühevollen Plackerei und des Nicht-Anerkennens auf ihn warten würde, doch sie hatte in ihm auch einen kleinen Hoffnungsschimmer geweckt. An diesen Hoffnungsschimmer klammert sich Niles seitdem. Sie hatte ihm prophezeit, dass er eines Tages ein neues Leben beginnen würde. Mit der Frau an seiner Seite, die er seit vielen Jahren verehrte und ihn dann, wenn er schon nicht mehr daran glaubt, endlich erhören würde. Niles überlegt angestrengt, wer diese Frau sein könnte und ob er sie bereits kennt. Schließlich hatte die Wahrsagerin vage Andeutungen in diese Richtung gemacht und gemeint, dass es eine Frau sei, die er schon kennen würde. Zur Zeit seien sie allerdings noch in unterschiedlichen Welten unterwegs.
Aber wie dem auch sei, die Perspektive nicht für den Rest seines Lebens Butler im Hause Sheffield zu sein, sondern eines Tages ein neues, aufregendes Leben zu führen, stimmt Niles geradezu euphorisch. Er findet seine gute Laune wieder und das spitzbübische Lächeln erscheint wieder in seinem Gesicht, während er sich mit dem Tablet auf den Weg ins Büro macht.
