Die Spiele überleben
Kapitel 1 "Die Begegnung"
Nicht nur, dass er im Live-Fernsehen den Moderator tötete, musste er auch noch sein grauenvolles Turnier vorstellen. Die Cell-Spiele. Wie einen schlechten Witz. Dinge, welche man als normaler Mensch nicht tun würde. War er überhaupt ein Mensch? Ne, er sagte so etwas wie, er sei von einem Computer erschaffen worden. Wie soll das denn überhaupt funktionieren!? Wie soll ein Computer, eine Person erschaffen können? Einfach so, aus dem Nichts!? Für Mina war die Situation überhaupt nicht verständlich. Cell ist weder ein Mensch, noch normal. Überhaupt nichts von all dem, was sich in den letzten Wochen ereignet hat, war für sie in irgendeiner Art und Weise nachvollziehbar. Zuerst die Zerstörung dieser einen Insel, deren Namen sie immer vergaß, dann, dass dieser Cell für das Verschwinden von tausenden Menschen verantwortlich sein soll. Zumindest bekannte er sich dazu im Live-Fernsehen.
Mina wippte auf der Bank mit ihren Beinen auf und ab. Der Wald, in dem sie immer gerne einen Spaziergang unternahm oder joggen ging, beruhigte sie jetzt ungemein. Weder wilde Tiere, noch zu viele Spaziergänger. Einfach schön. Bei dem ganzen Schrott brauchte sie erstmal viel frische Luft zum Denken. Eigentlich kam sie in den Wald, um joggen zu gehen, aber es war ihr einfach nicht danach. Sie wollte den Kopf frei kriegen und auf andere Gedanken kommen, aber Cell war nicht leicht aus dem Bewusstsein zu streichen. Was soll sie jetzt machen? Dieser Cell-Typ hat noch nicht ihre Heimat zerstört, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Sie war furchtbar müde von der ständigen Angst. Er könnte jederzeit auftauchen. Was soll sie machen? Wo soll sie hin? Soll sie zu Hause bleiben und warten, oder das Nötigste packen und zu ihren Eltern fahren? Sie erwachte ein bisschen aus ihren Gedanken und beobachtete, wie der kühle Wind den Staub aufwirbelte. Das Wetter ist zumindest schön, dachte sie und stand auf, um sich auf den Heimweg zu machen.
Das Wetter war fabelhaft. Nicht ganz so fabelhaft, war der Umstand, dass sie sich beobachtet fühlte. Es war plötzlich ganz still im Wald. Sie fing an zu schwitzen, weil sie meinte, direkt hinter sich einen Schatten wahrzunehmen. Sie bekam furchtbare Angst. Laufen? Nein.
Sie blieb stehen und drehte sich um.
Ohje.
Das hätte sie mal besser nicht gemacht. Mina packte ihr bestes Pokerface aus, dass sie hatte und versuchte einfach seelenruhig weiterzugehen.
Jetzt hörte sie auch noch seine Schritte. Ihr Herz schlug so feste, dass es ihr sehr weh tat. Sie versuchte alles in ihrer Macht Stehende, ihn zu ignorieren.
Einfach weiter gehen.
Normal atmen.
Keine Panik.
Alles wird gut.
Wenn Mina nicht rennt, ist sie auch nicht interessant. Nur Beute rennt weg... oder?
"Sag bloß, da schaut jemand kein Fernsehen!"
In nur wenigen Sekunden entschied sie, es wäre besser, sich dumm zu stellen.
Sie blieb stehen und drehte sich wieder zu ihm um und fragte nur "Hu?" in einem unschuldigen Ton. Er blieb auch stehen und sagte nur schroff:"Tu nicht so dumm, es weiß doch spätestens seit meinem Auftritt jeder wer ich bin. Tja, dumm oder nicht, ich werde schon meinen Spaß mit dir haben."
Sie könnte auf doppelt blöd machen und fragen, welches Spiel er denn mit ihr spielen wollte, aber sie empfand die Situation für absolut nicht angemessen. Das könnte schnell provozieren.
Planänderung.
"Sagtest du nicht zehn Tage?" Mina versuchte so ruhig wie möglich zu klingen und lächelte schön freundlich.
Er sah sie nur ernst an und verschränkte seine Arme. Cell wollte gerade etwas sagen, aber Mina war schneller.
"Außerdem wollte ich ja so gerne dein Turnier sehen! Stell dir nur vor wer da alles kommen könnte! Die ganzen Kampftechniken! Vielleicht kommen ja auch Son Goku und Tenshinhan?!" Sie wollte ihn täuschen und gestikulierte wild mit den Armen, um das Bild eines verträumten Fans zu mimen. Ein Glück, dass sie die Namen wenigstens noch wusste. Den Kampf hatte sie damals als ganz kleines Kind gesehen. Es schien als würde es funktionieren und er lächelte. "Oh, da mag einer Kampfsport!"
"Oh, ich liebe Kampfsport! Aber am meisten Tenshinhan! Oh, seine Schultern sind so toll!" Ihr gespielter Enthusiasmus überschlug sich. Mina hatte furchtbare Angst, er könnte sie durchschauen.
Ruhig bleiben.
Alles gut.
Sie toppte sich selbst.
"Ich darf doch gucken kommen, oder?" Cell sah aus als würde er an ihrer Intelligenz zweifeln. Den Kopf etwas schief legend, erwiderte er: "Ich sagte, jeder darf kommen."
"Oh super! Dann sehen wir uns am 17ten!" und damit drehte sie sich um und ging in einem mäßigen Tempo weiter.
Mina betete.
Es war ihr egal, was Cell über sie dachte, sie wollte nur weg von ihm. Ihr Herz pochte jetzt stärker als zuvor, kam doch keine Reaktion von ihm.
Was würde er tun?
Sie bekam fast einen Herzinfarkt als sie ein abfälliges "Ts" hörte und er davon flog.
Sie blieb stehen und schaute ihm hinterher. Würde er jetzt noch angreifen?
Obwohl er vollständig aus ihrem Sichtfeld verschwand, blieb sie gefühlt noch eine halbe Stunde stehen. Jederzeit bereit, um ihr Leben zu laufen.
Nichts.
Sie lebt.
Sie lebt!
Es hat funktioniert!
Sie ging weiter und spielte die Situation nochmal in ihrem Kopf ab. Cell denkt jetzt, sie würde zu seinem Turnier wollen. Ha! Sie muss ja nicht hingehen! Ätchtibätch!
Dachte sie und musste lächeln.
Hoffentlich musste sie nie wieder mit ihm reden. Nie wieder!
Nach ihrem Triumph kroch die Angst zurück und redete ihr ein, dass man sich immer zweimal im Leben sieht. Ne. Quatsch.
Der Gedanke an ein weiteres Aufeinandertreffen mit Cell machte ihr solche Angst, dass sie jetzt doch nach Hause joggte. Zumindest redete sie sich das ein. In Wahrheit, lief sie um ihr Leben.
_
Sie brauchte jetzt unbedingt ein Bad. Mittlerweile gab sie sich die Schuld an Cells Erscheinen, weil sie zu viel an ihn dachte. Nach dem Motto: "Wenn man vom Teufel spricht, erscheint er auch." Das war quatsch, das wusste sie, aber sie konnte nicht anders. Irgendwer musste ja schuld sein.
Sie warf ihre Kleidung achtlos auf den Boden und stieg in die Dusche. Leider gab es in ihrer kleinen Wohnung keine Badewanne. Als sie unter der Dusche stand, träumte sie, wie sie in einer Badewanne, mit Blütenblättern auf der Wasseroberfläche schwimmend, liegen würde und alles um sie herum vergaß und den Moment genoss. Das wäre so schön. Naja. Man kann nicht alles im Leben haben, außerdem wollte sie die kleine Wohnung haben, um Geld zu sparen.
Ihr Ziel der finanziellen Freiheit wurde von Cell zerstört.
Oder auch nicht.
Falls Cell gewinnen würde, wäre ja eh alles egal, also könnte sie die zerstörten Städte aufsuchen und dort nach Wertgegenständen und Bargeld suchen. War das Legitim? Wäre sie ein schlechter Mensch, wenn sie aus der Not heraus so handeln würde? Sie schämte sich, weil sie sich nicht fühlte, als wäre sie gerade wirklich in Not.
Wenn Cell verschwinden oder gewinnen sollte, wird er eine zerstörte Gesellschaft hinterlassen, bei der Frauen und Kinder das Nachsehen haben werden. Es sei denn, man hat Geld. Geld regiert die Welt.
Also doch. Ja, sie wird es tun. Aber Morgen erst.
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Mina konnte nicht so wirklich gut schlafen. Sie hatte von Cell geträumt. Der absurdeste Traum des Jahrhunderts. Darin begegnete er ihr beim Einkaufen. Lachhaft. Ja, mit Korb und allem. Er wusste nicht, wo die Kakteen standen. Sie musste lachen.
Sie stand vor ihrem Auto und war sich plötzlich doch nicht mehr so sicher, ob sie das wirklich durchziehen sollte. Es war gefährlich. Da Cell so viel gefährlicher war als alles andere, bemerkte sie nicht, wie sie andere Gefahren herab wertete.
Es könnten Räuber herumlaufen. Es könnte alles passieren.
"Was mache ich hier nur?", fragte Mina sich laut selbst und stieg in ihr Auto.
Die Straßen waren verhältnismäßig leer. Mina fragte sich nur ganz kurz, warum es nicht mehr Verkehr geben würde, aber erinnerte sich daran, dass Cell gestern in der Nähe gewesen ist. Er verwüstete eine kleine Nachbargemeinde. Dabei starben viele Menschen.
Es war ein Wunder, dass sie noch lebte. Sie schwitzte wieder. Die Angst war zurück.
Minas Plünderungsziel war genau jene Gemeinde, welche Cell gestern zerstörte. Cell war ja schon weg, also was soll schon passieren?
Just in dem Moment wurde eine Warnmeldung über Cell im Radio verbreitet.
Nun wusste sie, wo er war. Das war auch nicht weit weg. Gute drei Autostunden entfernt.
Sie wollte es tun.
Alles egal.
Scheiß auf die anderen.
Mina wollte Geld sehen.
Wenn sie schon ihr ganzes Leben verzichtet hat, dann wollte sie sich mit dem Geld, welches sie in den Ruinen finden würde, belohnen.
Das war falsch und egoistisch, aber das würde die Welt jetzt auch nicht mehr retten.
Es stand laut Cell nicht gut um die Menschheit. Da stimmte Mina ihm zu, aber trotzdem konnte sie die Hoffnung nicht aufgeben. Irgendetwas sagte ihr, dass alles gut werden würde.
"Wir werden sehen." murmelte sie vor sich hin.
Sie erreichte ihr Ziel.
Alles verbrannt.
Schwarz.
Als Mina aus ihrem Wagen ausstieg, sah sie die Asche auf dem Boden. Cell soll hier eine Tankstelle mit einer Lichtkugel getroffen haben und bald darauf fing das alte Dorf in Windeseile Feuer. Er brauchte nichts machen und schaute einfach nur zu. Sagten sie zumindest im Regionalfernsehen. Mina konnte es sich gut vorstellen. Es passte zu ihm.
Ganze Gebäude brannten ab. Wände stürzten ein. Niemand könnte diesen Ort wiedererkennen. Geld würde es hier nicht geben, dachte sie und blieb stehen. Vor ihr lag ein Bein. Sie war plötzlich hellwach. Der Wind wehte ihr den Geruch von verbranntem Fleisch entgegen und da verstand sie erst, wie ernst die Lage war und wie gefährlich Cell sein kann. Wie naiv war Sie bitte? Ihre Gedanken waren jetzt frei von Geld. Sie wollte einfach nur weg und ging zu ihrem Auto zurück. Jetzt war sie sich sicher ein schlechter Mensch zu sein. Sie wollte nicht nur viel Geld besitzen, sondern auch noch Tote bestehlen. Nein. Das war sie nicht und wird sie nicht sein.
Bevor sie ihr Auto erreichte, landete Cell vor ihr und versperrte ihr den Weg zum Auto.
"Na, verlaufen?" Fragte er höhnisch.
"Ne, ich wollte nur mal gucken, was du so in deiner Freizeit machst." Mina wusste nicht, was sie jetzt tun sollte. Da war er wieder. Ihr Herz fing wieder an zu pochen und diesmal liefen ihre Wangen rot an. Ihr wurde heiß am ganzen Körper.
"Solltest du nicht in-" Er unterbrach sie mit "Da bin ich nun auch fertig". Seiner Mimik nach zur Folge war er sehr zufrieden mit seinem Werk. Er sah glücklich aus. Oder arrogant? Sie konnte Gesichtsausdrücke häufig nicht so gut einordnen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass das jemanden glücklich machen kann. "Und warum bist du wirklich hier? Suchst du jemanden?" Warum fragt er das?
"Ist das so wichtig? Ich wollte schon wieder gehen, also ist es egal."
"Du wusstest, dass dieser Ort vollkommen zerstört ist und trotzdem kommst du hier hin?"
"Hast du nicht noch etwas Besseres zu tun? Ähm.. Äh, das sollte jetzt nicht frech klingen oder so, aber wirklich, warum fragst du das? " Cell war... aber neugierig.
Er stemmte seine Fäuste in die Hüfte und sah nach Links. Lächelnd sagte er: "Nun ja, hätte ja sein können. Egal vergiss es!" Was hätte sein können? Minas Kopf war leer.
"Was hätte sein können?" Er sah sie an. "Schon ok. Ist nur ein Zufall."
"Hä? Cell" Mina schüttelte ihren Kopf: "Nochmal von vorne, ich verstehe gerade gar nicht, was du willst. Worauf willst du hinaus?" Cell ignorierte ihre Frage und flog davon.
Mina war total perplex.
Was.
war.
los?
Sie verstand gar nichts mehr. Was war das bitte für eine eigenartige Konversation!?
Was sollte sie daraus schließen? Ihr fehlte Kontext. Was ging in Cells Kopf vor?
Sie starrte auf den Boden. Zumindest fühlte sie sich nicht mehr ganz so ängstlich.
Ab nach Hause und duschen. Sie war fertig mit den Nerven.
