Alexandra erfuhr am nächsten Morgen, dass sie Dekanin Grimm tatsächlich früher wiedersehen würde, als sie gehofft hatte. Am Frühstückstisch bemerkte sie, dass Anna, David, Constance und Forbearance alle düster und besorgt waren. Tatsächlich schien Anna regelrecht verängstigt zu sein. Darla und Angelique versuchten, mitfühlend zu sein, aber sie klangen eher mitleidig als tröstend. „Es war nicht ganz deine Schuld, ich bin sicher, du wirst nicht allzu viel Ärger bekommen", sagte Darla.

„Was ist los?", fragte Alexandra und setzte sich mit ihrem Teller mit Speck, Eiern und Waffeln hin.

Anna sah sie an, als wäre sie verrückt. „Hast du nicht das schwarze Brett gesehen?", fragte sie mit hoher Stimme.

Alexandra hörte für einen Moment auf, ihren Speck zu kauen, und ihre Grimasse verriet den anderen Kindern, dass sie das schwarze Brett schon wieder vergessen hatte. David verdrehte die Augen, während Darla und Angelique den Kopf schüttelten. „Du musst es wirklich jeden Morgen und jeden Nachmittag überprüfen, Alexandra."

„Ich weiß!" fauchte Alexandra. „Also, was stand da?"

Anna seufzte. „Wir müssen alle nach dem Frühstück ins Büro der Dekanin." Ihre Stimme war schwach und Alexandra bemerkte, dass das andere Mädchen ihr Frühstück kaum angerührt hatte.

„Es geht um unsern Streit mit diesen Pennern bei Grundy's, dem, der uns Schlammblüter genannt hat", knurrte David. Alle anderen zuckten zusammen, als er dieses Wort sagte.

„Du und ich haben uns gestritten", sagte Alexandra. „Warum sind Anna und Constance und Forbearance in Schwierigkeiten?"

„Kollektivschuld?", schlug Darla vor. Alexandra starrte sie wütend an.

„Wir waren involviert", sagte Constance.

„Wir waren mitten im Trubel", sagte Forbearance.

„Und wenn wir schneller aufgestanden wären –"

„Vielleicht hätte es keinen Bruch gegeben."

„Also ist es eure Schuld, dass eure Ozarker-Freunde rassistisch waren?", wollte David wissen. „Es ist nicht eure Verantwortung, eure Jungs davon abzuhalten, sich daneben zu benehmen."

„Wer soll dafür verantwortlich sein, dass du dich nicht daneben benimmst?", fragte Angelique. David blickte sie finster an.

„Bitte", sagte Constance.

„Keine Zankereien", sagte Forbearance.

„Wir haben schon genug Ärger", murmelte Anna.


Alexandra war irritiert und ein wenig besorgt, weil sie in Ms. Grimms Büro gerufen wurde, aber als sie im Verwaltungstrakt ankamen, bemerkte sie, dass die anderen Mädchen richtig zitterten und sogar David nervös aussah.

Alexandra war oft genug im Büro der Direktorin der Larkin Mills-Grundschule gewesen. „Was kann schon Schlimmes passieren?", spottete sie. „Nachsitzen? Sie wird uns ja nicht in Frösche verwandeln."

„Ich habe gehört, sie verwandelt Schüler, die rausfliegen, in Schweine und lässt sie im Wald leben!" flüsterte Anna.

„Sei nicht albern." Alexandra begann sich Sorgen um Anna zu machen.

Im Verwaltungstrakt gab es keine Sekretärin. Stattdessen hing dort das Porträt einer Frau an der Wand, die einer Lehrerin aus dem 19. Jahrhundert sehr ähnlich sah. „Miss Marmsley, Schulsekretärin. Geb. 1814, gest. 1932", stand auf dem Messingschild unter ihrem Porträt. Die Frau auf dem Porträt warf ihnen allen einen strengen Blick zu, als sie das Büro der Schule betraten, und deutete auf eine harte Holzbank. „Wartet bitte dort", sagte sie. Obwohl sie sehr streng aussah und ein saures Gesicht machte, vermutete Alexandra, dass das Porträt viel früher als 1932 gemalt worden war, da Miss Marmsley nicht annähernd einhundertachtzehn Jahre alt aussah.

Sie setzten sich alle auf die Bank gegenüber einer schweren Holztür mit einem Messingschild mit der Aufschrift „Dekanat". Zu beiden Seiten der Tür hingen weitere Gemälde, aber darauf waren keine Menschen zu sehen; es waren hauptsächlich Landschaften, obwohl Alexandra auf einigen davon das Akademiegebäude erkannte.

Sie saßen fünf Minuten lang still da. Dann bemerkte Alexandra, dass Anna weinte.

„Hey", sagte sie. Sie legte etwas unbeholfen einen Arm um ihre Mitbewohnerin. „Komm schon. Warst du noch nie in Schwierigkeiten?"

„Nein!", flüsterte Anna. „Wenn mein Vater das herausfindet, schickt er mich vielleicht zurück nach San Francisco!"

„Psst!", sagte Miss Marmsley, die plötzlich auf dem Gemälde eines Wäldchens gegenüber auftauchte.

Alexandra wartete, bis die Frau aus dem Wald heraus und zurück in ihr eigenes Porträt geschlüpft war, und sagte: „Hören Sie, ich werde Ms. Grimm sagen, dass alles meine und Davids Schuld war –"

„Hey!" sagte David.

„Seid alle still!", fauchte die Sekretärin und kehrte zurück, um sie vom nächsten Gemälde aus finster anzustarren.

Nachdem sie wieder verschwunden war, sagte Anna mit sehr leiser Stimme: „Du scheinst das für keine große Sache zu halten, Alexandra. Ins Büro der Dekanin geschickt zu werden, ist eine große Sache! Es wird in unser Klassenbuch aufgenommen!"

„Es ist keine Klitzekleinigkeit", flüsterte Constance.

„Unsere Eltern hätten fast nicht zugestimmt, uns nach Charmbridge gehen zu lassen", flüsterte Forbearance. Alexandra merkte, dass auch die Zwillinge ihre Tränen kaum zurückhalten konnten.

Die Tür der Dekanin öffnete sich. Benjamin und Mordecai Rash kamen heraus, beide mürrisch und mit rotem Gesicht. Hinter ihnen kam der Junge, mit dem sich Alexandra geprügelt hatte. Sie hatte seinen Namen nie mitbekommen. Er hatte lockiges schwarzes Haar und sah nicht aus wie ein Ozarker. Alle drei warfen Alexandra giftige Blicke zu, aber keiner von ihnen sagte ein Wort, als sie vorbeischlichen und aus dem Büro gingen. Constance und Forbearance schauten beide nach unten, statt einem der Jungen in die Augen zu sehen.

Die Tür der Dekanin schwang zu, ohne dass Alexandra auch nur einen Blick hinein werfen konnte. Die Stille, die folgte, war noch bedrohlicher, aber Anna zitterte weiter, und Tränen liefen ihr über die Wangen. Constance und Forbearance steckten die Köpfe zusammen und hielten sich an den Händen. David war auf der Bank zusammengesunken, hatte die Arme vor der Brust verschränkt und starrte auf die gegenüberliegende Wand, aber sein klopfender Fuß verriet seine Nervosität.

Alexandra stand auf, ging zur Tür der Dekanin und klopfte laut. Anna schnappte nach Luft, die Zwillinge sahen mit offenen Mündern auf und David zischte: „Bist du irre?" Miss Marmsley erschien sofort auf dem Gemälde neben der Tür und sagte: „Junge Dame!"

Alexandra öffnete die Tür. Drinnen saß Ms. Grimm hinter einem großen Eichenholzschreibtisch und unterschrieb etwas. Sie sah mit einem Ausdruck auf, der aus einer Mischung aus Irritation und Erstaunen bestand.

„Entschuldigen Sie", sagte Alexandra, schlüpfte hinein und schloss die Tür. Draußen kreischte die Sekretärin ungläubig, und dann hörte Alexandra ihre Stimme aus einem scheinbar viel kleineren Bilderrahmen, der ihr gegenüber auf dem Schreibtisch der Dekanin stand. „Es tut mir leid, Dekanin Grimm, ich habe nicht damit gerechnet, dass sie einfach in Ihr Büro hereinplatzt!"

Ms. Grimm nickte. „Es ist alles in Ordnung, Heather." Ihre Stimme war kühl und gelassen. „Sagen Sie den anderen, sie sollen weiter warten."

Abgesehen von dem Nicken hatte die Dekanin kaum einen Muskel bewegt, seit Alexandra hereingekommen war, außer dass sie ganz leicht den Kopf gedreht hatte. Jetzt waren ihre Augen wie zwei schiefergraue Gewehrläufe auf das Mädchen gerichtet, und Alexandra konnte fast spüren, wie sich ein Schauer über sie legte.

„Nun, Miss Quick", sagte Ms. Grimm leise. „Du musst es sehr eilig haben, die Charmbridge Academy zu verlassen."

Alexandra schluckte und sagte dann: „Nein, eigentlich nicht." Und fügte hinzu: „Ms. Grimm." Sie straffte die Schultern und blickte der Dekanin über ihren imposanten Schreibtisch hinweg ins Gesicht. An der Wand hinter Ms. Grimm hingen Porträts, einige von der Dekanin selbst, einige von anderen Männern und Frauen, und zusammen bildeten sie eine ziemlich imposante Mauer der Missbilligung, als sie alle über Ms. Grimms Schulter hinweg finster auf sie herabblickten.

„Ich wollte nur sagen, Anna und Constance und Forbearance, sie sind die anderen, die zusammen mit mir und David in Ihr Büro gerufen wurden, und sie haben nichts getan. Sie waren nur zufällig am Tisch, als wir uns bei Grundy's gestritten haben. Jetzt sitzen sie da draußen und haben schreckliche Angst, dass Sie sie rauswerfen oder in Schweine verwandeln oder so, und das sollten sie nicht, also dachte ich mir, wenn Sie mich sowieso rauswerfen, wie viel mehr Ärger kann ich dann bekommen, wenn ich mich entscheide, Sie nicht länger warten zu lassen?"

Sie sagte das alles in einem Atemzug, legte dann die Hände auf den Rücken und trat von einem Fuß auf den anderen, während sie Ms. Grimm beobachtete. Der Gesichtsausdruck der Dekanin änderte sich nicht, und ihre Augen spiegelten weiterhin nur Kälte wider.

Ms. Grimm bewegte sich mehrere Sekunden lang nicht und sprach auch nicht, und Alexandra spürte, wie sich die Stille ausdehnte und ihre Nerven auf die Probe stellte. Ihre Hände fuchtelten ein wenig hinter ihrem Rücken, aber sie wandte ihren Blick nicht vom Gesicht der Dekanin ab. Schließlich legte Ms. Grimm den Stift hin und faltete die Hände auf ihrem Schreibtisch.

„Nun, du hattest ereignisreiche letzte Tage, nicht wahr?", sagte sie im Plauderton. „Du hast die Regeln gegen den Gebrauch von Magie durch Minderjährige verletzt, keine vierundzwanzig Stunden nachdem ich dich davor gewarnt hatte, du hast dich in eine öffentliche Schlägerei bei Grundy's verwickelt und bist jetzt in mein Büro eingedrungen, weil das, was du zu sagen hast, einfach so wichtig war, dass es nicht warten konnte, bis ich bereit war, mit dir zu sprechen."

„Ich mag einfach nicht, zu sehen, wie Anna und Constance und Forbearance –"

„Ja, du warst um deine Freunde besorgt. Bewundernswert." Ms. Grimms Stimme war trocken, bar jeglichen Humors. „Machst du dir oft erst im Nachhinein Gedanken über die Konsequenzen deiner Handlungen für deine Freunde, Miss Quick?"

Alexandra schloss den Mund und spürte, wie ihr Gesicht glühte. Aber sie schaute nicht weg.

„Bisher hast du das Gesetz gebrochen und diese Institution in Verlegenheit gebracht, und jetzt hast du mir persönlich gegenüber große Respektlosigkeit gezeigt." Alexandra hätte nicht geglaubt, dass Ms. Grimms Stimme noch kälter werden könnte, aber sie wurde es, und sie senkte schließlich den Blick.

„Ich wollte Sie nicht respektlos behandeln, Ms. Grimm", sagte sie. „Ich habe nur –"

„Du hast getan, was dir in den Sinn kam, ohne über die Konsequenzen nachzudenken", sagte Ms. Grimm. „Ich vermute, das tust du ziemlich oft."

„Werden Sie mich rauswerfen?" Alexandra sah wieder zu ihr auf.

Ms. Grimm schien zu überlegen. „Soll ich?"

Alexandra hasste es, wenn Erwachsene solche Suggestivfragen stellten.

„Nun, wenn Sie das tun, sollten Sie Anna oder Constance oder Forbearance trotzdem nicht bestrafen. Aber Sie sollten Benjamin und Mordecai Rash und den anderen Jungen auf jeden Fall zusammen mit mir rauswerfen, weil sie mich und David Schlammblüter genannt haben."

Ms. Grimms Augen funkelten. „Und das entschuldigt dein Verhalten?"

„Nein", antwortete Alexandra nach einer Pause. „Ma'am."

Ms. Grimm schwieg wieder, lange genug, um Alexandra dazu zu bringen, wieder von einem Fuß auf den anderen zu treten und sich zu fragen, ob die anderen draußen Qualen der Spannung durchmachten.

„Benjamin und Mordecai Rash und Larry Albo haben ihre Strafen erhalten, darunter für die Verwendung abfälliger Sprache, die gegen Charmbridges Antidiskriminierungspolitik verstößt", sagte Ms. Grimm schließlich. Sie betrachtete Alexandra einen Moment lang teilnahmslos, dann nahm sie ihren Zauberstab und öffnete mit einer kleinen Geste die Tür ihres Büros.

„Der Rest von euch kommt bitte herein", sagte sie.

David, Anna, Constance und Forbearance kamen herein und sahen alle extrem nervös aus. Anna schniefte und wischte sich die Augen.

„Miss Quick hat die Verantwortung für ihren Anteil an den Ereignissen bei Grundy's übernommen", sagte Ms. Grimm, „und hat euch alle freigesprochen, außer Mr. Washington." Sie starrte David an. Er konnte dem Blick der Dekanin weniger gut standhalten als Alexandra und senkte nach einem Moment den Blick.

„Seid ihr damit einverstanden, dass die gesamte Strafe allein Miss Quick und Mr. Washington zufällt?", fragte sie.

Alexandra wollte den Mund aufmachen und protestieren, dass dies eine weitere unfaire Fangfrage war, aber ausnahmsweise gelang es ihr, den Mund zu halten.

Anna sah nach unten, während Constance und Forbearance sich ansahen.

„Wir hätten versuchen sollen, die Lage zu beruhigen", murmelte Anna leise und immer noch zitternd.

„Zuerst einmal hat es mit uns angefangen", sagte Forbearance kleinlaut und sah auf den Boden.

„Wenn wir einfach getan hätten, was unsere Magschaft verlangt hat…", sagte Constance ebenso kleinlaut.

„Da liegt ihr falsch", sagte Ms. Grimm forsch. „Die Rashes hatten kein Recht, euch zu sagen, mit wem ihr euch treffen oder wo ihr sitzen sollt, und sie hatten ganz sicher kein Recht, hasserfüllte Sprache zu verwenden. Sie haben jedoch ihre eigene Verantwortung für diesen beschämenden Vorfall eingestanden. Ihre Berichte bestätigen Miss Quicks Behauptung, dass ihr drei keinen wesentlichen Anteil bei der Schlägerei gehabt habt."

Sie sah die drei anderen Mädchen tadelnd an. „Ich erwarte aber von euch allen, dass ihr euch in Zukunft besser wie verantwortungsbewusste Klassenkameradinnen benehmt, insbesondere wenn es darum geht, Schülern wie Mr. Washington und Miss Quick zu helfen, die Gepflogenheiten der Zaubererwelt zu erlernen."

Alexandra kochte noch mehr. Ms. Grimm machte sie für ihr und Davids Verhalten verantwortlich!

„Ja, Dekanin Grimm", antworteten die anderen drei Mädchen im Chor und schauten immer noch nach unten.

„Ihr drei könnt gehen."

Anna, Constance und Forbearance zitterten noch immer ein wenig, als sie hinausgingen. David sah aus, als hätte er Schluckbeschwerden, während er neben Alexandra stand. Ms. Grimm starrte sie an, bis die anderen verschwunden waren, und gestikulierte dann erneut mit ihrem Zauberstab. Ihre Bürotür schloss sich mit einem Knall, der David zusammenzucken ließ.

„Ihr zwei..." Grimm erhob sich von ihrem Platz, und obwohl ihr massiver Schreibtisch immer noch zwischen ihnen stand, schien sie jetzt unglaublich groß zu sein, beugte sich darüber und überragte sie beide, sodass sie beinahe den ganzen Raum ausfüllte. „Eines Tages werdet ihr euch das Recht verdienen, euch als vollwertige Mitglieder der Zaubererwelt zu betrachten. Eines Tages, wenn ihr euch wie eine Hexe und ein Zauberer benehmen könnt und nicht wie unzivilisierte Wilde!" Sie starrte die beiden wütend an, und ihre Stimme klang wie eine Peitsche.

„Ihr habt Kräfte, von denen die Muggelkinder, mit denen ihr aufgewachsen seid, nur träumen können. Ihr wurdet geboren, um Großes zu vollbringen, wenn ihr wollt. Benehmt euch wieder wie in Grundy's, und ihr könnt nach Detroit, nach Larkin Mills, zurückkehren und den Rest eures Lebens damit verbringen, die Chance zu bereuen, die ihr verpasst habt."

Alexandra spürte, wie sie trotz allem unter Ms. Grimms beißender Missbilligung zusammenzuckte. Ein Teil von ihr wollte weinen, weglaufen oder um Vergebung bitten. Sie hatte sich noch nie so eingeschüchtert und beschämt gefühlt; nicht, als sie zum vierten Mal in einem Monat zum Büro ihres Direktors geschickt wurde; nicht, als ihre Mutter sie dabei erwischte, wie sie ihre Handtasche nach Beweisen für ihren Vater durchsuchte; nicht, als sie in Archies Truck den Rückwärtsgang einlegte und durch die Garage der Nachbarn fuhr. Aber sie hielt den Kopf hoch, und obwohl ihre Augen brannten und ihre Kehle zu einem winzigen Knoten verengt war, weinte sie nicht.

David zitterte und ballte die Fäuste, bis seine Knöchel weiß wurden. Er sah aus, als könnte er sich übergeben.

Ms. Grimms Stimme nahm plötzlich wieder ihre normale eiskalte Intensität an und sie setzte sich wieder. Ihre Anwesenheit erfüllte den Raum noch immer, schien sie aber nicht mehr zu ersticken.

„Ihr werdet beide zwei Wochen Nachsitzen verbüßen, euch beim Grundy's Department Store entschuldigen und einen Aufsatz darüber schreiben, wie sich euer Verhalten in der Öffentlichkeit auf die Charmbridge Academy auswirkt und warum es für die Schüler von Charmbridge deshalb doppelt wichtig ist, sich wie anständige junge Hexen und Zauberer zu benehmen. Eure Aufsätze werden am schwarzen Brett aller Klassen ausgehängt."

Alexandra hielt ihr Gesicht ruhig, um eine Grimasse zu unterdrücken. Es hätte viel schlimmer kommen können, und als ob sie ihre Gedanken lesen könnte, fügte Ms. Grimm hinzu: „Und nur um das klarzustellen, ihr kommt sehr glimpflich davon, aufgrund eures jüngsten traumatischen Erlebnisses auf der Unsichtbaren Brücke."

„Ja, Ms. Grimm", sagten Alexandra und David gleichzeitig.

„Und jetzt raus aus meinem Büro!", zischte sie. Ihre Tür öffnete sich, ohne dass sie aufsah oder ihren Zauberstab berührte. „Und holt eure Sachen von Miss Marmsley." David drehte sich um und eilte hinaus. Alexandra folgte ihm und maß mit großer Anstrengung ihre Schritte. Die Tür zum Büro der Dekanin schlug hinter ihr zu.

„Mann, sie ist unheimlich!", flüsterte David und wischte sich über die Stirn.

„Hm", sagte Alexandra unverbindlich.

Im Büro draußen sah Miss Marmsley auf sie herab und deutete dann mit einem verächtlichen Schnauben auf einen Schrank neben einem Schreibtisch mit einer alten Schreibmaschine darauf. Sowohl Schreibtisch als auch Schreibmaschine waren mit Staub bedeckt. „Unter ‚Verloren und Gefunden' sind ein paar Sachen für euch", sagte sie.

David ging zögernd zur Schranktür. Alexandra öffnete sie. Der Schrank war dunkel – Alexandra hatte sogar den Eindruck, dass es sich um einen weiteren höhlenartigen Raum handelte, der innen größer war als außen, aber sie konnten nicht einmal die Wände oder die Decke des Schranks sehen, oder irgendetwas anderes als das Licht, das durch die offene Tür auf den Boden fiel. Auf dem Boden lagen ein Stapel Bücher, Kleidung und zwei sehr ramponierte Kessel.

„Schätze, sie haben unsere Sachen vom Talboden aufgesammelt", sagte David. Er nahm eines seiner Bücher und verzog das Gesicht. Es war durchnässt und fiel fast auseinander. Alexandras Büchern war es nicht besser ergangen. Ihr Kessel hatte eine kleine konkave Vertiefung, aber der von David war gesprungen. Sie sammelten beide die feuchten Kleiderstapel auf, die ebenfalls geborgen worden waren.

„Na, dann steht nicht da und schwätzt!", sagte Miss Marmsley hinter ihnen. „Geht zum Unterricht!"

Alexandra wurde immer mehr erleichtert, je mehr Abstand sie zwischen sich und das Büro der Dekanin brachte.


David und Alexandra hatten bis zum Mittagessen keine Gelegenheit mehr, mit irgendjemandem zu sprechen. Sie mussten direkt vom Büro der Dekanin zu ihrer ersten Stunde, und da sie zu spät waren, starrten der Lehrer und alle anderen sie an, als sie ihren Grundkurs in Zauberkunst betraten. Sie nahmen ihre Plätze ein und schoben die Stapel mitgebrachter Sachen unter ihre Tische. Alexandra war enttäuscht, aber nicht überrascht, als sie sah, dass der Förderlehrer für Zauberkunst Mr. Newton war. Es waren nur vier andere Schüler in der Klasse, und alle schienen gelangweilt und unaufmerksam. Alexandra war jedoch entschlossen, so schnell wie möglich aus dem Förderunterricht herauszukommen, also hörte sie trotz Mr. Newtons verärgertem Tonfall und der herablassenden Wiederholung jedes Wortes und jeder Geste aufmerksam zu, als er ihnen die Grundlagen des Zauberstabwirkens beibrachte. An diesem Tag sprachen sie eigentlich keine Zaubersprüche, sondern verbrachten die ganze Stunde damit, den Abbildungen in ihrem Buch zu folgen, während sie die sechs grundlegenden Zauberstabbewegungen und sieben grundlegenden Zauberstabpositionen lernten.

„Wann können wir endlich Zaubersprüche machen?", fragte sie David, als sie zu ihrer nächsten Unterrichtsstunde gingen, Grundlagen der Verwandlungen.

„Ich schätze, wenn Mr. Newton denkt, dass wir den Unterschied zwischen einem Schnippen und einem Schnappen kennen", antwortete David. Alexandra runzelte die Stirn, da Newton sie beschuldigt hatte, mit ihrem Zauberstab geschnippt zu haben, anstatt mit ihm zu schnappen.

Mr. Hobbes war der Lehrer in ihrer nächsten Stunde, und als ob er seine frühere Behauptung bestätigen wollte, dass Verwandlungen schwierig seien, war die Förderklasse in Verwandlung viel größer, mit über einem Dutzend Schülern außer ihr und David. Einige von ihnen sahen auch aus wie ältere Kinder.

„Ah, Miss Quick, so schön, dich wiederzusehen, mein Mädchen, wirklich sehr schön!"

Obwohl Mr. Hobbes freundlicher war als Mr. Newton, war Alexandra nicht so begeistert, ihn wiederzusehen. Es schien, als wären die meisten anderen Schüler im Förderunterricht für Verwandlungen einfach nur stumpfsinnig. Sie verbrachten einige Zeit damit, Streichhölzer in Nadeln und Steine in Bonbons zu verwandeln, und keiner von ihnen war besonders erfolgreich. Alexandra war überrascht, wie geduldig Mr. Hobbes zu sein schien. In ihrem Kopf verfasste sie mehrere Reime, von denen sie ziemlich sicher war, dass sie die gewünschten Verwandlungen bewirken würden, aber sie versuchte es nur mit ihrem Zauberstab. Sie brachte ihre Steine zumindest dazu, ihre Farbe zu ändern, was besser war, als was David konnte.

Sie war ein wenig selbstgefällig und runzelte die Stirn, als Hobbes ihnen dann sagte, sie würden den Rest der Stunde damit verbringen, Militades' Elementare Transformationen zu wiederholen. Sie wollte Zauber wirken, nicht darüber lesen. Am Ende der Stunde fragte Hobbes: „Also gut, wer kann mir die vier elementarsten Transformationen und ein Beispiel für jede nennen?"

Mehrere Schüler hoben die Hand. Alexandra tat es nicht, aber Hobbes rief sie trotzdem auf.

„Von Unbelebtem zu Unbelebtem, wie von Steinen zu Süßigkeiten. Von Unbelebtem zu Belebtem, wie von einem Stein zu einer Maus. Von Belebtem zu Unbelebtem, wie von einem Vogel zu einer Spieluhr. Von Belebtem zu Belebtem, wie von einem Fisch zu einer Katze", sagte Alexandra.

David sah sie überrascht an.

„Was?", flüsterte sie.

„Ich habe mich gefragt, ob du jemals anfangen wirst, deine Bücher zu lesen", flüsterte er zurück. Sie starrte ihn wütend an.

Dann war die Unterrichtsstunde zu Ende und David sagte: „Also, als nächstes kommt Magische Theorie."

Alexandra scharrte mit den Füßen. „Ja. Ich schätze, ich habe einen anderen Stundenplan." Sie wollte nicht zugeben, dass ihr nächster Kurs die Förderstunde für Alchemie war. David hatte offenbar in seinem SPAWN so gut abgeschnitten, dass er Alchemie und Magische Theorie und alle anderen Kurse mit dem Rest der Klasse belegen würde.

Er blinzelte sie an und sie konnte erkennen, dass er sich fragte, warum sie einen anderen Stundenplan hatte als er, da Sechstklässler keine Wahlfächer hatten.

„Wir sehen uns beim Mittagessen", sagte sie fröhlich und ging den Flur entlang, wobei sie an mehreren älteren Schülern vorbeiging.

In der Förderstunde für Alchemie lernte Alexandra endlich Mr. Grue kennen. Er war ein sehr großer Mann, der eine dicke schwarze Robe trug, die fast wie eine Soutane aussah, und schwere schwarze Schuppenhandschuhe. Graumeliertes Haar und ein wirrer schwarzer Bart verdeckten den größten Teil seines Gesichts, aber was davon zu sehen war – seine Knollennase, die vollen Wangen und die breite Stirn – war mit Narben von Blasen und Verbrennungen bedeckt.

Er musterte Alexandra misstrauisch und sah auf ein Stück Pergament auf seinem Schreibtisch.

„Alexandra Quick?", brummelte er.

„Ja", sagte sie. Es waren neun andere Schüler da, die meisten von ihnen hatte sie in einer oder beiden ihrer vorherigen Förderstunden gesehen. Sie setzte sich neben ein mausgrau aussehendes Mädchen, das während der Förderstunde für Verwandlung überhaupt nicht gesprochen hatte.

„Das ist ‚Ja, Mr. Grue'!", dröhnte der Lehrer.

Alexandra hielt inne, als sie Sachen aus ihrem verbeulten Kessel holte. „Ja, Mr. Grue", murmelte sie.

Er ging hinüber und blickte finster auf ihren Kessel. „So pflegt man seine Ausrüstung nicht, Miss Quick", knurrte er.

„So sieht meine Ausrüstung aus, nachdem sie eine halbe Meile gestürzt ist", erwiderte sie mürrisch.

Grues Gesicht schien anzuschwellen. „Hast du in der Muggelwelt deinen Lehrern so freche Widerworte gegeben?"

„Manchmal", sagte sie, obwohl sie wusste, dass sie das nicht sollte. Schon starrten alle sie an, aber sie war verärgert, dass sie sofort herausgepickt worden war.

Grue beugte sich näher, bis sie seinen Atem riechen konnte.

„Sag bloß noch etwas Unverschämtes", knurrte er drohend mit leiser Stimme.

Alexandra sagte nichts, wandte aber ihren Blick nicht von Grues buschigen Brauen ab. Nach einem Moment stand er auf, atmete schwer aus und forderte alle auf, ihre Kessel zu leeren und ihre Lehrbücher aufzuschlagen, „Jungstäbe-Unterrichtsreihe: Zaubertränke für Anfänger". Alexandras Buch war noch feucht und machte ein schmatzendes Geräusch, als sie es auf ihrem Tisch aufschlug. Grue hielt inne, um sie noch einmal anzustarren, und begann dann, dieselben Standardrezepte für Zaubertränke an die Tafel zu schreiben, die auf der ersten Seite ihrer Bücher aufgeführt waren.

Das Mittagessen war nach Grues Alchemie-Förderkurs. Alexandra rannte in ihr Zimmer, um ihren Kessel und ihre Bücher abzuladen, und bemerkte, dass Charlie weg war, obwohl Annas Uhu noch auf seiner Stange saß. Sie vergewisserte sich, dass das Fenster noch offen war, damit der Rabe zurückkehren konnte, wann immer es ihm passte, und eilte dann weiter in die Cafeteria.

Die anderen saßen bereits an einem Tisch und unterhielten sich, verstummten aber, als Alexandra ankam und zwischen David und Anna saß.

„Was?", fragte sie müde, als sie sah, dass alle Augen auf sie gerichtet waren.

„Ich kann nicht glauben, dass du einfach so in Ms. Grimms Büro reingestürmt bist", sagte David.

„Ich wette, das hat noch nie jemand gemacht", sagte Anna.

Alexandra zuckte unbehaglich mit den Schultern.

„Du hast Glück, dass du nur Nachsitzen und einen Aufsatz bekommen hast", sagte Darla über den Tisch hinweg. „Du hättest rausfliegen können."

„Ja, das höre ich immer wieder", antwortete Alexandra.

„Ich finde, das war furchtbar tapfer von ihr", sagte Constance leise.

„Nicht sehr klug", sagte Forbearance.

„Unüberlegt", stimmte Constance zu.

„Aber tapfer", wiederholte Forbearance.

Tapferkeit beeindruckt Dekanin Grimm nicht", schniefte Darla. „Wenn du dich weiterhin so verhältst –"

„Constance und Forbearance haben recht", sagte Anna. „Es war nicht sehr klug, aber sie hat es getan, um uns vor Ärger zu bewahren."

„Sie hätte euch in noch größere Schwierigkeiten bringen können", bemerkte Darla.

David verdrehte die Augen.

„Wie waren deine Förderstunden?", fragte Angelique.

David zuckte die Achseln, während Alexandra sich hastig einen Hackbraten in den Mund schob. „Ich bin sicher, ich werd' den Dreh mit dem ganzen Zauberstab-Kram bald rauskriegen", sagte David.

„Wir können euch Nachhilfe geben", sagte Anna. „Schließlich sollen wir euch helfen." Sie warf Constance und Forbearance einen Blick zu, die nickten.

„Ich brauche keinen Nachhilfeunterricht", sagte Alexandra. „Ich bin in kürzester Zeit aus dem Förderunterricht raus, ihr werdet schon sehen."

Sie bemerkte die verärgerten Blicke der anderen nicht, als sie ihre Bücher zusammenfegte und sagte: „Bis später!"


Die Grundprinzipien der Magie wurden von einem phlegmatischen Zauberer namens Mr. Adams unterrichtet, der genauso sehr wie ein Pilgervater aussah wie die vielen Schüler, die Alexandra gesehen hatte. Er trug schwarze Kniehosen, schwarze Strümpfe, schwarze Schuhe und einen schwarzen Mantel über einem weißen Leinenhemd, das fast bis zur Unbeweglichkeit gestärkt aussah. Er hatte eine lange Nase, die er häufig rümpfte, wenn er seine Schüler ansah, was praktisch der einzige Gesichtsausdruck war, den Alexandra an ihm sah. Er ließ sie ihre Bücher aufschlagen und abwechselnd daraus vorlesen. Tatsächlich war es einigermaßen lehrreich, denn am Ende des Unterrichts wusste Alexandra ein paar Dinge mehr über Zaubersprüche und Zauberstäbe und wie Magie in der Zaubererwelt funktionierte, aber sie fand, dass das Tempo unnötig langsam gewesen war und dachte, sie hätte alles genauso gut selbst in weniger Zeit lesen können, als die Schüler im Unterricht brauchten. Mr. Adams bat gelegentlich jemanden, eine zuvor gelesene Tatsache zu wiederholen, und wenn ein Schüler beim Tagträumen ertappt wurde, rümpfte er die Nase und ließ den unaufmerksamen Schüler die gesamte Passage laut vorlesen.

Geschichte der Zaubererwelt wurde von einer sehr alten Hexe namens Ms. Grinder unterrichtet, die sie zunächst das erste Kapitel ihrer Schulbücher aufschlagen ließ, so wie es Mr. Adams getan hatte. Es trug den Titel „Zauberer und Hexenmeister in der Antike".

Ms. Grinder räusperte sich, blinzelte durch eine dicke Brille auf den Titel und erklärte dann: „Also, was haltet ihr davon? Glaubt ihr, dass es in der Antike keine Hexen gab?"

Alexandra sah sich zu ihren Klassenkameraden um, die größtenteils gelangweilt waren, obwohl einige verwirrt wirkten.

„Wir benutzen seit über zwanzig Jahren dasselbe Schulbuch!", rief Ms. Grinder aus. „Jedes Jahr schreibe ich einen Brief an das Department of Magical Education, und jedes Jahr zwingen sie uns diese standardisierte Sammlung patriarchalischer Märchen auf!"

Alexandra hob die Hand, was sie in der Schule zu Hause selten tat.

Grinder blinzelte sie überrascht an. „Ja, Ms...?"

„Quick. Alexandra Quick. Was bedeutet ‚patriarchalisch'?"

„Es bedeutet, dass Männer denken, sie hätten alles erfunden, alles entdeckt und alles getan, was jemals auf der Welt von Bedeutung war!", höhnte Ms. Grinder. „Oh, wir hören immer von Paracelsus und Ptolemäus und Hermes Trismegistus und um Himmels Willen Merlin, Merlin, Merlin! Als ob Thetis und Circe und Morgana und Nimue nur Nebenfiguren in der magischen Geschichte wären! Ich wette, keiner von euch hat jemals von Himiko, Groa, Nadja von Vlachien oder Elisabeth Bathory gehört? Nicht, dass Elisabeth Bathory eine besonders nette Person gewesen wäre, wohlgemerkt …"

Alexandra fand, dass all diese Leute faszinierend klangen, aber sie bekam eigentlich nichts von ihnen zu hören, weil Ms. Grinder sich immer nur darüber beschwerte, wie sexistisch und veraltet ihre Schulbücher seien. Während die Lehrerin darüber redete, blätterte Alexandra im Buch und sah einige der Namen, die Ms. Grinder erwähnt hatte. Natürlich hatte Alexandra von Merlin, Morgan Le Fay, Nimue und Circe gehört, da sie viel Mythologie gelesen hatte, und war ziemlich überrascht, als sie entdeckte, dass es sich tatsächlich um historische Persönlichkeiten handelte.

Obwohl Alexandra mit Ms. Grinders Standpunkt sympathisierte, wünschte sie sich am Ende des Unterrichts dennoch, sie hätten überhaupt Zeit damit verbracht, etwas über berühmte Zauberer und Hexen zu lernen.

Endlich hatte sie ihre erste Unterrichtsstunde ohne Förderunterricht, Praktische Magische Übungen. Sie kam in einen großen Raum mit hartem Erdboden in einem Flügel der Akademie, der getrennt von den anderen Klassenräumen war, in denen sie gewesen war. Es waren viel mehr Schüler hier als in ihren anderen Klassen, und nicht nur Sechstklässler. Sie sah einige hohe Metallstangen mit Reifen darauf, eine Reihe von Fässern und mehrere Kreise und rechteckige Trennwände, die in den Boden eingelassen waren, um Abschnitte des Bodens abzugrenzen.

„Hallo", sagte sie zu David, als sie ihn neben Constance und Forbearance stehen sah. „Das sieht irgendwie aus wie ein Stall." Sie deutete auf die großen Holztüren, die ihrer Meinung nach nach draußen führten, obwohl sie sich aufgrund der Aufteilung der Charmbridge Academy nicht immer sicher war, wohin genau sie im Verhältnis zur Außenwelt blickte.

Er nickte. „Praktische Magische Übungen… Ich glaube, wir machen Aktivitäten wie Zaubersport und lernen, auf Besen zu reiten und so. Hey, welche Fächer hattet ihr, wenn ihr nicht bei uns in Zaubertheorie, Alchemie und Zauberer-Sozialkunde wart?"

„Das muss der Lehrer sein!", sagte Alexandra und deutete auf einen kleinen, dicken Mann, der fast so rundlich wie ein Ball war und auf sie zuwatschelte, wobei sein Umhang im Dreck hinter ihm herschleifte. Er sah für einen Sport- oder Besenfluglehrer sehr unwahrscheinlich aus, aber er war eine willkommene Ablenkung von Davids Frage.

„Guten Tag, Schüler", keuchte er. „Ich bin Mr. Bludgeleg. Diese Stunde wird praktischen magischen Übungen gewidmet sein, in einer Umgebung, die Spaß macht! Einige von euch interessieren sich vielleicht schon für Mannschaftssportarten oder den allseits beliebten Duellclub, und in diesem Kurs könnt ihr eure Fähigkeiten für die Quidditch- und Quodpot-Auswahlspiele im nächsten Monat verbessern."

Danach sortierte Bludgeleg alle Schüler nach Klassenstufen und schickte die Sechstklässler zu einer anderen jungen Hexe namens Miss Gambola, die kaum älter aussah als Gwendolyn. Obwohl sie alle auf Besenflugunterricht gehofft hatten, wurden sie stattdessen angewiesen, sich im Kreis um einen der Ringe zu stellen, die in den Erdboden eingelassen waren, und die Hexe leerte einen Sack mit Bällen auf den gestampften Boden. Es waren über ein Dutzend, in verschiedenen Größen und Farben, aus Holz, Metall, Ton und Gummi.

„Plunkballs", stöhnte Darla.

„Ich bin sicher, viele von euch haben Plunkballs zu Hause gespielt", sagte Miss Gambola. „Aber mit Zauberstäben ist es ein ganz anderes Spiel, und das hier ist eine Gelegenheit, eure Zauberstabkunst zu üben."

„Das ist ein Spiel für Kinder", schniefte Darla.

Trotz Darlas Unzufriedenheit waren die anderen Kinder begeistert genug, etwas zu haben, woran sie ihre Zauberstäbe tatsächlich einsetzen konnten, und bald jubelten sie, als Paare oder Teams ihre Positionen im Kreis einnahmen. Soweit Alexandra es verstehen konnte, war Plunkballs ähnlich wie Murmeln, außer dass die Spieler Magie verwendeten, um die Bälle aus dem Kreis zu schieben, während sie versuchten, ihren oder ihre Gegner daran zu hindern, dasselbe zu tun. Es stellte sich bald heraus, dass es viele byzantinische Regeln darüber gab, wie und wann ein Ball bewegt werden konnte und wie viele Punkte er wert war und wann andere Spieler mitmachen konnten, und viele Regeln schienen spontan erfunden zu werden, was zu ebenso heftigen Auseinandersetzungen führte wie der Plunkballs-Konflikt selbst. Da die meisten von ihnen noch nie Zauberstäbe benutzt hatten, war ihre Fähigkeit, die Bälle magisch herumzuschieben, begrenzt.

Es war sofort ersichtlich, dass einige Kinder darin viel besser waren als andere. Alexandra stellte erfreut fest, dass sie im Vergleich zu den meisten anderen Sechstklässlern ziemlich viel Kraft erzeugen konnte, obwohl ihre Zielgenauigkeit zu wünschen übrig ließ. Sie versuchte auch, nicht erfreut zu wirken, als Angelique kaum in der Lage war, selbst den kleinsten, leichtesten Gummiball zum Wackeln zu bringen. Danach gesellte sich Angelique zu Darla und stand abseits des Kreises, distanziert und plauderte über viel interessantere und reifere Themen als irgendein albernes Kinderspiel (was sie mehrere Male laut wiederholten).

Alexandra war jetzt mit David zusammen, der sich ziemlich gut schlug, obwohl er nicht Alexandras Talent für das Aufschlagen der Bälle zu haben schien, aber als Constance und Forbearance ihnen gegenüber im Kreis standen, starrten sie erstaunt, als die Ozarker-Zwillinge begannen, die Bälle mit geschickten Bewegungen ihrer Zauberstäbe in alle Richtungen aufzuschlagen, zu drehen und hüpfen zu lassen. Sie verließen bald den Kreis und wurden dann knallrot, als alle jubelten.

„Ihr zwei seid super!" rief Alexandra und lief im Kreis herum, um ihnen zu gratulieren. Alexandra war äußerst ehrgeizig, aber von Natur aus keine schlechte Verliererin. Die Zwillinge erröteten noch mehr.

„Oh, bitte lobhudle uns nicht so!", sagte Constance.

„Das ist unziemlich", sagte Forbearance.

„Die meisten Ozarker-Kinder spielen Plunkballs", erklärte Constance.

„Wir haben viele Stunden damit verbracht, miteinander zu spielen", nickte Forbearance.

„Seitdem wir klein waren", fügte Constance hinzu.

„Na, dann solltet ihr dem Gobstones-Club beitreten", sagte ein anderes Kind.

Constance und Forbearance rümpften beide bestürzt die Nase. „Gobstones ist ein schreckliches Spiel!", riefen sie.

„Es ist gemein!", sagte Constance.

„Abscheulich!", sagte Forbearance.

„Ich kann euch keine Vorwürfe machen", höhnte eine vertraute Stimme, laut genug, um die anderen Kinder zum Schweigen zu bringen. „Oh, ihr habt von euren beiden neuen Mitschülern gesprochen, die im Förderkurs sind, was?"

Alexandra drehte sich um und sah Larry Albo, den älteren Jungen mit den Locken, den sie erst am Morgen das Büro der Dekanin verlassen gesehen hatte.
David war angespannt und sah aus, als wäre er bereit für einen weiteren Kampf, während Anna sich nervös umsah und feststellte, dass Miss Gambola mit einer anderen Gruppe von Schülern in einem anderen Ring war.

„Stimmt es, dass du in fünf Förderkursen bist, kleine M-", sagte Larry und hielt den „M"-Laut einen Moment lang inne, gerade lange genug, um sie glauben zu lassen, er würde noch etwas sagen, bevor er mit „Miss Quick?" endete. Er schüttelte den Kopf. „Ich hab' gehört, dass Muggelgeborene tendenziell etwas langsamer und weniger magisch sind als der Rest von uns, aber du musst einen neuen Rekord aufgestellt haben, was den Tiefpunkt in SPAWN angeht. Hast du etwas über ‚Hocus Pocus' hinaus geschafft? Oder war es durch die Bank ‚Muggel'?"

„Hau ab!", bellte David. Er zitterte praktisch vor Wut.

Larry lachte und sah auf den jüngeren, kleineren Jungen hinunter. „Oder was?"

„Oder du kriegst wieder Ärger mit der Dekanin", quietschte Anna.

„Oder ich kriege wieder Ärger mit der Dekanin?", wiederholte Larry in einer Falsett-Imitation von Annas Stimme, bedeckte seinen Mund und zog seine Augenbrauen in einem Ausdruck gespielten Entsetzens hoch. Anna wurde rot.

Alexandra war bereits wütend und wusste, dass auch ihr Gesicht rot wurde. Viele der anderen Sechstklässler hatten sie erschrocken angeschaut, als Larry ihren Förderquotienten enthüllte, und sie hatte Darla aus dem Augenwinkel heraus dabei ertappt, wie sie ein kleines Grinsen verbarg.

Sie trat vor, bis sie Larrys Kinn an Brust stand, und starrte ihn finster an.

„Hau jetzt ab, oder ich hau' dich", sagte sie.

Larry grinste süffisant. „Willst du so dringend zurück ins Büro der Dekanin?"

„Nein, und du? Wenn wir uns wieder streiten, glaubst du, die Dekanin wird glauben, dass alles meine Schuld war? Was mir passiert, passiert auch dir. Ich hab' keine Angst vor der Dekanin. Also los, sag was anderes. Ich wette, ich kann dich trotzdem besiegen."

Larry starrte auf sie herab. Alexandras Fäuste waren geballt, ihre Augen waren unheilvoll und starr, so eisgrün wie ein Paar Smaragde, und er wusste, dass sie jedes Wort ernst meinte. Dass er größer war als sie, machte keinen Unterschied; dass der Tag, der im Büro der Dekanin begonnen hatte, mit einem weiteren Kampf endete, war unwichtig. Alexandra bluffte nicht, und zumindest in diesem Moment kümmerte sie sich nicht um die Konsequenzen.

Sein Mund öffnete sich, als wollte er etwas knurren, und Alexandras Stimme hatte dieselbe tödliche Ruhe wie die von Ms. Grimm, als sie sagte: „Noch ein Wort."

Larrys Augen quollen ein wenig hervor und sein Gesicht war vor Wut verzerrt. Mehr als alles andere hätte er gern beendet, was sie in Grundy's angefangen hatten. Aber er konnte sehen, dass Miss Gambola sich ihnen zuwandte. Alexandras Bluff zu durchschauen würde ihm nichts einbringen außer einer kurzen Rauferei vor einem anderen Lehrer.

Und er hatte Angst vor Dekanin Grimm.

Er versuchte sich einzureden, dass er die Oberhand behielt und sich nicht erniedrigte, indem er sich von dem dreckigen kleinen Schlammblutmädchen auf ihr Niveau herunterziehen ließ, als er sich umdrehte und davonstolzierte, aber da die Augen der meisten Sechstklässler auf ihm ruhten und seine eigenen Freunde nun ebenfalls seinen Rückzug beobachteten, wusste er, dass es nicht so war, wie alle anderen es sahen.

Alexandra spürte, wie alle um sie herum einen kollektiven Seufzer der Erleichterung ausstießen, aber ihr Gesicht glühte noch immer und sie war noch einen halben Herzschlag davon entfernt, einen Plunkball hinter Larry Albo herzuschießen.

„Alex", sagte David und berührte ihren Arm.

Sie drehte sich um und sah ihn entnervt an.

„Gibt es ein Problem?", fragte Miss Gambola. Alle murmelten etwas Verneinendes und spielten weiter Plunkballs, bis die Stunde der Praktischen Magischen Übungen zu Ende war.


Erst als David Alexandra und Anna eingeholt hatte, die von ihrem Zimmer zum Abendessen gingen, konnte er wieder mit ihr reden.

„Hey, Alexandra. Sauer auf mich?"

Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Warum sollte ich?"

Er zuckte die Achseln. „Weiß nich. Du schienst verärgert, als ich dich Alex nannte. Tut mir leid, wenn dir der Name nicht gefällt."

Sie dachte einen Moment darüber nach.

„Nur meine Mutter nennt mich Alex", sagte sie. „Und meine Freunde."

Aber was sie dachte war, dass nur ihre Mutter und Brian und Bonnie sie Alex nannten.

David zögerte. „Sind wir nicht Freunde?"

Alexandra zögerte ebenfalls einen Moment und lächelte ihn dann an. „Ja. Natürlich sind wir das. Du kannst mich Alex nennen." Sie sah Anna an. „Du auch, Anna."

„Okay", sagte Anna ernst. Aber für einen Moment huschte ein zufriedenes Lächeln über ihr ernstes Gesicht.

„Wir müssen heute Abend mit diesem Typen Ben Journey nachsitzen", seufzte David.

„Ich weiß. Er nennt mich ‚Starshine'", sagte Alexandra und sie betraten gemeinsam die Cafeteria. Ihr war unangenehm bewusst, dass viele Augen auf sie gerichtet waren. Die hasserfüllten Blicke von Larry Albo, Benjamin und Mordecai Rash störten sie nicht, aber sie nahm an, dass mittlerweile jeder wusste, dass sie fünf Förder-Zauberkurse besuchte.

An ihrem üblichen Tisch sagte Darla nur beiläufig: „Nun, ich bin wirklich froh, dass du es nicht geschafft hast, noch mehr Ärger zu machen, Alexandra."

„Du bekommst einen ziemlichen Ruf", sagte Angelique.

Alexandra starrte sie wütend an. „Was meinst du mit Ruf?"

„Weil du lästig [sie sagte auf Englisch ‚troublesome'] bist, nehme ich an", sagte Angelique.

„Ich bin nicht lästig [s.o.]", sagte Alexandra. „Ich hab' nicht damit angefangen."

„Troublesome hat das oft nicht", sagte Constance von ein paar Plätzen weiter.

Alexandra sah Constance bestürzt an. „Du auch?" Die Ozarker-Mädchen waren selten so offen mit ihrer Meinung.

Constance errötete. „Es tut mir leid", sagte sie. „Ich habe das nicht ganz so gemeint, wie es klang."

„Aber weißt du, du bist Troublesome sehr ähnlich", sagte Forbearance.

Alexandra runzelte die Stirn. „Bei euch klingt es, als wäre ‚Troublesome' eine Person."

„Das ist sie", sagte Constance.

„Vielleicht ist sie keine echte Person", sagte Forbearance.

„Aber aus der Ozarker-Überlieferung bekannt", sagte Constance.

„Ein Mädchen namens Troublesome."

„Für Ärger geboren und nach Ärger benannt, denn Ärger ist, was sie ist."

„Kein Junge wird ihr den Hof machen."

„Kein Mann wird sie heiraten."

„Und wohin sie auch geht, Ärger folgt ihr."

Die Zwillinge unterhielten sich abschweifend und beendeten wie üblich die Sätze des jeweils anderen, aber Alexandra unterbrach sie. „Großartig. Als ob ich möchte, dass irgendwelche Jungen mir den Hof machen?" Sie schnaubte. „Wird Troublesome also immer für Ärger verantwortlich gemacht, den sie nicht verursacht hat?"

„Manchmal", sagte Forbearance.

„Oft", gab Constance zu.

„Aber sie wird auch für den Ärger verantwortlich gemacht, den sie selbst verursacht hat."

„Denn sie hat ihren Teil dazu beigetragen."

Alexandra war sich sicher, dass Constance und Forbearance sie beide mit einer Art Belustigung ansahen.

Constance sagte: „Es stimmt, niemand möchte, dass seine Tochter wie Troublesome ist."

„Aber manche sagen, es muss eine Troublesome geben", fuhr Forbearance fort.

„Oder es könnte noch viel Schlimmeres passieren."

Und zu Alexandras Überraschung begannen die Zwillinge im Chor etwas aufzusagen, das wie ein Kinderreim klang:

„Troublesome irritiert, Troublesome bringt Leid,
Troublesome ist Ärger, überall, weit und breit.
Troublesome ist eitel, hochmütig, verrucht,
Troublesome ist heillos, Belastung, verflucht.
Troublesome ist Elend, Unglück, Beschwerden,
Troublesome ist Gefahr, Unheil auf Erden.
Troublesome ist waghalsig, rücksichtslos, keck,
Troublesome kümmert nichts, es hat keinen Zweck.
Troublesome ist stur, aber tapfer wie ein Held.
Troublesome bleibt, wenn and're gäb'n Fersengeld.
Wenn Ärger sich nähert und alle Übel erschein',
ist Troublesome endlich da, wo sie sollte sein."

Als sie fertig waren, herrschte Stille, da alle an ihrem Tisch zugehört hatten und mehrere andere Tische ebenfalls. Ein paar Kinder klatschten, einige lachten sarkastisch und weitere Finger zeigten in Alexandras Richtung. Constance und Forbearance erröteten, da sie wieder einmal die Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten.

Alexandra war zunächst ein wenig empört. Es klang für sie immer noch so, als hätte Troublesome einen unverdient schlechten Ruf. Wie hätte das auch anders sein können, wenn sie ohnehin schon einen solchen Namen bekommen hatte?

Aber von da an verfolgte der Spitzname Alexandra überall. Darla und Angelique kicherten, als sie den Spitznamen verwendeten, andere Kinder nannten sie auf den Fluren spöttisch so, und die Sechstklässler, die gesehen hatten, wie sie Larry Albo mit dem Gesicht nach unten warf, flüsterten es hinter ihrem Rücken voller Betroffenheit und Bewunderung. Und Alexandra entschied, dass „Troublesome" als Spitzname gar nicht so schlecht war.