Kapitel 26 - Unter Druck

„Frau Chiemi Nakayama, aufgrund der vielen Beweisen, einem fehlenden Alibi und einem sehr offensichtlichen Mordmotiv, erklären wir Sie hiermit als verhaftet. Grund dafür ist die Bestätigung eines Mordverdachts auf ihre Kollegin Kasumi Awase.", beschloss der Inspektor, mit ernsten Blick auf den zerstörten Aufzugsschacht gerichtet.

„Nein! Bitte glauben Sie mir! Irgendjemand! Ich bin unschuldig!", rief Chiemi verzweifelt, doch Sato näherte sich ihr trotzdem, mit den Handschellen in der Hand.

„Versuchen Sie sich nicht herauszureden. Der Tathergang ließ sich leicht zurückverfolgen und beweist Ihre Tat ganz klar und deutlich.", sagte sie.

„Gehen wir das Ganze noch einmal durch: Vor vier Tagen befanden sich Herr Inubuchi, Herr Watamine und die zu dem Zeitpunkt noch am Leben gewesene Frau Awase in Shibuya und waren einkaufen. Das können Sie beide bestätigen, richtig?", begann der Inspektor.

Herr Watamine und Herr Inubuchi nickten.

„Gut, fahren wir fort. Der Täter schlich sich zur selben Zeit in das Gebäude und manipulierte das Gegengewicht an diesem Aufzug indem er die Seile leicht aufschnitt, damit selbst das Gewicht einer Person die Seile zum Reißen bringt und eben erwähntes Gegengewicht in die Höhe schießen lässt, was wiederum den plötzlichen Sturz der Aufzugskabine zur Folge hatte. Dann hängte er an dem ersten, zweiten und vierten Stockwerk ein Hinweisschild auf, damit er sicherstellen konnte, dass außer den zwei Frauen niemand diesen Aufzug nahm. Soweit, so gut. Vier Tage später, also heute, traf Frau Nakayama auf ihre Kollegin Frau Awase und gerieten in einen Streit. Dadurch stießen Sie, Frau Nakayama, Frau Awase absichtlich in den Aufzug, worauf sie sich den Kopf gegen die Scheibe stieß und für einen Augenblick das Bewusstsein verlor."

Schließlich wandte er sich Genta, Mitsuhiko und Ayame zu.

„Ihr wolltet Frau Awase helfen, aus dem Fahrstuhl herauszukommen, richtig?"

„Dumme Frage, natürlich wollten wir das!", rief Genta empört.

„Das genügt, danke.", sagte Megure und Sato fuhr fort.

„Das Eine kam zum Anderen und der Aufzug schloss sich und stürzte in die Tiefe. Schließlich fanden wir Schrauben aus dem dazugehörigen Gegengewicht im Aufzug bei Frau Nakayama und bei Ihnen, Herr Suzumura. Herr Inubuchi und Herr Watamine wurden beide zwar auch durchsucht, doch konnten keine dieser Schrauben in ihren Taschen finden. Das schließt den Kreis der Verdächtigen auf Sie und Herrn Suzumura ein."

„Stimmt, wie steht's jetzt mit mir? Kann ich jetzt endlich gehen?", fragte Herr Suzumura.

„Darauf gehen wir gleich ein. Zunächst einmal sprechen wir mit Ihnen, Frau Nakayama. Es gibt zwei Beweise für Ihre Tat. Zum Ersten sieht man ihr Gesicht in der Aufnahme von vor vier Tagen und als zweitens fanden wir die Schrauben, die in Ihrer Tasche waren.", erklärte Takagi.

„Glauben Sie wirklich, dass diese Beweise ausreichen?", fragte Herr Watamine.

„Natürlich nicht.", beantwortete Herr Suzumura plötzlich.

„Worauf wollen Sie hinaus?", fragte der Inspektor misstrauisch.

„Frau Nakayama, sagten Sie nicht eben, dass sie Kasumi aufgrund ihrer Perfektion gehasst haben?", fuhr er fort.

„Ich habe sie nie gehasst! Sie war meine Freundin!", gab Chiemi von sich.

„Wäre doch trotzdem ein guter Grund gewesen, sie deswegen umzubringen, nicht wahr?"

Alle wandten sich in seine Richtung um.

„Was reden Sie da?"

„Der Mann hat recht.", sagte Mitsuhiko und trat vor.

„Mitsuhiko?", gab Megure erstaunt von sich.

„Wir haben Sie beim Streiten gehört, wie Sie gesagt haben, dass Frau Awase Ihnen Ihren Freund wegnimmt."

(„Ich kann nicht glauben, dass du das getan hast! Wie konntest du nur unsere Freundschaft verraten und eine Affäre mit meinem Freund haben?")

„Das…", brachte Chiemi verzweifelt von sich.

„So ist das also. Dann macht alles einen Sinn.", sagte Herr Suzumura und lächelte. Conan beobachtete ihn mit einem verdächtigen Blick. Irgendetwas in diesem Mann hatte sich schlagartig verändert.

Alle Augen waren auf ihn gerichtet.

„Sie war einfach zu perfekt. Perfekt genug, um Ihren Freund zu einer Affäre zu bringen. Schließlich wollten Sie dies verhindern, weil Sie Ihr gesamtes Leben lang an ihrem Bein klebten. Frau Nakayama, Sie sind nicht wie Kasumi Awase und der Grund dafür ist eigentlich simpel. Sie könnten sicherlich eine ähnliche Kindheit gehabt haben. Aber eben jenen feinen und doch enorm signifikanten Unterschied zwischen Ihnen und ihr hätten Sie längst erkennen können und haben doch nichts getan, denn ihr Verhalten heute bewies einiges…"

Frau Nakayama erstarrte plötzlich vor Angst.

„Wo-woher wissen Sie…?"

„Was zum…", begann Conan, als er den Schock in ihrem Gesicht bemerkte. Er spürte jemanden an seinem Ärmel ziehen. Er wandte sich um und sah Ai, wie sie sich hinter ihm versteckte.

„Haibara, was…"

„Dieser Mann da…", sagte sie und deutete auf Herrn Suzumura.

Conan sah ihre Angst und wusste sofort, dass dieser Mann eine sehr gefährliche Person sein musste. Als würde Frau Nakayama dem Tod ins Auge blicken. War dieser Mann ein Mitglied von der schwarzen Organisation? Vielleicht ein neues Mitglied wie Frau Ogari? Nein, dieses Gefühl war anders.

„Sie haben längst aufgegeben, nicht wahr?"

Als Chiemi das hörte, brach ihr Verstand zusammen und sie fiel auf die Knie. Er hatte Recht. Sie hatte schon immer zu schnell aufgegeben.

(Sie soll sich aufregen und sie anschreien, dass sie sich stattdessen verziehen sollte. Wie sehr Kasumi sie hassen würde und wie gerne sie sie loswerden könnte. Sie soll ihren Stolz mit Füßen treten und ihr Sand ins Gesicht werfen.)

„Ha… haha…"

„Wie erbärmlich.", murmelte Hive.

„Nun gut, da das Motiv nun geklärt ist…", begann der Inspektor, wurde aber plötzlich von jemandem unterbrochen.

„Halt, warten Sie, Herr Inspektor."

„Wie?"

„Nun, wo er Recht, hat er Recht, da kann ich sicherlich niemanden umstimmen, so viel ist sicher."

Alle anderen wandten sich überrascht nach der Stimme um.

„Professor?"

„Doch meistens gibt es selbst unter den wahrsten Aussagen auch Lügengeschichten.", sagte er.

„Worauf wollen Sie denn hinaus?", fragte Sato.

„Ganz einfach: ich rede hier von einer falschen Fährte, einer Finte sozusagen. Und diese Finte hat niemand anderes als einer von euch hier anwesenden Verdächtigen gelegt.", erklärte der Professor.

„Interessant. Dann erörtern Sie uns allen bitte die Lage.", sagte Megure.

„Aber selbstverständlich. Wie wir alle wissen, hängt Frau Nakayama's Unschuld in diesem Fall am seidenen Faden und jedem von uns hier ist klar, dass die Beweise für ihre angebliche Mordtat klar und deutlich vor uns liegen."

„Angeblich? Moment mal, ich gehe doch Recht in der Annahme, dass Sie wohl vermuten würden, Frau Nakayama sei unschuldig?", fragte Sato.

„Ganz recht."

—-

„Kamera 02… 02…"

Was könnte der kleine Conan damit gemeint haben?

Herr Takagi, könnte ich Sie um etwas kurz bitten?", wurde er von Conan gefragt, kurz bevor der Inspektor und die anderen den Überwachungsraum verließen.

Aber klar doch, worum geht's?"

Können Sie bitte noch hierbleiben und die Kameras weiterhin begutachten?"

Sicher, worauf soll ich denn achten?"

Kamera 02…

Takagi spulte vor und zurück in der Aufnahme.

„Das ist der Täter auf dem Weg zum Aufzugsschacht.", murmelte er und beobachtete den Ausschnitt des Schachtes in der Aufnahme.

„Dort verschaffte sich der Täter Zugang zum Schacht. Er nimmt einen Schlüssel heraus und steckt diesen in das Kontrollpanel."

Wie beim ersten Mal öffnete sich die Tür zum Schacht und der Täter sah sich um. Dann drückte er den Knopf für den Aufzug, der diesen dann nach oben beförderte. Als der Aufzug im dritten Stock angekommen war und die Türen öffnete, ging die Person hinein und verschwand somit von der Aufnahme.

Takagi pausierte.

„Was kann daran denn nur falsch sein?"

Er spulte zurück und schaute sich die Aufnahme von vorne an. Alles lief ab wie normal. Er wandte sich um und fand die Kamera 06.

Auf dieser Aufnahme befand sich das Standbild der grinsenden Frau Nakayama.

Nein, Conan redete von Kamera 02, also müsste dort irgendetwas sein und er vertraute darauf, dass er womöglich irgendetwas entdeckt hätte. Aber was?

Jemand öffnete langsam die Tür des Überwachungsraumes…

Er schaute sich die Aufnahme erneut an. Wieder nichts. Takagi kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. War er schon blind geworden? Er konnte dem kleinen Detektiven vertrauen, da er mehrmals sein Leben ins Spiel gesetzt hat, um der Wahrheit näher zu kommen.

(„Das erzähle ich Ihnen im Jenseits…")

Er suchte weiter. Er musste es einfach. Hatte der Junge etwa Zweifel an der Schuld von Frau Nakayama? Selbst Takagi glaubte mit absoluter Sicherheit, dass sie schuldig sei.

Jemand kam ihm von hinten immer näher und näher…

Die Uhr auf dem Display von Kamera 02 zeigte 2:17 Uhr morgens.

Das erinnerte ihn an das, was hier vor einer Stunde gesagt wurde.

(„Dieses Datum… Das müsste der Tag vor der Eröffnung sein!", sagte Herr Watamine.)

Tap, Tap, Tap…

(„Vor vier Tagen?", fragte Takagi, und Herr Inubuchi nickte.)

(„Genau. Am Tag danach sollte die Eröffnungsfeier stattfinden.")

Was hatte es mit dieser Aufnahme denn auf sich?

Immer näher und näher…

Am Tag danach… am Tag danach…

Warum sollte jemand einen Mord bei einer Eröffnungsfeier durchführen? Mal angenommen, es wären außerordentlich viele begeisterte Zuschauer dabei gewesen, wäre es doch ein riesiges…

Takagi bemerkte die geöffnete Tür.

„Huh?"

War hier noch jemand?

Nein, er sollte doch alleine in diesem Raum sein. Wer sollte hier denn jetzt hereinkommen? Conan? Der Herr Inspektor? Vielleicht Sato? Oder doch einer der Polizisten?

Wiiiiiieeee…

Ein Piepsen? Er bewegte sich vom Monitor weg und blickte zum offenen Eingang.

„Conan?"

Keine Antwort.

Er ging einige Schritte zur Tür, um sicher zu gehen.

War das der Wind? Nein, diese Tür war vom Inspektor abgeschlossen, damit niemand einfach so blindlings hinein spazieren konnte. Wenn es der kleine Conan gewesen wäre, würde es eher einen Sinn ergeben, dass jemand für ihn die Tür aufmachen würde, da er selbst bei seiner Körpergröße nicht an die Türklinke herankommt.

„Conan?"

Keine Antwort.

„Dann sind Sie es wohl, Herr Inspektor."

Wieder keine Antwort.

Er war schon an der Tür angekommen und immer noch schien das Gefühl nicht loszuwerden, nicht alleine in diesem Raum zu sein.

Tap, Tap, Tap…

Fremde Schritte? Aber von wo?

„Sa-Sato?"

Keine Antwort.

Langsam bekam auch er ein unwohles Gefühl. Kein Gefühl der Panik, aber ein sehr mulmiges Gefühl.

Takagi schloss die Tür sofort und wandte sich um.

„Sie sind hier nicht alleine! Kommen Sie sofort mit gehobenen Armen heraus!", rief er.

Stille.

Langsam tastete er sich voran von der Eingangstür bis zur Mitte des Raumes und begann, wie wild um sich zu drehen.

War jetzt doch jemand hier?

Tap, Tap, Tap…

Die Schritte wurden lauter.

Er öffnete einen der Schränke. Lauter CDs und Disketten, die ihn nicht interessierten. Dann öffnete er den nächsten. Dieser war wiederum Leer. Merkwürdig.

Er hätte schwören können, hier war jemand gewesen. Er hielt sich am Kopf und versuchte nachzudenken.

„Was ist nur los mit mir?", fragte er sich.

Tap…

Ein Schatten der Person hinter ihm bäumte sich auf und bedeckte ihn, als sich seine Hände von hinten nach seinem Gesicht ausstreckten.

Doch darauf hatte Takagi nur gewartet und zog seine Pistole. Auf den Schatten hinter sich zielend, stand er jedoch verwirrt, als er niemanden hinter sich sah.

„Hä?"

Was zur Hölle ging hier ab? Hat es jemand auf ihn abgesehen? Wenn ja, warum war niemand hier?

Die Schritte meldeten sich wieder und schienen leiser zu werden, bis sie kaum zu hören waren, so als würde jemand diesen Raum verlassen wollen. Er ließ seine Pistole sinken und steckte sie wieder zurück in seine Dienstkleidung.

Weder Schatten, noch Schritte konnte er vernehmen. Genau, auch die Schritte haben aufgehört. War er jetzt weg?

BZZZZ!

Plötzlich hörte ein Britzeln von einen der Bildschirme und er wandte sich ruckartig dem Geräusch zu.

„Moment mal."

Als hätte jemand ohne sein Zutun auf einem der Bildschirme die Aufnahme gestoppt, die er zuvor begutachtet hatte. Takagi starrte auf den Bildschirm der Kamera 02 und plötzlich sah er es. Etwas, was er sich schon lange hätte denken können.

Conan hatte Recht.

—-

„Und sind Sie sich sicher bei Ihren Vermutungen?", fragte Herr Watamine.

„Sie alle wissen sicherlich, wie alles abgelaufen ist. Dann habe ich ein paar Fragen an Sie, Herr Watamine.", sagte der Professor mit Conan's verstellter Stimme.

„Ja, bitte?"

„Wie lange würden Sie wohl brauchen, um vom Stromkasten bis hierher zu kommen?"

„2 Minuten schätze ich."

„2 Minuten?", warf Herr Inubuchi verwirrt ein.

„Aber klar, wenn man schnell genug ist, gelangt man ganz einfach dorthin und kommt dann rechtzeitig zurück.", antwortete Herr Watamine.

„Hin und zurück macht dann also 4 Minuten. Wenn man bedenkt, dass der Strom für 5 Minuten abgeschaltet wurde, könnte man so innerhalb dieser Zeit die Lichter wieder anschalten, nachdem der Mord vollzogen worden ist.", kombinierte Sato.

„Was meinen Sie damit?"

„Ganz einfach. Stellen Sie sich vor, Sie seien Frau Nakayama hier. Sie haben gerade Ihren Mord an Frau Awase erfolgreich durchgeführt und müssen jetzt wieder die Lichter einschalten. Jetzt begeben Sie sich in 2 Minuten zum Stromkasten und wieder zurück, um das Unschuldslamm zu spielen, in der Hoffnung nicht aufzufallen.", sagte der Inspektor.

„Das könnte ich mir vorstellen, ja.", stimmte Herr Watamine zu.

„Macht Sinn.", sagte Herr Inubuchi nachdenklich.

„Was reden Sie da?!", rief Frau Nakayama wütend. Doch der Professor beruhigte sie.

„Nicht so schnell, Frau Nakayama. Lassen Sie den Jungen hier mal sprechen.", sagte er und Conan kam hinter dem Professor zum Vorschein.

„Danke, Professor.", sagte er und wandte sich Mitsuhiko, Genta und Ayame zu.

„Ihr wart doch die ganze Zeit über in der Nähe vor Frau Nakayama, oder?"

„Klar, waren wir.", sagte Mitsuhiko und Genta nickte.

„Sie war die ganze Zeit bei uns, sonst hätten wir es bemerkt.", bestätigte Ayame.

„Was?", fragte Herr Watamine verwirrt.

„Stimmt, da haben sie wohl recht, denn wenn Frau Nakayama die ganze Zeit den Tatort nicht verlassen hat, konnte sie den Stromkasten nicht betätigen.", schoss es dem Inspektor durch den Kopf.

„Das heißt wohl, sie hatte einen Komplizen, oder?", fragte Sato, doch der Professor schüttelte den Kopf.

„Gut erfasst, jedoch liegen Sie falsch. Diese Tat wurde von nur einer Person begangen und bis zu einem gewissen Teil haben Sie die Tat auch durchgeführt, Frau Nakayama."

Die Frau warf einen verzweifelten Blick auf den Professor.

„Nein, ich habe nichts damit zu tun, bitte, ich schwöre es Ihnen!", bettelte sie.

„Ich habe nur gesagt, dass sie die Tat durchgeführt haben. Ich habe nicht gesagt, dass sie vollkommen schuldig sind. Denn wirklich schuldig ist hier jemand anders…"

Der Professor hob seine Hand und zeigte mit dem Finger auf einen der beiden Männer.

„…und zwar nämlich Sie, Herr Watamine! Jawohl, Sie sind hier der wahre Täter!"

„Douto?", fragte Herr Inubuchi verblüfft.

„Was?", brachte Frau Nakayama von sich.

„Niemals! Glauben Sie, ich würde einen meiner Freunde umbringen? Für wie blöd halten Sie mich?", fragte Herr Watamine, sichtlich verärgert.

„Erinnern wir uns erst einmal ganz weit zurück, als wir Sie zusammen mit den beiden Kindern hier auf diesem Gang zum ersten Mal getroffen haben. Während Herr Inubuchi nichts von diesem Vorfall wusste, haben Sie stattdessen gesagt, Sie würden sich diesen, ich zitiere: „Tatort" schnell ansehen, weil Sie Ihre Arbeit nicht vernachlässigen wollten.", begann der Professor.

(„Weil jemand in einem der Aufzüge tödlich verunglückt ist.", berichtete Inspektor Megure.)

(„Wie bitte?!", riefen beide Männer gleichzeitig.)

(„Können Sie uns schnell den Tatort zeigen? Ich darf meine Arbeit nicht vernachlässigen.", fragte Herr Watamine.)

„Warum war es dann ein Tatort, obwohl es noch nicht einmal feststand, ob es sich überhaupt um einen Mord handelte? Und woher wussten Sie, dass es ein Tatort war, wenn der Inspektor nichts von einem Tatort erwähnt hatte?"

Herr Watamine hielt inne und blickte zu Boden.

(„…tödlich verunglückt…")

(„Beruhigen Sie sich doch bitte und hören Sie mir zu. Hier hat sich ein Unfall ereignet und wir haben die Kleinen gebeten, jeden sich in der Nähe der Unfallstelle befindenden hierher zu bringen.")

„Die Antwort darauf ist recht simpel. Sie selbst wussten nämlich ganz genau, dass es sich nicht um einen Unfall handelte und wollten hastig Ihrer Arbeit nachgehen. Sie waren sichtlich genervt und daher ziemlich unvorsichtig, was Ihre Wortwahl betraf."

„Ja und? Dann habe ich mich eben aus Versehen verhaspelt, da ich in letzter Zeit angefangen habe Krimidramen am Fernseher anzuschauen. Denken Sie, das wäre genug, um mich als einen kaltblütigen Mörder dastehen zu lassen?", sagte er.

„Aber natürlich nicht, keineswegs. Ich war ja schließlich noch nicht fertig."

„Huh?"

„Kommen wir zum nächsten Punkt: Die Schrauben. Wir haben 6 von ihnen an zwei unserer Verdächtigten gefunden, was uns zum Schluss brachte, dass sie eine Rolle in diesem Fall spielten. Nun, wie würden diese Schrauben denn eigentlich in einer Handtasche oder in einer Jackentasche landen?"

„Stimmt, das wollte ich schon vorher ansprechen.", gab Herr Suzumura empört von sich.

„Inwiefern?", fragte der Professor.

„Bevor ich auf das Mädchen da drüben gestoßen bin, ist mir dasselbe bei einem Typen mit 'ner verdeckten Kapuze passiert. Ich wurde zweimal heute angerempelt und keiner von ihnen hat sich entschuldigt!"

Er zeigte auf Ayumi, als eine andere Person plötzlich auf sein Wort fiel.

„Kompletter Müll, was der Mann hier erzählt.", sagten Mitsuhiko und Genta gleichzeitig.

„Ayame hat sich deutlich bei Ihnen entschuldigt und Sie haben sie daraufhin einfach so angeschrien.", konterte Mitsuhiko.

„Wie alt sind Sie denn? Zwölf?", fügte Genta wütend hinzu.

„Ihr miesen Ratten…", murmelte der Mann genervt.

„Sie sind ein erwachsener Mann, verdammt noch mal. Verhalten Sie sich dann auch wie einer.", unterbrach ihn der Professor und fuhr mit seiner Aufklärung fort.

„Wie sah dieser Mann aus, der Sie angerempelt hat?"

„Soweit ich weiß war er in einem grauen Pulli mit einer Kapuze, die er über seinem Kopf trug, wahrscheinlich, um sein Gesicht zu verdecken."

„Das muss dann der Täter sein, oder?", fragte Sato und gab den Polizisten ein Zeichen, um die Personalbereiche und Mülleimer nach besagten Pulli abzusuchen. Die Polizisten nickten und teilten sich auf.

„Eine instabile Annahme, aber die Möglichkeit besteht.", antwortete der Professor.

„Aber was ist dann mit Chiemi? Wenn sie unschuldig ist, warum befinden sich die Schrauben in ihrer Tasche?", fragte Herr Watamine.

„Jetzt kommen Sie schon. Das müssten Sie aber doch selber wissen, nachdem Sie selbst ihr die Schrauben untergejubelt haben."

„Du hast was?", fragte Herr Inubuchi.

„Haben Sie irgendwelche Beweise? Wann hätte ich ihr die Schrauben in die Tasche gelegt?", antwortete Herr Watamine.

„Wir alle erinnern uns daran, dass kurz nach dem Vorfall Frau Nakayama mit den Nerven am Ende war und jemand von euch beiden sie getröstet hatte…"

(...nach oben zur dritten Etage, dort wo Herr Inubuchi trauerte, Frau Nakayama immer noch kläglich weinte und Herr Watamine, der ihr Beistand leistete.)

„…, was uns dazu führt, dass entweder Herr Inubuchi oder Herr Watamine in ihrer Nähe war."

„Spekulationen über Spekulationen! Schon wieder haben Sie null Beweise, dass ich das mit den Schrauben war! Langsam zweifle ich wirklich an ihrer kognitiven Kompetenz.", sagte Herr Watamine, als er vor Wut kochte. Doch Conan blieb standhaft.

„Sind Sie sich da denn sicher? Haben Sie denn völlig vergessen, dass dieses Einkaufszentrum hier überwacht wird? Nicht nur das, auch ihr Kollege war sicherlich zur Zeit im selben Stock wie Sie und hat Sie beobachtet. Sie als Angestellter sollten sich doch hier auskennen, oder haben Sie doch noch einen Fehler begangen?"

Herr Watamine erstarrte. Kalter Schweiß lief ihm über die Stirn.

Die Funksprechanlage des Inspektors meldete sich zu Wort.

„Was ist denn?", fragte der Inspektor überrascht.

„Das muss wohl unser Herr Takagi sein. Er hat wohl das gefunden, wonach wir alle gesucht haben, nämlich: Den Beweis. Oder besser gesagt, die Beweise, wenn ich mich genauer ausdrücken würde.", sagte der Professor.

„Sie sind wohl vorbereitet, nicht?"

„Lassen Sie uns keine Zeit verschwenden, ich will die Sache jetzt hinter mich bringen.", sagte Herr Suzumura und ging schon vor.

„Du vertraust mir doch, oder Tokiharu?", fragte Herr Watamine eine Weile später, während er zusammen mit dem Rest zum Überwachungsraum gingen.

„Im Moment gerade weiß ich das nicht. Vieles ist eben passiert, dass ich aus lauter Angst keine Entscheidung treffen kann. Es tut mir leid, Douto."

„Ich… bin unschuldig. Bitte vertrau mir.", sagte er.

„Ob das wahr ist, darüber entscheide nicht ich."

Douto zögerte, bevor er fortfuhr.

„Genau, die Schrauben! Hast du mich heute mit irgendwelchen Schrauben in der Hand gesehen?"

„Nein, aber der alte Mann hatte Recht, was den Fakt betrifft, dass du dich zu diesem Zeitpunkt in Chiemi's Nähe befandest. Ich kann's bezeugen."

„Aber du hättest sie dann in meiner Hand sehen sollen, oder?"

„Hör mal, Douto, ich will nichts mehr damit zu tun haben. Kasumi ist tot, Chiemi wurde als Hauptverdächtige beschuldigt und jetzt sollst du so plötzlich der Täter sein? Langsam reicht's mir. Lass mich einfach in Ruhe.", sagte er und beschleunigte seinen Gang.

„Aber Tokiharu, warte…"

Er blieb stehen und sah seinem Rücken nach, wie Herr Inubuchi sich von ihm wandte und ihre Distanz immer größer wurde.

„Versuchen Sie sich nicht herauszureden, Herr Watamine. Die Beweise werden wir Ihnen schon früh genug auf den Tisch legen.", antwortete der Inspektor und ging mit ernster Miene an ihm vorbei.

—-

„Schön, dass ihr da seid. Ich habe alles schon vorbereitet.", begrüßte sie Takagi, als sich alle Beteiligten in den jetzt etwas enger gewordenen Überwachungsraum hineinquetschen.

„Und wo genau sollte der Beweis nun sein?", fragte Herr Watamine ungeduldig.

„Sehen wir uns die Aufnahme von Kamera 02 ein weiteres Mal an. Fällt Ihnen etwas auf? Bitte achten Sie auch auf jedes winzige Detail.", erklärte der Professor und gab Herrn Takagi das Stichwort, damit er die Aufnahme startet.

„Da glänzt etwas.", fiel Genta auf und zeigte mit dem Finger auf die Hand von Frau Nakayama auf dem Bildschirm.

„Das ist der Schlüssel für den Aufzug. Der zählt nicht als Beweis.", beantwortete Conan.

„Wirklich…?", murmelte er enttäuscht.

„Da! Ihre Haare sind plötzlich anders. Die Farbe meine ich.", sagte Sato und Takagi hielt die Aufnahme an.

„Das können Sie sehen?", fragte der Inspektor und rückte seine Brille zurecht.

„Falsch, denn das sind in beiden Fällen nur Reflektionen vom Aufzugslicht auf die Kamera.", erklärte Conan erneut.

„Stimmt, warum fällt mir das erst jetzt auf?"

„Nun gut, wenn keiner bis jetzt den Beweis gefunden hat, erlaube ich mir, euch allen einen Tipp zu geben."

„Ein Tipp? Ist das wirklich so schwer?", fragte Ayumi.

„Es liegt an der Perspektive, Ayame. Es kommt nicht darauf an, WORAUF man hinsieht, sondern WANN man hinsieht."

„Es hat also mit der Zeit zu tun, stimmt's?", murmelte Herr Suzumura.

„Genau! Achtet also alle bitte genauer auf das Datum in der Aufnahme."

Das Display zeigte:

15. 08. XXXX, 02:23:52 Uhr

Alle beobachteten die Aufnahme gründlich, doch nichts Auffälliges machte sich breit.

„Wovon reden Sie da? Da ist nichts.", beschwerte sich Herr Watamine empört.

„Geduld, Herr Watamine, geduld.", sagte der Professor.

„Nein, das reicht mir jetzt vollkommen, dass Sie mich und alle anderen hier Anwesenden an der Nase herumführen. Wollen Sie mich etwa absichtlich denunzieren, indem Sie uns allen hier erlogene Unwahrheiten erzählen? Wenn Sie das so meinen, werde ich Sie und die Polizei in aller Öffentlichkeit vor Gericht verklagen!", drohte er und zeigte mit dem Finger auf den Professor, doch der blieb ihm stand.

„Gut, wie Sie wollen. Dann erzählen Sie auch dem Gericht, dass Sie mental nicht in der Lage sind, einer anderen Seite die Möglichkeit zu geben, Sie für Ihre Schandtaten, die ich Ihnen heute darbringen werde, zu entlarven und zu kritisieren."

Der Professor trat ihm näher. Sein sonst leicht verlegenes Gemüt wendete sich und warf ihm einen kritischen und herablassenden Blick zu, der ihm tief in seine Seele zu blicken schien. So, als würde er ihn indirekt dafür bestrafen wollen, dass er die Schlussfolgerungen von Conan in Frage stellte.

Conan selbst schaute erstaunt hinauf zum Professor, der in diesem Moment von seinem Skript abwich. Das hatte er nun wirklich nicht von ihm erwartet.

Herr Watamine lächelte.

„Natürlich würde ich auch gerne Ihre Seite der Geschichte hören wollen, nur haben Sie mir bis jetzt keine deutlichen Beweise geliefert, die Ihre Aussagen bestärkt."

„Sie sind ziemlich ungeduldig, Herr Watamine, was ist los? Sind Sie heute mit dem falschen Fuß aufgestanden?", fragte Herr Suzumura.

„Was wollen Sie denn jetzt, Herr… Herr… äh…", wollte Douto sagen, doch er stockte. Der Mann hingegen grinste hämisch. Diese Gelegenheit wollte er sich nicht entgehen lassen.

„Ja, ich höre. Wie lautet mein Nachname?", fragte er.

„He-Herr…"

(„Ich kenne ihn, Herr Inspektor.")

(„Was?")

(„Er hat mir den Bauplan zugesendet, nachdem er fertiggestellt wurde. Er sagte mir, dass er sich selbst um den dritten Aufzugsschacht kümmern werde.")

(„Das ist gelogen! Ich kenne diesen Typen nicht einmal!")

(„Aber Herr Suzumura, erinnern Sie sich dann also nicht an die Pläne?")

„Aber Sie sind doch Herr-", sagte Herr Inubuchi, doch Herr Suzumura unterbrach ihn. Anscheinend hatte Herr Watamine seinen Nachnamen vergessen und er war mehr als glücklich, diese Situation auszunutzen. Was für eine Ironie. Jetzt hat dieses Stück Dreck genau das versemmelt, was ihn vorher zum Mitverdächtigen gemacht hat. Ein wenig Rache sollte dann also nicht schaden.

„Sagen Sie's ihm nicht. Ich will es aus seinem Mundwerk hören.", fügte er hinzu und trat Herrn Watamine immer näher und näher.

Conan spürte erneut, wie eine Hand wieder an seiner Kleidung zog. Es war wohl wieder Haibara. Dieser Mann war gefährlich und dass sie so etwas schon zweimal heute getan hatte, war ihm Beweis genug.

„Warum sollte ich es Ihnen denn sagen? Wir alle kennen Sie doch schon, Sie haben sich doch uns vor kurzem vorgestellt.", antwortete Douto.

(Was hab ich dir letzte Woche gesagt, du kleine Ratte, häh?! Ich. Will. Das. Gottverdammte. Geld. Zurück!)

Ayumi starrte ihn mit Augen voller Angst an. Dieser Mann hat einen anderen Menschen ohne Skrupel umgebracht und wenn sie Conan oder irgendjemanden anders davon erzählen würde, wären auch ihre Leben in Gefahr.

Alle in diesem Raum spürten erneut die Spannung steigen.

„Sag meinen Nachnamen, na wird's bald? Du musst wissen, ich bin nämlich genau wie du auch eine ziemlich ungeduldige Person."

„Das reicht jetzt. Bitte beruhigen Sie sich und treten Sie zurück.", sagte der Inspektor, doch der Mann winkte ab.

„Nein, lassen Sie mich das regeln, Herr Inspektor.", sagte er.

Jegliches Selbstvertrauen im Gesicht von Herrn Watamine wurde gewaltsam in den Boden gerammt. Langsam spürte er seinen Flight-or-Fight Instinkt in sich hochkommen.

„Herr Suzumura!", rief der Inspektor und legte seine Hand auf die Schulter des Mannes.

Kapitel 26 ENDE –