Kapitel 73 – Rückkehr

Augustin trieb sein Pferd durch die Straßen von Paris immer schneller an und obwohl das Wiedersehen zwischen seinen Eltern ihn erfreute, lastete trotzdem Schwermut und ein bedrücktes Gefühl in ihm. Wie würde es mit ihm weiter gehen? Natürlich hoffte er sehr, dass sein Vater seine Mutter überredete und er wieder nach Hause zurückkehren durfte. Allerdings war sein Vater nicht gerade in bester Verfassung und Gesundheit, um mit Oscar darüber zu reden oder gar mit ihr zu streiten. Das würde ihm nicht gut tun – (wie) sowohl körperlich, (so) als auch seelisch...

Augustin erreichte das Haus von Doktor Lasonne, wo er wohnte und praktizierte, ersuchte (Meintest du mir „ersuchen" so etwas wie „finden"?)ihn und erklärte ihm sein Anliegen. Doktor Lasonne freute sich, dass André gefunden (wurde) war und während er seine Instrumente und Medizin einpackte, fragte er den Jungen über den Zustand von André aus. Augustin erklärte es ihm und empfahl ihm eine Kutsche zu nehmen. Doktor Lasonne war mit dem Jungen einverstanden und beeilte sich noch mehr.

Augustin ritt vor der Kutsche, zeigte Doktor Lasonne das Haus, wo Constance lebte und ritt geschwind zum Anwesen der de Jarjayes. Dabei stieg in ihm das miserable Gefühl, als geschehe dort etwas und er müsste sich deshalb beeilen, sonst würde es zu spät sein. Ging es etwa François schlechter? Nein, das konnte nicht sein. Denn er spürte zwar ein leichtes Brennen in der Schulter, aber mehr auch nicht. Dennoch beeilte sich Augustin und als er in den Hof des (Anwesen) Anwesens einritt, fiel ihm sofort eine Kutsche mit dem Wappen der Familie der de Jarjayes auf. Die Kutsche stand (zu) zur Abfahrt bereit und machte Augustin stutzig. Es sah so aus, als wäre General de Jarjayes hier. Augustin stieg hastig aus dem Sattel, ließ sein Pferd bei der Kutsche stehen und eilte ins Haus. Dort nahm er den Weg in die Küche. Sophie bereitete wie gewöhnlich das Mittagessen zu, die Küchenmädchen gingen ihr zur Hand und alle Gesichter wirkten betrübt. Sophie schniefte sogar und tupfte ihre Träne (Meintest du eine Träne oder mehrere Tränen?) unter der Brille mit dem Zipfel ihrer Schürze trocken. Aber nicht wegen der Zwiebel, (den) die sie gerade kleinschnitt, sondern es müsste wirklich etwas vorgefallen sein – natürlich abgesehen von dem Verschwinden ihres Enkels. Augustin platzte unverzüglich in die Küche und überraschte alle mit seinem Erscheinen. „Was ist passiert?", wollte Augustin wissen.

Die Küchenmädchen hielten kurz (bei) in ihrer Tätigkeit inne und schauten ihn an, als sähen sie einen Geist. Augustin konnte das verstehen, denn niemand rechnete in diesem Haus mit seiner Rückkehr (an). Er bewegte seine Füße und ging langsam zu der alten Haushälterin. „Erklärt es mir, Madame Glacé, bitte..."

Sophie sah ihn eine kurze Weile ungläubig an, aber dann erhellte sich ihr Gesicht. „Du bist zurück, Gott sei (dank) Dank! General de Jarjayes hat seine Frau mitgebracht und als er erfuhr, dass du nicht mehr hier bist, befahl er Marie, die Sachen von Marguerite zu packen."

Die Muskeln von Augustin spannten sich an. Sein Großvater machte also seine Drohung wahr und Augustin konnte (sein) seinen Zorn kaum noch zügeln. Gut, dass er noch rechtzeitig zurückgekehrt war! „Wo ist Marguerite jetzt?", wollte er wissen. Er würde seine Schwester vor seinem Großvater verstecken – zumindest so lange bis seine Eltern hier (eintreffen) eintrafen. Apropos(,) Eltern...

„Sie ist bei Francois.", erklärte Sophie mit gewisser Hoffnung in ihrem runden Gesicht. „Aber wenn du hier bist, dann wird vielleicht wieder alles gut."

„Es wird wieder alles gut.", bekräftigte Augustin mit einem Lächeln. Innerlich jedoch zweifelte er daran, denn seine Mutter hatte noch keine Erlaubnis für seine Rückkehr gegeben. Aber die Hoffnung seiner Urgroßmutter wollte er nicht zerstören und fügte noch hinzu: „Ich habe Euren Enkel gefunden. Mutter und Doktor Lasonne werden ihn bald hierher bringen."

Sophies Gesicht erstrahlte noch mehr und im nächsten Augenblick umarmte sie den Jungen stürmisch. „Ich bin so froh!" Oh, ja, jetzt würde wirklich alles wieder gut werden, dachte sie dabei und dann fielen ihr die Worte von Augustin ein. Sie schob sich von ihm weg. „Aber wieso Doktor Lasonne? Ist mein Enkel verletzt?"

„Ja, aber macht Euch keine Sorgen, die Verletzungen sind nicht tödlich.", beruhigte Augustin die alte Frau. „Er lebt und muss sich nur erholen."

„Du hast recht, ich mache mir zu viele Sorgen." Sophie beruhigte sich in der Tat. „Geh und sag den anderen Bescheid und ich bereite alles Nötige für den Empfang vor." Sie kehrte ihm den Rücken und ordnete die Küchenmädchen an.

Mit den anderen meinte Sophie sicherlich seine Großeltern und seine Geschwister, ahnte Augustin und verließ die Küche. Er eilte in das Zimmer von François. Seinen Großvater würde er später aufsuchen, aber zuerst wollte er seinen Bruder sehen. Schon nicht weit von der Tür hörte er die Stimmen seiner Geschwister: „Ich will nicht an den Hof!", klagte die weinerliche Stimme von Maguerite und gleich darauf erklang die noch etwas schwache Stimme von François. „Dann verstecke dich unter meinem Bett, Schwester und warte dort, bis unsere Großeltern fort sind."

Schwester? Großeltern? Hatte François Marguerite etwa auch die Wahrheit gesagt? Oder vielleicht hatte Marguerite es nicht ausgehalten und aus Verzweiflung sich ihrem verbliebenen Bruder anvertraut? (Ich muss mal eben nachfragen: Wer weiß von den Kindern die Wahrheit? Und wer hat vielleicht wem was erzählt?)Aber egal, das war nicht mehr wichtig. Zumindest nicht in diesem Moment. Augustin betrat schnell das Zimmer und überraschte seine Geschwister mit: „Du brauchst dich nicht zu verstecken, Marguerite, denn ich bin zurück und ich habe Vater gefunden!"

„Augustin!" Das verweinte Gesicht von Marguerite verwandelte sich in ein strahlendes Lächeln. Ihr Bruder hatte sein Versprechen gehalten und war zurückgekehrt, um sie zu beschützen! Sie eilte ihm entgegen und klammerte sich an (ihm) ihn wie gestern. „Großvater will mich zu der Königin mitnehmen.", schluchzte sie in seine Kleider.

„Das wird er nicht." Augustin umarmte sie, streichelte (ihre) ihr dunkelbraunes Haar und schaute dabei seinen Bruder an. François saß baff im Bett und versuchte die Worte zu verarbeiten. Sein Bruder war wieder bei ihm und hatte die schönste Nachricht gebracht, die er je gehört hatte! „Ist das wahr?"

„Aber natürlich!" Augustin schob seine Schwester sachte von sich, ohne den Blick von seinem Bruder abzuwenden. „Ich habe nach Vater gesucht und ihn auch gefunden."

Jetzt drangen seine Worte auch zu Marguerite vor. Sie hob (ihren) ihr Köpfchen und ihre (grüne) grünen Augen glänzten noch mehr vor Freude. „Ist Vater auch hier?"

„Nein, aber er wird bald hier sein. Zusammen mit Mutter und Doktor Lasonne." Mehr sagte Augustin nicht. Für weitere Erklärungen würde sich die Zeit noch finden, hoffte Augustin insgeheim. Jetzt galt es seinen Großvater aufzusuchen und ihm die Kunde über seinen Vater zu überbringen. „Ist Großvater in seinem Kontor?"

François nickte zustimmend. „Er ist mit Großmutter dort. Ich vermute, unsere Großmutter will den General überreden, Marguerite hier zu lassen."

„Gut." Augustin wollte gerade gehen, als sein Bruder ihn aufhielt. „Warte, Augustin, geh noch nicht. Erzähle mir alles, auch den Streit mit Mutter."

„Welchen Streit?"

„Von gestern, als ich geschlafen habe."

„Also gut..." Augustin erzählte ihm alles, was gestern und heute vorgefallen war. Auch wie er Vater gefunden hatte und im welchen Zustand er sich befand. „...und jetzt, da Vater bald da ist, wird Mutter wieder glücklich sein. Das bedeutet, dass Großvater den Heiratsantrag zurückziehen wird und dass ich auch hier bleiben werde.", beendete er und zwang sich zu einem Lächeln. „Jetzt muss ich gehen."

„Ja, geh nur. Je schneller du die Nachricht unseren Großeltern überbringst, desto besser." François erwiderte ihm das Lächeln, aber innerlich fühlte er sich genauso wie sein Zwillingsbruder. Es war schön zu erfahren, dass sein Vater lebte und bald hier sein würde, aber einige Fragen blieben dennoch offen. Wie zum Beispiel, was mit Augustin weiter passieren würde.

Augustin ging und bevor er an der Tür zum Kontor seines Großvaters klopfte, hörte er die verärgerte Stimme von Madame de Jarjayes: „Das kannst du nicht tun, Reynier! Du kannst nicht Marguerite einfach so aus ihrem getrauten Heim entreißen und sie (ihrer) ihren Eltern wegnehmen! Dazu kommt noch die beispiellose Heirat zwischen Oscar und Graf de Girodel! Wie kannst du unserer Tochter so etwas antun? Zuerst erziehst du sie wie einen Soldaten und jetzt soll sie heiraten und das Leben einer Frau führen? Was denkst du dir überhaupt dabei, Reynier?!"

„Hör auf, Emilie!", unterbrach der General seine Frau. „Wer sagte, dass ich Marguerite ihren Eltern entreiße? Du meinst sicherlich, die Adoptiveltern von Marguerite und du weißt nicht, was ich weiß! Ich tue das alles nur, um die Ehre der Familie de Jarjayes zu beschützen! Wenn Augustin noch hier wäre, würde ich Marguerite nicht mitnehmen wollen. Und wegen der Heirat, Oscar hat sich das selber zuzuschreiben!"

„Wenn du Oscar nicht zu einem Soldaten erzogen hättest, dann wäre es zu all dem nicht gekommen!" Emilie senkte etwas ihre Stimme, aber Augustin hinter der Tür hörte sie deutlich. „Und ich weiß mehr als genug, Reynier. Du und Oscar mögen vielleicht mir einiges verschweigen, aber mein mütterliches Herz lügt niemals."

Reynier wurde neugierig, das hörte Augustin in seiner Stimme. „Und was sagt dein mütterliches Herz?"

Für wenige Sekunden wurde es still zwischen dem Ehepaar. Augustin öffnete etwas die Tür, lugte durch den Spalt herein und in dem Moment sprach seine Großmutter mit sorgfältig ausgewählten Worten, ohne den Zuhörer hinter der Tür zu bemerken. „Mein mütterliches Herz sagt mir, dass in diesem Haus vieles verheimlicht wird. Unsere Tochter hat Geheimnisse vor uns, die du aber gut kennst, Reynier. Ich bin zwar nicht oft Zuhause, aber ich habe Ohren und Augen. Oder wie erklärst du dir, dass die Findelkinder ihren Adoptiveltern nicht nur ähnlich sehen, sondern auch ihren Charakter haben?" Emilie machte eine Sprechpause, um die Reaktion ihres Gemahls zu ergründen. Reynier (starte) starrte sie nur ungläubig an, aber enthielt seiner Stimme (Was meinst du mit „enthielt seiner Stimme"?). Augustin hinter der angelehnten Tür konnte seine Großeltern nicht genau sehen. Dennoch hörte er jedes einzelne Wort wie gelähmt. Seine Großmutter kannte auch die Wahrheit? Und sie hatte sie selbst herausgefunden? Das klang unglaublich und faszinierend zugleich. Besonders überraschte Augustin die Tatsache, dass sein Großvater nichts dazu sagte. Emilie wartete nicht lange auf die Antwort auf ihre Frage und sprach weiter in einem Ton, der so wie bei dem General, so auch bei Augustin eine Gänsehaut entstehen ließ. „Ich weiß genauso wie du, Reynier, dass François, Marguerite und Augustin keine Findelkinder sind. Oscar und André sind zusammen aufgewachsen, sie sind ein Herz und eine Seele und sie sind für einander bestimmt. Die Liebe hat sie noch mehr miteinander vereint und wir beide hatten schon immer gewusst, dass es zu so etwas kommen könnte. Aber wozu die Lüge, Reynier? Du hast die Wahrheit vor vielen Jahren selbst herausgefunden und schadest unserer Tochter mit einem gemeinen Spiel! Wann willst du ihr sagen, dass Augustin auch ihr Sohn ist?"

General de Jarjayes hatte sich anscheinend an seinem Wein verschluckt, denn Augustin hörte ein heftiges Husten und dann nichts mehr. Er nutzte den Moment aus und klopfte an der Tür. Ohne eine Antwort abzuwarten, machte er die Tür weit auf und erläuterte gleich von der Türschwelle: „Ihr braucht Marguerite nicht mehr an den Hof von Versailles (nicht mehr) mitzunehmen, denn ich bin zurückgekehrt, General de Jarjayes! Ebenfalls braucht Ihr Eure Tochter nicht mehr dazu zwingen, Graf de Girodel zu heiraten, denn ich habe André gefunden. Er ist am Leben und er wird bald hier sein, zusammen mit Eurer Tochter und Doktor Lasonne."

Das Ehepaar starrte ihn erst einmal perplex an und (mussten) musste nicht nur sein unerwartetes Erscheinen, sondern auch seine Worte verdauen. Jedoch zeichnete sich eine gewisse Freude in ihren Gesichtern. „Gott sei Dank!" Emilie kam als erste aus ihrer Starre. Welch eine erfreuliche Nachricht ihr Enkel doch brachte! Sie ging zu ihm, legte ihm die Hand auf die Schulter und sah zu ihren Mann. „Siehst du Reynier, dein voreiliges Handeln war unnötig."

Womöglich hatte seine Frau recht, gestand sich Reynier ein, aber zeigte es nicht und obwohl er sich innerlich über die Nachricht freute, durchbohrte er seinen Enkel mit einem eisigen Blick. „Hast du uns belauscht?"

War das etwa das einzige, was ihn interessierte, fragte sich Augustin und (strafte) straffte seinen Rücken (gerade). „Nur das, was Eure Frau zu Euch gesagt hat, Monsieur."

Reynier zweifelte daran. Wenn seine Frau nicht anwesend wäre, dann würde der Junge ehrlicher sein, vermutete er und sagte nur in einem ermahnenden Ton: „Das was du gehört hast, wirst du schnell vergessen und es niemandem erzählen, verstanden?"

Schon wieder schweigen und die Wahrheit verbergen, die eigentlich fast jeder in diesem Haus kannte... Augustin verkniff sich (dieser) diese Bemerkung und antwortete seinem Großvater beherrscht: „Wie Ihr es wünscht, Monsieur General. Ich werde alles tun, was Ihr sagt, aber nur wenn Ihr den Heiratsantrag von Graf de Girodel zurückzieht."

Irgendwie hatte Reynier so eine Antwort geahnt. „Deine Bedingung kannst du dir sparen. Weil André bald hier ist, wird die Hochzeit zwischen Oscar und Graf de Girodel nicht mehr stattfinden."

„Danke, General."

„Dank nicht mir, sondern meiner Frau." Reynier schaute zu ihr. „Bist du nun zufrieden?"

„Ja, mein Gemahl." Emilie schenkte ihm jetzt auch ein Lächeln. „Wir sind doch eine Familie."

Draußen entstanden Geräusche und laute Stimmen. Das bewog den General und seine Frau aus dem Fenster zu schauen. Eine Kutsche rollte in den Hof des (Anwesen) Anwesens der de Jarjayes und als sie anhielt, stiegen daraus Doktor Lasonne und Oscar aus. Sophie und einige Bediensteten eilten zu ihnen und halfen André aus der Kutsche. Emilie kehrte sogleich dem Fenster den Rücken und eilte aus dem Kontor ihres Mannes. Reynier blieb jedoch am Fenster stehen und wandte sich an seinen Enkel. „Wer hat André das angetan?"

„Ich weiß es nicht und mein Vater kann sich nicht erinnern.", log Augustin und erzählte knapp die Version, die er von André und Alain gehört hatte.

Reynier runzelte streng die Stirn. Er spürte, dass Augustin nicht alles sagte, aber rügte ihn auch nicht. „Dieser Soldat Namens Georges muss beobachtet werden.", ordnete er an. „Deswegen wirst du nicht von der Seite meiner Tochter weichen und dafür sorgen, dass die Soldaten in der Kaserne ihr keinen Ärger machen."

„Das würde ich gerne tun, Großvater, aber Eure Tochter hat mich von dem Dienst suspendiert.", gestand Augustin widerwillig.

Seine widerspenstige Tochter hatte Augustin ohne (seiner) seine Erlaubnis nicht nur aus dem Haus verbannt, sondern auch noch aus dem Dienst suspendiert? Am liebsten hätte Reynier sie sofort zu sich bestellt und von ihr eine Erklärung verlangt, aber das würde womöglich nichts nützen. Also (müsste) musste er sich etwas anderes einfallen lassen. „Oscar wird das tun, was ich ihr sage!", knurrte er bestimmend und verließ sein Kontor.