xxvi

25. Dezember 1976 - Teil 1

Als Hermione am Weihnachtsmorgen aufwachte, lag ein kleines Bündel an Paketen am Ende ihres Bettes auf dem Boden. Sie setzte sich auf, wischte sich den Schlaf aus den Augen und streckte sich, bevor sie hinunterkroch, um nach ihnen zu greifen.

Es war seltsam, die Weihnachtsgeschenke allein zu öffnen. Noch nie war sie an den Feiertagen allein gewesen, und einen Moment lang überkam sie ein Gefühl der Traurigkeit. Sie dachte an das letzte Weihnachten zurück, das sie zu Hause verbracht hatte, als alles noch einigermaßen normal war. Es war in ihrem sechsten Schuljahr. Es kam ihr jetzt dumm vor, wie einsam sie sich damals gefühlt hatte, da sie und Ron wegen Lavender Brown nicht miteinander sprachen. Aber wenigstens hatte sie ihre Eltern gehabt.

Es war ein schöner Tag, erinnerte sie sich. Leichter Schnee fiel vom Himmel, während sie zu dritt im Wohnzimmer saßen, Schwarz-Weiß-Weihnachtsfilme anschauten, Tee tranken und sich mit Süßigkeiten und anderem Naschwerk vollstopften. Es war ruhig, auf jeden Fall viel ruhiger als das, was sie aus dem Fuchsbau kannte. Mit Mrs. Weasleys brodelnder Wut, die ihren Drang, ihre zukünftige Schwiegertochter zu verfluchen, kaum unter Kontrolle hatte. Aber sie genoss die Ruhe. Es störte sie nicht. Na ja, nicht immer.

Diese Art von Stille. Die Art, die einen daran erinnerte, dass man so schmerzlich allein war. Nun, das störte sie.

Trotzdem versuchte sie, sich ein wenig aufzumuntern bei dem Gedanken, den Schlafsaal zu verlassen und den Tag in Gesellschaft von Severus zu verbringen. Ein anderer Mensch, von dem sie wusste, dass er sich wie sie völlig allein fühlte, obwohl er von Menschen umgeben war. Das war eine weitere Gemeinsamkeit zwischen ihnen.

Hermione beschloss, ihre Geschenke zu öffnen, damit sie in die Große Halle hinuntergehen konnte, und griff nach ihren Stapel, um ein Päckchen nach dem anderen auszusuchen.

Das erste Paket, das sie auswählte, war ein kleines blaues Kästchen, an dem eine Karte hing, die sie wissen ließ, dass es von Amelia war. Sie schob ihren Daumen unter die Verpackung, zog sie ab und entdeckte ein schwarzes, quadratisches Schmuckkästchen aus Satin. Als sie den Deckel anhob und das Schmuckstück darin sah, schnappte sie leise nach Luft und nahm es in die Hand, um es näher zu betrachten. Der Ring war unglaublich einzigartig und sehr hübsch. Das Band war aus Bronze und flach, mit einer Glaskugel in einer Fassung, die geschnitzt war, um wie Krallen auszusehen. Sie schob ihn auf den Mittelfinger ihrer rechten Hand und stellte erfreut fest, dass er perfekt passte, dann atmete sie überrascht ein, als grauer Rauch im Glas zu wirbeln begann und sich langsam in ein helles Blau verwandelte.

In der Ringschachtel befand sich eine Karte, auf der die Farben mit den entsprechenden Stimmungen aufgelistet waren. Laut der Karte bedeutete hellblau glücklich, was sie in diesem Moment sicherlich war. Es war ein Stimmungsring, nicht einer dieser billigen Muggelringe, die nach dem ersten Tag der Benutzung immer schwarz blieben, sondern ein atemberaubender magischer Ring, der garantiert genau war.

Hermione lächelte und dachte an Amelia, während sie mit ihrem Finger über die Glasblase an ihrem Finger strich. Sie war froh, zu wissen, dass sie ein Andenken mitnehmen konnte. Etwas, mit dem sie sich an Amelia erinnern konnte. Der Rauch begann sich grün zu färben – Melancholie

Als Nächstes kam eine flache Schachtel von Otto, die eine Vielzahl von Süßigkeiten aus dem Honigtopf enthielt, eine weitere Schachtel von Sturgis, die einen Dreierpack goldener Federkiele enthielt, und eine von Edgar, die ein großes Buch mit dem Titel Zauberei Kultur und Bräuche aus aller Welt' enthielt. Auf dem Zettel, den er ihr mitgegeben hatte, stand, dass er dachte, da sie nachts fast immer im Gemeinschaftsraum lese, würde ihr das Buch gefallen, da er sie noch nie beim Lesen von diesem Buch beobachtet hatte. Als Letztes kam noch eine Schachtel mit Süßigkeiten von Remus, was eine Überraschung war. Sie hatte nichts von ihm erwartet, aber sie war froh, dass sie daran gedacht hatte, ihm eine Kleinigkeit mitzubringen, als sie das letzte Mal in Hogsmeade war.

Sie lächelte vor sich hin, bewunderte die Geschenke, die ihr ihre FreundInnen in dieser Zeit gemacht hatten, und dachte daran, wie sehr sie sie am Ende vermissen würde. Mehr als sie jemals gedacht hätte.

Als sie die zerrissenen Verpackungen von ihrem Bett wegräumte, fiel ihr ein silberner Schimmer auf. Es gab eine Schachtel, die ungefähr die gleiche Größe wie Amelias Geschenk hatte und die sie bis dahin nicht bemerkt hatte.

Hermione nahm es in ihre Hände und öffnete es vorsichtig. Darin befand sich ein gefaltetes Stück Pergament, das sie aufklappte, bevor sie die schlichte braune Schachtel öffnete, die sich unter der Verpackung befand.

Hermione,

Ich entschuldige mich dafür,

dass es so lange gedauert hat,

bis ich Ihnen dies geben konnte.

Ich hoffe, sie erweisen sich als nützlich.

Ein frohes Weihnachtsfest,

Albus Dumbledore

Ihre Hände begannen leicht zu zittern, als sie den Zettel neben sich ablegte und begann, das Kästchen zu öffnen.

„Er hat sie bekommen", flüsterte Hermione vor sich hin, während sie das Glasfläschchen herausnahm und ihre Finger fest darum schloss.

Es waren die Phönix-Tränen. Das letzte Teil des Puzzles. Die Zutat, die sie mehr als alles andere brauchte, um sicherzustellen, dass Severus die Nacht überlebte, bevor sie in der Zeit zurückgeschickt worden war. Der Ring an ihrem Finger verfärbte sich in eine schillernde Perle, während Tränen des Glücks aus ihren Augen flossen. Es war das schönste Geschenk, das sie sich hätte wünschen können. Nicht nur die Phönix-Tränen, sondern auch die Zuversicht und die Hoffnung für die Zukunft, die mit ihnen einhergingen.

Schnell sprang sie aus dem Bett und eilte mit dem Fläschchen in der Hand zu ihrer Truhe. Nachdem sie sie geöffnet hatte, kramte sie ganz unten nach dem Taschentuch, in dem sich ihr Fläschchen mit dem Einhorn-Hornpulver befand. Da sie weder wusste, ob Dumbledore es bereits getan hatte oder nicht, noch wie lange die Tränen halten würden, legte sie einen Stasis-Zauber darauf und wickelte sie zusammen mit dem Rest des Pulvers, den sie noch übrig hatte, ein. Sorgfältig verstaute sie die Flaschen unten in ihrer Truhe, schloss sie ab und versah sie mit einem Schutzzauber, damit niemand außer ihr hineingelangen konnte.

Nachdem sie geduscht und sich für den Tag angezogen hatte, holte sie das dünne Päckchen, das sie für Severus eingepackt hatte, aus ihrem Kleiderschrank. Da sie beide über die Feiertage in der Schule blieben, hatten sie sich darauf geeinigt, die Geschenke persönlich auszutauschen, anstatt sie in der Nacht von den Hauselfen liefern zu lassen.

Sie fuhr mit dem Finger an der Seite der Schachtel entlang und hoffte, dass Severus sein Geschenk gefallen würde, bevor sie es in die Tasche ihres Umhangs schob. Sie war nervös und fragte sich, was Severus ihr gekauft hatte, aber sie wusste, dass sie es auf jeden Fall lieben würde, weil es von ihm stammte.

Hermione betrachtete sich einmal im Spiegel und strich sich die Haare glatt, dann machte sie sich auf den Weg in die Große Halle, um Severus zu treffen.

Sie setzte sich wieder an den Slytherin-Tisch und lächelte Severus an, der schon da war. Er reichte ihr eine Tasse Kaffee, die er ihr zubereitete, wobei er ein wenig nervös aussah.

„Frohe Weihnachten, Severus", sagte sie fröhlich und hob ihren Becher, um einen Schluck zu nehmen. „Danke", sagte sie und stellte den Becher mit einem gezielten Blick wieder auf den Tisch.

„Gern geschehen. Und dir auch frohe Weihnachten."

Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln, griff dann in seine Robe und holte eine flache, quadratische Schachtel hervor, die blau eingewickelt und mit einer bronzenen Schleife umwickelt war.

Obwohl es eigentlich nicht ihre Hausfarben waren, da sie in Wirklichkeit eine Gryffindor war, erwärmte die Tatsache, dass er so aufmerksam gewesen war, die Farben zu benutzen, von denen er angenommen hatte, dass es ihre waren, ihr Herz.

Bevor sie nach ihrem Geschenk griff, zog sie sein Geschenk aus ihrer Tasche und schob es über den Tisch.

„Ich hoffe, es gefällt dir."

Anstatt sein Geschenk zu nehmen, legte Severus seine Hand auf die Hermiones.

„Ich bin sicher, dass es mir gefallen wird, was auch immer es ist", sagte er ihr aufrichtig.

Während sie lächelte wie der liebeskranke Teenager, der sie war, kam ihr eine Idee in den Sinn. Sie wollte ihre Geschenke nicht mitten in der Großen Halle auspacken, wo die wenigen verbliebenen SchülerInnen und das Personal am Haupttisch sie beobachteten. Sie wollte in der Lage sein, angemessen zu reagieren und sich zu bedanken, und überlegte sich einen privateren Ort, an den sie gehen konnte. Irgendwo, wo niemand sie finden oder stören konnte.

„Severus?", fragte sie und ein aufgeregtes Funkeln leuchtete in ihren Augen. „Hättest du Lust, die vielleicht irgendwo alleine zu öffnen?"

Er zog eine Augenbraue hoch, während sich sein Mund zu einem Lächeln verzog.

„Das würde mir nichts ausmachen", antwortete er und machte eine Bewegung, um aufzustehen.

Hermione lachte.

„Noch nicht ganz. Ich möchte wenigstens noch ein bisschen frühstücken, bevor wir gehen."

Ehrlich gesagt war sie genauso gespannt wie er, was er für sie besorgt hatte. Aber das Knurren in ihrem Magen siegte über ihre Neugierde. Sie lachte noch mehr, als er die Stirn runzelte und sich wieder auf seinen Platz setzte.

„Ich werde schnell essen", sagte sie ihm mit einem Zwinkern und haute dann in ihr Frühstück rein.

Nachdem sie beide aufgegessen hatten, nahm Hermione Severus an die Hand und zog ihn eifrig zu ihrem Ziel. Sie war mehr als aufgeregt und rannte mit etwas zu viel Überschwang. Severus scherzte, dass sie ihm auf dem Weg dorthin etwa dreimal den Arm aus dem Gelenk reißen würde.

Schließlich stand sie vor einem Wandteppich, der einen Mann zeigte, der versuchte, einigen Trollen Ballettunterricht zu geben, und blickte auf den Eingang zum Raum der Wünsche. Sie schritt vor der Wand, die Severus wie eine gewöhnliche Wand vorkommen musste, hin und her und überlegte, was sie sich für die beiden wünschte.

„Was machst du da?" fragte er, nachdem sie sich zum zweiten Mal umgedreht hatte.

Er zog die Brauen hoch und sah sie an, als hätte sie endgültig den Verstand verloren.

„Pssst", antwortete sie und ging ein letztes Mal an der Wand entlang.

„Hermione ... was - "

Sie lächelte selbstgefällig, als er aufhörte zu sprechen, weil vor ihnen ein verziertes, gewölbtes Tor auftauchte. Seine Augen waren groß und voller Neugierde, als er sich ihr wieder zuwandte.

„Was? Wie hast du das gefunden?" fragte er mit leiser Stimme.

Hermione ergriff wieder seine Hand und brachte ihn zur Tür.

„Es hat einige Vorteile, wenn dein Onkel der Schulleiter ist", log sie, weil sie dachte, dass diese Antwort glaubwürdig genug war.

Ursprünglich hatte sie nicht vorgehabt, den Raum der Wünsche zu benutzen, während sie dort war. Sie fand, dass es für eine neue Schülerin zu seltsam wäre, solch eine geheime Information über das Schloss zu kennen. Als sie dann aber an ihre Tarngeschichte dachte und daran, dass sie angeblich die Nichte von Albus Dumbledore war, dachte sie sich, dass das die perfekte Ausrede dafür wäre, etwas über den Raum zu wissen.

Als sie eintraten, sah es genau so aus, wie Hermione es sich erhofft hatte. Links von ihnen befand sich ein steinerner Kamin, vor dem ein großes, braunes, weiches Sofa stand. Ein Bücherregal lehnte an der Wand gegenüber dem Kamin, es war voll bestückt. Und im hinteren Teil des Raumes, gegenüber von ihnen, war ein Fenster, das einen verschneiten Berghang zeigte, auf den frischer Schnee vom Himmel fiel. Neben dem Fenster stand ein Weihnachtsbaum mit grünen, silbernen und roten Kugeln, und um sie herum hing der Duft von Tannengrün in der Luft. Sie atmete tief ein und schloss die Augen. Es war perfekt.

Severus sah sich mit einem verblüfften Gesichtsausdruck im Raum um.

„Hermione…"

Sie drückte seine Hand und beugte sich vor, um ihn auf die Wange zu küssen.

„Ich hatte keine Lust, den ganzen Tag auf dem Boden dieses Klassenzimmers zu verbringen", erklärte sie mit einem leichten Schulterzucken.

Als er schließlich seinen Blick von dem Raum um sie herum löste, blickte er mit einem unergründlichen Ausdruck in den Augen auf sie herab. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie ihn das letzte Mal so fassungslos, aber auch so glücklich gesehen hatte.

Ohne Vorwarnung nahm er ihr Gesicht zwischen seine Hände, beugte sich vor und küsste sie heftig.

„Ich könnte mir keine bessere Art vorstellen, die Ferien zu verbringen", sagte er zu ihr, nachdem sie sich getrennt hatten.

Hermione strahlte ihn an. „Ich auch nicht."

Hand in Hand gingen die beiden zu dem großen Sofa im Zimmer und setzten sich zusammen. Sie stupste ihn mit ihrem Knie an und deutete auf die Tasche seiner Robe.

„Mach schon", drängte sie ihn, „pack es aus."

Sie konnte die nervöse Aufregung in ihrer Stimme nicht verbergen, während sie in ihrem Sitz wippte und ihm dabei zusah, wie er sein Geschenk herausholte.

Er lachte leise. „Schon gut, schon gut, ich mache es auf."

Vorsichtig löste er die Verpackung von der Schachtel. Hermione wartete mit angehaltenem Atem, als er den Deckel anhob und den Inhalt sah. Neugierig betrachtete er den metallenen Rührstab für einen Moment, dann nahm er ihn vorsichtig heraus und drehte ihn, um die Inschrift auf der Seite zu lesen. Er hatte noch nichts gesagt, und Hermione wurde langsam nervös.

„Gefällt er dir nicht?" fragte sie leise.

Dennoch hielt er seinen Blick auf die Worte gerichtet, die sie eingraviert hatte. Dann bildete sich langsam ein Lächeln auf seinen Lippen.

Er nickte. „Ich danke dir, Hermione. Ich werde das immer in Ehren halten."

Aus ihrer Erinnerung an diesen Tag in ihrem fünften Jahr wusste sie, dass er die Wahrheit sprach. Trotzdem stieß sie einen Seufzer der Erleichterung aus.

„Es ist Wolfram. Er sollte also lange halten", erklärte sie.

Severus legte ihn zurück in die Schachtel.

„Und ich weiß, dass du erwähnt hast, dass du mit Zaubertränken weitermachst, also bin ich sicher, dass du viel…"

Hermione kam nicht dazu, ihren Satz zu beenden, da Severus sie mit einem Kuss zum Schweigen brachte.

„Du redest manchmal zu viel", scherzte er, nachdem er sich in seinem Sitz zurückgelehnt hatte.

Hermiones Wangen verdunkelten sich, als ihr ein verlegenes Kichern entwich.

„Halt die Klappe", neckte sie.

Severus lachte und griff über ihren Schoß. Sie erstarrte, als seine Hand in die Tasche ihres Umhangs griff und sanft ihren Oberschenkel streichelte, bevor er die Schachtel herausnahm und sie auf ihren Schoß legte.

In diesem Moment war ihr das Geschenk völlig egal. Alles in ihr kämpfte gegen den Drang an, sich auf ihn zu stürzen und ihn zu knutschen, bis sie keine Luft mehr bekam. Severus musste entweder dasselbe gedacht haben oder die Gedanken in ihrem Gesicht gelesen haben.

„Wir haben den ganzen Tag Zeit, Hermione", sagte er zu ihr, während er mit dem Finger über ihr Bein strich, bevor er seine Hand wieder auf seinen Schoß legte.

Hermione zitterte.

„Öffne es", sagte er.

Als sie die Schachtel öffnete, spürte sie die ganze Zeit Severus' Augen auf sich gerichtet. Und als sie sah, was die Schachtel enthielt, begannen ihre Augen feucht zu werden.

Sie waren wunderschön.

Es waren zwei passende Zierkämme für ihr Haar. Sie konnte erkennen, dass es sich um Antiquitäten handeln musste, denn sie sahen sehr alt aus und waren viel teurer, als sie annahm, dass er es sich hätte leisten können. Die Kämme waren aus Sterlingsilber und oben mit einem verschlungenen Blumenmuster versehen. Es gab zwei Blumen, deren Blätter aus Smaragden und die Knospen aus Saphiren bestanden. Jede Blüte hatte sechs Blätter, die in ein wirbelndes Silbermuster eingefasst waren. Sie waren wahrscheinlich das aufwändigste Schmuckstück, das sie je besessen hatte.

„Oh, Severus...", hauchte sie, während sie mit dem Finger über die Juwelen fuhr. „Sie sind... ich weiß nicht einmal, was ich sagen soll. Sie sind atemberaubend."

Als sie zu ihm aufblickte und die Tränen wegblinzelte, sah sie, dass er sie mit einer sanften Weichheit in den Augen beobachtete.

„Es freut mich, dass sie dir gefallen", sagte er ihr und legte seine Hand auf ihr Bein. „Sie gehörten meiner Großmutter."

Hermione hatte das Gefühl, ihr Herz bliebe stehen. Er hatte ihr etwas geschenkt, das einem Familienmitglied gehörte? Aber warum?

„Deiner Großmutter?" wiederholte sie, sichtlich verblüfft.

„An dem Tag in Hogsmeade", begann er.

Hermione erstarrte. Er wollte ihr gerade sagen, was sie schon so lange wissen wollte.

„Ich habe mich mit meiner Mutter getroffen."

Ihr blieb der Mund offen stehen. Hermione wusste, dass Severus ein kompliziertes Verhältnis zu seiner Mutter hatte. Er liebte sie offensichtlich sehr, so wie sie ihn über sie sprechen hörte, aber er nahm ihr auch in gewisser Weise übel, dass sie sich und Severus den verbalen und manchmal auch körperlichen Missbrauch durch seinen Vater gefallen ließ.

„Oh?" Sie wusste nicht, was sie sonst sagen sollte.

„Ich – ich habe ihr von dir geschrieben", gab er leise zu und sah ihr nicht ganz in die Augen. „Ich hatte keine Ahnung, was ich dir schenken sollte. Ich hatte noch nie ... ich hatte noch nie eine Freundin."

Severus so verletzlich und verlegen erscheinen zu sehen, bereitete Hermione Herzschmerzen. Es muss ihm nicht peinlich sein, dachte sie bei sich. Es war ja auch nicht so, dass sie jemals in einer richtigen Beziehung wie der ihren gewesen wäre. Natürlich hatte sie dieses kurze Abenteuer mit Viktor in ihrem vierten Jahr. Und dann war da noch das, was auch immer sie mit Ron hatte. Aber keiner von ihnen war jemals jemand gewesen, an den sie sich auf diese Weise gebunden fühlte. Severus war, so seltsam es auch klang, ihr erster Freund.

„Es ist ja nicht so, dass ich viele echte Freunde in Slytherin habe, und ich wusste nicht, wen ich sonst fragen sollte", fuhr er fort.

Hermione blieb stumm.

„Also dachte ich, ich versuch's mal bei Mum", sagte er achselzuckend.

Hermione legte ihre Hand auf die seine, die immer noch auf ihrem Oberschenkel lag.

„Das ist wirklich sehr süß, Severus", flüsterte sie.

Er lächelte halb.

„Als ich ihr sagte, wie sehr ich - ", seine Stimme brach, „wie viel du... mir bedeutest und wie besonders du bist, schrieb sie zurück, dass sie genau das richtige Geschenk kennt und bat mich, mich bei meinem nächsten Hogsmeade-Ausflug zu treffen."

Wie viel du mir bedeutest, wiederholte sich in ihrem Kopf. In diesem Moment wusste sie, dass die beiden sich viel, viel stärker ineinander verliebt hatten, als sie es jemals hätte ahnen können. Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn jemals mehr hätte lieben können, als sie es in diesem Moment tat.

Hermione blickte unter ihren Wimpern hervor zu ihm. Ihr Herz pochte.

„Du bist mir auch sehr wichtig", sagte sie so leise, dass sie erstaunt war, dass er sie überhaupt hörte.

Severus umfasste sanft ihr Gesicht und strich mit dem Daumen über ihre Wangenknochen. Die beiden saßen da und sahen sich an, und sie war sich ziemlich sicher, dass sie beide kämpften, dieselben Worte zurückzuhalten. Dennoch hätte sie sich nicht dazu durchringen können, sie als Erste auszusprechen.

Er beugte sich vor und legte seine Lippen sanft auf die ihren. Der Kuss begann langsam, zärtlich. Dann wurde er nach und nach leidenschaftlicher, bis ihre Hände nach oben wanderten und sich in seinem Haar verhedderten. Er schlang seine Arme um ihre Taille und drückte ihre Körper fest aneinander.

Als sie ihren Kuss beendeten, blieben sie mit verschränkten Händen sitzen. Sie sah die Entschlossenheit in seinen Augen.

„Hermione. Ich bin...", er schluckte. „Ich liebe dich. Ich bin in dich verliebt", sagte er ihr, seine Stimme heiser vor Nervosität.

Der Atem blieb ihr im Hals stecken, als sie ein Gefühl überkam, wie sie es noch nie zuvor erlebt hatte. Sie konnte es nicht einmal beim Namen nennen. Es war wie der erste Tag eines neuen Schuljahres, kombiniert mit dem Tag, an dem sie ihren Zauberstab gekauft hatte, auch mit der Freude, als sie erfuhr, dass sie die Beste in ihrer Klasse war, gemischt mit dem Gefühl, den ersten Hügel einer Achterbahn hinunterzufahren. Aber selbst das würde dem Ganzen nicht gerecht werden.

Er beobachtete ihr Gesicht aufmerksam. Tief in ihrem Inneren hatte sie geahnt, dass er so empfand, aber als sie die Worte tatsächlich hörte und sah, wie sie ihm über die Lippen kamen, war sie wie betäubt und schwieg. Das Einzige, was sie zum Sprechen veranlasste, war der Anblick der Angst, die aufgrund ihrer ausbleibenden Reaktion über sein Gesicht kroch.

Sie wusste, dass sie etwas tun musste.

Seine Augen weiteten sich, als sie sich auf ihn stürzte und ihn so fest umarmte, wie sie nur konnte, und dabei diesen wunderbaren, erdigen Geruch einatmete, der nur ihm eigen war.

„Ich liebe dich auch, Severus", sagte sie in sein Ohr.

Ein zittriges Lachen kam von ihm, als er sie so fest umklammerte, als wolle er sie nie wieder loslassen.